Konzept gegen zu helle Nächte
Redaktion /
Pressemitteilung des Forschungsverbunds Berlin e.V. astronews.com
10. Februar 2009
Wer in der Stadt wohnt, ist oft beeindruckt von der ungewohnt
großen Zahl von Sternen, die man nachts auf dem Lande am Himmel erkennen kann.
Astronomen kennen dieses Problem der Lichtverschmutzung und haben sich mit ihren
Teleskopen in entlegene Winkel der Erde zurückgezogen. Doch nicht nur
Sternenfreunde leiden unter den hellen Nächten, das Problem ist weitaus
umfassender.
Nächtlicher Blick auf die Erde: In vielen
Regionen gibt es keine wirklich dunkle Nacht
mehr.
Bild: NASA / Goddard Space Flight Center
Scientific Visualization Studio |
Das internationale Jahr der Astronomie 2009 hat die Aufmerksamkeit auf das
Problem der Lichtverschmutzung gelenkt: Aufgrund der immer weiter zunehmenden
Beleuchtung von Straßen und Gebäuden gibt es nur noch wenige Orte auf der Erde,
an denen es nachts richtig dunkel wird. Astronomen haben daher Schwierigkeiten,
den Nachthimmel zu beobachten. Es gibt jedoch noch viele weitere Probleme durch
zu helle Nächte. Unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und
Binnenfischerei (IGB) startet nun ein groß angelegtes transdisziplinäres
Projekt, in dem Forscher wissenschaftlich fundierte Beleuchtungskonzepte
erarbeiten wollen, welche Mensch und Natur gerecht werden.
Besonders nachtaktive Tierarten leiden unter der Helligkeit. Aber auch
Zugvögel werden von taghell erleuchteten Städten in die Irre geleitet und
verlieren viel Energie auf ihrer langen Reise. Insekten schwirren nachts
millionenfach auf Lichtquellen zu und werden so von Nahrungssuche und
Fortpflanzung abgehalten. In der Gesamtheit können solche Effekte einer
künstlichen Beleuchtung wichtige Funktionen des Ökosystems aus dem Gleichgewicht
bringen und die Artenvielfalt reduzieren. Viele dieser Zusammenhänge sind noch
nicht erforscht.
Auch auf die Gesundheit der Menschen hat die fehlende Dunkelheit
Auswirkungen. "Neben der menschlichen Gesundheit sind besonders Gewässer und
gewässernahe Lebensräume von der Beleuchtung betroffen, da Städte in der Regel
am Wasser liegen", erläutert Prof. Klement Tockner, Direktor des IGB. " Wir
wollen deshalb ein umfassendes Konzept erarbeiten, das Wissenschaftler aller
relevanten Disziplinen einbezieht: Biologen, Astronomen, Mediziner, Architekten
und Ingenieure für die technischen Lösungen."
Ziel des Projekts ist es, die bisherigen vereinzelten Forschungsarbeiten in
einen größeren Zusammenhang zu stellen. Daraus werden dann innovative
Beleuchtungskonzepte zunächst für Gebiete in Berlin und Brandenburg entwickelt.
Die Öffentlichkeit und speziell Anwohner sollen von Beginn an einbezogen werden,
denn ohne die breite Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein solches Konzept nicht
umzusetzen.
In das Projekt soll auch die kulturelle Bedeutung der Nacht einfließen:
Welchen Einfluss hat die Dunkelheit auf die Ruhe des Menschen, was bedeutet sie
für die Kunst? Dunkelheit löst aber auch Angst aus, so dass zudem Nutzen und
Schaden des Kunstlichts gegenübergestellt werden sollen: So erhöht Helligkeit
die Sicherheit und ermöglicht viele gesellschaftliche Aktivitäten. Andererseits
bedeutet überflüssige Beleuchtung Energieverschwendung mit negativen Effekten
auf das Klima. Die Zerstörung von Natur verursacht oft ungeahnte Kosten - so
kann das Aussterben bestimmter Insektenarten zu Ernteeinbußen führen, da die
Pflanzen nicht mehr bestäubt werden.
Das erste Treffen der beteiligten Forscher fand in der vergangenen
Woche am IGB in Berlin statt. Partner in dem Projekt sind außer dem
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei das Leibniz-Institut
für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin, das Astrophysikalische Institut
Potsdam, das deutsche Primatenzentrum in Göttingen, das Institut für
Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund, das Leibniz-Institut für
Regionalentwicklung und Strukturplanung in Erkner, das Leibniz-Institut für
Plasmaforschung und Technologie in Greifswald, die Institute für Biologie und
für Weltraumwissenschaften der Freien Universität Berlin sowie die Institute für
Stadt- und Regionalplanung und für Energie- und Automatisierungstechnik der
Technischen Universität Berlin.
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