Der mögliche Weg des Universums vom falschen ins echte Vakuum
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Institute of Science and Technology Austria astronews.com
5. Februar 2025
Ist unser Universum in einem sogenannten falschen Vakuum
gefangen bis ein kosmischer Übergang zu einem stabileren echten Vakuum erfolgt?
Um diese Frage zu beantworten, wurde der Prozess nun mithilfe eines
Quantencomputers modelliert. Die Ergebnisse könnten Aufschluss über
die Entstehung des Universums und sein Schicksal in einigen Milliarden Jahren
geben.

Die Quantenglühanlage hat den grundlegenden
Prozess des Vakuumzerfalls simuliert und damit
die Möglichkeit eröffnet, um die Wechselwirkungen
zwischen echten Vakuumblasen zu verstehen.
Bild: Zlatko
Papic (Bild erstellt mit Povray) [Großansicht] |
Sidney Coleman, der Pionier der Quantenfeldtheorie, schlug vor fast 50 Jahren
vor, dass unser Universum möglicherweise nicht seinen stabilsten Zustand
erreicht hat, sondern in einem sogenannten falschen Vakuum gefangen ist.
Demzufolge könnte das Universum, wie wir es kennen, kurz vor dem Übergang in
einen noch stabileren, echten Vakuumzustand stehen. Ein sanfter Übergang wird
das allerdings sicher nicht sein. Vielmehr könnte es zu einer katastrophalen
Veränderung der Struktur des Universums kommen.
"Wir sprechen von einem Prozess, durch den das Universum seine Struktur
vollständig verändern würde. Die fundamentalen Konstanten könnten sich
augenblicklich ändern, und die Welt, wie wir sie kennen, würde wie ein
Kartenhaus einstürzen", erklärt Zlatko Papić, Professor an der Universität von
Leeds in Großbritannien. Den Zeitrahmen vorherzusagen, bleibt jedoch eine
Herausforderung. Wahrscheinlich erstreckt er sich über Millionen oder sogar
Milliarden von Jahren. "Was wir wirklich brauchen, sind kontrollierte
Experimente, um diesen Prozess zu beobachten und seine Zeitskalen zu bestimmen."
Nun konnte eine internationale Zusammenarbeit, an der Papić, Jaka Vodeb vom
Forschungszentrum Jülich und Jean-Yves Desaules, Postdoc in der Gruppe von
Maksym Serbyn am Institute of Science and Technology Austria in
Klosterneuburg in Österreich, beteiligt waren, diesen Prozess, des sogenannten
Vakuumzerfalls modellieren. Durch die Neudefinition unseres Verständnisses der
Quantendynamik könnte diese Arbeit dazu beitragen, die Quanteninformatik
voranzubringen und somit ihr Potenzial, einige der schwierigsten Probleme im
Zusammenhang mit der grundlegenden Physik des Universums zu lösen.
Viele grundlegende Fragen zum Mechanismus des Vakuumzerfalls sind bis heute
offen geblieben, zum Beispiel wie sich die Blasen des echten Vakuums bilden,
bewegen, interagieren und ausbreiten. Um diesen schwer fassbaren Mechanismus zu
verstehen, mussten die Physikerinnen und Physiker Strategien entwickeln, um ihn
im Labor zu modellieren. Zu diesem Zweck verwendeten sie eine Art
Quantencomputer, der für die Lösung komplexer Optimierungsprobleme entwickelt
wurde, d. h. für die Suche nach der besten Lösung aus einer Reihe von möglichen
Lösungen. Diese Maschine, eine sogenannte "Quantenglühanlage" mit 5564 Qubits,
ermöglichte es dem Team, die Vakuumzustände mithilfe von Qubits zu modellieren –
den grundlegenden Informationseinheiten im Quantencomputing.
"Indem wir diese 5564 Qubits zunächst in bestimmte Konfigurationen brachten,
die das falsche Vakuum darstellen, konnten wir die Bedingungen sorgfältig
kontrollieren, um die Bildung von Blasen auszulösen, die das echte Vakuum
modellieren", sagt Desaules. "Die Blasenbildung ist der erste Schritt des
Vakuumzerfalls. Wir freuen uns sehr, dass wir dies in Echtzeit beobachten
konnten."
Die Experimente veränderten die Sichtweise des Teams auf den Mechanismus des
Vakuumzerfalls. Im Gegensatz zu typischerweise untersuchten Regelwerken sahen
sie, dass große quantisierte Blasen im Wesentlichen in Isolation eingefroren
waren. Die einzige Möglichkeit für solch große Blasen, sich weiterzuentwickeln,
ist die Wechselwirkung mit einer benachbarten Blase. Eine der beiden Blasen kann
dann schrumpfen, während die andere wächst. Und sobald eine Blase auf eine sehr
kleine Größe geschrumpft ist, beginnt sie frei zu "tanzen". "Unsere Ergebnisse
stellen wahrscheinlich ein neues physikalisches Bild der Dynamik des
Vakuumzerfalls dar. Wir könnten uns den Mechanismus als ein heterogenes Gas von
Blasen vorstellen, in dem die größeren oder schwereren Blasen direkt miteinander
interagieren, während die kleineren, leichteren Blasen frei umherhüpfen", sagt
Desaules.
Die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler sind überzeugt, dass die
Quantenglühanlage Potenzial für die Lösung realer, praktischer Probleme hat, die
über den Bereich der theoretischen Physik hinausgehen. Ihre Studie würde zeigen,
dass Quantenglühanlagen viel mehr können als die Optimierungsaufgaben, für die
sie konzipiert wurden, da sie auch Phänomene im Zusammenhang mit der Dynamik,
wie die Blasenbildung, erfassen können. "Diese Durchbrüche verschieben nicht nur
die Grenzen wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern ebnen auch den Weg für
zukünftige Technologien, die Bereiche wie Kryptographie, Materialwissenschaften
und energieeffizientes Rechnen revolutionieren könnten", so Vodeb.
Die Ergebnisse sind in einen Fachartikel beschrieben, der in Nature
Physics erschienen ist.
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