Die Entfernungsbestimmung im All ist eine der wichtigsten und
gleichzeitig schwierigsten Aufgaben für Astronomen. Dank des NASA-Röntgenteleskops Chandra
gibt es nun einen neuen Weg um die Distanz zu einem entfernten Objekt zu
bestimmen. Für die Astronomen eröffnet sich dadurch "eine neue
Welt".

Chandra-Beobachtung von Cygnus X-3. Foto: NASA/SRON/MPE |
Wie stark leuchtet ein weit entfernter Stern, wie schnell dehnt sich
das Universum aus und welches Alter folgt daraus? Dieses sind nur einige
Fragen, die von einer entscheidenden Information abhängen: Der Entfernung
weit entfernter Objekte von der Erde. Nur leider, ist diese Information
äußerst schwer zu beschaffen, da man nur in ganz wenigen Fällen direkt
eine Entfernung messen kann. Bei den meisten Objekten bedient man sich
mehr indirekter Messungen, die auf verschiedenen Objekten beruhen, von
denen man glaubt, ihre Entfernung auch noch in weiter Distanz bestimmen zu
können. Man hangelt sich so - mit Hilfe der unterschiedlichen Verfahren -
von Entfernungsindikator zu Entfernungsindikator und spricht im
allgemeinen von der intergalaktischen Entfernungsskala.
Dank Chandra gelang es nun erstmals ein neues Verfahren zur
Entfernungsbestimmung einzusetzen. Die Methode beruht auf der Streuung von
Röntgenstrahlen an interstellarem Staub. Durch das Material entsteht eine
Art Halo um die Röntgenquelle - ähnlich dem schimmernden Schein um eine
Verkehrsampel in einer nebligen Nacht. "Wenn die Ampel von rot auf
grün umspringt oder umgekehrt folgt der Halo mit leichter
Verspätung", erläutert Peter Predehl vom Garchinger
Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik. "Niemand würde
dies zur Entfernungsbestimmung auf der Erde benutzen, da die Verzögerung
nur wenige Milliardstel Sekunden beträgt. Doch wenn die Verkehrsampel
30.000 Lichtjahre entfernt ist, sind es schon 15 Minuten Verzögerung. Und
durch das exzellente Auflösungsvermögen von Chandra kann man
unterscheiden, ob das Licht nur 30.000 Jahre oder noch 15 Minuten länger
zu uns unterwegs war."
Die Methode wurde schon vor 27 Jahren vorgeschlagen, doch fehlte bisher
ein Teleskop, das über die Fähigkeiten von Chandra verfügt. Als
kosmische Ampel - oder besser als Leuchtturm - diente die Röntgenquelle
Cygnus X-3, deren Röntgenstrahlung mit einer Periode von 4,8 Stunden
schwankt. Dies führen die Astronomen auf einen Neutronenstern oder ein
Schwarzes Loch zurück, der um ein nahen Begleitstern kreist. Durch
Beobachtung, wie die Variation der von der Quelle ausgesandten
Röntgenstrahlung in verschiedenen Bereichen des Halos zu sehen ist und
mit welcher zeitlichen Verzögerung sie zu beobachten ist, konnten die
Astronomen die Entfernung zu Cygnus X-3 bestimmen.
Predehl und sein Team beobachteten die Röntgenquelle für dreieinhalb
Stunden und errechneten eine Entfernung von 30.000 Lichtjahre zu dem
System. Die erreichte Genauigkeit von 20 Prozent ist zur Zeit noch recht
gering, was im wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die
Astronomen die Quelle nicht eine volle Periode von 4,8 Stunden beobachten
konnten. Wenn Daten von längeren Beobachtungen verfügbar werden, dürfte
die Abschätzung aber genauer werden, so die Hoffnung der Wissenschaftler.