Was Chlor und Fluor über die Mondkruste verraten
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
23. Juni 2025
Die Mondforschung fragt sich schön länger, warum die
beiden verschiedenen Gesteinsarten auf der Mondoberfläche so unterschiedlich
verteilt sind. Bei der Suche nach einer Antwort ist ein internationales
Forschungsteam nun einen Schritt weiter gekommen. Im Fokus der jetzt
vorgestellten Studie standen leicht flüchtige Elemente wie Fluor und Chlor.

Die erdzugewandte Seite des Mondes in einem
Mosaik aus Aufnahmen der NASA-Sonde Lunar Reconnaissance
Orbiter.
Bild: NASA / GSFC / Arizona State University
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Wie viele Halogene, also leichtflüchtige Elemente wie Chlor und Fluor, auf
dem Mond vorkommen und wie sie dort verteilt sind, verrät viel über die
Entstehung und Entwicklung unseres Erdtrabanten. Etwa darüber, wie sich die
Mondkruste gebildet und im Laufe der Zeit chemisch verändert hat. Bislang war es
jedoch schwierig, die genaue Rolle dieser Elemente zu verstehen, weil unklar
war, wie sie sich in Mondgesteinen anreichern. Ein internationales
Forschungsteam der Universität Münster, der Universität Ehime in Japan und der
Vrije Universität Amsterdam hat nun in Laborexperimenten nachgestellt, wie
solche Gesteine auf dem Mond entstehen, und untersucht, wie sich Chlor zwischen
Gesteinsschmelzen und Mondmineralen verteilt. Das Ergebnis: Gesteine von der
erdzugewandten Seite des Mondes enthalten überraschend viel Chlor.
Die oberste Schicht des Mondes wird als Mondkruste bezeichnet. Sie besteht
vor allem aus zwei Gesteinsarten: den hellen Hochlandgesteinen und den dunklen
basaltischen Gesteinen, die besonders in den Senken des Mondes vorkommen. Auf
der erdzugewandten Seite sind beide ungefähr gleich häufig. Ganz anders sieht es
auf der Rückseite aus – dort gibt es nur sehr wenig von den dunklen Arten.
Untersuchungen von Proben aus den Apollo-Exkursionen zeigen außerdem, dass die
hellen Hochlandgesteine, sogenannte Anorthosite, viele Millionen Jahre älter
sind als die dunklen Basalte. Bis heute ist jedoch nicht eindeutig geklärt,
warum die beiden Gesteinsarten auf dem Mond so unterschiedlich verteilt sind.
Nun gibt es eine neue Spur: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Chlor beim
Aufschmelzen der Mondgesteine sehr ungewöhnlich verteilt", erklärt Prof. Dr.
Stephan Klemme vom Institut für Mineralogie der Universität Münster. "Die
Gesteine der erdzugewandten Seite des Mondes enthalten überraschend viel Chlor.
Wahrscheinlich waren chemische Veränderungen durch chlorhaltige Gase infolge
vulkanischer Ausbrüche weit verbreitet." Eine Ausnahme bildet das sogenannte
KREEP-Gebiet, eine Region auf dem Mond mit besonders vielen seltenen Elementen.
Proben von dort zeigen keine erhöhte Chlor-Konzentration. "Analysen deuten
darauf hin, dass diese Gesteine aus einem besonderen Teil des Mondes stammen,
der noch Spuren aus der Entstehungszeit des Mondes enthält", ergänzt Dr. Jasper
Berndt, der ebenfalls am Institut für Mineralogie arbeitet.
Für die Untersuchung simulierten die Forscherinnen und Forscher im Labor die
Entstehung der verschiedenen Mondgesteine. Diese experimentellen Untersuchungen
waren auf den Mondmagma-Ozean fokussiert – eine Phase ganz am Anfang der
Mondgeschichte, als der Mond fast vollständig aufgeschmolzen war. Sie
verwendeten im Labor dafür besonders reine Chemikalien, die genau der
Zusammensetzung des Mondes entsprechen, und fügten gezielt Chlor hinzu.
Anschließend produzierte das Team daraus Mondminerale und Schmelzen in einer
Hochdruckpresse bei extrem hohen Temperaturen und Drücken – ganz ähnlich den
Bedingungen tief im Inneren des Mondes.
Über mehrere Tage verfolgten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
wie sich das Chlor und andere chemische Elemente im künstlichen Mondgestein
verteilten. So rekonstruierten sie, wie sich die Mondkrusten aus den Schmelzen
des tiefen Mondmagma-Ozeans entwickeln konnten. Künftige Untersuchungen von
Gesteinsproben, wie sie etwa die chinesische Raumsonde Chang’e-6 im
Juni 2024 von der Rückseite des Mondes zur Erde gebracht hat, können wichtige
Hinweise liefern, ob und wie solche chemischen Veränderungen auf dem ganzen Mond
vorkommen.
Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature
Communications veröffentlicht.
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