Auch auf die Gefahr hin, mich jetzt wirklich unbeliebt zu machen indem ich diesen(ja, genau diesen!) Thread nochmal aufleben lasse obwohl jeder wohl froh war daß er endlich leblos schien...
Eines hatte mich die letzten Tage aber nicht mehr losgelassen, hierzu wollte ich noch einen Beleg nachreichen - und es geht nichtmal direkt um das DA.
Es ging um folgende Aussage die im Laufe des Themas mehrfach fiel:
"Dinge über die man keinerlei Informationen hat können von der Wahrscheinlichkeit her nicht abgeschätzt werden und haben daher eine a-priori-Wahrscheinlichkeit von 50%."
Mir ist endlich ein Beispiel eingefallen das zeigt, daß diese Aussage haltlos ist;
Wir haben zwei Leute, Ali und Ben.
Ali tut in eine Kiste etwas hinein ohne daß Ben das sehen kann.
Ali zeigt Ben nun die verschlossene Kiste und Ben muß abschätzen was darin sein soll.
Ben hat also quasi keine Informationen. (Außer vielleicht die äußeren Maße, aber da es unglaublich viele Dinge gibt die da rein passen können hilft das praktisch gar nicht weiter)
Ben könnte jetzt vermuten "In der Kiste ist eine schwarze Katze" (ja, ich liebe Katzen^^). Er hat keine Informationen darüber ob das so sein könnte, also beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, so vermutet er, 50%, also 0,5. Entweder es ist eine drin, oder nicht - er hat keine Informationen das zu entscheiden.
Wir halten fest:
P(Katze(schwarz) in Kiste) = 0,5
Ebenso beträgt dann die Wahrscheinlichkeit dafür, daß in der Kiste eine gefleckte Katze ist, 0,5. (Wir können gerne davon ausgehen daß die Kiste groß ist und viele Katzen gleichzeitig reinpassen. Ja, die Kiste ist schalldicht aber die Miezen bekommen trotzdem Luft.) Und die Wahrscheinlichkeit, daß in ihr eine getigerte Katze ist, 0,5. Die Wahrscheinlichkeit für eine Albinokatze ist ebenfalls 0,5. Und die für eine graue Katze ist ebenfalls 0,5 (OK, wir gehen davon aus daß es nicht Nacht ist, was gemäß einem Sprichwort die Wahrscheinlichkeit hierfür auf 100% steigern würde...)
Also:
P(Katze(gefleckt) in Kiste) = 0,5
P(Katze(getigert) in Kiste) = 0,5
P(Katze(albino) in Kiste) = 0,5
P(Katze(grau) in Kiste) = 0,5
Das heißt aber auch:
Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß in der Kiste
keine Schwarze Katze ist, ist auch 0,5. Denn:
P(Katze(schwarz) nicht in Kiste) = 1-P(Katze(schwarz) in Kiste)
Und daß in ihr keine gefleckte/getigerte/Albinokatze ist, ist dann jeweils ebenfalls 0,5.
Und jetzt kommt der Knackpunkt:
Die Wahrscheinlichkeit, daß in der Kiste weder eine schwarze, noch eine getigerte, noch eine gefleckte, noch eine graue, noch eine albino Katze ist, beträgt:
P(keine Katze in Kiste) = P(Katze(schwarz) nicht in Kiste) x P(Katze(gefleckt) nicht in Kiste) x P(Katze(getigert) nicht in Kiste) x P(Katze(albino) nicht in Kiste) x P(Katze(grau) nicht in Kiste)
Das ergibt: 0,03125.
Und weil P(irgendeine Katze der genannten Fellfarben) = 1-P(keine Katze in der Kiste) gilt, bedeutete dies:
P(irgendeine Katze der genannten Fellfarben in der Kiste) = 0,96875.
Die Wahrscheinlichkeit, daß in der Kiste eine Katze mit den genannten Fellfarben sitzt beträgt also
fast 97%.
Und das obwohl genausogut Steine drin sein könnten. Oder Würfel. Oder Nutellabrote. Genau: das Ergebnis ist natürlich Quatsch. Man kann das Beispiel mit jedem beliebigen Objekt durchrechnen (z.B. mit Marmeladesorten statt Fellfarben, dann erhält man eine hohe Wahrscheinlichkeit daß irgendeine Konfitüre in der Kiste ist...).
Und das Ergebnis widerspricht sich natürlich mit der Grundannahme selbst, denn die Annahme "In der Kiste ist überhaupt irgendeine Katze" müßte ja gemäß der anfänglichen Behauptung auch 0,5 sein.
Da die 50%-Wahrscheinlichkeit aber unsere einzige Anfangsannahme war und die Rechnung richtig ist, muß die Annahme falsch sein. Uns unbekannte Dinge unterliegen daher eben nicht einer 50%-Wahrscheinlichkeit.
Die Crux liegt in der Menge der Möglichkeiten. Die Aussage "Daß die Menschheit irgendwann zu fremden Sternen aufbrechen wird" ist angesichts der vielen anderen Möglichkeiten die es gibt eben nicht 50%ig Wahrscheinlich.
Das wird deutlich wenn man genauso sagen würde "Die Wahrscheinlichkeit daß die Menschheit irgendwann in unserem Sonnensystem andere Planeten bevölkert ist 50%." Auch hier liegen uns keine Informationen vor ob das so sein könnte - aber diese Aussage ist "gefühlt" doch um Größenordnungen wahrscheinlicher (weil es schlicht einfacher ist), oder? Oder wie sieht es aus mit "Die Menschheit wird fremde Galaxien besiedeln"? Da wird der Widerspruch offenbar. Nirgends haben wir Informationen, aber es liegt dennoch definitiv keine Gleichwahrscheinlichkeit vor.
Die Zahl der Möglichkeiten ist einfach viel zu groß. Daher ist es richtig und vernünfitg, Dinge über die wir keinerlei Informationen haben (z.B. weil sie in ferner Zukunft liegen) als generell unwahrscheinlich anzunehmen - ohne das jetzt quantifizieren zu wollen.
Gruß Alex