Im Schwarm den Mond erkunden
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
20. Dezember 2024
Goldene Päckchen auf dem Mond? Nicht ganz: Das ist kein
außerirdisches Geschenke-Depot, sondern ein Projekt in der LUNA-Halle. Dort hat
ein DLR-Team erforscht, wie sich Nutzlast-Boxen, Sensoren, Rover und Astronauten
zu einem Netzwerk verbinden. Sie tauschen dabei Signale aus, die für die
Kommunikation und die Navigation gleichzeitig verwendet werden können.
Das DLR-Institut für Kommunikation und
Navigation hat in der LUNA-Halle ein Experiment
durchgeführt, bei dem sich Nutzlast-Boxen,
Sensoren und Rover zu einem
Schwarmnavigationsnetzwerk verbinden. Die
Teilnehmer im Netzwerk geben Informationen an die
Nachbarn weiter. Darüber werden die genauen
Positionen der Teilnehmer bestimmt.
Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0) [Großansicht] |
"Jeder Roboter, Sensor oder Astronaut wird zum Teilnehmer eines Netzwerks und
gibt Informationen an die Nachbarn weiter. Über die Laufzeit des Funksignals
zwischen den Teilnehmern bestimmen wir die Abstände untereinander. Mit unserem
Verfahren bestimmen wir die exakte Position der Teilnehmer innerhalb des
Netzwerks", erklärt Projektleiter Dr. Emanuel Staudinger vom DLR-Institut für
Kommunikation und Navigation. "Das System arbeitet dezentral, benötigt keinerlei
Infrastruktur und ist unter anderem auf eine Vielzahl an Teilnehmern ausgelegt."
Das am Institut entwickelte Schwarmnavigationssystem ermöglicht also zum
Beispiel die Erkundung der Oberfläche von Mond und Mars. Es funktioniert aber
auch in Lavahöhlen oder komplexen Umgebungen auf der Erde, wo konventionelle
Systeme wie zum Beispiel Satellitennavigation nicht zur Verfügung stehen.
Emanuel Staudinger und sein Team haben das Schwarmnavigationssystem in den
vergangenen Jahren auf dem Vulkan Ätna oder in einer Lavahöhle auf Lanzarote
erprobt. Nun konnte die Schwarmnavigation in der LUNA-Halle in einer
realistischen Mondumgebung erstmals erfolgreich getestet werden. Die LUNA-Halle,
die im September 2024 am DLR-Standort in Köln eröffnet wurde, simuliert die
Verhältnisse auf der Mondoberfläche. "Das Forschungszentrum – ein
Gemeinschaftsprojekt von DLR und der Europäischen Weltraumorganisation ESA –
kann Astronautinnen und Astronauten oder Roboter für den Einsatz auf dem Mond
vorbereiten", erklärt Dr. Thomas Uhlig von der LUNA-Projektleitung. "Die
Kolleginnen und Kollegen des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation
gehören zu den Ersten, die in unserer Anlage forschen. Inzwischen haben wir
viele Anfragen aus den unterschiedlichsten Gebieten für LUNA. Die Zukunft wird
spannend."
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Oberpfaffenhofen haben in
der LUNA-Halle mehrere Szenarien dargestellt, unter anderem dieses: Ein Lander
kommt auf der Mondoberfläche an und setzt zunächst zwei Rover aus. Der erste
Rover hat die Aufgabe, sogenannte Funk-Baken rund um den Lander zu platzieren.
Diese Sensor-Einheiten übernehmen sofort erste Navigationsaufgaben. Bei seinen
Erkundungsfahrten entdeckt der Rover einen Krater und stellt fest, dass er in
diesen nicht hinunterfahren kann. Er muss den zweiten Rover zur Hilfe holen. Der
Krater ist in einem Bereich der LUNA-Halle, in dem der Boden um drei Meter
abgesenkt ist. Der zweite Rover findet über das Navigationssystem alleine zum
Krater und führt seine wissenschaftlichen Untersuchungen durch. Während der
Fahrt in den Krater unterstützt der erste Rover vom Kraterrand aus den zweiten
Rover bei der Orientierung.
In einem anderen Szenario ging es um das Ausbringen von Sensor-Einheiten in
einem Bereich, der für Rover zu steil ist. Bis zu 50 Sensoren wurden verteilt
und haben sich zu einem Netzwerk für die Navigation verbunden. Auch fliegende
Einheiten oder das Abwerfen der Sensoren in einen unzugänglichen Krater wurden
getestet.
Neben den Navigations-Experimenten hat das Team ein 3D-Modell der Halle und
des Bodens für Simulationen und die Überprüfung von Messdaten angefertigt. Ein
Großteil der LUNA-Halle ist mit einer Schicht aus Regolith-Simulat ("Mondstaub")
bedeckt. Die Mischung hat ähnliche chemische, physikalische und geotechnische
Eigenschaften wie der Regolith, der mit den Apollo-Missionen zur Erde gebracht
wurde. Das DLR-Forschungsteam wird nun die Daten detailliert auswerten und das
Schwarmnavigationssystem weiterentwickeln. Ziel ist es, dass diese Art der
robusten dezentralen Navigation und Kommunikation künftig Astronautinnen und
Astronauten sowie Robotern bei der Exploration des Mondes zur Verfügung steht –
und gleichzeitig auf der Erde bei der Erkundung von schwierigem Terrain hilft.
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