CHANDRA
Zwerggalaxien als Sauerstoffquelle
von Stefan
Deiters
astronews.com
24. Juli 2002
Mit Hilfe des
NASA-Röntgenteleskops Chandra konnten amerikanische Wissenschaftler
beobachten, wie die nahe Zwerggalaxie NGC 1569 Sauerstoff und andere schwere
Elemente ins All bläst.
Die
Daten unterstützen nach Ansicht der Forscher die These, dass Zwerggalaxien für
den größten Teil der schweren Elemente verantwortlich sind, die man im
intergalaktischen Raum zwischen den Galaxien findet.
Chandra-Aufnahme der rund 7 Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernten Zwerggalaxie NGC 1569. Foto: NASA/CXC/UCSB/C.
Martin et al.) [Großansicht] |
Schwere Elemente machen zwar nur einen verschwindend geringen Teil der Masse
des Universums aus, sind aber für viele Prozesse im All extrem wichtig.
Als schwere Elemente bezeichnen die Astronomen alle Elemente außer Wasserstoff
und Helium, so dass Sauerstoff und Kohlenstoff - für die Entstehung von Leben
unerlässlich - zu dieser Gruppe gehören. Doch auch die Entstehung von
Planetensystem und ganzen Galaxien kann von der Konzentration der schweren
Elemente im Gas abhängen.
Mit Hilfe des NASA-Röntgenteleskops Chandra beobachtete ein Team
unter Leitung von Crystal Martin der Universität von Kalifornien in Santa
Barbara die Zwerggalaxie NGC 1569. Sie entdeckten, dass gewaltige Mengen von
Sauerstoff und anderen schweren Elemente von der Zwerggalaxie ins All geblasen
werden
und zwar in riesigen, Millionen Grad heißen Gasblasen, die jeweils Durchmesser
von mehreren tausend Lichtjahren haben.
"Zwerggalaxien sind deutlich kleiner als normale Galaxien aber deutlich häufiger", erläutert Martin. "Wegen ihrer kleinen Masse
verfügen sie nur über relativ wenig Gravitationskraft, so dass Materie viel
leichter aus ihnen entweichen kann als aus normalen Galaxien. Das macht ihr
Studium sehr wichtig, wenn man sich für die Elementanreicherung im Universum
interessiert."
Schon lange hatten Wissenschaftler den Verdacht, dass die schweren Elemente, die
aus den Zwerggalaxien in der Frühphase des Universums entwichen sind, eine
wichtige Rolle bei der Elementanreicherung des intergalaktischen Gases gespielt
haben. Aus diesem Gas haben sich dann große Galaxien gebildet. Mit schweren
Elementen angereichertes Gas kühlt schneller ab, so dass sowohl Entstehungsrate
als auch die Art und Weise der Galaxienbildung von diesen Vorgängen beeinflusst
worden sein dürfte. "Mit Chandra war es nun möglich, diese Ideen zu
überprüfen", so Henry Kobulnicky, ein Mitglied der Forschergruppe von der
Universität von Wisconsin. "Wir konnten genau ermitteln wie Sauerstoff und
andere Elmente in der Galaxie verteilt sind und dann bestimmen wie viel von
dieser Materie ins All entweichen kann."
Zum Studium dieser Vorgänge eignet sich die untersuchte Zwerggalaxie NGC 1569
besonders gut: Zum einen ist sie nur sieben Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernt und damit relativ nahe, zum anderen gab es in der Galaxie während der
letzten zehn bis 20 Millionen Jahre eine intensive Phase von Sternentstehung,
einen so genannten Starburst. Ursache dafür könnte eventuell die
Kollision der Galaxie mit einer massereichen Gaswolke gewesen sein. Durch die
heftige Sternentstehung kommt es auch gehäuft zu Supernova-Explosionen, die
Sauerstoff und andere Elemente mit hoher Geschwindigkeit in die Galaxie blasen
und sie so aufheizen. Heiße Gasblasen lösen sich von der Gasscheibe der Galaxie
und bewegen sich mit Geschwindigkeiten von mehreren Hunderttausend Kilometern
pro Stunde nach außen.
Das Team hat mit während ihrer Beobachtungen große heiße Blasen oberhalb und
unterhalb der gasförmigen Scheibe der Galaxie entdeckt. Die Konzentration von
Elementen wie Sauerstoff, Neon oder Magnesium ist so groß, dass Tausende von
Supernova-Explosionen dafür verantwortlich sein müssen. In den Blasen findet
sich ein Sauerstoffgehalt, der etwa dem 3 Millionenfachen der Sauerstoffmenge
unserer Sonne entsprechen dürfte.
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