Zur Eingangsfrage: Ja, selbstverständlich brauchen wir die Kernenergie - mehr denn je.
Der Grund ist einfach: Die Kernenergie ist die einzige Energieform, die CO2-freien Strom in grossen Mengen produzieren kann.
Langfristig mag da möglicherweise die Solarenergie (terrestrisch und aus dem Weltraum) gewinnen, aber es sind noch viele Hürden zu überwinden, bis es soweit ist. Wind und anderer Kleinkram (auf, sagen wir, planetarem Niveau betrachtet: es ist wichtig, dass man diese Perspektive einnimmt und nicht nur einzelne Länder betrachtet!) wie Wellen, Gezeiten, Osmose, Erdwärme, Biogas sind schlicht und einfach zu begrenzte Energieformen, als dass wir damit das stetige Wachstum des Energieverbrauchs befriedigen könnten. Niemand sollte sich diesbezüglich irgendwelchen Illusionen hingeben: so lange die Technische Entwicklung weitergeht, so lange es Drittweltländer gibt, die den Anschluss an die erste Welt suchen, so lange die Bevölkerung weiter wächst, wird auch der Energieverbrauch weiter wachsen. Auch der Stromverbrauch wird nur zunehmen: Wärmepumpenheizungen brauchen Strom, die Elektrifizierung des Individualverkehrs braucht Strom, Milliarden von Menschen in Entwicklungsländern brauchen Strom, ja auch die Rückgewinnung von CO2 aus der Atmosphäre wird vermutlich Strom brauchen.
Wir können es uns schlicht nicht leisten, dieses stetige Wachstum des Energie- und Strombedarfs aus fossilen Energiequellen zu befriedigen. Erstens, weil dies CO2 freisetzt, von dem ohnehin schon zuviel in der Atmosphäre ist (alles über 350 ppm ist langfristig gefährlich wegen der damit verbundenen Destabilisierung der Eisschilde), zweitens, weil die fossilen Energien begrenzt sind und die höheren Preise, die wir bei einer kommenden Verknappung bezahlen werden, vollumfänglich in die Taschen von Grosskonzernen und zwielichtigen Regimes gehen werden.
Die einzige beliebig (im Rahmen unserer heutigen Möglichkeiten und Bedürfnisse) skalierbare, CO2-freie Stromquelle, die wir zur Zeit haben, ist die Kernenergie.
Wir müssen uns keinerlei Sorgen um Uranvorräte machen (im Meer gibt es genügend Uran für Jahrzehntausende), zudem gibt es auch noch das viel häufigere Thorium, das in Kernkraftwerken genutzt werden könnte. Abfälle sind ein Nebenprodukt heutiger Reaktordesigns - künftige Reaktoren werden Abfälle produzieren, die viel kleiner im Umfang und in deutlich kürzerer Zeit (ca. 500 Jahre) abgeklungen sein werden. Wir werden alle Abfälle, die wir heute haben, in künftigen Reaktordesigns verbrennen, ja wir könnten sogar den heutigen Energieverbrauch der Menschheit für 500 Jahre aus diesen Abfällen decken. Dafür wird es Invesitionen in die Erforschung dieser neuen Reaktordesigns brauchen. Natürlich sollten wir auch weiterhin Geld in die Fusionsforschung investieren, auch wenn ich dafür wäre, nicht alles auf eine Karte (sprich: ITER) zu setzen.
Wenn wir noch höhere Sicherheit von Kernanlagen wollen (in Toten pro Kilowattstunde gerechnet ist die Kernenergie heute schon eine der sichersten Energieformen, vergleichbar mit Wind und Sonne), müssen wir mehr moderne Kernkraftwerke bauen und die alten Reaktoren schneller ersetzen. Wäre Fukushima ein neuerer Reaktor gewesen, wäre dort gar nichts passiert.
Es grenzt an Irrsinn, wenn heute sogenannt "Grüne" in Deutschland den Atomausstieg fordern und dieser Strom dann mit fossilen Energien kompensiert werden soll (und auch noch damit beginnen, umliegende Länder unter Druck zu setzen, ihre Atomkraftwerke abzuschalten - ausser bei Uralt-Werken wie Fessenheim, das man einfach schnell durch ein neues, modernes ersetzen sollte, ist das absolut unverständlich). Die vernünftigste Haltung in Europa haben da die Schweden: Es gibt nur neue KKWs, wenn alte abgeschaltet werden und die KKW-Betreiber erhalten keinerlei Subventionen. Ich würde noch weitergehen und den Atomstrom etwas verteuern, bis er gleich teuer wie der Solarstrom ist, und die Einnahmen daraus in die Erforschung künftiger Reaktorgenerationen, die auch Abfälle verbrennen können, investieren. Damit könnte man sich nämlich auch die Einspeiseverütung sparen, und der Solarstrom könnte seine Stärken ausspielen: die weitere Entwicklung dieser Technologie finanziert sich dann praktisch von selbst (wie immer).