Kleine Sterne mit starken Magnetfeldern
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Göttingen astronews.com
25. Juli 2017
Rote Zwerge sind die vermutlich häufigsten Sterne in der
Milchstraße. Die kleinen Sonnen können dabei über ein erstaunlich starkes
Magnetfeld verfügen - insbesondere, wenn sie sich schnell um ihre eigene
Achse drehen. Eine neue Studie zeigte nun, dass dieses Magnetfeld offenbar noch
deutlich stärker sein kann, als man angenommen hatte.
Künstlerische Darstellung eines M-Zwergs.
Bild: idw / Universität Göttingen / Mark A.
Garlick / University of Warwick [Großansicht] |
Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter der Leitung der
Universität Göttingen hat unerwartet starke Magnetfelder auf einigen schnell
rotierenden M-Zwergen entdeckt. Lange Zeit nahm man an, dass der Dynamo in
diesen Sternen, der für das Magnetfeld sorgt, bei einer maximalen
Magnetfeldstärke von ungefähr vier Kilogauß gesättigt ist, wenn die Rotation des
Sterns eine bestimmte Rate überschreitet. Gauß ist eine, vor allem in der
Astrophysik gebräuchliche Einheit für die Stärke von Magnetfeldern (oder
präziser: für die magnetische Flussdichte). Das Magnetfeld eines handelsüblichen
Hufeisenmagneten hat eine Stärke von etwa 1000 Gauß.
Indem sie exakte Beobachtungen und die neuesten Modelle verwendeten,
entdeckten die Forscher, dass bestimmte M-Zwerge sogar viel stärkere
Magnetfelder von bis zu sieben Kilogauß generieren. Sie zeigten, dass Sterne mit
starken Magnetfeldern auch die einfachste dipol-dominierte Magnetfeldgeometrie
aufweisen, während Sterne mit komplexerer Geometrie keine Felder stärker als
ungefähr vier Kilogauss produzieren können.
M-Zwerge sind die häufigsten Sterne in unserer Galaxie mit Massen zwischen
0,5 und 0,1 Sonnenmassen. Viele zeigen Oberflächenaktivität ähnlich unserer
Sonne und produzieren sogenannte Flares, hohe Röntgenflüsse und großflächige
Magnetfelder. All diese Phänomene resultieren aus einen Dynamo, der durch
Rotation und Konvektion im Inneren der Sterne angetrieben wird. Die meisten
Sterne mit konvektiven Hüllen folgen einer sogenannten
Rotation-Aktivitäts-Relation, bei der es bei verschiedenen Aktivitätsindikatoren
(wie zum Beispiel der Röntgenfluss) bei Sternen mit Rotationsperioden kürzer als
einige Tagen zu einer Sättigung kommt. Für Sterne, die langsamer rotieren,
verringert sich die Aktivität allmählich.
Man nimmt an, dass durch die enge empirische Korrelation zwischen
Röntgenfluss und magnetischem Fluss auch die stellaren Magnetfelder bei Werten
um vier Kilogauss ihr Maximum erreichen. "Stärkere Magnetfelder wurden niemals
zuvor in massearmen Sternen beobachtet, was als Beweis für die
Magnetfeldsättigung angesehen wurde", berichtet Dr. Denis Shulyak vom Institut
für Astrophysik der Universität Göttingen.
Unter Zuhilfenahme großer Datenmengen aus exakten Beobachtungen und
verbesserten analytischen Methoden fanden Forscher nun das bisher stärkste
Magnetfeld von ungefähr sieben Kilogauß im M-Zwerg WX UMa und Felder zwischen
fünf und sechs Kilogauß in drei weiteren Sternen. All diese Werte liegen weit
jenseits des bisher angenommenen Sättigungswerts von vier Kilogauß.
"WX UMa ist zehnmal kleiner als die Sonne, generiert aber ein
durchschnittliches Magnetfeld, das um den Faktor hundert stärker ist",
unterstreicht Prof. Dr. Ansgar Reiners vom Institut für Astrophysik der
Universität Göttingen. "Das kommt daher, dass WX UMa ungefähr dreißigmal
schneller rotiert als die Sonne und seine voll konvektive Hülle eine große Menge
an kinetischer Energie liefert. Diese beiden Faktoren sind notwendig für einen
effizienten Dynamo. Schnell rotierende M-Zwerge sind daher sehr aktiv, und nun
wissen wir, dass einige von ihnen viel stärkere Magnetfelder produzieren, als wir
dachten".
Die Forscher fanden außerdem eine Verbindung zwischen Stärke und Geometrie
von Oberflächenmagnetfeldern. Sterne mit den stärksten Magnetfeldern haben
einfache dipol-dominierte Felder, während Sterne mit komplexer
multipol-dominierter Magnetfeldgeometrie keine Felder stärker als vier Kilogauß
generieren. "Das allein ist ein sehr interessantes Ergebnis, weil es uns sagt,
dass der Dynamo in voll konvektiven M-Zwergen Magnetfelder produziert, die sich
nicht nur in der Geometrie ihrer großflächigen Komponenten – welche bereits aus
früheren Studien bekannt ist – unterscheiden, sondern auch in ihrer magnetischen
Gesamtenergie", so Shulyak.
"Zusätzlich beobachten wir, dass die Dynamo-Prozesse sich unterschiedlich in
Bezug auf die Rotationsrate dieser Sterne verhalten", führt der Wissenschaftler
weiter aus. "Sterne mit Multipol-Geometrie saturieren bei Perioden von weniger
als vier Tagen mit einer gesättigten Magnetfeldstärke von ungefähr vier
Kilogauss, während einige Sterne mit Dipol-Geometrie Oberflächenfelder
aufweisen, die eindeutig stärker sind und keinen offensichtlichen
Sättigungseffekt zeigen. Allerdings sind zusätzliche Beobachtungen notwendig und
wir hoffen, diese Frage in zukünftigen Studien ansprechen zu können. Dennoch
liefern unsere Ergebnisse bereits jetzt wichtige Beschränkungen und
Herausforderungen für existierende Dynamo-Modelle."
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Astronomy
veröffentlicht.
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