Taumelnder Planet um Doppelstern
von Stefan Deiters astronews.com
5. Februar 2014
Astronomen haben in den Daten des Weltraumteleskops Kepler
ein sehr ungewöhnliches System aufgespürt: Der Planet Kepler-413b umrundet nicht
nur ein enges Paar aus zwei Sternen, sondern weist auch einen eigentümlichen
Orbit auf, durch den nur unregelmäßig Transits zu beobachten sind. Zudem
vermuten die Astronomen ein dramatisches Taumeln der Rotationsachse des
Planeten.

So stellen sich
die Astronomen das System Kepler-413 vor.
Bild: NASA, ESA, und A. Feild (STScI)
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Die Vielfalt der extrasolaren Planeten, die Astronomen seit Jahren um andere
Sterne der Milchstraße aufspüren, ist immer wieder verblüffend. Das zeigt auch
der neuste Fund, der jetzt mithilfe von Daten des NASA-Weltraumteleskops Kepler
gelungen ist: Kepler-413b umrundet ein Doppelsternsystem auf einer sehr
ungewöhnlichen Bahn, die dafür sorgt, dass Kepler die Transits nur unregelmäßig
beobachten konnte.
Das Weltraumteleskops Kepler
hat mehr als vier Jahre lang über 150.000 Sterne anvisiert und nach
sogenannten Transits von Planeten Ausschau gehalten. Bei einem Transit, also dem Vorüberziehen
eines Planeten vor einem Stern, verringert sich die Helligkeit einer fernen Sonne
kurzzeitig auf charakteristische Weise. Beobachtet man einen
Transit, sollte dieser sich normalerweise entsprechend der Umlaufperiode des
Planeten wiederholen. Bei Kepler-413b, einem Planeten in rund 2.300 Lichtjahren
Entfernung im Sternbild Schwan, war das jedoch etwas anders.
"Wir haben in den Kepler-Daten aus über 1.500 Tagen drei
Transits in den ersten 180 Tagen gesehen, also einen Transit alle 66 Tage, und dann 800
Tage überhaupt nichts", erklärt Veselin Kostov vom Space Telescope Science
Institute und der Johns Hopkins University. "Danach haben wir fünf weitere
Transits hintereinander gesehen." Aus diesen Beobachtungen versuchten die Astronomen
dann ein System zu konstruieren, das genau dieses Transitverhalten
erklären kann.
Und sie glauben, erfolgreich gewesen zu sein: Danach umrundet der Planet, der
etwa die 65-fache Masse der Erde haben dürfte, das enge Paar aus zwei Sternen
alle 66 Tage. In Bezug auf die Ebene, in der die beiden Sterne einander
umkreisen, ist die Bahn des Planeten um 2,5 Grad geneigt. Die Lage dieser Bahn im Raum ist
zudem nicht konstant: Der Orbit des Planeten taumelt daher mit einer Periode
von elf Jahren.
Dies führt dazu, dass der Planet - von der Erde aus betrachtet - nicht immer
vor seinen Zentralsternen vorüberzieht und damit nicht alle 66 Tage ein Transit
zu sehen ist.
Die Astronomen rechnen sogar damit, dass der nächste Transit von Kepler-413b
erst im Jahr 2020 zu sehen sein wird.
Dies liegt nicht allein an der "taumelnden" Bahn des Planeten um das
Sternenpaar, sondern auch an dem geringen Durchmesser der Sterne selbst sowie an
ihrer eigenen Umlaufbahn umeinander: Auf die Ebene dieses Orbits schauen wir nämlich von der Erde auch
nicht direkt, sondern unter einem
Winkel. Von daher hatten die Astronomen Glück, dass sie während der
Missionsdauer von Kepler überhaupt einen Transit von Kepler-413b beobachten konnten.
Dass der Orbit von Kepler-413b in Bezug auf die Ebene der Bahn der
Zentralsterne geneigt ist, wundert die Astronomen. Erklären könnte dies ein
weiterer Planet in dem System, der die Umlaufbahn von Kepler-413b stört oder aber
ein dritter, bislang unentdeckter Stern in der Nähe. "Vermutlich gibt es Planeten
wie diesen da draußen, die wir nicht sehen können, weil wir gerade zu einem
Zeitpunkt schauen, in der sie keine Transits zeigen", so Teammitglied Peter McCullough.
Kepler-413b ist seinen beiden Zentralsternen etwas näher als die errechnete habitable Zone in dem System, also jenem Bereich, in dem Wasser theoretisch in
seiner flüssigen Form möglich wäre. Er dürfte zudem mehr dem Planeten Neptun
gleichen als der Erde, wäre also für Leben, wie wir es kennen, keine wirklich
wohnliche Welt.
Dies gilt auch noch aus einem anderen Grund: Genau wie der Orbit von
Kepler-413b um die beiden Zentralsterne taumelt, dürfte nämlich - so lassen theoretische Betrachtungen des Systems
vermuten - auch die Ausrichtung der
Drehachse, um die sich der Planet selbst dreht, mit einer elfjährigen Periode
schwanken. Dies würde beispielsweise zu sehr schnellen Änderungen bei den
Jahreszeiten führen. Zum Vergleich: Die Drehachse der Erde taumelt mit einer
Periode von über 26.000 Jahren.
Über die Beobachtungen berichten die Forscher in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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