Verstecktes Magnetfeld im Maunderminimum?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
23. Mai 2016
Das Magnetfeld der Sonne könnte sich während des großen
Aktivitätsminimums im 17. Jahrhundert tief unter der Oberfläche versteckt haben
und dort aber besonders stark gewesen sein. Das zeigt eine Studie der
Langzeitvariationen der Sonne mit Hilfe von Computermodellen, die ein
Jahrtausend umfassen. Die Forscher hoffen auf neue Erkenntnisse, über die
Gesetzmäßigkeiten der Sonnenaktivität.

Etwa neun Sonnenzyklen der insgesamt 80 die
im Rahmen der Studie berechnet wurden
(Ausschnitt).
Bild: MPS/ Maarit Käpylä [Gesamtansicht] |
Unsere Sonne durchläuft Zyklen mit einer Dauer von elf Jahren, über die
hinweg sich unter anderem das Auftreten und Verschwinden von Sonnenflecken,
sowie das globale Magnetfeld verändern. Eine neue Studie des ReSoLVE Centre
of Excellence an der Universität Aalto in Finnland mit Beteiligung des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen hat nun die
Mechanismen untersucht, die diesen langfristigen Veränderungen der
Sonnenaktivität zugrunde liegen.
Die Forschergruppe unter der Leitung von Maarit Käpylä nutzte sechs Monate
lang Finnlands leistungsstärksten Supercomputer, um ein globales Modell der
Sonne zu berechnen. Ihre Ergebnisse zeigen überraschend, dass sich das
Magnetfeld der Sonne während des großen Minimums in Wirklichkeit in einem
Maximum befindet. Mit ihren Berechnungen schufen die Forscher gleichzeitig die
weltweit längste numerische Simulation eines sonnenähnlichen Dynamos zusammen
mit seiner Langzeitvariation. Das bemerkenswerteste Resultat der Studie betrifft
die langen ruhigen Phasen der Sonne, die als große Minima bekannt sind.
Das wohl berühmteste Minimum dieser Art ist das Maunderminimum, das etwa
zwischen 1650 und 1700 zu beobachten war. Während dieses Minimums konnten
Astronomen trotz gezielter Bemühungen kaum Sonnenflecken entdecken. Gleichzeitig
änderte sich das Klima, und in Europa, Nordamerika und Asien kam es zur
sogenannten Kleinen Eiszeit. Bisher nahm man an, dass das Magnetfeld der Sonne
während solcher Phasen so sehr geschwächt ist, dass es nicht in der Lage ist,
Sonnenflecken oder andere Arten von Aktivität zu erzeugen. Die neue Studie zeigt
nun aber, dass sich das Magnetfeld während des Maunderminimums in einem Zustand
maximaler Stärke befunden hat.
"Die Phänomene, die in der Sonne vorkommen - den Zyklus mit eingeschlossen -
ändern sich mit der Zeit, sodass man das Verhalten über einen langen Zeitraum
hinweg untersuchen muss. Kurzfristige Variationen sind für die Untersuchung des
Weltraumklimas nicht interessant", erklärt Käpylä, die das DYNAMO-Team
im ReSoLVE (Research on SOlar Long-term Variability and Effects)
Centre of Excellence leitet und Astroinformatik beziehungsweise numerische
Astrophysik und Datenanalyse am Informatikinstitut der Universität Aalto
betreibt.
Für ihre Studie nutzen die Forscher Computercodes, mit denen sie die Prozesse
in der Sonne simulierten. Mit ihren Berechnungen schufen sie die bisher längste
numerische Simulation eines sonnenähnlichen Dynamos zusammen mit seiner
Langzeitvariation. "Die zunehmend leistungsstärkeren Computer haben es uns
ermöglicht, die Sonne und die Entwicklung ihres Magnetfelds so detailliert wie
noch nie zuvor zu modellieren. Wir hoffen, dass unsere Modelle in ein paar
Jahren die Frage beantworten können, warum wir einen 11-Jahres-Zyklus haben",
sagt Teammitglied Jörn Warnecke, der ein Marie-Curie-Fellow am MPS ist.
Anders als Beobachtungsdaten untersuchen die Simulationen nicht nur die
Oberfläche, stattdessen bieten sie eine dreidimensionale Repräsentation des
magnetisch aktiven Teils der Sonne. "Bisher konnten wir nur untersuchen, was auf
der Oberfläche der Sonne zu sehen war, aber die Simulationen ermöglichen uns
einen Blick unter die Oberfläche. Während des Maunderminimus sinkt das
Magnetfeld auf den Grund der Konvektionszone und ist dort sehr stark," erklärt
Käpylä.
Die äußerste Schicht der Sonne, die Konvektionszone, verhält sich wie ein
Topf voll kochendem Wasser mit seinen aufsteigenden Blasen, die die Wärme
transportieren. Diese Bewegungen erzeugen nicht nur ein Magnetfeld, sie
verursachen auch Turbulenz in der gesamten Konvektionszone und erschweren damit
die Berechnung. "Es ist mit heutigen Computern – und auch mit denen der näheren
Zukunft – völlig unmöglich, die Sonne mit ihrer Turbulenz exakt nachzubilden.
Daher behaupten wir auch nicht, dass unser Modell tatsächlich die Sonne ist. Es
ist vielmehr eine dreidimensionale Konstruktion verschiedener solarer Phänomene
durch das man den Stern, der unser Weltraumklima gestaltet, besser verstehen
kann," erklärt Käpylä.
Käpylä wird im Juni 2016 als unabhängige Gruppenleiterin ans MPS kommen. Ihre
neu gegründete Forschungsgruppe wird ab September Untersuchungen zu solarer und
stellarer Aktivität betreiben. Diese beinhalten numerische 3D-Simulationen der
Sonne und der Sterne mit Hochleistungsrechnern sowie die Beobachtung von
sonnenähnlichen Sternen zur Untersuchung ihrer magnetischen Zyklen.
Über ihre Beobachtungen berichten die Wissenschaftler in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics.
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