Mysteriöse rote Streifen auf Tethys
von Stefan Deiters astronews.com
7. August 2015
Im April 2015 flog die Sonde Cassini am Saturnmond
Tethys vorüber und konnte dabei erstmals größere Bereiche in der nördlichen
Hemisphäre des Trabanten bei guten Lichtverhältnissen abbilden. Auf den Aufnahmen sind eigentümliche
rötliche Streifen zu sehen, die nur wenige Kilometer breit, dafür aber Hunderte
Kilometer lang sind. Jetzt rätseln die Wissenschaftler, um was es sich handeln
könnte.

Die eigentümlichen rötlichen Streifen auf der
Oberfläche des Saturnmonds Tethys.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Space Science
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Besonders gut sind die eigentümlichen Linien auf Tethys auf Farbaufnahmen zu
erkennen, für deren Erstellung zusätzliche Beobachtungen in Wellenlängenbereichen
verwendet wurden, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Diese
"erweiterten" Farbbilder machen Unterschiede in der Oberflächenzusammensetzung
des Saturnmonds besonders gut sichtbar. Die Streifen, so die Wissenschaftler des
Cassini-Teams, zählen mit zu den eigentümlichsten farbigen Strukturen, die die
Kameras der Sonde bislang im Saturnsystem entdeckt haben.
Einige dieser nur wenige Kilometer breiten, aber oft Hunderte Kilometer langen roten Streifen lassen sich auch schon schwach auf früheren
Cassini-Bildern des Saturnmonds erkennen. Allerdings zeigen erst die während
eines Vorüberflugs im April 2015 gewonnenen Aufnahmen große Teile der
Nordhalbkugel unter den Beleuchtungsverhältnissen, die nötig sind, um die
Streifen gut ausmachen zu können. Auf der Nordhalbkugel des Mondes hat nämlich inzwischen der Sommer Einzug gehalten, so dass diese Regionen nun besser von
der Sonne beschienen werden.
"Die roten Bögen stachen uns sofort ins Auge, als wir die neuen Bilder
betrachtet haben", so Cassini-Wissenschaftler Paul Schenk vom Lunar and
Planetary Institute in Houston. "Es ist erstaunlich, wie ausgedehnt diese
Strukturen sind."
Um was genau es sich bei diesen roten Streifen handelt, wissen die Forscher noch
nicht. Es könnte sich beispielsweise um freiliegendes Eis mit Verunreinigungen handeln oder
aber die Streifen könnten eine Folge von Ausgasungen aus dem Inneren von Tethys
sein. Möglich wäre auch, dass sie mit Spalten in der Oberfläche zu tun haben, die auf
den Bildern nicht aufgelöst werden können.
Rötliche Strukturen finden sich im Saturnsystem selten, das einzige weitere
Beispiel sind kleinere Krater
auf dem Saturnmond Dione. Auf der geologisch jungen Oberfläche des Jupitermonds Europa
allerdings gibt es zahlreiche rötliche Strukturen.
"Diese roten Bögen müssen geologisch jung sein, da sie über ältere Strukturen
wie Einschlagkrater verlaufen", erklärt Paul Helfenstein von der Cornell
University, der bei den Planungen der Beobachtungen geholfen hat. "Wir können
aber nicht sagen, wie alt sie sind. Wenn es sich nur um eine sehr dünne Schicht
auf der Eiskruste handelt, könnten sie durch die Umweltbedingungen auf der
Oberfläche von Tethys sehr schnell wieder verschwinden."
"Nach elf Jahren im Saturnorbit macht Cassini noch immer überraschende
Entdeckungen", so Linda Spilker, Cassini-Projektwissenschaftlerin am
Jet
Propulsion Laboratory der NASA. "Wir planen im November einen noch genaueren
Blick auf die roten Streifen von Tethys, um zu sehen, ob wir hinter ihren
Ursprung kommen und etwas über ihre Zusammensetzung herausfinden können."
Die Mission Cassini-Huygens ist eine Gemeinschaftsmission der
amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA und der europäischen Weltraumagentur ESA
und wurde im Oktober 1997 gestartet. Die Sonde Cassini kreist seit
Mitte 2004 im Saturnsystem, der Lander Huygens landete Anfang 2005 auf
dem Saturnmond Titan. Cassini verfügt über zwölf Instrumente.
Ursprünglich sollte die Mission bis 2008 dauern, wurde dann aber zunächst bis
September 2010 und schließlich bis ins Jahr 2017 verlängert.
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