Der Mensch ist durch und durch ein Bewohner der Erde. Wir funktionieren langfristig nur dann "richtig" (physisch, psychisch...) wenn wir uns in einer erdähnlichen Umgebung befinden. Richtige Gravitation, richtige Temperatur, richtige Luftzusammensetzung, richtiger Druck, richtige Nahrungsmittel, richtige Gesellschaft, etc. etc. Wir Menschen sind, gemessen an den Extremen des Universums, absolute Mimosen.
Insofern ist es naheliegend, dass Menschen ausserhalb der Erde immer von der Verfügbarkeit von Technik abhängig sein werden. Selbst Terraforming rettet einem nicht, weil ein Terraforming letztlich auch Technik braucht, um erhalten zu bleiben: die Chance, dass man einen Planeten findet, der sich terraformen lässt und dann gleich von selbst in exakt dem gewünschten und menschenfreundlichen Gleichgewicht bleibt, dürfte vernachlässigbar klein sein.
Diese Abhängigkeit von Technik aber macht uns Abhängig: abhängig von Kultur, von Zivilisation. Zivilisation zieht immer einen riesigen Rattenschwanz von Abhängigkeiten mit sich: Maschinen müssen gewartet, ersetzt, erneuert, verbessert, angepasst werden. Menschen müssen ausgebildet werden, um Maschinen zu warten, zu ersetzen, neu zu entwickeln, etc. Diese Menschen wiederum brauchen Nahrungsmittel, die wiederum von anderen erzeugt, entwickelt, verbesesrt werden. Und so weiter.
Eine Kolonie im Weltraum ist also auf ein minimales Technikniveau angewiesen, und damit auch auf ein minimales Niveau an Zivilisation, ein Niveau, auf dem das Überleben der Kolonie gerade so gewährleistet ist. Langfristig gibt es aber nichts, was dieses Niveau garantieren kann: früher oder später kommt eine innere oder äussere Katastrophe, die so einschneidend in dieses fein austarierte System eingreift, dass es kollabiert bzw. sich in eine selbstverstärkende Abwärtsspirale begibt. Auf der Erde wäre das kein Problem, weil die Lebensgrundlagen nicht von der Verfügbarkeit von Technik und Zivilisation abhängen: im Weltraum hingegen ist das etwas anderes. So ist es also letztlich nur eine Frage der Zeit, bis eine einzelne Kolonie durch diese "zufälligen Fluktuationen" zerstört wird - und keine Kolonie - ausser jene auf der Erde - kann diesem Schicksal auf ewig entkommen.
Reichlich verspätet, da ich den Thread erst jetzt gelesen habe, aber ich sehe die Sache hier etwas anders als Bynaus (obwohl ich zugegebenermaßen ein großer Fan seiner eigenen Seite bin ;-) ).
Gehen wir mal davon aus, dass der Mensch iiirgendwann einen fremden, fernen Planeten mittels Technik (Generationenschiff, whatever – aber das ist nur die Annahme im Gedankenspiel) erreichen kann.
Du argumentierst jetzt damit, dass der Mensch auf Grund seiner stark verwurzelten Biologie an die irdischen Verhältnisse zu stark von der Technik abhängig sein wird und langfristig nicht überdauern kann. Dem ist anfangs (Besiedlungsphase) durchaus zuzustimmen, aber schon mittelfristig sehe ich hier eine biologische Anpassung an die neuen Verhältnisse, wonach ein Überleben sehr wahrscheinlich ist – wenn auch nicht unbedingt in der uns gewohnten Form.
Als Gedankenspiel: Wenn die Explorer bei ihrem Zielplaneten ankommen (den man sich vorher natürlich schon sorgfältig mit Beobachtungen, Sonden etc. ausgeschaut hat), werden Sie einen erdähnlichen (alles andere wäre ja anfangs wenig sinnvoll) Planeten vorfinden, der sagen wir zu 80-85% in entscheidenen Faktoren den irdischen Verhältnissen entspricht. Durch Technik könnte man den Planeten möglicherweise auf 95-96% der irdischen Verhältnisse terraformen, was schon eine durchaus lebenswerte Umgebung darstellt. Gehen wir davon aus, dass die restlichen 4-5% nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand änderbar sind (andere Gravitation, Abstand zum Gestirn, …). Dieser Schritt bleibt also aus.
Ich kann mir jetzt gut vorstellen, dass sich der menschliche Körper auf diese Änderung einzustellen weiß (Evolution – Anpassung). Er wird die Umstände imo recht schnell akzeptieren (müssen) und notwendige Vorkehrungen treffen. Ob das jetzt die Aus- oder Umbildung einiger Organe ist, die Änderung der Muskelzusammensetzung oder irgendwas anderes (z. B. kann es sich gesponnen äußerst langfristig auch in Richtung Reptil, Wasser- oder Flugwesen entwickeln. Who knows?) sei mal dahingestellt.
Durch diese biologische Anpassung an die neuen Lebensumstände im Laufe von mittel- bis langfristigen Zeiträumen (die ich nicht definieren will und kann) wird dieser Planet die neue Heimat des „Menschenablegers“. Er wird danach ebenso wenig mit unseren heutigen irdischen Verhältnissen zurecht kommen wie wir anfangs mit den seinen, auch wenn es nur kleine Änderungen sind. Und auch nur während dieser Anpassungszeit müssten die Maschinen Übergangshilfe leisten.
Man ist also nicht an die ewige Funktionalität der Maschinen abhängig. Nach der Anpassungszeit wäre es damit vorbei und die neuen Bewohner könnten auch als "Naturvolk" überleben.
Diese Spirale könnte man jetzt noch fortsetzen. Einige Explorer der „95%-Menschen“ mit der neuen, leicht angepassten Biologie suchen sich wiederum einen neuen Planeten, der von seinen Bedingungen nach Terraforming nur noch 90 % der einstigen irdischen Verhältnisse entfernt ist usw. (also gleicher 5%-Abstand wie beim ersten „Umzug“). Sozusagen läuft die Evolution auf diese Weise immer nur in kleinen Schritten ab und es kann stets nur die jeweilige Gemeinschaft an einem Ort (Planeten) mit vergleichbaren physikalischen Bedingungen betrachtet werden. Also niemals die sich auseinanderentwickelnde „Menschheit „insgesamt.
Diesen Vorgang kann man schon allein von den Planetenvoraussetzungen natürlich nicht bis Ultimo treiben. Spätestens bei den Gasplaneten ist Schluss, weshalb diese als extremster limitierender Faktor gesehen werden können (wohl aber seine Monde, so denn Atmosphäre vorhanden und sich die Menscheitsableger im Laufe von Äonen an andere Bedingungen wie hohe Radioaktivität, extreme Temp.schwankungen etc. angepasst hat).
Kurz – ich will dem Argument Bynaus widersprechen, dass die Biologie der letztliche begrenzende Faktor ist. Die Biologie wird sich an die Lebensumstände anpassen (keinesfall immer, aber ab und zu reicht ja völlig aus), ähnlich der bisherigen evolutionären Entwicklung.
Die Technik während der Übergangs-/Anpassungsphase wird immer ein erheblicher Risikofaktor sein, welcher lösbar scheint (Aufwand sei dahingestellt), aber grundsätzlich sehe ich hier kein endgültiges Hindernis.
PS: Dieser Post beinhaltet jetzt nicht weitere Bezugnahmen auf andere Argumentationen wie Fermis Paradoxon (das Gleiche Vorgehen könnte man ja auch von anderen ET´s erwarten) etc.
PS 2: und jetzt ab in den Urlaub