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JAMES WEBB
Protoplanetare Scheiben um massearme Sterne sind anders
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie
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10. Juni 2024

Ein Forschungsteam hat mit dem Weltraumteleskop James Webb eine planetenbildende Scheibe um einen jungen und sehr massearmen Stern untersucht. Die Ergebnisse zeigen die bislang reichhaltigste chemische Zusammensetzung aus Kohlenwasserstoffen in einer protoplanetaren Scheibe, einschließlich des ersten Nachweises von Ethan außerhalb des Sonnensystems.

Protoplanetare Scheibe

Künstlerische Darstellung einer protoplanetaren Scheibe um einen sehr massearmen Stern. Sie beinhaltet eine Auswahl von Kohlenwasserstoffmolekülen, die in der Scheibe um ISO-ChaI 147 nachgewiesen wurden.
Bild: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO) / MPIA [Großansicht]

Planeten entstehen in Scheiben aus Gas und Staub, die junge Sterne umgeben. Der MIRI Mid-INfrared Disk Survey (MINDS) unter der Leitung von Thomas Henning vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg verfolgt das Ziel, eine repräsentative Stichprobe von Scheiben zu erstellen. Durch die Erforschung ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften mit MIRI (Mid INfrared Instrument) an Bord des Weltraumteleskops James Webb (JWST) stellt die Gruppe eine Verbindung zwischen diesen Scheiben und den Eigenschaften der Planeten her, die sich dort möglicherweise bilden. In einer neuen Studie untersuchte ein Forschungsteam die Umgebung eines sehr massearmen Sterns von 0,11 Sonnenmassen (bekannt als ISO-ChaI 147).

"Diese Beobachtungen sind von der Erde aus nicht möglich, da die relevanten Gasemissionen durch die Atmosphäre abgeschirmt werden", erklärt Aditya Arabhavi von der Universität Groningen in den Niederlanden. "Bisher konnten wir von diesem Objekt nur die Strahlung von Ethin-Molekülen nachweisen. Die höhere Empfindlichkeit von JWST und die spektrale Auflösung seiner Instrumente ermöglichten es uns jedoch, schwache Signale von weniger häufig vorkommenden Molekülen zu erkennen." Die MINDS-Gruppe fand Gas mit Temperaturen um 300 Kelvin (ca. 30 Grad Celsius), das stark mit kohlenstoffhaltigen Molekülen angereichert ist, aber keine sauerstoffreichen Stoffe enthält. "Das unterscheidet sich grundlegend von der Zusammensetzung, die wir in Scheiben um sonnenähnliche Sterne sehen, wo sauerstoffhaltige Moleküle wie Wasser und Kohlendioxid dominieren", fügt Inga Kamp von der Universität Groningen hinzu.

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Ein eindrucksvolles Beispiel für eine sauerstoffreiche Scheibe ist die von PDS 70, wo das MINDS-Programm kürzlich große Mengen an Wasserdampf gefunden hat. Aus früheren Beobachtungen schließen die Astronominnen und Astronomen, dass sich Scheiben um sehr massearme Sterne anders entwickeln als solche um massereichere Sterne wie die Sonne, was sich möglicherweise auf das Aufspüren von Gesteinsplaneten mit erdähnlichen Eigenschaften auswirkt. Da die Umgebungen in solchen Scheiben die Bedingungen für die Bildung neuer Planeten vorgeben, könnte ein solcher Planet zwar aus Gestein sein, sich aber in anderen Aspekten von der Erde deutlich unterscheiden.

Die Menge des Materials und seine Verteilung innerhalb dieser Scheiben begrenzt die Anzahl und Größe der Planeten, die die Scheibe mit dem notwendigen Material versorgen kann. Folglich deuten Beobachtungen darauf hin, dass sich in den Scheiben um sehr massearme Sterne, den häufigsten Sternen im Universum, Gesteinsplaneten mit erdähnlichen Größen effizienter bilden als jupiterähnliche Gasriesen. Daher beherbergen die masseärmsten Sterne bei Weitem die meisten terrestrischen Planeten. "Die ursprünglichen Atmosphären dieser Planeten werden wahrscheinlich von Kohlenwasserstoffverbindungen dominiert und nicht so sehr von sauerstoffreichen Gasen wie Wasserdampf und Kohlendioxid", so Henning. "Wir haben in einer früheren Studie gezeigt, dass der Transport von kohlenstoffreichem Gas in die Zone, in der sich normalerweise Gesteinsplaneten bilden, in diesen Scheiben schneller und effizienter erfolgt als in denen massereicherer Sterne."

Obwohl es klar zu sein scheint, dass Scheiben um sehr massearme Sterne mehr Kohlenstoff als Sauerstoff enthalten, ist der Mechanismus, der zu diesem Ungleichgewicht führt, noch unbekannt. Die Zusammensetzung der Scheibe ist entweder das Ergebnis einer Anreicherung von Kohlenstoff oder einer Verarmung von Sauerstoff. Wenn der Kohlenstoff angereichert ist, liegt die Ursache wahrscheinlich in festen Partikeln in der Scheibe, deren Kohlenstoff verdampft und in die gasförmige Komponente der Scheibe freigesetzt wird. Die Staubkörner, die ihren ursprünglichen Kohlenstoff verloren haben, bilden schließlich feste Planetenkörper. Diese Planeten wären kohlenstoffarm, genau wie die Erde. Dennoch würde die auf Kohlenstoff basierende Chemie wahrscheinlich zumindest ihre ursprünglichen Atmosphären dominieren, die durch Scheibengas gespeist werden. Daher bieten Sterne mit sehr geringer Masse möglicherweise nicht die besten Voraussetzungen, um erdähnliche Planeten zu finden.

Um die Gase der Scheibe zu identifizieren, nutzte das Team den MIRI-Spektrografen, um die von der Scheibe empfangene Infrarotstrahlung in Signaturen kleiner Wellenlängenbereiche zu zerlegen – ähnlich wie sich das Sonnenlicht in einem Regenbogen aufspaltet. Auf diese Weise arbeitete das Team eine Fülle von Spuren heraus, die einzelnen Molekülen zugeordnet werden können. Das Ergebnis ist, dass die beobachtete Scheibe die reichhaltigste Kohlenwasserstoffchemie enthält, die bisher in einer protoplanetaren Scheibe beobachtet wurde, bestehend aus 13 kohlenstoffhaltigen Molekülen bis zu Benzol. Darunter befindet sich auch der erste Nachweis von extrasolarem Ethan, dem größten vollständig gesättigten Kohlenwasserstoff, der außerhalb des Sonnensystems entdeckt wurde. Außerdem gelang es dem Team, Ethen, Propin und das Methylradikal CH3 zum ersten Mal in einer protoplanetaren Scheibe nachzuweisen. Dagegen zeigten die Daten keinen Hinweis auf Wasser oder Kohlenmonoxid in der Scheibe.

Als Nächstes will das Wissenschaftsteam seine Studie auf eine größere Stichprobe solcher Scheiben um sehr massearme Sterne ausweiten, um besser zu verstehen, wie häufig solche exotischen, kohlenstoffreichen Regionen sind, in denen sich terrestrische Planeten bilden. "Durch die Ausweitung unserer Studie werden wir besser verstehen, wie sich diese Moleküle bilden können", erklärt Henning. "Zudem finden wir in den Webb-Daten mehrere Merkmale, die wir bislang keinen chemischen Verbindungen zuordnen können. Daher ist zusätzliche Spektroskopie erforderlich, um unsere Beobachtungen vollständig zu verstehen."

Über die aktuellen Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Science erschienen ist.

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siehe auch
ALMA: Detaillierter Blick in planetare Kinderstube - 17. September 2021
ALMA: Einblicke in die Frühphase von Planetensystemen - 1. Dezember 2020
GRAVITY: Wachstum eines Sterns im Detail - 27. August 2020
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Astronomie
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