Die Trümmer einer Asteroidenkollision
von Stefan Deiters astronews.com
2. Mai 2011
Der Asteroid Scheila hat einen Durchmesser von etwas mehr
als 100 Kilometern und umrundet die Sonne alle fünf Jahre. Ende letzten Jahres
wurde der Brocken plötzlich heller. Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop
Hubble und dem NASA-Satelliten Swift lieferten nun eine Erklärung
für das damalige Verhalten: Scheila wurde vermutlich von einem kleineren
Asteroiden getroffen.

Hubble-Bild von Scheila vom 27. Dezember 2010
aus einer Entfernung von rund 350 Millionen
Kilometern.
Bild: NASA / ESA / D. Jewitt (UCLA) |
"Durch Kollisionen von Asteroiden entstehen verschieden große
Gesteinsfragmente, von feinem Staub bis zu größeren Brocken, die dann auf
Planeten und Monden einschlagen", erläutert Dennis Bodewits von der
University of Maryland in College Park, der Hauptautor eines Fachartikels
über die Beobachtungen mit Swift. "Hier konnten wir erstmals einen
Asteroiden nur wenige Wochen nach der Kollision beobachten und damit lange bevor
die Beweise für die Kollision verschwunden sind."
Die meisten Asteroiden, die als Überreste von der Entstehung des
Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren gelten, kreisen zwischen den Bahnen
von Mars und Jupiter im sogenannten Asteroidengürtel um die Sonne. Der jetzt
beobachtete Asteroid (596) Scheila hat einen Durchmesser von etwas mehr als 100
Kilometern und benötigt für einen Umrundung der Sonne rund fünf Jahre.
"Die Beobachtungen von Hubble lassen sich am einfachsten durch den
Einschlag eines bislang nicht bekannten Asteroiden mit einer Geschwindigkeit von
knapp 18.000 Kilometern pro Stunde und einem Durchmesser von etwa 100 Metern
erklären", so David Jewitt von der University of Los Angeles, der
Leiter des Hubble-Teams. Hubble konnte allerdings keine
einzelnen Bruchstücke der Kollision erkennen, wie bei den Beobachtungen von
P/2010 A2 aus dem Jahr 2009, der ersten entdeckten Asteroidenkollision (astronews.com
berichtete).
Im Gegensatz zu Kometen, die sich bei Annäherung an die Sonne erhitzen und
oft einen eindrucksvollen Schweif ausbilden, galten Asteroiden lange Zeit als
inaktive Gesteinsbrocken, deren Oberfläche lediglich von zahlreichen Kollisionen
geprägt ist. Allerdings ist dieses Bild mit der Zeit etwas ins Wanken geraten.
So stellte man fest, dass man auch bei einigen als Asteroiden klassifizierten
Objekten auf gewissen Teilen ihres Orbits kometenähnliche Phänomene beobachten
kann. Andere zeigten plötzliche kurze Ausbrüche.
Am 11. Dezember 2010 bemerkten Astronomen auf Bildern des Catalina Sky
Survey, mit dem die NASA nach erdnahen Asteroiden fahndet, dass der
Asteroid Scheila doppelt so hell erscheint, wie eigentlich erwartet worden war
und ein kometenähnliches Leuchten zeigt. Bei der Durchsicht von Archivbildern
stellte man fest, dass der Ausbruch zwischen dem 11. November und 3. Dezember
begonnen haben muss.
Drei Tage nach Bekanntgabe des Ausbruchs nahmen die Astronomen Scheila mit
dem Ultraviolet/Optical Telescope (UVOT) des NASA-Satelliten Swift
ins Visier. Das dabei aufgenommene Spektrum zeigte keinerlei Spuren von Gasen
rund um den Asteroiden, so dass sich der Ausbruch nicht durch Eis erklären
lässt, dass an die Oberfläche gelangt ist. Auf den Bildern waren außerdem zwei
Wolken aus kleinen Staubpartikeln zu sehen, die sich durch das Sonnenlicht
langsam vom Asteroiden entfernten. Mit dem Weltraumteleskop Hubble
wurde dann am 27. Dezember 2010 und 4. Januar 2011 Scheila und die Staubwolke
untersucht.
Die Beobachtungsdaten lassen sich am besten durch eine Kollision von Scheila
mit einem kleinen Asteroiden erklären. Dabei wurden nach Schätzung der
Astronomen mehr als 660.000 Tonnen Staub ins All gewirbelt. "Die Staubwolke um
Scheila könnte mehr als 10.000-mal massereicher sein als die, die durch die
Deep Impact-Mission auf 9P/Tempel 1 aufgewirbelt wurde", so Michael Kelley
von der University of Maryland. "Durch solche Kollisionen können wir
ins Innere von Kometen und Asteroiden blicken. Das Auswurfmaterial von Deep
Impact enthielt großen Mengen an Eis. Dass wir bei Scheila nichts in diese
Richtung entdeckt haben, zeigt, dass sich der Asteroid im Inneren deutlich von
einem Kometen unterscheidet."
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