@ Tom und Bynaus:
Ich habe gerade das Paper kurz überflogen und sehe nicht notwendigerweise einen Widerspruch zur Entstehung des Lebens in Gezeitenzonen. Geothermale Felder wie im Paper beschrieben kann es auch in Ufernähe gegeben haben, so dass die nötigen Ionenkonzentrationen u.a. in den Gezeitenzonen vorhanden waren. Die Grundidee von Mulkidjanian u.a. entspringt der Beobachtung, dass rezente Zellen einen viel höheren Gehalt an diversen Metall-Ionen und Phosphat aufweisen als die üblichen Gewässer. Insbesondere Meerwasser besitzt eine erheblich geringere Konzentration an Kalium-, Eisen-, Zink- und Phosphat-Ionen als nötig wäre, um einen Gleichgewichtszustand zwischen Innen- und Außenraum der Zellmembran zu gewährleisten. Dieser muss aber vorausgesetzt werden, da in den Protozellen noch keine effizienten Transportproteine und Ionenpumpen zur Verfügung standen, die heute das Ungleichgewicht aufrecht erhalten. Folglich muss das Habitat, in dem die ersten Zellen entstanden, eine andere Ionenkonzentration aufgewiesen haben als Meerwasser.
Der Vergleich mit vulkanischen Exhalaten aus dem Mutnovski-Vulkan auf der Halbinsel Kamtschatka erbrachte hier bessere Übereinstimmungen. Insbesondere die Anreicherung des geothermalen Dampfes mit Phosphat-Ionen und Borat-Ionen könnte für die Synthese von RNA-Nucleotiden und RNA-Oligomeren bedeutsam gewesen sein - und damit für die Anreicherung der Zellentstehungshabitate mit RNA-Ribozymen, welche primitive Stoffwechselvorgänge katalysiert haben könnten. Allerdings - und hier wäre mein Einwand - wären solche erhöhten Ionenkonzentrationen nicht ausschließlich auf kondensierte Tümpel zu reduzieren, die sich irgendwo auf dem Festland befinden, sondern sind ebenfalls in vulkanischen Uferregionen denkbar, wo sich solche Exhalate mit Meerwasser vermischen und im Zuge des Gezeitenwechsels in Gesteinsporen während der Ebbe aufkonzentrieren. Die Gesteinsunterlage könnte dann als mineralische Matrize für Oberflächenmetabolismus dienen, in dessen Zuge dann auch die Chiralität der Moleküle bewirkt wird (z.B. an Calcit-Kristallen oder auf Ton-Oberflächen), welche ein weiteres Merkmal der Lebewesen ist.
Trotzdem ist die hier vorgestellte Idee ein interessanter Ansatz, der die Rolle der hydrothermalen Schlote für die Entstehung des Lebens ein wenig abmildert.
Monod