wo verwehre ich einer Frau die Gleichberechtigung.
Hallo Ned,
an der Stelle, wo Du mir wortreich erklärst, warum kein Frauenanteil von 50% in der Naturwissenschaft erreicht werden kann. Ich sage nicht, dass es für diese Feststellung nicht gute Gründe gibt - Gründe, an denen typischerweise die Frauen "selber schuld" sind, aber ich stelle fest, dass eine solche Gleichberechtigung einfach nicht vorliegt.
Ich bin in unserem SFB der Gleichstellungsbeauftragte.
Sehr gut, dann darf ich davon ausgehen, dass auch Dir bewusst sind, dass die Frauen dort aktuell nicht gleichgestellt sind. Wie gesagt - es mag Gründe dafür geben, was aber nichts daran ändert, dass die Frauen nicht gleichgestellt sind. Blöde Frage an dieser Stelle: warum bist Du und nicht eine Frau als Gleichstellungsbeauftragte berufen worden ? Ok, eine Person kann man natürlich nicht teilen, aber war vor Deiner Amtszeit eine Frau in diesem Amt ? Oder wird wenigstens nach Deiner Amtszeit eine Frau in dieses Amt gewählt ? Und wenn nein, warum nicht ?
Ich versuche nur die Probleme konkret zu benennen, denn nur so können sie auch mal angegangen und gelöst werden.
Ich (persönlich) finde diesen Approach richtig und sinnvoll.
Mal ein Beispiel: Ich hab als Gleichstellungsbeauftragter ein Budget von 30k im Jahr mit denen ich Gleichstellung sicherstellen soll.
Dass 30000 Euro für so etwas ein Witz bzw. nur ein Tropfen auf dem heissen Stein sind ist Dir aber auch bewusst, nicht wahr ?
Ich darf mit dem Geld aber fast nichts sinnvolles machen. Weder darf ich den Eltern von Wissenschaftlern eine Fahrkarte oder Taxifahrt für den ÖPNV bezahlen, damit diese mal spontan die Kinderbetreuung in Problemfall übernehmen können, noch darf ich davon Kinderbetreuung direkt bezahlen oder eine Haushaltshilfe für alleinerziehende Wissenschaftlerinnen bezahlen.
Und was machst Du dagegen ? Das ist übrigens
kein Vorwurf, das ist nur eine Frage. An Deiner Position hättest Du vielleicht die Möglichkeit, das zu kritisieren.
Alles was ich mit dem Geld im Grunde machen darf ist Laptops fürs Home Office anschaffen die keiner braucht weil jede Wissenschaftlerin eh einen hat und natürlich ganz wichtig ich darf das Geld für Seminare zum Thema Gleichstellung ausgeben. Da gibts eine ganze Industrie an Anbietern für diese Seminare, die übrigens schweine teuer sind.
Hmm, so etwas haben wir bei uns in der Firma auch. Da geht es zwar nicht um Gleichstellungsfragen, sondern um Persönlichkeits-Entwicklung, da sind aber zum Teil echt gute Themen dabei. Einverstanden, die sind masslos überteuert, und dass vom Mitarbeitenden erwartet wird, diese Zeit projektseitig irgendwie nachzuarbeiten finde ich auch nicht richtig; ich sollte als Mitarbeiter die Möglichkeit haben, zu Zeiten des Projektdruckes auf solche Weiterbildungen zu verzichten, ohne dass mir deswegen eine ungenügende Quali reingedrückt wird. - Aber das ist ein anderes Thema, zumal Projektdruck mittlerweile ein Dauerzustand ist.
Was ich sagen will: solche Seminare richtig eingesetzt ist eine gute Sache und wenn Du Budget für so etwas bekommst, dann kannst Du das auch nutzen, ohne deswegen ein schlechtes Gewissen zu bekommen.
Die echten Probleme geht keiner an. Aber das haben wir ja schon im anderen Thread diskutiert. Es gibt nicht zu wenig Frauen in den Wissenschaften weil diese zu blöd oder zu wenig interessiert wären, es gibt zu wenige weil der akademische Job extrem unattraktiv für jeden ist, der noch einen Sinn für soziale Sicherheit hat, oder eben mehr Geld verdienen will.
Erneut meine Frage: was konkret tust Du dagegen ? Nicht als Vorwurf, sondern als Frage.
Mir nachzusagen ich wolle den Frauen die Gleichberechtigung verwehren ist mit verlaub unverschämt.
Deine Reaktion auf meine Fragen würde anders ausfallen, wenn Du an einer wirklichen Gleichberechtigung (wie auch immer die aussehen soll) mehr interessiert wärest. Dann wärest Du nämlich froh um solche Fragen.
Mit dem - nun vielleicht etwas zu hart formulierten - "Herumgejammere", dass eine Gleichberechtigung unter den derzeitigen Umständen leider nicht möglich sei und alle Kritik an der Sitation deplatziert sei wirst Du die Situation jedenfalls nicht verbessern. Wobei ich ja noch moderat bin: ich "verlange" ganz gewiss nicht, dass man von heute auf morgen das alles umsetzt - das wird seine Zeit brauchen. Aber nicht Zeit, in der man das Problem aussitzt und abzuwimmeln versucht.
Ich bin einer der größten Kämpfer dafür und deswegen wurde ich intern, übrigens größtenteils von Frauen auf diese Position gewählt die ich mir natürlich mit einem weiteren Mann und zwei weiteren Frauen teile.
Sehr gut ! Doch sehe ich die Wände, gegen die Du anrennen musst und höre auch die Verärgergung, dass Du da abgewimmelt wirst. Und doch gäbe es Möglichkeiten, auch wenn diese vielleicht nicht perfekt sind. Eine davon ist die Quote, die ja auch auf Akzeptanz stösst, doch ausgerechnet die lehnst auch Du vehement ab. Wäre die Quote denn nicht eine Option im Sinne einer Übergangslösung ?
Das Problem ist vielmehr das Du überhaupt keine Einsicht in die Situation hast und sie versuchst von außen zu beurteilen. Und das geht einfach schief.
Damit kann ich meine Hände in Unschuld waschen. Du aber hast Einsicht, bist Beauftragter und findest trotzdem immer Gründe, warum eine Gleichberechtigung nicht geht. Wie gesagt: die meisten Betroffenen erwarten keine Lösung von heute auf morgen und auch ich erwarte das sicher nicht. Aber mal einen Anfang wagen statt diesen gleich abzuwimmeln und denjenigen die darauf hinweisen Inkompetenz vorzuwerfen, ja das erwarte ich schon.
Freundliche Grüsse, Ralf