Effekte an der Schnittstelle von Quantenmechanik und allgemeiner Relativitätstheorie

antaris

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* Ausnahme: wir wissen zu diesen Fragestellungen im Kontext von SLs nichts; der Mikrozustand ist in Ermangelung einer Theorie unbekannt; der Makrozustand (T, S, Hawking-Strahlung, Verschränkung) ist Gegenstand spekulativer Theorien.
Das ist ein schwerwiegendes Argument und deswegen habe ich gestern Abend noch ein wenig weiter bezüglich BEC's geschaut. Es macht natürlich Sinn über Themen zu diskutieren, in denen wirklich Experimente möglich sind. Bisher habe ich mich damit gar nicht beschäftigt.

Wenn du eine Gute Quelle zum Thema hast, dann bitte gerne teilen.
 

antaris

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Aus einer Empfehlung von Quanten.de, passend zum Thema aber leider nicht frei verfügbar:
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07201-w

Exotic physics could emerge from interplay between geometry and correlation. In fractional quantum Hall (FQH) states1, novel collective excitations called chiral graviton modes (CGMs) are proposed as quanta of fluctuations of an internal quantum metric under a quantum geometry description2,3,4,5. Such modes are condensed-matter analogues of gravitons that are hypothetical spin-2 bosons. They are characterized by polarized states with chirality6,7,8 of +2 or −2, and energy gaps coinciding with the fundamental neutral collective excitations (namely, magnetorotons9,10) in the long-wavelength limit. However, CGMs remain experimentally inaccessible. Here we observe chiral spin-2 long-wavelength magnetorotons using inelastic scattering of circularly polarized lights, providing strong evidence for CGMs in FQH liquids. At filling factor v = 1/3, a gapped mode identified as the long-wavelength magnetoroton emerges under a specific polarization scheme corresponding to angular momentum S = −2, which persists at extremely long wavelength. Remarkably, the mode chirality remains −2 at v = 2/5 but becomes the opposite at v = 2/3 and 3/5. The modes have characteristic energies and sharp peaks with marked temperature and filling-factor dependence, corroborating the assignment of long-wavelength magnetorotons. The observations capture the essentials of CGMs and support the FQH geometrical description, paving the way to unveil rich physics of quantum metric effects in topological correlated systems.

Populärwissenschaftlicher Artikel dazu:
https://scitechdaily.com/from-theor...-like-particles-found-in-quantum-experiments/
 

TomS

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Wenn du eine Gute Quelle zum Thema hast, dann bitte gerne teilen.
Ich habe noch diesen Artikel gefunden – oder hatte ich den schon verlinkt? Passt zum Thema, und man findet Anmerkungen zu verwandten experimentellen Ansätzen:

Sabine Hossenfelder hat früher dazu gearbeitet, jedoch nicht zusammen mit Experimentalphysikern, daher ist das eher ein theoretischer Überblick zu möglichen Effekten.
 
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TomS

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Aus einer Empfehlung von Quanten.de, passend zum Thema aber leider nicht frei verfügbar:
https://www.nature.com/articles/s41586-024-07201-w



Populärwissenschaftlicher Artikel dazu:
https://scitechdaily.com/from-theor...-like-particles-found-in-quantum-experiments/
Vorsicht, da muss man sehr genau hinschauen.

Nach erster oberflächlicher Durchsicht geht es in dem Artikel um etwas völlig anderes! Man betrachtet andere Systeme – zum Beispiel Festkörper oder Quantenflüssigkeiten – und sucht nach Effekten im Rahmen der Quantenmechanik, die Ähnlichkeiten zur Gravitation aufweisen – das können zum Beispiel effektive Gleichungen für die Dynamik sein, die mit den Einstein Gleichungen mathematisch verwandt sind, Spin-2-Quasiteilchen enthalten …

Aber das macht diese quantenmechanischen Systeme nicht zu Systemen mit Quantengravitation, und das liefert keine experimentellen Erkenntnisse zu Letzterer. Eventuell bricht ja die Analogie genau an der Stelle zusammen!

Auch die Idee, Gravitation, könnte ein emergentes Phänomen sein, das aus ähnlichen fundamentalen Quanteneffekten hervorgeht, kann man damit zwar theoretisch motivieren, jedoch eben gerade nicht experimentell überprüfen!


Derartigen Ansätzen begegnet man immer wieder, sie sind durchaus wertvoll, jedoch muss man vorsichtig sein, wie sie vermarktet werden! Ein bekanntes Beispiel ist das Quantenchaos in gewissen zweidimensionalen Systemen. Derartige Quantensysteme konnte man früher nicht präparieren. Man erkannte jedoch, dass die Schrödinger-Gleichung mathematisch verwandt ist, zu den Maxwell-Gleichungen für elektromagnetische Wellen in sehr dünnen, d.h. näherungsweise zweidimensionalen Resonatoren. Damit konnte man tatsächlich klassische Systeme präparieren, deren Eigenmoden denjenigen der zweidimensionalen Quantensysteme entsprechen sollten. Mangels Präparation Letzterer blieb das aber eine Vermutung.
 

TomS

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Anscheinend kennst Du keine WD und NS?
Doch.

Ich kenne im Gegensatz zu dir sogar die quantenmechanischen Berechnungen ;)

Die Materie (Elektronen bzw Neutronen) lässt sich jeweils nicht weiter kompimieren. Bei Bosonen wäre dies anders.
Stimmt.

Dass sich die Materie aufgrund des Entartungsdrucks nicht weiter komprimieren lässt, ist korrekt, es bedeutet aber nicht, dass die Wellenfunktionen der Fermionen nicht überlappen würden. Sie überlappen. Also sind WD und NS keine Gegenbeispiele.

Wir betrachten exemplarisch ein 2-Teilchen-System mit zunächst beliebigem Operator V und antisymmetrisiertem 2-Teilchen-Zustand Psi

equation


woraus ein direkter sowie ein Austauschterm resultiert, und woran man abliest, dass dies im Falle a = b identisch Null ist – und zwar für jeden Operator, auch für die Eins; das ist genau das Pauli-Prinzip.

Auch WWs in N-Teilchen-Systemen (z.B. für N Elektronen) werden exakt so konstruiert, man erhält lediglich noch eine Summe über alle Elektronen-Paare. Der 2-Teilchen-Operator V ist dann einfach der Coulomb-Term.

Die 1-Teilchen-Zustände psi selbst sind im einfachsten Fall sehr schwacher WW ebene Wellen, können jedoch auch "deformiert" sein. Aber meine Aussage
… Fermionen werden (wie auch Bosonen) durch ausgedehnte Zustände beschrieben; und diese können einander (im Ortsraum) überlappen …
ist völlig allgemeingültig, auch für WD und NS.
 
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TomS

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Quanten-Effekte einer minimalen Länge

Zu dem Thema benötigen wir etwas Vorbereitung. Wichtige Aussage: die Einführung einer minimalen Länge im Rahmen der Quantisierung der Allgemeinen Relativitätstheorie ist nicht trivial – naheliegende Ansätze führen zu mathematischen Inkonsistenzen (Anomalien) oder experimentell nachweislich falschen Theorien!

Wie kann das sein?

Betrachten wir dazu das Analogon der Einführung einer nicht-verschwindenden Masse des Photons in der Elektrodynamik (sowie die Auswirkungen bei der Quantisierung, d.h. im Rahmen der Quantenelektrodynamik; tatsächlich ist die Theorie jedoch bereits in ihrer klassischen Form falsch). Die Elektrodynamik enthält vier Eichfelder (ein Vierervektor A), sechs Feldstärken (im Feldstärkentensor F das elektrische Feld E und das magnetische Feld B), jedoch nur zwei physikalische Freiheitsgrade, nämlich die zur Ausbreitungsrichtung transversalen Polarisationen. Die Reduktion der Freiheitsgrade erfolgt über die Eichsymmetrie. A° sowie B sind keine eigenständigen dynamischen Freiheitsgrade, insbs. ist die Eichung A° = 0 möglich, und B ist durch A ausdrückbar; es verbleiben drei Komponenten von A sowie E. Aus dem Lagrange-Multiplikator A° folgt ein weitere Constraint, das sogenannte Gaußsche Gesetz

{\displaystyle \nabla \cdot \mathbf {E} =4\pi \rho }


Damit wird die longitudinale Polarisation Null, es verbleiben zwei Freiheitsgrade. Führt man nun einen Masseterm für das Eichfeld A ein, bricht dies die Eichsymmetrie. A° ist zwar weiterhin kein dynamischer Freiheitsgrad, jedoch wird die transversale Polarisation nicht mehr mittels des Gaußschen Gesetzes eliminiert. Die Elektrodynamik mit massebehafteten Feldern A hätte daher drei statt zwei Freiheitsgrade – mit messbaren Effekte, z.B. in der statistischen Mechanik des Photongases / der Planckschen Strahlungsformel.

Zusammenfassung: die Brechung einer lokalen Eichsymmetrie erhöht die Anzahl dynamischer Freiheitsgrade.

Etwas Ähnliches geschieht auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Aus den zehn unabhängigen Komponenten des metrischen Tensors * werden acht durch die Eichsymmetrie eliminiert *, es verbleiben wieder zwei dynamische Freiheitsgrade. Eine Brechung der Eichsymmetrie führt wiederum auf mehr Freiheitsgrade **.

* man kann das auch völlig analog zu normalen Eichtheorien diskutieren
https://en.wikipedia.org/wiki/Tetradic_Palatini_action

** wobei die Fragestellung für die Diskretisierung eine andere ist als die für die Einführung einer Masse

Rest später ...
 
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antaris

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TomS

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es bedeutet aber nicht, dass die Wellenfunktionen der Fermionen nicht überlappen würden
Davon habe ich auch nicht gesprochen.
Doch, hast du:

Einerseits kommt hinzu, dass Fermionen sich nicht überlagern …

Insbs. werden Fermionen durch ausgedehnte Zustände beschrieben; und diese können einander tatsächlich "überlappen"!
eigentlich nicht.

Und das …
Die Wellenfunktion jedes Teilchens geht bis ins Unendliche …
… hat damit, dass sich fermionische Wellenfunktionen überlappen, rein gar nichts zu tun.
 
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Rainer

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… hat damit, dass sich fermionische Wellenfunktionen überlappen, rein gar nichts zu tun.
echt? Wie stellst Du Dir dann zwei Fermionen im Universum vor?

Die Wellenfunktion hat jedenfalls nichts (unmittelbar) mit dem Platzbedarf der Teilchen zu tun.
Die Wellenfunktion gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte an und nicht die Größe oder den Platzbedarf des Teilchens.
 

TomS

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Quanten-Effekte einer minimalen Länge



Zusammenfassung: die Brechung einer lokalen Eichsymmetrie erhöht die Anzahl dynamischer Freiheitsgrade.

Etwas Ähnliches geschieht auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Aus den zehn unabhängigen Komponenten des metrischen Tensors werden acht durch die Eichsymmetrie eliminiert, es verbleiben wieder zwei dynamische Freiheitsgrade. Eine Brechung der Eichsymmetrie führt wiederum auf mehr Freiheitsgrade.

Wird eine minimale Länge so eingeführt, dass lokale Symmetrien "geeignet deformiert" werden, so können zusätzliche Freiheitsgrade vermieden werden. Allerdings resultieren dennoch beobachtbare Konsequenzen: man erhält in einer semiklassischen Näherung wieder eine glatte Raumzeit, jedoch Korrekturterme zur Energie-Impuls-Beziehung, Dispersionsrelationen bzw. frequenzabhängige Vakuumlichtgeschwindigkeit

svg.image


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und eine Modifikation auf der Raumzeit definierter Quantenfelder, z.B. der kanonischen Vertauschungsrelation und daraus folgend der Unschärfenrelation, jeweils im Limes Quantenmechanik

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svg.image


aufgrund modifizierter Feldquantisierung, Feynman-Propagator etc.

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Die Korrekturterme sind dabei typischerweise Funktionen der Energie oder Frequenz in einer Größenordnung

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Als Ausblick hier nochmal eine Übersicht, in welchem Kontext man ggf. daraus resultierende Effekte beobachten könnte. Auch dabei geht es weniger um die zugrundeliegenden Theorien, da durchaus unterschiedliche Ansätze zu vergleichbaren Effekten führen können.

 
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TomS

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Wie stellst Du Dir dann zwei Fermionen im Universum vor?
Das Verhalten der Wellenfunktion im Unendlichen hat trivialerweise nichts mit dem Überlapp mehrerer Wellenfunktionen im Endlichen zu tun.

Und ich stelle mir zunächst gar nichts vor, ich halte mich an mathematische und physikalisch etablierte Fakten.

Die Wellenfunktion hat jedenfalls nichts (unmittelbar) mit dem Platzbedarf der Teilchen zu tun.
Du redest von "Platzbedarf", "Größe" und "Teilchen", was im Rahmen der Quantenmechanik jedoch völlig sinnlose klassische Begriffe sind.

In einer fundierten Darstellung ist davon nie die Rede, deswegen vermeide ich derartige irreführende und unnötige Analogien. Effekte wie den Entartungsdruck kann man jedenfalls aus dem mathematischen Formalismus ableiten, ohne auf derartige Begriffe zurückzugreifen zu müssen.



Nochmal für's Protokoll: Fermionen werden durch ausgedehnte Zustände beschrieben, deren Wellenfunktionen i.A. überlappen.

Ein 2-Fermion-Zustand im Fock-Raum lautet

svg.image


wobei die zu m,n gehörenden Funktionen sich selbstverständlich überlappen können. Auch für N Fermionen – z.B. in einem schwach wechselwirkenden Fermi-Gas, d.h. für ebene Wellen – funktioniert das völlig analog, das kann man in jedem QM-Buch nachlesen.

Und da das ganze absolut irrelevant für die Fragestellung dieses Threads ist, könnten wir's eigentlich damit bewenden lassen.
 
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Bernhard

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Du redest von "Platzbedarf", "Größe" und "Teilchen", was im Rahmen der Quantenmechanik jedoch völlig sinnlose klassische Begriffe sind.
Wenn jemand von Teilchen redet, impliziert das mit großer Wahrscheinlichkeit eine gewisse Vorliebe für die kopenhagener Deutung, was dann schlimmstenfalls am Thema vorbeigeht.
Und da das ganze absolut irrelevant für die Fragestellung dieses Threads ist, könnten wir's eigentlich damit bewenden lassen.
So eine Erwartungshaltung hat sich für mich eher als kontraproduktiv herausgestellt. Themen werden hier gerne temporär "gekapert", was nicht unbedingt aufgrund einer subversiven Einstellung gemacht wird ;)
 

TomS

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So eine Erwartungshaltung hat sich für mich eher als kontraproduktiv herausgestellt. Themen werden hier gerne temporär "gekapert", was nicht unbedingt aufgrund einer subversiven Einstellung gemacht wird
Ist mir auch schon aufgefallen. Dann machen wir eben weiter …

Wenn jemand von Teilchen redet, impliziert das mit großer Wahrscheinlichkeit eine gewisse Vorliebe für die kopenhagener Deutung, was dann schlimmstenfalls am Thema vorbeigeht.
Begriffe wie der eines klassischen Teilchens, seiner Größe usw.
  • spielen im Rahmen der experimentellen Praxis für makroskopische Quantensysteme * (Gase, Flüssigkeiten, BECs …) keine Rolle; niemand hat da je die "Größe eines Teilchens" gemessen
  • kommen im Rahmen des Formalismus der Quantenmechanik an keiner Stelle vor
  • liefern umgekehrt keinen Formalismus, aus dem quantitativ zutreffende Aussagen für makroskopische Quantensysteme folgen würden
  • und stellen daher in diesen Kontext eine völlig überflüssige da falsche Interpretationen dar (wenn die Sonne nicht aus Käse ist, sind Erklärungen auf Basis Käse Quatsch)
Zunächst mal können die hier diskutierten Größen wie der Entartungsdruck mittels des Formalismus der Quantenmechanik berechnet werden **, ohne irgendeine Interpretation einzuführen. Der Druck ist eine makroskopische Größe, da benötige ich weder eine Interpretation der Wellenfunktion noch einen mikroskopischen Messvorgang und dessen Interpretation, kein Teilchen und dessen Aufenthaltswahrscheinlichkeit, keinen Kollaps … das ist hier völlig irrelevant. Suche ich im Formalismus klassische Teilchen und deren Größe, finde ich nichts.

Wozu also das Ganze?? Es ist doch reine Fantasy, nicht Science.

* der oft verwendete Begriff Vielteilchensystem bedeutet im Rahmen der Quantenmechanik nie das Vorliegen klassischer Teilchen; leider ist der Sprachgebrauch für den Laien oft verwirrend, wenn einerseits gesagt wird, der Begriff des klassischen Teilchens sei falsch, andererseits jedoch von Teilchen die Rede ist; sorry
** der Entartungsdruck ist keine direkte Messgröße
 
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Bernhard

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* der oft verwendete Begriff Vielteilchensystem bedeutet im Rahmen der Quantenmechanik nie das Vorliegen klassischer Teilchen; leider ist der Sprachgebrauch für den Laien oft verwirrend, wenn einerseits gesagt wird, der Begriff des klassischen Teilchens sei falsch, andererseits jedoch von Teilchen die Rede ist; sorry
Völlig richtig und jeder Mensch, der schonmal eine komplette Vorlesung über Quantenmechanik (QM) gehört hat, weiß das auch. Trotzdem findet man auch zu der Sichtweise mit punktförmigen Teilchen pdfs im Internet mit wissenschaftlichem "Anstrich", die am Rande sogar lesenswert sind und den stochastischen Apekt der QM in den Fokus stellen.

EDIT: Sehr interessant übrigens in dieser Hinsicht eine Rechnung von W. Greiner in seinem Buch zur relativistischen QM, wo er zeigt, dass die Eigenfunktion eines geeigneten Einteilchen-Ortsoperators eines Spin-0-Teilchens keine Delta-Funktion mehr ist.
 
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TomS

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Völlig richtig und jeder Mensch, der schonmal eine komplette Vorlesung über Quantenmechanik (QM) gehört hat, weiß das auch. Trotzdem findet man auch zu der Sichtweise mit punktförmigen Teilchen pdfs im Internet mit wissenschaftlichem "Anstrich", die am Rande sogar lesenswert sind und den stochastischen Apekt der QM in den Fokus stellen.
Ja, die Bandbreite von Präzision bis Märchenstunde ist groß.

Evtl. wird ja so ein Schuh daraus:
  • in keiner mathematischen Formulierung der Quantenmechanik oder der Quantenfeldtheorie wird jemals irgendein mathematisches Modell punktförmiger Teilchen verwendet; es handelt sich immer um ausgedehnte Wellenfunktionen oder allgemein um ausgedehnte Zustände
  • in keinem Messprozess wird jemals ein punktförmiges Teilchen gemessen; es handelt sich immer um kollektive Detektorereignisse *, die zwar sehr eng lokalisiert jedoch nicht punktförmig sind
* mindestens um z.B. ein Atom, das ein Photon absorbiert

EDIT: Sehr interessant übrigens in dieser Hinsicht eine Rechnung von W. Greiner in seinem Buch zur relativistischen QM, wo er zeigt, dass die Eigenfunktion eines geeigneten Einteilchen-Ortsoperators eines Spin-0-Teilchens keine Delta-Funktion mehr ist.
Das klingt interessant. Kannst du das kurz skizzieren?

Andererseits ist es irrelevant, da wir 1. wissen, dass wir reale Messungen ohnehin mit POVMs endlicher Auflösung modellieren müssen, und dass wir 2. in der QFT gar keinen Ortsoperator definieren können.
 
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Bernhard

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Das klingt interessant. Kannst du das kurz skizzieren?
In meiner Ausgabe des Buches ist das ein eigener Punkt mit dem Titel "Über die Interpretation von Einteilchenoperatoren in der relativistischen Quantenmechanik" mit den Seiten 80-96. Es wird von der schrödingerschen Darstellung der Klein-Gordon-Gleichung ausgegangen, also eine Darstellung mit zwei unabhängigen, komplexen Funktionen. Dann werden gerade und ungerade Operatoren definiert. Gerade Operatoren sind Operatoren, "die verschiedene Ladungszustände nicht mischen". Dann wird in der Feshbach-Villars-Darstellung ein gerader Ortsoperator definiert, über die Impulsdarstellung dieses Ortsoperators die zugehörigen Eigenfunktionen berechnet und zuletzt dann in die Ortsdarstellung transformiert.
Andererseits ist es irrelevant, da wir 1. wissen, dass wir reale Messungen ohnehin mit POVMs endlicher Auflösung modellieren müssen,
ok.
und dass wir 2. in der QFT gar keinen Ortsoperator definieren können.
Da habe ich in einem neueren Buch zur Quantenoptik (*) auch schon etwas gelesen, das in eine andere Richtung geht. Den Satz würde ich deshalb und vorerst nicht uneingeschränkt gelten lassen. Nur weil etwas selten benutzt wird, muss es nicht irreal sein.
(*) G. Grynberg, Introduction to Quantum Optics
 

TomS

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Dann wird in der Feshbach-Villars-Darstellung ein gerader Ortsoperator definiert, über die Impulsdarstellung dieses Ortsoperators die zugehörigen Eigenfunktionen berechnet und zuletzt dann in die Ortsdarstellung transformiert.
Die Feshbach-Villars-Darstellung sagte mir bisher gar nichts. Ist es denn so, dass deine Aussage von dieser speziellen Darstellung abhängig ist?

Ich hätte da eher allgemeine Probleme erwartet, z.B. würden zwar 4er-Koordinaten und -Impulse die Vertauschungsrelationen erfüllen, allerdings unterliegen ja letztere einem Constraint und sind nicht unabhängig.


Da habe ich in einem neueren Buch zur Quantenoptik (*) auch schon etwas gelesen, das in eine andere Richtung geht. Den Satz würde ich deshalb und vorerst nicht uneingeschränkt gelten lassen.
Also man kann formal Orts- und Impuls-Operatoren konstruieren, die die korrekten Vertauschungsrelationen erfüllen. Es existiert dann auch ein Orts-Eigenzustand, aber Orts-Operator ist nicht selbsadjungiert.

Der korrekte Orts-Operator wäre der Newton-Wigner-Operator, auf den wohl soetwas zutrifft wie das von dir oben angesprochene.

Andererseits gibt es damit m.W.n. andere Probleme. Soweit ich weiß, funktioniert das außerdem nicht mehr für Spin = 1, also für Photonen.

Siehe auch hier:


Spannend, ich muss dazu auf jeden Fall mehr lesen.
 
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Bernhard

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Die Feshbach-Villars-Darstellung sagte mir bisher gar nichts. Ist es denn so, dass deine Aussage von dieser speziellen Darstellung abhängig ist?
Nein. Am Ende steht da eine komplexwertige Funktion des Ortes.
Bei der greinerschen Rechnung geht es offenbar um die prinzipiell dichteste Lokalisierung in Anlehnung an die Delta-Distributionen der nicht-relativistischen Theorie.

Ich finde Betrachtungen über Einteilchenzustände (auch bei der Dirac-Gleichung) deshalb interessant, weil man dort die Wirkung der benutzten Operatoren, Transformationen und Interpretationen noch relativ anschaulich nachvollziehen kann.
 
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