Suche nach Quarks in Neutronensternen
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung
GmbH astronews.com
19. Februar 2019
Gravitationswellen stellen für die Astronomie ein neues
Fenster ins Universum dar und könnten sogar helfen, einige grundlegende Fragen
zur Struktur der Materie zu beantworten. Neue Computersimulationen zeigen
beispielsweise, wie bestimmte Merkmale des Gravitationswellensignals etwas über
Phasenübergänge in Neutronensternen verraten könnten.
Simulation einer Verschmelzung von
Neutronensternen: Die verschiedenen Farben zeigen
die Massendichte und Temperatur einige Zeit nach
dem Verschmelzen der Neutronensterne, kurz bevor
das Objekt zu einem Schwarzen Loch kollabiert.
Bild: C. Breu, L. Rezzolla [Großansicht] |
Seitdem es möglich ist, Gravitationswellen von zwei miteinander verschmelzenden Neutronensternen zu messen, bietet sich die Chance, einige grundlegende Fragen zur Struktur der Materie zu beantworten. Denn bei den extrem hohen Temperaturen und Dichten solcher Ereignisse vermuten Forscher einen Phasenübergang, bei dem die Neutronen in ihre Bausteine, die Quarks und Gluonen, zerfallen.
Zwei internationale Forschergruppen stellten nun neue Berechnungen vor, wie die Signatur eines solchen Phasenübergangs in einer Gravitationswelle aussehen würde.
Quarks, die kleinsten Bausteine der Materie, hat man in der Natur noch nie isoliert beobachtet. Sie sind vielmehr immer in Protonen und Neutronen gebunden. Ein Neutronenstern jedoch, der so viel wiegen kann wie unsere Sonne und doch nur die Größe einer Stadt wie Frankfurt aufweist, besitzt einen so dichten Kern, dass ein Übergang von Neutronenmaterie zu Quarkmaterie auftreten könnte. Physiker nennen diesen Prozess einen Phasenübergang, ähnlich dem Verdampfen von Wasser. Insbesondere ist ein solcher Phasenübergang möglich, wenn kollidierende Neutronensterne ein massives meta-stabiles Objekt mit Dichten bilden, die weit höher sein können als in Kernmaterie, und Temperaturen, die zehntausend Mal höher sind als im Inneren unserer Sonne.
Nachricht von möglichen Phasenübergängen im Weltall lassen sich durch die Messung von Gravitationswellen
gewinnen, die von den verschmelzenden Neutronensternen ausgesendet werden. Der Phasenübergang müsste im Gravitationswellensignal eine charakteristische Signatur hinterlassen. Wie diese aussehen könnte, haben die Forschergruppen aus Frankfurt und Ohio sowie aus Darmstadt und Wroclaw nun mithilfe moderner Supercomputer berechnet. Dazu verwendeten sie unterschiedliche theoretische Modelle für den Phasenübergang.
Findet ein Phasenübergang erst etwas nach der tatsächlichen Verschmelzung statt, tauchen geringe Mengen von Quarks allmählich überall im verschmolzenen Objekt auf.
"Zum ersten Mal konnten wir mithilfe der Einstein-Gleichungen zeigen, dass diese kleine Änderung in der Struktur eine Abweichung im Gravitationswellensignal erzeugt, bis der neugebildete riesige Neutronenstern unter seinem eigenen Gewicht zu einem
Schwarzen Loch kollabiert", erklärt Luciano Rezzolla, Professor für theoretische Astrophysik an der Goethe-Universität.
In den Computermodellen von Dr. Andreas Bauswein vom GSI Helmholzzentrum für Schwerionenforschung im Darmstadt tritt der Phasenübergang bereits direkt nach der Kollision auf – es bildet sich ein Kern von Quarkmaterie im Inneren des Zentralobjekts.
"Wir konnten zeigen, dass es in diesem Fall eine deutliche Veränderung in der Frequenz des Gravitationswellensignals gibt", sagt Bauswein.
"Damit haben wir für die Zukunft ein messbares Kriterium für einen Phasenübergang in verschmelzenden Neutronensternen identifiziert."
Noch sind nicht alle Details des Gravitationswellensignals mit den bestehenden Detektoren messbar. Sie werden aber mit der nächsten Generation von Messgeräten beobachtbar sein, oder auch, falls ein relativ nahes Verschmelzungsereignis stattfindet. Einen komplementären Ansatz zur Beantwortung der Fragen über Quarkmaterie bieten zwei Experimente: Am existierenden Messaufbau HADES bei GSI und am zukünftigen CBM-Detektor an der
Facility for Antiproton and Ion Research (FAIR), die gerade bei GSI errichtet wird, kann durch den Zusammenprall von Schwerionen komprimierte Kernmaterie entstehen. Dabei könnte es gelingen, Temperaturen und Dichten zu erzeugen, die vergleichbar mit den Zuständen in verschmelzenden Neutronensternen sind. Beide Methoden ermöglichen neue Einblicke in das Auftreten von Phasenübergängen in Kernmaterie und so auch in ihre grundlegenden Eigenschaften.
Über ihre Ergebnisse berichten die Teams in zwei Fachartikeln, die in
der Zeitschrift Physical Review Letters erschienen sind.
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