Simuliertes Gehirn: Wir werden ewig leben im Silizium

SpiderPig

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Hallo zusammen,

zunächst möchte ich meinen Respekt zollen, wie hier über das schwierige Konzept "Bewusstsein" diskutiert wird.

Ich nehme einfach einmal an, dass sich unter den Diskussionsteilnehmer(inne)n niemand befindet, der sich selbst intensive mit dem Thema Bewusstsein beschäftigt hat.

Deshalb sei zunächst einmal erwähnt, dass Bewusstsein auf zwei sehr unterschiedliche Weisen betrachtet werden kann:

1) Als Betrachter von außerhalb, also ein nicht eigenes Bewusstsein betrachten und reflektieren, (was anscheinend wiederum ein eigenes Bewusstsein voraussetzt).
2) Als Betrachter des eigenes Bewusstseins.

Naturwissenschaftlich kann bis heute nur der erste Fall genutzt werden, denn der Fall 2 ist -außer in wenigen Ausnahmefällen (zB: bei der Narkose)- nicht messbar (bewertbar) und auch nicht reproduzierbar. Aufgrund bisher unbekannter Faktoren wie eventuell der sehr individuellen "Bewusstheit", kann auch eine Statistik da bis heute nicht wirklich weiter helfen.

Zudem wird hier in der Diskussion der Begriff "Bewusstsein" sehr allgemein betrachtet.
Wie die Philosophen und Bewusstseinsforscher schon lange wissen, aber lange nicht beweisen konnten, gliedert sich "Bewusstsein" in sehr unterschiedliche Bereiche und Teile auf, die eventuell voneinander unabhängig sein könnten.

Es gibt natürlich seit tausenden Jahren "Erfahrungen" und "Praktiken" die sich mit Bewusstsein bzw. Bewusstheit in verschiedenen Erlebnisbereichen befassen. Diese sind meist in Form von mystischen und religiösen Praktiken zu finden. Wegen dieses Hintergrundes wurden (verständlicherweise) und werden die Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesen Bereichen bisher nicht naturwissenschaftlich betrachtet, leider auch oft grundlegend abgelehnt.

Es ist aber recht einfach sich mit dem eigenen Bewusstsein zu beschäftigen. Um das "Sein" zu erfahren, braucht man nur im Wachzustand alle Sinneseindrücke zu ignorieren. Das erreicht man durch Autogenes Training, Meditation oder auch in einem Isolationstank (lichtlos und schallisoliert, schwimmend in Salzwasser).

Schon allein diese Erfahrung zeigt, dass Selbstbewusstsein (Bewusstheit des eigenen Selbst) recht unabhängig von Sinneseindücken ist, und das Ich-Bewusstsein davon unabhängig erscheint.

Ob sich "Bewustheit", "Selbst", "Bewustsein" ... jemals kopieren lassen, hängt davon ab, ob das "Wissen, können und sein" eines Menschen unabhängig von seinem Körper funktioniert bzw. in einem "anderen" Körper auch genau so funktionieren würde.
Das bezweifle ich und es gibt dagegen auch genug Hinweise aus der Medizin. Wird ein Körper verändert, ändert sich auch das Bewusstsein.

Somit wäre also eine Kopie aller Körperinformationen (1:1 Kopie) in einen zweiten Körper eventuell möglich. Dann würden beide unabhängige Erfahrungen machen und das Bewusstsein würde sich unterschiedlich weiter entwickeln.

Ein Bewusstsein wird in seiner "Ausprägung" (nach allem was ich weiß) eine strikte Abhängigkeit vom Körper haben, ohne dass ich nun behaupte, dass ein Bewusstsein unbedingt einen Körper benötigt, womit ich dann eventuell behaupten würde es gäbe keine Seele. Das liegt mir sehr fern.

Nach einigen der von mir untersuchten mystisch- religiösen Praktiken bin ich fest davon überzeugt, dass der Körper das "Eigenbewusstsein" dämpft bzw. dunkelt. Weiter gedacht müsste dann das Bewusstsein ohne Körper (fals überhaupt möglich) stärker, heller, präsenter sein. Damit bin ich aber eindeutig in der Mystik & Religion angekommen was jede Naturwissenschaftlichkeit verbietet.

Das herausnehmen von Bewusstsein und versetzen in einen anderen Körper, wie es die "Ich lebe ewig"-Mythologie propagiert, würde mit jeder "Verpflanzung" auch das Bewusstsein stark verändern. Es wäre wie ein "Ich sterbe und werde wieder geboren" mit nur dem einen Unterschied einer durchgehenden Erinnerung.

Andererseits wäre ein "Kopieren" aller Erinnerungen eines Menschen auch in einen "verbesserten Körper" kein Überleben des Individuums, denn der ursprüngliche Körper stirbt mit dem darin enthaltenen Bewusstsein.

Eine "Kontinuität" könnte eventuell dadurch erreicht werden, wenn ein Bewusstsein (ein inneres Individuum) nicht nur kopiert sondern auch mit dem ursprünglichen Menschen wiedervereint werden könnte um die Erfahrungen beider Kopien zu verschmelzen. Dann wäre es egal welcher Körper sterben würde. Die Kontinuität wäre gewahrt, nur der Tod eines Individuums würde nicht als eigene Erfahrung weiter gegeben. :)
Man könnte also eine Kopie die "Arbeit" verrichten lassen, die andere macht Urlaub. Nach 30 Tagen werden beide Individuen "vereint" / "angeglichen" und es macht keinen Unterschied wer die Arbeit geleistet hat und wer sich erholt hat.
Man beachte aber die Problematik der unterschiedlichen Körper nach der unterschiedlichen Erfahrungen, auch wenn ursprünglich eine 1:1 Kopie hergestellt wurde.

Es wäre sicherlich klasse, wenn man Kopien von sich erzeugt, die dann alle Arbeit machen müssen, während man selber nur noch faul bleibt. Leider sind dann auch irgendwann die Kopien so faul... :D;)


lieben Gruß
SpiderPig
 

Orbit

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SpiderPig schrieb:
Ich nehme einfach einmal an, dass sich unter den Diskussionsteilnehmer(inne)n niemand befindet, der sich selbst intensive mit dem Thema Bewusstsein beschäftigt hat.
Du aber schon; denn der Rest deines Beitrages wird ex cathedra erlassen...
SpiderPig schrieb:
Deshalb sei zunächst einmal erwähnt,...
...und ist wie immer, wenn Du ins Philosophieren kommst, voller logischer Widersprüche.
Hättest Du's bescheidener formuliert, könnte man über die diskutieren. So aber und auch auf Grund einschlägiger Erfahrungen mit Dir als Diskussionspartner bei solchen Themen, verzichte ich lieber darauf.
Orbit
 

SpiderPig

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Hallo Orbit,
Du aber schon; denn der Rest deines Beitrages wird ex cathedra erlassen...
Ein päpstliches Dekret wird mit anderen Worten begonnen und beendet.
Darin kommt auch kein "wenn", "könnte" oder "naturwissenschaftlich" vor. :p

...und ist wie immer, wenn Du ins Philosophieren kommst, voller logischer Widersprüche.
Die benennst du hier nicht, deshalb kann ich auch nicht darauf reagieren, wie wohl die Wiedersprüche sicherlich nur in deiner (durch einschlägige Beiträge deinerseits erkennbare) Fehl-Interpretation liegen könnten. ;)

Hättest Du's bescheidener formuliert, könnte man über die diskutieren.
Das sagst gerade du! :D

So aber und auch auf Grund einschlägiger Erfahrungen mit Dir als Diskussionspartner bei solchen Themen, verzichte ich lieber darauf.
Dito.

Ohne diesen, in meinen Augen sinn- und substanzlosen Kommentar, wäre dieser Thread bestimmt besser dran.
Wenn du wirklich diskutieren willst, dann benennst du deine Argumente, ansonsten kann ich deinen Thread nur als Beleidigung aller hier beteiligten Diskussionsteilnehmer interpretieren.

S.P.
 

Orbit

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SpiderPig schrieb:
...ansonsten kann ich deinen Thread nur als Beleidigung aller hier beteiligten Diskussionsteilnehmer interpretieren.
Ich habe Dein überhebliches Gehabe hier kritisiert und sonst niemanden, im Gegenteil: Alle andern schütze ich vor Deiner despektierlichen Einschätzung, sie hätten sich wohl noch nie intensiv mit Bewusstsein beschäftigt.
Auf die Idee, wenn man sie kritisiere, beleidige man die ganze Nation, kommen sonst nur Majestäten. :D

Orbit
 

SpiderPig

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Ich habe Dein überhebliches Gehabe hier kritisiert und sonst niemanden, im Gegenteil: Alle andern schütze ich vor Deiner despektierlichen Einschätzung, sie hätten sich wohl noch nie intensiv mit Bewusstsein beschäftigt.
Auf die Idee, wenn man sie kritisiere, beleidige man die ganze Nation, kommen sonst nur Majestäten.
Beleidigungen ersetzen keine Diskussion.
Ich habe mich nicht respektlos geäußert, sondern meine Vermutung ausgedrückt. Intensive heist für mich eventuell etwas anderes als für dich.

Ich wiederhole mich hier zum X. mal: Wenn du mich und mein korrektes Deutsch nicht verstehst, dann sei so gut und frage nach oder lass wenigstens deine Kommentare die nur jeden Thread kaputt machen. :mad:
 
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Frankie

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Klaus,

auch heute wird niemand gezwungen sich den "Sch.." im Internet anzusehen, und es gibt Filtermechanismen dafür. Ein gedachtes Implantat bedeutet nicht, daß man von außen darauf zugreifen kann, sondern ich betrachte es als einseitige und direktere Zugriffsmethode. Die Frage, ob der Mensch damit direkt beeinflussbar wird, stellt sich mir nicht bzw. nur in dem Rahmen in dem das auch heute schon mit dem Internet geht.

Ich gehe davon aus, daß die Interface Forschung (siehe direkte Computersteuerung durch das Hirn) sowieso in diese Richtung zielt, und daher ein solches Interface sicher kommen wird.

Meine Frage war: soll man solche Implantate verbieten oder für diejenigen, die das wollen, erlauben?

Grüße,
Frankie
 

SpiderPig

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Hallo Frankie,
Meine Frage war: soll man solche Implantate verbieten oder für diejenigen, die das wollen, erlauben?
Ein Verbot solcher Implantate wird sich rechtlich in Europa vermutlich nicht durchsetzen lassen, denn mit solchen Implantaten können Krankheiten, Unfallopfer ect. geheilt werden bzw. deren Behinderung reduziert werden.
Bei welcher Anwendung will man somit das Verbot einführen?

Dann trifft es eine Gruppe von Menschen mit bestimmten Krankheiten, die solche Hilfen nicht mehr in Anspruch nehmen dürfen.
Anders herum könnten dann (vormals) stark behinderte Menschen mit nun umfänglichen Implantaten zu einer Elite (in bestimmten Berufszweigen) werden.

Wegen des Gleichheitsprinzips und der Wahrung persönlicher Freiheit wird es also ein "Verbot" nicht (auf Dauer) geben können.

Es könnte andererseits auch soweit kommen, das Menschen die solche Implantate ablehnen zu einer gesellschaftlichen Randgruppe abdriften.

Es ist, wie es immer war: "Die Geschichte wird uns zeigen was wir richtig und was wir falsch gemacht haben!".


SpiderPig
 

Klaus

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Ich halte "gedankliche Entscheidungsprozesse" und "Selbstwahrnehmung" für keine geeigneten Termini zur Definition des Bewußtseins, sondern eher für Synonyme.
Ich hätte vielleicht darauf eingehen sollen. Natürlich hast Du Recht damit, daß es gewissermaßen Synonyme sind. Nur wenn man einen Begriff definiert, geht es zunächst darum, möglichst genau abzugrenzen, wofür ein Begriffe steht, denn anderenfalls redet man aneinander vorbei, sofern man diesen Begriff verwendet. SpiderPig z.B. versteht, wie er uns hier zu verstehen gab, Bewußtsein als ein ein unerklärliches esoterisches Etwas, das er nicht genau zu definieren weiß, weil ihm weder biologische Aufgabe noch die prinzipielle Funktionsweise seines eigenen Bewußtseins richtig klar sind. Mit ihm über Bewußtsein zu diskutieren hätte ohne eine Begriffsdefinition kaum Sinn, da er auch Unterbewußtsein und diversen religösen Nonsens mit dem Begriff "Bewußtsein" assoziiert.
Meine Definition war aber auch nicht sonderlich gut. Mit "aktiv zu bewertenden Wahrnehmungen", meinte ich alle Wahrnehmungen, die für die Festlegung der Handlungsstrategie des Individuums in seiner jeweiligen Situation entscheidend sein können und daher diesbezüglich mit berücksichtigt werden müssen.
 
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Klaus

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Von der Gültigkeit des zweiten Satzes auf das Vorhandensein von Bewußtsein zu schließen, ist aber unzulässig.

Man kann auf Bewußtsein genau dann schließen, wenn etwas Bewußstsein im Sinne von dessen Definition entspricht. Daher sollte wir die Definition wohl dahingehend konkretisieren, daß das Bewußtsein zunächst als ein ganz konkreter Sachverhalt definiert wird.
Ich sehe als Bewußtsein neben dem "sich seiner selbst bewußt sein" vor allem den Entscheidungsprozeß, der die Ergebnisse kognitiver Prozesse permanent bewertet und darüber die Handlungstrategie eines Individuums festlegt, wobei diese Bewertung und die Strategiefestlegung sowohl auf der Grundlage von Gedächtnisinhalten als auch auf der Basis von abstraktem Denken erfolgen.
Sobald eine KI etwas derartiges ebenfalls beherrscht und sich selbst in ihrer realen oder virtuellen Umwelt einzuordnen weiß, könnte man ihr wohl ein Bewußtsein zuschreiben.
 

Mahananda

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Hallo,

mit dem Begriff "Bewusstsein" ist es wie mit dem Begriff "Leben": Beides sind Prozesse, die - da sie substantiviert wurden - im üblichen Sprachgebrauch wie Gegenstände behandelt werden, die einer Beschreibung bzw. einer Definition bedürfen, um weitergehende sinnvolle Aussagen darüber tätigen zu können. Die Schwierigkeiten, die mit der Definition von "Leben" verbunden sind, scheinen noch einmal um ein Vielfaches größer zu sein, wenn man "Bewusstsein" definieren will. Während man beim "Leben" wenigstens dahingehend etwas Substanzielles "in der Hand hat", weil man Organismen als lebende Systeme von unbelebten vergleichsweise scharf voneinander abgrenzen kann, betrifft das "Bewusstsein" einen Teil der Hirnfunktionen, der sich nicht ohne weiteres von anderen Hirnfunktionen unterscheiden lässt. Dennoch, denke ich, ist es kein aussichtsloses Unterfangen, wenn man das Diktat der Substantivierung hinter sich lässt und statt dessen die prozessuale Natur des Phänomens in den Mittelpunkt stellt. Die korrekte grammatikalische Entsprechung dafür ist eine verbale. Von dieser ausgehend kann man dann zu adjektivischen Sachverhalten übergehen, also zu den Eigenschaften, die diese Tätigkeit aufweist, die üblicherweise als "Bewusstsein" bezeichnet wird.

Im Folgenden verwende ich weiterhin den üblichen Begriff "Bewusstsein", obwohl ich mir bewusst bin, dass es sich eigentlich um ein "bewusst werden" handelt. Ich möchte damit erreichen, dass ich mich verständlicher, weil prägnanter ausdrücke, auch wenn "Bewusstsein" kein "Seiendes", sondern ein "sich ereignendes" ist. Was macht also die Tätigkeit "Bewusstsein" aus? Aus subjektiver Sicht ereignen sich Wahrnehmungen verschiedenster Inhalte - Reize aus der Außenwelt, Erinnerungen, Vorstellungen, Zukunftspläne usw. usf. Die Frage ist nun: Wie ist das möglich? Wenn ich mich an etwas erinnere, dann muss ich nicht einmal die Augen schließen, um mir das Geschehen gegenwärtig werden zu lassen. Zwar nehme ich meine unmittelbare Umgebung immer noch wahr, aber gewissermaßen parallel dazu - auf einer anderen Ebene - durchlebe ich die Geschehnisse von damals. Wahrnehmung bedarf folglich einer Ebene, auf der sie sich vollzieht. Diese Ebene - ich ziehe dafür den Begriff "Unterlage" vor - ist das, was als Vorbedingung jeglicher Art von Wahrnehmung, Gedächtnis und Bewusstsein vorhanden sein muss. Auf welche Art und Weise diese simulierte Entsprechung des Gehirns zustande kommt, ist das ungelöste Rätsel, dem sich die Bewusstseinsforscher stellen. Fakt ist jedoch, dass die Aktivitäten des Großhirns auf dieser simulierten "Benutzeroberfläche" eine Entsprechung finden, die den Inhalt der Wahrnehmungen ausmachen. So gibt es z.B. im Großhirn ein Schmerzzentrum, dass erst dann aktiv wird, nachdem ich mich z.B. an der Wade an einem Dorn gestochen habe und nachdem ich meine Wade via unbedingtem Reflex zurückgezogen habe. Im Koma wäre das nicht möglich gewesen, weil hier das Großhirn vom Rückenmark isoliert ist.

Damit komme ich zur objektiven Sichtweise. Wie kann man feststellen, ob jemand bei Bewusstsein ist? Hierbei muss man berücksichtigen, dass wir aufgrund unserer Erfahrungen natürlich allein aufgrund von Verhaltensmustern erkennen, ob unser gegenüber gerade bei Bewusstsein oder bewusstlos ist. Dies klammere ich bewusst aus, da es mir um etwas anderes geht: Wie kann man mit Hilfe von Hirnstrommessungen feststellen, ob jemand bei Bewusstsein ist, um herauszufinden, ob er oder sie, sich bewusstlos stellt oder tatsächlich ist. Hierzu gibt es aufregende Erkenntnisse, die ich hier zitieren möchte:

Rodolfo Llinas von der New Yorker Universität machte die erstaunliche Entdeckung, dass alle Rindenfelder einen gleichmäßigen Lärmpegel abgeben, eine Oszillation mit der Frequenz von 40 Hertz pro ekunde. Überdies schwingen einige Rindenfelder, die mit 40 Hertz brummen, phasengleich, das heißt, ihre Schallwellen oszillieren im selben Takt. Wie konnte das sein? Llinas, Churchland und andere meinen, dass die Nervenzellen synchron arbeiten, weil sie von einer Art Dirigent im Gehirn angeleitet werden.
Die Aufgabe des Dirigenten fällt höchstwahrscheinlich den Nuclei intralaminares im Thalamus zu. Diese Nuclei sind durch lange Axonen mit vielen Hirnregionen verbunden. Sie nehmen Informationen entgegen, reagieren darauf, überwachen die Reaktionen der Nervenzellen auf ihre Antworten und schaffen auf diese Weise eine ausgeklügelte Rückkopplungsschleife. Die Informationen, die zwischen den Nuclei intralaminares und dem übrigen Gehirn hin- und herfließen, modulieren sich selbst und erzeugen eine regelmäßige Schleife elektrischer Aktivität, die in einem synchronen Takt von 40 Hertz schwingt.
Wie zu erwarten, kommt es im Wachzustand neben den stetigen 40-Hz-Schwingungen in jeder Hirnregion zu starken Entladungen elektrischer Aktivität. Diese Entladungen stehen im Zusammenhang mit Veränderungen unserer Umgebung und unserer Tätigkeit. Im traumlosen Schlaf sind die Nuclei intralaminares nicht aktiv, die 40-Hz-Schwingungen bleiben aus. Aber während wir träumen (im REM-Schlaf), lebt das Summen im 40-Hz-Takt wieder auf, und es wird wiederum - ganz ähnlich wie im Wachzustand - von heftiger Aktivität in einigen Hirnregionen begleitet. Eine Schar von Nervenzellen erzeugt Bilder in Eigenregie; da Sinneseindrücke fehlen, sind diese Zellen weniger eingeengt und liefern uns phantastische Bilder und Geschichten, während sie die Ereignisse des vergangenen Tages verarbeiten und speichern. Anders als im Wachzustand stehen die Impulse aber nicht in beziehung zu Vorgängen in der Außenwelt, nicht einmal, wenn Forscher absichtlich mäßigen Lärm verursachen oder behutsam versuchen, das Thema zu ändern. Im Traum aktiviert sich die Hirnrinde ausschließlich von innen. ...

Erst wenn der Dirigent die neuronalen Vernetzungen des Gehirns synchronisiert, gelangen wir zum Bewusstsein. Wenn genügend Vernetzungen einbezogen sind, werden die Schwingungen geordnet. Sie dehnen dann ihren Einfluss aus, holen sich weitere Vernetzungen hinzu, und das Bewusstsein erhebt sich und weitet sich aus. ... Das Gehirn gelangt erst dann wieder zu Bewusstsein, wenn sich [nach einem Sturz] die Nuclei intralaminares erholt und den 40-Hz-Takt wieder in Gang gebracht haben. So gesehen ist das Bewusstsein nichts anderes als das Aufrechterhalten der 40-Hz-Schwingung unter den Schaltkreisen des Gehirns.
Untersuchungen haben gezeigt, dass ein tiefes, nicht umkehrbares Koma eintritt, wenn die Nuclei intralaminares eines Menschen geschädigt sind.

Quelle: John J. Ratey: Das menschliche Gehirn - Eine Gebrauchsanleitung. München 2003, S. 162 - 164

Der objektive Befund der synchronen 40-Hertz-Schwingung entspricht dem subjektiven Befund der Unterlage, auf der sich Wahrnehmungen vollziehen. Je nachdem, welcher Neuronenschaltkreis gerade aktiv ist und die Konkurrenz anderer Schaltkreise überwindet (die sogenannten Filter), so dass er in die Synchronschwingung gerät - er wird subjektiv als etwas wahrgenommen, was einem Bild, Geräusch, Geruch oder auch einer Empfindung entspricht.

Mit all dem Gesagten ist jedoch noch nicht geklärt, auf welche Weise sich der Umschlag von einer neuronalen Erregung hin zu einem inneren Bild bzw. zu einer subjektiv wahrnehmbaren Entsprechung vollzieht. Man weiß zwar, dass die 40-Hertz-Schwingung seine Entsprechung findet im Zustand des Bewusstseins, dass also beide Sachverhalte zwei Seiten derselben Medaille sind, aber die Art und Weise des Zustandekommens dieser Entsprechung ist unbekannt. Wenn es ein emergentes Phänomen ist, dann tritt es spontan auf, sobald eine hinreichende Komplexität vorhanden ist. Dann müsste man untersuchen, ob Computer ebenfalls über eine Subjektivität verfügen, zu der sie jedoch keinen Zugriff haben, da sie keinerlei Autonomie besitzen. Falls es kein emergentes Phänomen ist, dann bestehen Zusammenhänge zwischen Struktur und Funktion, die einen Mechanismus nach sich ziehen, der die Simulation einer Unterlage bewirkt. Dann käme es darauf an, diesen Mechanismus aufzudecken, um ihn mit geeigneten Bauteilen auf analoge Weise nachzubauen. Hier ist noch ein weites Feld offen.

Viele Grüße!
 
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Puma

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Hallo !

Es ist doch immer wieder erstaunlich, was bei dem Thema "Bewußtsein" diskutiert bzw. geschrieben wird. Vor allen Dingen, was man dort so alles hineininterpretiert und somit vielen Irrungen und Wirrungen unterliegt. Dabei braucht man den Begriff nur etwas genauer zu betrachten. Er sagt eigentlich schon alles aus - bewußtes Sein - , was die Fähigkeit (und keinen Prozeß)voraussetzt, sich selbst zu erkennen. Wie kann ich das überprüfen? In dem ich in den Spiegel sehe und mich als Individuum erkenne. Und diese Fähigkeit hat nur der Mensch und auch dann nur, wenn er wach, also bei Sinnen ist. Wenn ich im Koma liege, dann lebt sicherlich noch mein Körper, aber ich bin mir in diesem Augenblick dessen nicht "Bewußt", egal bei welchem Frequenzen da irgendetwas im Gehirn brummt. Erst, wenn ich wieder aufwache, werde ich mir wieder meiner Existenz wieder bewußt ( Descartes hat es mit den Worten "Ich denke, also bin ich" auf den Punkt gebracht).
Mein Bewußtsein kann ich auch nicht erweitern. Ich kann nur mein Wissen in Form von Erfahrungen und Bildung erweitern. Alles andere ist esoterisches und religiöses Gefasel.
Man könnte natürlich jetzt noch tiefer in das Thema eindringen, aber dies gehört mehr in das Thema Philosophie und würde hier den Rahmen sprengen.

Gruß Puma
 

Mahananda

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Hallo Puma,

Dabei braucht man den Begriff nur etwas genauer zu betrachten. Er sagt eigentlich schon alles aus - bewußtes Sein - , was die Fähigkeit (und keinen Prozeß) voraussetzt, sich selbst zu erkennen.

Aber diese Fähigkeit ist an Prozesse gebunden, die im Gehirn ablaufen. Laufen diese Prozesse nicht ab, gibt es auch keinerlei Fähigkeit, sich seines Daseins bewusst zu sein, also zu wissen (ob mit Sprache unterlegt oder nicht), dass das, was etwas wahrnimmt, ein Individuum ist - eine unteilbare Ganzheit, die an die Umgebung zwar gebunden ist, sich aber dennoch von ihr unterscheiden lässt.

Wenn ich im Koma liege, dann lebt sicherlich noch mein Körper, aber ich bin mir in diesem Augenblick dessen nicht "Bewußt", egal bei welchem Frequenzen da irgendetwas im Gehirn brummt.

Wenn du im Koma liegst, bist du dir dessen nicht bewusst, weil die Frequenzen im Gehirn nicht da sind. Erst wenn sie wieder da sind, wachst du auf. Folglich besteht ein Zusammenhang zwischen der 40-Hertz-Frequenz und dem Zustand des Bewusstseins bzw. der Fähigkeit zur Wahrnehmung.

Descartes hat es mit den Worten "Ich denke, also bin ich" auf den Punkt gebracht.

Nur, dass er unter dem Begriff "Denken" sämtliche psychischen Aktivitäten subsummiert hat - also auch Empfinden, Wahrnehmen usw. - , so dass seine von ihm postulierte res cogitans eigentlich eine res afficiens ist, aber seis drum: Descartes meint, dass die Psyche (das innere Erleben) etwas fundamental anderes ist als der Körper, so dass er sich genötigt sah, beide Aspekte des Daseins auch ontologisch in zwei verschiedene Substanzen zu trennen, die aufwändig über postulierte "Lebensgeister" via Zirbeldrüse miteinander kommunizieren. Mit diesem Thema hat das allerdings wirklich nichts zu tun ...

Mein Bewußtsein kann ich auch nicht erweitern.

Nein, weil es entweder da oder nicht da ist. Oder anders: Entweder es brummt etwas in meinem Gehirn oder nicht. ;)

Alles andere ist esoterisches und religiöses Gefasel.

Einverstanden. Darum sollte man sich bei dem Thema "Bewusstseinserweiterung" nicht aufhalten. Da kann nichts Gutes dabei herauskommen.

Viele Grüße!
 

Maenander

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Hallo !
Er sagt eigentlich schon alles aus - bewußtes Sein - , was die Fähigkeit (und keinen Prozeß)voraussetzt, sich selbst zu erkennen. Wie kann ich das überprüfen? In dem ich in den Spiegel sehe und mich als Individuum erkenne. Und diese Fähigkeit hat nur der Mensch und auch dann nur, wenn er wach, also bei Sinnen ist
Es gibt auch Tiere, die sich im Spiegel selbst erkennen können, wie in Experimenten immer wieder gezeigt wurde. Deshalb stimme ich Deinem Post in weiten Teilen zu, in einem Punkt aber überhaupt nicht:

Bewusstsein ist nicht etwas exklusiv menschliches, sondern ist - wie alles an uns - in einer langen Evolution entstanden und in ähnlicher Form bei den uns verwandten Tierarten vorhanden. Bewusstsein scheint für mich dabei zunächst auch kaum an Intelligenz gekoppelt, sondern drückt einfach den Prozess aus, der die Umwelt überwacht und einschätzt, dabei alle Sinneseindrücke verwendet, um dann Reaktionen des jeweiligen Individuums in die Wege zu leiten und - bei fortgeschrittenem Bewusstsein - auch zu "planen".

Viele der eigentlichen Meisterleistungen des Gehirns, wie diffizile Berechnungen, laufen hingegen unbewusst ab, genauso wie schnelle Reaktionen, z.B. auf Schmerz, wo der Umweg über das Bewusstsein zu lange dauern würde.

Ein Bild, das mir dazu immer einfällt ist der Desktop des Computers, auch wenn der Vergleich natürlich hinkt. Dennoch scheint mir auch das Bewusstsein nur die Oberfläche zu sein, hinter der sich noch viel mehr verbirgt. Mir ist das "bewusst" geworden, als ich z.B. bei Roger Penrose gelesen habe, wie ihm Lösungen von mathematischen Problemen aus heiterem Himmel klar werden, und ich habe bei mir selbst ähnliches beobachtet.
 

Puma

Registriertes Mitglied
@Maenander

Hallo erst mal!

Mir ist nicht bekannt, daß sich ein Tier im Spiegel erkennt. Ich wüßte auch nicht, wie man dieses feststellen will, ob sich das Tier selbst erkannt hat oder was es gesehen haben will. Diese "Experimente" werden von Menschen (von wem auch sonst) durchgeführt und ausgewertet. Es ist also sehr subjektiv, was zum Schluß herauskommt. Schließlich wird auch kein noch so "intelligenter " Affe mit sagen können, "Hallo, der im Spiegel, daß bin ich".
Man kann aber in den tiefsten Urwald fahren und dort Menschen treffen, die mit uns noch nie in Berührung gekommen sind. Hälst Du denen einen Spiegel vor, so wirst Du deutlich an der Reaktion erkennen, daß sie sich erkannt haben.
Bewußtsein hat etwas mit der Fähigkeit zu tun, etwas, in diesem Fall, sich selbst, zu erkennen. Es hat überhaupt nichts damit zu tun, wann und wie schnell ich einen Schmerz, also eine Empfindung, spüre. Denn soetwas läuft unbewußt über Nervenbahnen ab.
Um die Welt erkennen zu können, und damit sind nicht Sehen, Hören, Fühlen usw. gemeint, bedarf es nicht nur der sinnlichen, sondern der rationalen Wahrnehmung.
Ein Beispiel:
Sinnlich nehmen wir wahr, daß die Sonne aufgeht, am Himmel ihre Bahn zieht und wieder untergeht. Es sieht so aus, wie auch lange geglaubt, die Sonne dreht sich um die Erde.
Rational wissen wir aber, daß dies nicht so ist, sondern die Erde sich um sich selbst dreht und damit diese Erscheinung hervorruft.
Was ist Voraussetzung für diese Erkenntnis?
- Sprache und damit die Fähigkeit, Erfahrungen in Form von Worten (was gleichzeitig Begriffe sind) auszutauschen. Nur damit können wir unser Wissen erweitern.
Nur durch die Fähigkeit der Sprache, welche sich natürlich wie unser Wissen evolutionär entwickelt hat, haben wir die Fähigkeit erworben, die Welt zu erkennen. Daß bedeutet natülich nicht, daß Tiere nicht spüren, daß sie leben. Aber sie "wissen" es nicht. Somit ist Bewußtsein etwas "nur" menschliches!
Zum Thema "plötzlich Einfälle".
Dies hat überhaupt nichts mit "dem" Bewußtsein zu tun. Plötzlich Lösungen fallen einem ein, wenn man sich lange und intensiv mit Problemen befaßt und zu keiner Lösung zu kommen scheint. Die Lösung kommt dann in einem Moment, in dem man sich gerade nicht mit dem Thema befaßt. Dies setzt aber vor allem WISSEN und damit die Fähigkeit zur Erkenntnis voraus. Den nur mit dem BEWUßTSEIN selbst, kann man keine Probleme lösen.

Gruß Puma
 

Kibo

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@Puma
Hmm Wissen ist nicht biologisch vorprogrammiert. Willst du darauf hinaus, dass man Bewusstsein erst erlernen muss?
Die von dir erwähnten Urwaldmenschen mögen sich in einem Spiegel erkennen aber das muss nicht bedeuten, dass sie auch wissen, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
Die von Wissenschaftlern durchgeführten Experimente halte ich für schon sehr glaubwürdig. Diesen Leuten eine duch beispielsweise Sensationslust induzierte Subjektivität vorzuwerfen halte ich für falsch, es sind ja schließlich WIssenschaftler.
In jedem Fall ist es unwissenschaftlich davon auszugehen die untersuchten Tiere hätten kein Bewusstsein nur weil wir Menschen es nicht nachweisen könnten. Wenn man schon sagt die Experimente sind nicht tauglich das Bewusstsein eines Tieres nachzuweisen, dann muss man auch eingestehen, dass man ohne diese Experimente ganz und gar im Dunkeln tappt also auch nicht weis ob diese Tiere kein Bewusstsein haben. Du könntest also höchstens sagen, die Definition der Wissenschaftler entspricht nicht deiner eigenen.

mfg
 
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Maenander

Registriertes Mitglied
Mir ist nicht bekannt, daß sich ein Tier im Spiegel erkennt. Ich wüßte auch nicht, wie man dieses feststellen will, ob sich das Tier selbst erkannt hat oder was es gesehen haben will. Diese "Experimente" werden von Menschen (von wem auch sonst) durchgeführt und ausgewertet. Es ist also sehr subjektiv, was zum Schluß herauskommt. Schließlich wird auch kein noch so "intelligenter " Affe mit sagen können, "Hallo, der im Spiegel, daß bin ich".

Hallo Puma!

Dazu nur folgendes:

http://de.wikipedia.org/wiki/Spiegeltest


Zum Thema "plötzlich Einfälle".
Dies hat überhaupt nichts mit "dem" Bewußtsein zu tun. Plötzlich Lösungen fallen einem ein, wenn man sich lange und intensiv mit Problemen befaßt und zu keiner Lösung zu kommen scheint. Die Lösung kommt dann in einem Moment, in dem man sich gerade nicht mit dem Thema befaßt. Dies setzt aber vor allem WISSEN und damit die Fähigkeit zur Erkenntnis voraus. Den nur mit dem BEWUßTSEIN selbst, kann man keine Probleme lösen.
Mit diesem Beispiel wollte ich nur zeigen, dass zwischen Intelligenz und Bewusstsein kein Zusammenhang bestehen MUSS. Genausowenig wird ein Computer mit viel Rechenleistung plötzlich Bewusstsein entwickeln. Was dafür nötig ist, ist aber wieder ein anderes Thema.

(Hier stellt sich natürlich auch die Frage nach der Definition von Intelligenz, denn das, was man z.B. im Intelligenztest misst, ist doch eher ein buntes Sammelsurium an verschiedensten Fähigkeiten.)

Die Besonderheit des Bewusstseins des Menschen vermute ich, neben den erweiterten planerischen Fähigkeiten, vor allem in der Einbindung der Sprache in diesen Prozess, etwas was wir ja oft als "Denken" beschreiben. Aber würdest Du einem Menschen, der niemals eine Sprache erlernt hat, das Bewusstsein absprechen? Wohl kaum. Genauso ist es bei den Tieren. Wieso sollte ausgerechnet das Bewusstsein etwas singuläres sein, bei dem es nur 0 und 1 gibt? Auch hier sollte es Abstufungen geben, und in der Tat: Ein Blick in die frühen Jahre des Menschen genügt. So wird z.B. der Spiegeltest beim Menschen nach etwa anderthalb Jahren bestanden. Und da ist das Bewusstsein noch lange nicht ausgereift.

P.S.: Es gibt übrigens auch Menschenaffen, die hunderte Symbole erlernt haben. Unsere Verwandten sollte man nicht unterschätzen.
 

Klaus

Registriertes Mitglied
Was wäre denn der Handlungsantrieb für so ein Bewußtsein?

Es ist ein automatisch ablaufender Prozeß der auf optimales Handeln in der Umwelt ausgerichtet ist.

Mir ist nicht bekannt, daß sich ein Tier im Spiegel erkennt. Ich wüßte auch nicht, wie man dieses feststellen will, ob sich das Tier selbst erkannt hat oder was es gesehen haben will.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,572949,00.html

Bewusstsein scheint für mich dabei zunächst auch kaum an Intelligenz gekoppelt, sondern drückt einfach den Prozess aus, der die Umwelt überwacht und einschätzt, dabei alle Sinneseindrücke verwendet, um dann Reaktionen des jeweiligen Individuums in die Wege zu leiten und - bei fortgeschrittenem Bewusstsein - auch zu "planen".

Danach dürften auch Insekten ein Bewußtsein besitzen.
 

Mahananda

Registriertes Mitglied
Hallo,

Maenander schrieb:
Genausowenig wird ein Computer mit viel Rechenleistung plötzlich Bewusstsein entwickeln. Was dafür nötig ist, ist aber wieder ein anderes Thema.

Das ist das entscheidende Thema, denn wenn wir "ewig leben im Silizium", dann muss man wissen, was nötig ist, damit ein Computer Bewusstsein entwickeln kann. Anderenfalls kann der Umstieg auf eine andere Hardware nicht stattfinden.

Maenander schrieb:
Die Besonderheit des Bewusstseins des Menschen vermute ich, neben den erweiterten planerischen Fähigkeiten, vor allem in der Einbindung der Sprache in diesen Prozess, etwas was wir ja oft als "Denken" beschreiben.

Denken und Sprache bilden eine Einheit. Beides sind Werkzeuge, um Wahrnehmungsinhalte in eine Form zu bringen, damit man damit mental operieren kann. Voraussetzung dafür ist jedoch eine Unterlage, auf der sich Wahrnehmen vollziehen kann und auf der sich Beziehungen zwischen verschiedenen Wahrnehmungsinhalten herstellen lassen. Die Verknüpfung zwischen einer Lautfolge ["BAUM"] und einem davon verschiedenen Wahrnehmungsinhalt (Bild eines Baums - entweder unmittelbar gegenwärtig oder als erinnerte Vorstellung) weist der Lautfolge eine Bedeutung zu. Das Verknüpfen als solches vollzieht sich zwar unbewusst, aber das Resultat ("BAUM" bedeutet Baum) wird bewusst und im Gedächtnis abgespeichert. Die Fähigkeit zu solcherart Verknüpfungen ist eine Folge der Hirnkapazität und somit graduell abgestuft im Tierreich vorhanden. Hunde können aus anatomischen Gründen keine Lautfolgen erfinden und folglich keine differenzierte Sprache entwickeln, die Abstraktionen ermöglicht. Über bedingte Reflexe, die sich antrainieren lassen, sind sie aber in der Lage, Lautfolgen mit Verhaltensweisen zu verknüpfen. Mit einer größeren Hirnleistung könnten Hunde vielleicht darüber räsonieren, warum sie das eigentlich tun - vorausgesetzt, sie haben das dazu nötige Vokabular - aber ein Bewusstsein darüber, was sie tun, haben sie schon. Ihnen fehlt nur die Kompetenz, sich willentlich anders zu entscheiden.

Puma schrieb:
Bewußtsein hat etwas mit der Fähigkeit zu tun, etwas, in diesem Fall, sich selbst, zu erkennen. Es hat überhaupt nichts damit zu tun, wann und wie schnell ich einen Schmerz, also eine Empfindung, spüre. Denn soetwas läuft unbewußt über Nervenbahnen ab.

Bewusstsein ist zunächst einmal die Fähigkeit, sich selbst als etwas von der Umgebung verschiedenes wahrzunehmen. Und im Begriff "Wahrnehmung" steckt ja das "Etwas für wahr annehmen" drin. Das kann durchaus vorsprachlich geschehen in einer Art Selbstgefühl. Das Gehirn erzeugt ja so etwas wie ein inneres Bild des Gesamtorganismus. Sensorik und Motorik formen dieses Bild, so dass man sehr wohl spürt, was zu "mir" gehört und was nicht. Selbstwahrnehmung und Selbstbenennung ("Das bin ich.") sind verschiedene Aspekte desselben Sachverhalts. Letzteres setzt Sprache voraus, so dass ich meine Wahrnehmungsinhalte benennen, Beziehungen zwischen ihnen herstellen, Gemeinsamkeiten herausfiltern und miteinander kombinieren kann, so dass neue - abstrakte - Bedeutungen entstehen können. Das Subjekt - also das Wahrnehmende - ist dann in der Lage via Abstraktion sich selbst als ein Objekt - also als ein Wahrgenommenes - zu betrachten und wendet die Methoden, die es zur genaueren Bestimmung anderer Objekte benutzt hat, auf sich selbst an. Das damit verbundene Problem der Selbstbezüglichkeit bzw. Selbstreferenz ist analog zu dem Versuch des Barons Münchhausen, der sich an seinem eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen wollte - es kommt nichts Sinnvolles dabei heraus. Stets bleibt ein unaufklärbarer Rest, der sich begrifflich nicht fassen lässt. Indiz dafür sind die Schwierigkeiten, "Leben" und "Bewusstsein" sowie "Intelligenz" umfassend zu definieren.

Puma schrieb:
Um die Welt erkennen zu können, und damit sind nicht Sehen, Hören, Fühlen usw. gemeint, bedarf es nicht nur der sinnlichen, sondern der rationalen Wahrnehmung.

Der Mensch als Animal rationale ist in der Lage, die Welt, die als eine Fülle von Wahrnehmungsinhalten als Weltbild in seinem Gehirn gegeben ist, mit Hilfe der Sprache auf eine abstrakte Ebene zu transformieren. In dieser "abstrakten" Welt kann er ganz anders operieren als in der "sinnlichen" Welt. Hier lassen sich aus der "sinnlichen" Welt abstrahierte begriffliche Elemente zu neuen "abstrakten" Welten kombinieren, die mit der ursprünglichen Vorlage nicht mehr viel gemein haben (Siehe dazu z.B. Terry Pratchetts "Scheibenwelt"). Über diese Fähigkeit verfügen Tiere mit Sicherheit nicht, da ihnen das dazu nötige Vokabular fehlt, aber mit Bewusstsein im Sinne von "sich über etwas bewusst sein", hat das nichts zu tun. Unsere ganz speziellen Fähigkeiten sind diesem Bewusstsein gewissermaßen aufgesetzt, sind eine evolutionäre Zugabe, die das Bewusstsein - unser menschliches Bewusstsein - in die Lage versetzt, Handlungen zu planen und diese bereits vor der Ausführung (für andere nachvollziehbar) zu benennen, so dass hinterher eine Kontrolle und damit eine Bewertung (durch andere) möglich ist. Die damit einhergehende Urteilsfähigkeit ist ein weiteres Spezifikum der Spezies Mensch. Aber wie gesagt: All das vollzieht sich auf der Grundlage des Bewusstseins und ist nicht selbst Bewusstsein.

Viele Grüße!
 
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