Das DLR-Forschungsflugzeug HALO hat auf Cabo Verde die ersten Messflüge
seiner fliegerisch und wissenschaftlich bisher anspruchsvollsten Mission
absolviert. Ziel ist die Validierung der Satellitenmission EarthCARE. HALO
führt Messflüge exakt unter dem EarthCARE-Satelliten durch, um dessen
Instrumente zu kalibrieren und Erdbeobachtungsdaten zu verbessern.
Das Forschungsflugzeug HALO des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) hat auf Cabo Verde die erste Etappe seiner fliegerisch und
wissenschaftlich bisher anspruchsvollsten Mission gemeistert. Seit Anfang
August 2024 ist HALO (die Abkürzung steht für "High Altitude and Long Range Research Aircraft") in
Äquatornähe unterwegs und misst, wie sich die tropischen Luftmassen und
Wolkensysteme in unterschiedlichen Höhen verhalten – synchron zum
Erdbeobachtungssatelliten EarthCARE. HALO fliegt jedes Mal exakt unter dem Satelliten, sodass die
Messungen von Flugzeug und Satellit direkt vergleichbar sind. Die
Instrumente an Bord des Forschungsflugzeugs verwenden dabei das gleiche
Messprinzip wie der Satellit. Die Daten aus der Luft helfen, die Instrumente
an Bord des Satelliten zu kalibrieren und die Datenauswertung der EarthCARE-Mission
zu optimieren. Die insgesamt zehn Unterflüge seit Missionsbeginn hat das
Flugteam erfolgreich gemeistert, indem sie HALO direkt auf Linie mit
EarthCARE gebracht haben. Die ersten Messdaten von Flugzeug und Satellit
sind daher bereits in der Auswertung.
Die Messdaten geben Aufschluss darüber, wie sich Wolken bilden,
welchen Einfluss Aerosole und Sonneneinstrahlung haben, welche
Wechselwirkungen gegenseitig entstehen und wie sie den Energiehaushalt der
Erde beeinflussen. Der europäisch-japanische Satellit EarthCARE ((Earth Cloud Aerosol and
Radiation Explorer) startete vor
drei Monaten und wird die kommenden Jahre helfen, das Klimageschehen und
Wetterdynamiken genauer zu verstehen und vorherzusagen. HALO stößt nun zur
Inbetriebnahme des Satelliten hinzu und stellt von Beginn an sicher, dass
Forschende die EarthCARE-Daten in bestmöglicher Qualität nutzen können. Die
Validierungsmission wird vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre aus
Oberpfaffenhofen geleitet und in Zusammenarbeit mit weiteren nationalen und
internationalen Forschungseinrichtungen durchgeführt, mit wissenschaftlicher
Führung des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie.
Um die Aussagekraft von EarthCARE zu bewerten, muss das Forschungsflugzeug des DLR verschiedenste
Situationen in der Atmosphäre begleiten. Dazu gehören trockene und feuchte
Klimazonen, hohe und niedrige Luftschichten oder saubere und mit
Aerosolpaertikeln angereicherte Luftmassen. Die kapverdischen Inseln etwa
bieten sehr komplexe Bedingungen. Mehrere Einflussfaktoren treffen in der
Atmosphäre aufeinander und bieten ein nahezu chaotisches Messfeld. "Neben
Inseleffekten sind die Luftschichten partiell erheblich mit Saharastaub
durchsetzt. Hinzu kommen Faktoren wie der 'African Easterly Jet', ein
saisonaler Starkwind, der die Entwicklung tropischer Wirbelstürme über dem
Atlantik maßgeblich beeinflusst. Durch die Nähe zum Äquator herrscht
außerdem eine intensive Sonnenstrahlung, auf der ein weiteres Augenmerk von EarthCARE liegt", erklärt DLR-Projektleiterin Dr. Silke Groß vom
DLR-Institut für Physik der Atmosphäre.
Nach vier Wochen Station auf der
kapverdischen Insel Sal, führt die nächste Etappe HALO nun vom 5. September
bis 30. September 2024 nach Barbados. Auf dem Weg dorthin erwartet die
DLR-Crew weiter westlich eine fast staubfreie Atmosphäre. Es herrschen quasi
Laborbedingungen; ein ideales Szenario für die Forschenden, um die Messdaten
von EarthCARE abzugleichen. HALO ist für die Mission mit insgesamt neun
Instrumenten ausgestattet, insbesondere einem Doppler-Radar sowie einem
spektral hochauflösenden Lidar. Bei allen Messflügen werden auch
meteorologische Fallsonden von HALO abgeworfen, um Wind-, Feuchte- und
Temperaturdaten von der gesamten Atmosphärensäule unterhalb des Flugzeugs zu
erhalten.
Für die
extrem anspruchsvollen Flüge ist HALO wie geschaffen – der ehemalige
Business-Jet ist passend zu EarthCARE instrumentiert, kann bis zu 15,5
Kilometer hoch und mehr als 8000 Kilometer weit fliegen. Gemeinsam mit dem EarthCARE-Satellit vermisst HALO kritische Phänomene wie die
"Innertropische
Konvergenzzone“ durchgehend bis in ihre Übergangszonen hinein. Dieses
mehrere hundert Kilometer lange Wolkenband entsteht in Äquatornähe und
beeinflusst unter anderem die Regenzeit in den Tropen und Subtropen, das
Monsungebiet über Asien und Afrika sowie die Grenzen der Klimazonen.
Die Flugspur des Satelliten exakt zum richtigen Zeitpunkt zu unterfliegen ist
jedes Mal eine Herausforderung. Die Piloten müssen in der Luft flexibel auf
kurzfristige Änderungen des Flugplans reagieren. Auch bei der Flugplanung
bringt das Team der DLR-Flugexperimente ihre Expertise ein: Anhand der
Position des Satelliten berechnen sie den geeigneten Kurs für das Flugzeug,
der dann von der Flugsicherung geprüft und dem Flugbetrieb entsprechend noch
einmal angepasst wird.
Die
Validierung von EarthCARE ist die bisher anspruchsvollste und umfangreichste
Mission von HALO. Bis zum Jahresende sind insgesamt 296 Flugstunden
eingeplant, mit bis zu drei Einsätzen pro Woche. Für die Validierung bezieht
das DLR-Team darüber hinaus weitere Messungen ein. Während der vierwöchigen
Kampagne auf Cabo Verde etwa fanden zusätzlich Bodenmessungen des
Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung statt, Schiffsmessungen des
Max-Planck-Instituts für Meteorologie sowie Messflüge des französischen
Turboprop-Flugzeugs SAFIRE ATR-42 und des norwegisch-rumänischen Teams mit
der Turboprop INCAS KingAir. In den kommenden Wochen wird das Barbados Cloud
Observatory die HALO-Messungen ergänzen. Ende September wird das
DLR-Forschungsflugzeug dann nach Oberpfaffenhofen zurückkehren, um EarthCARE
ab November in neuen atmosphärischen Situationen in gemäßigten Breiten zu
prüfen. Flüge über Deutschland und Europa bis in die arktischen Regionen
werden das Messprofil erweitern. So stellt das DLR sicher, dass die
EarthCARE-Mission ihr Datenpotenzial bestmöglich ausschöpfen kann.