Der Kosmos in hoher Auflösung
Redaktion
/ Pressemitteilung der Astronomischen Gesellschaft
14. September 2010
In Bonn treffen sich derzeit Astronomen aus den deutschsprachigen Ländern
mit ihren Kollegen aus aller Welt zur jährlichen Herbsttagung der
Astronomischen Gesellschaft. Zur Eröffnung wurde heute der bekannte
Schweizer Planetenjäger Michel Mayor mit der Karl-Schwarzschild-Medaille der
Gesellschaft geehrt. Der traditionelle öffentliche Abendvortrag
widmet sich am Donnerstag aktuellen kosmologischen Fragen.
Unter dem Titel "Zooming in - The Cosmos at High
Resolution" findet derzeit eine internationale
astronomische Fachtagung in Bonn statt.
Bild: Astronomische
Gesellschaft / Rychard Bouwens (UCSC) / Oliver
Volke / Marcel Pawlowski |
Unter dem Titel "Zooming in - The Cosmos at High Resolution" findet vom 13. bis 17.
September 2010 in Bonn die Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft (AG)
statt. Auch dieses Jahr bringt dieses Meeting wieder zahlreiche hochkarätige
Wissenschaftler aus vielen Ländern zusammen, um über aktuelle
Forschungsergebnisse zu berichten und zu diskutieren, sowie zukünftige
Entwicklungen der astronomischen Forschung zu beraten.
Ob es sich um die Entdeckung fremder Planeten, die Erforschung von fernen Galaxien, oder
die Untersuchung geheimnisvoller Schwarzer Löcher handelt: ein Großteil der spannenden
Erkenntnisse der moderne Astronomie wurde erst möglich, weil sich die
Beobachtungsmöglichkeiten in den letzten Jahren wesentlich verändert haben. Größere
Teleskope haben nicht nur einen tieferen Blick ins Universum ermöglicht. Vielmehr konnte
Dank des Einsatzes von weltraumgebundenen Observatorien oder Techniken wie der
adaptiven Optik oder der Interferometrie auch die Abbildung von Details entscheidend
verbessert werden.
Darüber hinaus beobachten Astronomen heute nicht mehr allein im sichtbaren
Licht, sondern messen die Strahlung der Himmelsobjekte über das gesamte
elektromagnetische Spektrum hinweg – von Radiowellen bis hin zu Gammastrahlen.
Da sich verschiedene physikalische Prozesse auch durch ihre unterschiedliche
Strahlung verraten, eröffnet sich den Astronomen ein völlig neuer Blick ins All.
"Noch stehen wir am Anfang dieses neuen Zeitalters der beobachtenden Astronomie",
erläutert Ralf-Jürgen Dettmar, Präsident der Astronomischen Gesellschaft und
Professor für Astronomie an der Ruhr-Universität Bochum. "Erst mit der
zukünftigen Generation an Observatorien werden wir in der Lage sein, viele der
derzeit brennenden Fragen beantworten zu können."
Aus diesem Grund ist eines der Schwerpunktthemen der Tagung die Entwicklung, der Bau
und die wissenschaftliche Nutzung zukünftiger Teleskope mit hoher Winkelauflösung in
unterschiedlichen Spektralbereichen. Dazu zählen insbesondere das geplante optische
Riesenteleskop E-ELT (European Extremely Large Telescope) mit 42 Meter
Spiegeldurchmesser, aber auch das ebenfalls geplante SKA (Square Kilometer Array) für
Radiowellenlängen, das im Bau befindliche Interferometer ALMA für den
Submillimeterbereich, sowie das satellitengestützte Gravitationswellenobservatorium LISA.
Zu den oben angesprochenen großen Fragen der Astronomie zählt sicher auch die nach der
Existenz von erdähnlichen Planeten in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Erst vor
gerade einmal 15 Jahren gelang dem Genfer Forscher Michel Mayor die Entdeckung des
ersten Planeten, der einen sonnenähnlichen Stern umläuft. Für diese Leistung und seine
zahlreichen wichtigen Beiträge zur Erforschung extrasolarer Planeten erhielt er
heute auf der Bonner Tagung die Karl-Schwarzschild-Medaille, die höchste
Auszeichnung der Astronomischen Gesellschaft. Darüber hinaus verlieh die
AG auch dieses Jahr den Ludwig-Biermann-Förderpreis. Diese Auszeichnung, die
sich an hervorragende jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der
Astronomie richtet, erhielt diesmal Maryam Modjaz. Die Astrophysikerin der
Universität von Kalifornien in Berkeley hat wichtige Forschungsarbeit auf dem Gebiet der
Sternexplosionen und der geheimnisvollen Gamma-Ray-Bursts geleistet.
Erstmals in Bonn wird die AG auch den neu geschaffenen Promotions-Preis für die beste
Dissertation des vergangenen Kalenderjahres an Hans Moritz Günther (zur Zeit in
Cambridge) vergeben.
Selbst große wissenschaftliche Tagungen konzentrieren sich gemeinhin auf ein sehr eng
begrenztes Thema innerhalb eines Fachgebiets. Die Tagungen der Astronomischen
Gesellschaft führen hingegen Astronomen aus allen Arbeitsrichtungen zusammen.
"Auch mit der Tagung in Bonn möchten wir den Wissenschaftlern wieder die Möglichkeit
bieten, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und mit Kollegen zu diskutieren, die
man sonst nur selten trifft", sagt der Vorsitzende des lokalen Organisationskomitees, Prof.
Frank Bertoldi aus Bonn.
Ganz im Sinne der Nachwuchsförderung der AG ist auch, dass auf den AG-Tagungen viele
Diplomanden oder Doktoranden ihren ersten Vortrag vor dem Fachpublikum ihres
Arbeitsgebiets präsentieren können. Neben den zahlreichen wissenschaftlichen
Präsentationen bietet die Tagung auch Workshops zur Didaktik der Astronomie und zur
Lehrerfortbildung. Darüber hinaus findet erstmals auch ein Meeting zum Thema "Public
Outreach in der Astronomie" statt, bei dem prominente Vertreter der astronomischen
Öffentlichkeitsarbeit ihre Erfahrungen austauschen.
Den traditionellen öffentlichen Abendvortrag hält diesmal der Heidelberger Astrophysiker
Matthias Bartelmann zum Thema "Erfolge und Rätsel: Stand und Perspektiven der
modernen Kosmologie" am Donnerstag, 16. September 2010 um 19.00 Uhr im Hörsaal X der Universität
Bonn (Hauptgebäude, Regina-Pacis-Weg 3). Matthias Bartelmann, Professor für
Theoretische Astrophysik am Zentrum für Astronomie in Heidelberg, berichtet über
den Kosmos als Ganzes und über eine Vielzahl neuer und präziser Beobachtungen,
die der Kosmologie im letzten Jahrzehnt gewaltige Fortschritte ermöglicht haben. Das
überwiegend akzeptierte Standardmodell der Kosmologie gelangt zu
atemberaubenden Schlussfolgerungen, wie zum Beispiel, dass das Universum von so
genannter Dunkler Materie und Dunkler Energie dominiert ist. Der Vortrag erläutert die
Grundlagen der Standard-Kosmologie und zeigt, woher sie ihre enorme
Überzeugungskraft bezieht, obwohl sie zu weitreichenden Folgerungen führt, deren
Rätselhaftigkeit schwer zu überbieten ist.
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