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Sind die ersten Momente des Universums für Messungen
zugänglich?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Physik astronews.com
24. Oktober 2025
Die Entstehung des Universums gehört mit zu den
faszinierendsten Rätseln der Wissenschaft. Nun haben drei Forschende eine neue
Theorie über die kosmische Inflation vorgestellt, nach der es - wenn sie denn
zutrifft - möglich sein sollte, die ersten Sekundenbruchteile des
Universums auf der Erde zu messen.

Kaum eine künstlerische Darstellung dürfte
den Urknall korrekt darstellen.
Bild: NASA Goddard Space Flight
Center / CI Lab [Großansicht] |
Wie ist das Universum entstanden? Dazu gibt es eine Vielzahl von Theorien.
Nun haben eine Wissenschaftlerin und zwei Wissenschaftler ein neues Modell
entwicklet: Die Inflation, die erste, sehr schnelle Ausdehnung des Universums,
ist demnach in einer warmen Umgebung aus bekannten Elementarteilchen abgelaufen.
Außerdem spielt die starke Kraft, eine der fundamentalen Wechselwirkungen im
Standardmodell der Teilchenphysik, dabei eine zentrale Rolle. Ist die Idee
richtig, würde die Möglichkeit bestehen, die ersten Sekundenbruchteile des
Universums auf der Erde zu messen.
Das von den Forschenden entworfene Modell basiert auf folgendem Szenario:
Noch vor dem Urknall durchlief das Universum eine sehr kurze Phase der
kosmischen Inflation. Gängige Hypothesen gehen davon aus, dass dieses frühe
Universum kalt und leer war. Dies erfordert einen bislang unbekannten Prozess,
der das später beobachtete heiße Plasma zündet – im Moment des eigentlichen
Urknalls. Daneben gibt es auch Modelle für warme Inflation. Für diese Art der
Inflation stellen die Forschenden jetzt einen neuen Ansatz vor.
"Mit unserer Studie zeigen wir einen völlig neuen Weg für warme Inflation",
sagt Sebastian Zell, Wissenschaftler in der Abteilung "Kosmologie und
Teilchenphysik" am Max-Planck-Institut für Physik (MPP). "Schon während sich das
frühe Universum ausgedehnt hat, könnte es in ein Wärmebad aus bekannten
Elementarteilchen getaucht gewesen sein." Dieses Inflationsmodell hat gegenüber
den bisher bekannten einen Vorteil: Es lässt sich weitgehend mit "Bordmitteln",
also gut untersuchten Teilchen und Kräften im Standardmodell erklären. Damit
wären die ersten Momente des Universums für Messungen auf der Erde zugänglich.
Allerdings kommt auch der jetzt vorgestellte Ansatz nicht ohne Erweiterung
des Standardmodells aus: Gluonen, welche die starke Kraft in Atomkernen
vermitteln, binden an ein Feld hypothetischer, Axion-ähnlicher Teilchen. "Die
Kopplung dieser Teilchen an die starke Kraft liefert die Energie, um das
expandierende Universum aufzuheizen", erläutert Zell. "Damit kann warme
Inflation stattfinden."
Die Existenz kosmischer Axionen oder verwandter Teilchen könnten mehrere
offene Fragen der Teilchenphysik lösen. Ein Beispiel ist die Natur der Dunklen
Materie. Daher arbeiten viele Experimente daran, diese Teilchen nachzuweisen.
Eines davon ist MADMAX, an dem das MPP federführend mitwirkt. "Angesichts dieser
Bemühungen sehen wir eine realistische Chance, die warme Inflation in Zukunft
experimentell zu überprüfen", so Zell abschließend.
Die Ergebnisse wurden jetzt in einem Fachartikel veröffentlicht, der
in der Zeitschrift Physical Review Letters erschienen ist.
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