Intelligentes Leben äußerst selten?
von Stefan Deiters astronews.com
17. April 2008
Die Suche nach Signalen von intelligentem Leben im All
erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit. Doch wie wahrscheinlich ist es
eigentlich, dass es "da draußen" noch jemanden gibt, mit dem wir in Kontakt
treten können? Äußerst unwahrscheinlich, meint nun Professor Andrew Watson von
der University of East Anglia. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich
innerhalb von vier Milliarden Jahren intelligentes Leben entwickelt, würde
nämlich bei maximal 0,01 Prozent liegen.
Nach unseren Erkenntnissen bislang einzig im
All: die Erde. Foto: NSSDC /
NASA |
Die Entstehung von intelligentem Leben auf der Erde, so schreibt Professor
Andrew Watson in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Astrobiology,
hängt von einigen wenigen, aber äußerst schwierigen Evolutionsschritten ab.
Watson, der an der School of Environmental Sciences der University
of East Anglia arbeitet, versuchte nun die Wahrscheinlichkeit jedes
einzelnen dieser Schritte abzuschätzen, um so mit einem neuen mathematischen
Modell die Wahrscheinlichkeit des Entstehens von intelligentem Leben zu
berechnen.
Entscheidend für die Bewohnbarkeit der Erde oder auch eines anderen
erdähnlichen Planeten sei die Leuchtkraft der entsprechenden Sonne. Unser
Zentralgestirn wird in einigen Hundert Millionen Jahren merklich heller werden,
was zu einem dramatischen Temperaturanstieg auf der Erde führen wird. In etwa
einer Milliarde Jahren dürfte daher die Erde unbewohnbar sein. Angesichts der
Tatsache, dass es Leben seit rund vier Milliarden Jahren auf unserem
Heimatplaneten gibt, bleibt dem Leben hier also eine nicht wirklich lange Zeit.
"Die Biosphäre der Erde befindet sich jetzt im fortgeschrittenen Alter und
dies hat Auswirkungen auf unser Verständnis darüber, wie wahrscheinlich es ist,
dass intelligentes Leben auf anderen Planeten entstehen kann", erläutert Watson.
"Wir haben nur die Erde als Beispiel für einen Planeten mit Leben. Wenn wir uns
nun eine feste Zeitspanne anschauen, in der lebensfreundliche Bedingungen
herrschen und feststellen würden, dass sich intelligentes Leben relativ zu
Beginn dieser Periode entwickelt hat, würden wir - obwohl wir nur ein einziges
Beispiel haben - vermuten, dass die Entstehung von intelligentem Leben recht
wahrscheinlich ist."
Doch genau dieses, so Watson, ist auf der Erde nicht der Fall: "Wir glauben,
dass wir uns sehr spät in der bewohnbaren Phase unseres Planeten entwickelt
haben und dies bedeutet, dass unsere Entstehung ein sehr unwahrscheinlicher
Vorgang ist. Auch wenn man sich die Abfolge der Ereignisse anschaut, spricht
alles dafür, dass die Entstehung von intelligentem Leben in der Tat sehr selten
ist."
Dabei geht Watson von vier entscheidenden Schritten in der Evolution aus, die
zur Entstehung von menschlichem Leben nötig sind: Das Auftreten einzelner Zellen
etwa eine halbe Milliarde Jahre nach Entstehung der Erde, mehrzelliges Leben
etwa eineinhalb Milliarden Jahre später, komplexere Lebensformen wieder eine
Milliarde Jahre später, sowie die Entstehung von intelligentem Leben mit einer
Sprache ein weitere Milliarden Jahre später.
"Komplexes Leben unterscheidet sich von den einfachsten Lebensformen durch
einige sehr unwahrscheinliche Schritte und wird deswegen deutlich seltener sein.
Intelligentes Leben ist noch einmal ein weiterer Schritt und somit noch
seltener", erläutert Watson. In seinem Modell hat jeder der vier entscheidenden
Schritte eine Wahrscheinlichkeit von maximal zehn Prozent, so dass die
Wahrscheinlichkeit, dass sich intelligentes Leben über vier Milliarden Jahre
entwickelt bei unter 0,01 Prozent liegt.
Jeder einzelne Schritt ist in Watsons Modell unabhängig von den anderen,
allerdings muss einer vor dem anderen erfolgen. Manche der erforderlichen
Schritte könnten dabei auch die Biosphäre der Erde unumkehrbar verändert haben:
So hätte sich das Leben nach der Entwicklung von Pflanzen, die Photosynthese
betreiben, mit einer Sauerstoffatmosphäre arrangieren müssen. Was wichtig für
die Entwicklung von komplexeren Lebensformen an Land war, hat aber jegliche
Entwicklungsmöglichkeit von Lebensformen zerstört, die etwas anderes als
Sauerstoff geatmet haben.
Das Astrobiologie-Portal der NASA fragte auch beim SETI Institute
nach einem Kommentar zu Watsons Arbeit. Dort zeigte man sich gelassen: "Wir
kennen nur einen einzigen Planeten mit Leben, von daher ist es nicht möglich,
die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Leben auf anderen Planeten
abzuschätzen - es sei denn, wir sind sicher, dass wir wirklich jeden Schritt
vollständig verstehen", so Seth Shostak. "Watson behauptet, dass intelligentes
Leben äußerst selten ist. Das kann man schlecht beweisen. Allerdings, wenn der
umgekehrte Fall wahr wäre und es in unserer Galaxie viele intelligente
Lebensformen gibt, ließe sich das nachweisen. Ich bin dafür, dass wir dieses
Experiment machen."
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