Aminosäuren halfen beim Aufbau von RNA am Ursprung des
Lebens
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München astronews.com
6. Juni 2025
Wie entstand das Leben auf der Erde? Eine Antwort auf diese
Frage könnte auch helfen, die Wahrscheinlichkeit von Leben auf anderen Welten
besser einzuschätzen. Nun hat ein Forschungsteam entdeckt, wie RNA und
Aminosäuren in den frühen Stadien der Evolution zusammengearbeitet haben
könnten. Gelingt nun auch bald die Nachbildung der ersten Schritte des Lebens im
Labor?

Blick aus Apollo 11 auf die Erde.
Foto: NASA [Großansicht] |
Die Frage, wie das Leben entstanden sein könnte, ist eines der ältesten
Rätsel der Wissenschaft. In einer neuen Studie hat das Labor von Dieter Braun,
Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, eine unerwartete Form
der molekularen Zusammenarbeit zwischen den grundlegenden Bestandteilen des
Lebens entdeckt. Die Forschenden fanden heraus, dass Aminosäuren – einfache, auf
der frühen Erde reichlich vorhandene Moleküle – unter milden, präbiotischen
Bedingungen die Polymerisation von RNA aktiv fördern können. Diese Erkenntnis
stellt die lange Zeit vorherrschende Annahme einer "RNA-Welt" am Ursprung des
Lebens infrage und legt nahe, dass das Leben durch ein ausgewogeneres
Zusammenspiel zwischen RNA und Aminosäuren entstanden sein könnte.
Biopolymere, die aus verschiedenen Bausteinen bestehen, sind für lebende
Systeme unverzichtbar. RNA, ein molekularer Faden aus vier Basen, bildet den
Bauplan, anhand dessen Proteine aus Aminosäuren hergestellt werden. Diese
Proteine wiederum treiben alle biochemischen Reaktionen in den Zellen an. "Das
Leben, wie wir es heute kennen, ist eine komplexe Zusammenarbeit zweier
Informationspolymere: RNA und Proteine. Die große Frage ist: Warum und wie haben
sie sich zu Beginn des Lebens zusammengeschlossen, noch bevor die darwinistische
molekulare Evolution begann?", umschreibt Braun den Hintergrund seiner Studie.
Die Forschenden konnten zeigen, dass die Bildung von RNA-Molekülen in
Gegenwart von Aminosäuren um das bis zu Hundertfache zunahm. Dieser Prozess wird
auf eine Form der Säure-Base-Katalyse zurückgeführt, die durch die Aminogruppe
der Aminosäuren angetrieben wird. Bei einem alkalischem pH-Wert liegen
Aminosäuren sowohl in neutraler als auch in negativ geladener Form vor, wodurch
sie Protonen in der Polymerisationsreaktion transportieren können, die RNA aus
Ribonukleosid-2′,3′-cyclischen Phosphaten bildet – ein präbiologisch plausibler
Ausgangspunkt.
"Unsere Erkenntnisse schließen eine wichtige Lücke in unserem Verständnis der
frühen Evolution. Bisher wussten wir, wie Proteine durch den katalytischen
Mechanismus der RNA hergestellt werden, aber jetzt beginnen wir zu verstehen,
wie die Bausteine von Proteinen auch zur Bildung von RNA beitragen können. Es
ist eine gegenseitige Abhängigkeit zweier Kernkomponenten des Lebens, die unsere
Sicht auf die molekularen Ursprünge des Lebens verändert", sagt Teammitglied
Saroj Rout. Diese katalytische Fähigkeit von Aminosäuren, selbst in ihrer
einfachsten Form und ohne in komplexe Proteine eingebaut zu sein, deutet auf
eine klare funktionelle Rolle bei der Verstärkung der RNA-Bildung hin.
Bemerkenswert ist, dass die Reaktion bei Raumtemperatur, mit mäßiger Alkalität
und niedrigen Salzkonzentrationen stattfindet – Bedingungen, die für die
langfristige Stabilität und Replikation von RNA günstig sind.
Interessanterweise unterstützt derselbe erhöhte pH-Wert, der die
Aminosäure-katalysierte RNA-Synthese erleichtert, auch die RNA-Templatierung,
bei der kurze RNA-Stränge den Aufbau komplementärer Sequenzen durch Ligation
steuern. Dies führt zu autokatalytischen Replikationsnetzwerken, die letztlich
eine solide Grundlage für die darwinistische Evolution bilden. Diese Ergebnisse
unterstreichen laut den Forschenden die Bedeutung alkalischer Umgebungen, die in
früheren Experimenten zur Entstehung des Lebens oft übersehen wurden. Ähnliche
alkalische Umgebungen finden sich beispielsweise auf Vulkaninseln. "Unsere
Befunde sprechen für eine Revision der RNA-Welt-Hypothese", so Braun. "Sie
zeigen, wie RNA und Aminosäuren in den frühen Stadien der Evolution
zusammengearbeitet haben könnten und bringen uns der Nachbildung der ersten
Schritte des Lebens im Labor näher."
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Communications erschienen ist.
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