Astrobiologie: Leben, wie wir es nicht kennen

Mahananda

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Hallo ispom,

Methanbasiertes Leben kann nicht funktionieren. Dafür gibt es zwei Gründe, die mir gewichtig genug erscheinen:

1. Flüssiges Methan ist zu kalt. Eine Biochemie bei -180°C ist so langsam, dass sie die nötige Abfolge des komplexen Reaktionsnetzes nicht bewältigen könnte. Der hypothetische Stoffwechsel käme sehr bald zum Erliegen, da die Reaktionsprodukte nicht schnell genug abgebaut bzw. verwertet würden.

2. Flüssiges Methan ist unpolar. Unpolare Flüssigkeiten lösen nur unpolare Stoffe. Polare Stoffe wie Wasser, Ammoniak, Methanol und andere Solventien, die in der Astrobiologie gern ins Spiel gebracht werden, sind unlöslich. Für eine Biochemie ist das fatal, denn Biokatalysatoren - auch wenn sie auf anderen Stoffklassen beruhen sollten als Aminosäuren - erfüllen ihre Funktion auf der Basis von unterschiedlichen Elektronegativitätswerten in Gestalt funktioneller Gruppen, die auch über Metall-Ionen repräsentiert werden können. Da polare Agenzien in Methan unlöslich sind, geht der Biochemie binnen kurzer Zeit der Rohstoff aus, mit dem sie etwas ausrichten kann, das der Entropie entgegenwirkt.

Abgesehen davon - Organische Chemie ist eine vielgestaltige Angelegenheit. Es treten eine Unzahl von Zwischenprodukten auf, die zum einen in Methan unlöslich sind und zum anderen als Feststoff vorliegen. Solche Zwischenprodukte würden sich im Organismus anreichern und diesen zum Platzen bringen, weil bei derart niedrigen Temperaturen die Ausscheidung zu langsam ist, um einen effektiven Stofftransport zu gewährleisten.

Aus den genannten Gründen schließe ich aus, dass es auf Titan bzw. auf Titan-ähnlichen Planeten um Rote Zwergsterne Lebewesen geben kann.

Viele Grüße!

P.S.: Hier ist noch ein Artikel zum Thema. Darin heißt es:

In conclusion, there are four possibilities for the recently reported findings, listed in order of their likely reality:

1. The determination that there is a strong flux of hydrogen into the surface is mistaken. It will be interesting to see if other researchers, in trying to duplicate Strobel's results, reach the same conclusion.

2. There is a physical process that is transporting H2 from the upper atmosphere into the lower atmosphere. One possibility is adsorption onto the solid organic atmospheric haze particles which eventually fall to the ground. However this would be a flux of H2, and not a net loss of H2.

3. If the loss of hydrogen at the surface is correct, the non-biological explanation requires that there be some sort of surface catalyst, presently unknown, that can mediate the hydrogenation reaction at 95 K, the temperature of the Titan surface. That would be quite interesting and a startling find although not as startling as the presence of life.

4. The depletion of hydrogen, acetylene, and ethane, is due to a new type of liquid-methane based life form as predicted.

Bezeichnenderweise wird die Möglichkeit von Methan-basiertem Leben als unwahrscheinlichste betrachtet.
 
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Bynaus

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Zur Diskussion um das AP: Es gibt davon ja die starke und die schwache Version. Die Starke sagt, dass das Universum in seiner heutigen Form (Naturkonstanten, Energiegehalt, etc.) gar nicht anders kann, als Beobachter hervorzubringen. Die schwache Version besagt, dass wir nur ein Universum bewohnen können, das uns auch hervorbringen kann.

http://en.wikipedia.org/wiki/Anthropic_principle#Variants

Das schwache AP kann man also vorbehaltslos unterzeichnen. Beim starken bin ich skeptisch bis ablehnend.

Für die Frage des Lebens auf anderer Basis hilft uns das schwache AP wenig, weil ein Universum, das einen Typ von Beobachtern hervorbringt, problemlos auch andere Typen von Beobachtern hervorbringen kann. Wenn es aber viele "biochemische" Wege zum Beobachter gibt, dann ist es plausibel, dass wir einen der wahrscheinlicheren Wege beschritten haben, ganz einfach, weil es mehr Beobachter am Ende von wahrscheinlichen Wegen gibt als am Ende von unwahrscheinlichen.

So ist auch Alex' Argument zu verstehen: Wenn wir Hinweise darauf haben, dass ein Weg (in diesem Fall: Umgebungen mit flüssigem Methan vs. Umgebungen mit flüssigem Wasser) häufiger auftritt als andere, dann können wir davon ausgehen, dass dieser andere Weg ENTWEDER eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit hat, am Ende Beobachter hervorzubringen, ODER dass unsere eigene Position unwahrscheinlich in Bezug auf alle anderen Beobachter des Universums ist. Wenn man die zweite Möglichkeit aus Gewohnheit und Erfahrung ausschliesst, folgt, dass Methanbasiertes Leben - gerade WEIL Umgebungen, in denen es gedeihen könnte, offenbar häufig sind - selten zu Beobachtern führt.
 

Laserdan

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@Laserdan: ja, und an dem Punkt muß man sagen: das Universum ist hochgradig auf unser Entstehen spezialisiert. Das fäntg mit der kritischen Dichte von 1 an, geht mit der Größe des Universum weiter (ich finde es nicht selbstverständlich daß es so groß ist und nicht nur 1 m³...), den passenden Elementarteilchen, den korrekten Stärken der Kräfte (laß alpha mal um wenige Prozent variieren und überleg mal die Konsequenzen...) und so weiter.

Dass die Abstimmung der Kräfte zufällig "genau optimal" für unsere Existenz ist, ist ja gar nicht in Abrede zu stellen. Aber die Aussage "
@Laserdan: ja, und an dem Punkt muß man sagen: das Universum ist hochgradig auf unser Entstehen spezialisiert" beinhaltet einen Sinn, eine Zweckmäßigkeit des Universums, dass uns quasi hervorbringen muss. Ich komme hier nochmal mit einem beispiel von Douglas Adams - ein Pudding, der sich seblst vermisst, könnte behaupten, jeder Ort an dem er sich befindet ist für ihn gemacht da er immer perfekt reinpasst - tatsächlich ist es umgekehrt: seine Form ist die Konsequenz seines Lebensraums.

Das impliziert doch die Evolution schon - Lebewesen passen sich der Umgebung an, sind ein Produkt ihrer Faktoren, aber die Umgebung bedingt nicht, dass es diese Lebewesen geben muss.

Ansonsten kann man ja auch behaupten, dass jede Form von Leben, die nach den physikalischen Gesetzen existieren kann, dies auch muss, denn die Parameter sind ja augenscheinlich extra dafür so abgestimmt worden - eine absurde Aussage, meiner Meinung nach.

Die Feststellung, daß Kohlenstoff das mit Abstand bindungsfreudigste und flexibelste ist was es gibt ist kein Chauvinismus, es ist ein Faktum.
Ebensowenig wie es "Zweiaugenchauvinismus" ist, anzunehmen daß parallel-zweiäugige Wesen Vorteile beim räumlichen Sehen haben.

Gruß Alex

Grundsätzlich stimme ich der Aussage zu, dass außerirdisches Leben am wahrscheinlichsten kohlenstoffbasiert sein wird. Allerdings finde ich den Zweiaugenchauvinismus gerechtfertigter, denn zum stereoskopischen Sehen sind per Definition zwei Abbilder des gleichen Objekts mit unterschiedlichem Lichtweg für beide Bilder nötig. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für stereoskopisches Echtzeit-Sehen (also Ausschluss von Positionsveränderung des Auges um zwei Lichtwege zu erhalten) mit nur einer Lichtaufnahme-Konstruktion im Vergleich zur Wahrscheinlichkeit nicht-carbonbasierten Lebens? Etwas mit einer Wahrscheinlichkeit von 0 und etwas mit einer Wahrscheinlichkeit nahe 0 aber mit einem extrem großen "Testfeld" ist für mich nicht analog!

Zur Diskussion um das AP: Es gibt davon ja die starke und die schwache Version. Die Starke sagt, dass das Universum in seiner heutigen Form (Naturkonstanten, Energiegehalt, etc.) gar nicht anders kann, als Beobachter hervorzubringen. Die schwache Version besagt, dass wir nur ein Universum bewohnen können, das uns auch hervorbringen kann.

Genau das ist ja mein Problem mit Alex74's Aussage. Die Behauptung, dass alles perfekt auf uns abgestimmt ist, ist ja nur eine Umformulierung des starken AP, und diesem stehe ich auch skeptisch gegenüber, aus genau dem Grund, warum es das "starke" AP ist - man muss viel mehr beweisen, und das starke AP grenzt schon hart an die "das ist gemacht, nicht zufällig enstanden"-These, denn wenn man mit winzigen statistischen Wahrscheinlichkeiten argumentiert (was Alex74 ja tut) UND das starke AP hernimmt, ist ein Schöpfer oder mindestens eine Zielrichtung des Universums mit dem menschlichen Begriff von "Sinn" unausweichlich.
 
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Mahananda

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Hallo Bynaus,

Alex schrieb in #78 als Antwort an ispom:

Alex74 schrieb:
Intelligentes Leben aus Methanozeanen halte ich daher für extrem unwahrscheinlch, was ja aber noch nichts gegen die Möglichkeit von primitivem Leben aussagt (wobei es dann schon Gründe geben muß, wieso diese Primitivlinge sich auch in hunderten Milliarden Jahren nicht zu intelligenten Spezies entwickeln können sollten und wir als typische Vertreter somit dann eher solche Wesen wären).

Allerdings hatte ispom die Entstehung von intelligentem Leben gar nicht ins Spiel gebracht, sondern - so habe ich es verstanden - lediglich die Entstehung von primitivem Leben mit Methan als Biosolvens. Der Einwand, warum es sich nicht zu intelligenten Spezies entwickelt hat, wenn dazu doch mehrere Hundert Milliarden Jahre Zeit gewesen sei, ist verfehlt, weil die ältesten Sterne gerade mal 13 Milliarden Jahre alt sind. Berücksichtigt man dann noch, dass eine Methan-basierte Biochemie (wenn sie denn überhaupt funktionieren sollte, woran ich nicht glaube - siehe oben!!!) so träge ist, dass eine Zellteilung Jahre oder Jahrzehnte dauert, kann man sich ausmalen, dass die Evolution dort ebenfalls entsprechend schleppend vorankommt.

Mit dem Anthropischen Prinzip zu argumentieren bringt angesichts der rein biochemischen Konsequenzen der Annahme Methan-basiertem Leben nichts, weil es seitens ispom nicht um Beobachter ging. In der Sache hast Du natürlich Recht: Welten mit Ozeanen aus Methan bringen keine Beobachter hervor - zumindest hat bis jetzt die Zeit dazu noch nicht ausgereicht.

Viele Grüße!
 

Mahananda

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Hallo Laserdan,

ich denke, Alex hat sich nur ein wenig unglücklich ausgedrückt. Wenn er sagt, dass unser Universum "hochgradig auf unser Entstehen spezialisiert" ist und danach auf die Feinabstimmung von physikalischen Konstanten verweist, meint er das "Schwache Anthropische Prinzip", wonach das Universum gewisse Parameter aufweisen muss, weil wir existieren. Dieses "muss" ist jedoch nicht so gemeint, dass äußere Gründe erfunden werden müssen, die das Universum dazu "zwingen", so zu sein, sondern umgekehrt - weil wir existieren und weil unsere Existenz nur innerhalb eines engen Spielraums der Abstimmung von physikalischen Konstanten möglich ist, ist dieser enge Spielraum tatsächlich gegeben. Anderenfalls wären wir als Beobachter nicht vorhanden. Damit ist noch nichts über die Ursachen herausgefunden, die dazu geführt haben, dass unser Universum so beschaffen ist, wie es eben ist. Aber da wir existieren, weist das Universum de facto gewisse Werte auf, die unsere Existenz ermöglichen.

Viele Grüße!
 
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Alex74

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beinhaltet einen Sinn, eine Zweckmäßigkeit des Universums, dass uns quasi hervorbringen muss.
Nein, ist überhaupt nicht der Fall. Die erde hat auch niemand absichtlich hier hin gestellt damit es uns geben kann; die Position eines Beobachters ist immer zwangsläufig die aus einer Situation aus der es ihn überhaupt erst geben kann und dazu gehört auch die Feinabstimmung des Universums. Imho der beste Beleg dafür daß es schon viele Universen vor uns gegeben haben muß bis eines schließlich diese Eigenschaften hatte.
Deine weiteren Aussagen haben nichts mehr mit der eigentlichen Aussage zu tun und basieren einfach auf falscher Interpretation des AP, so rede ich nirgends von einem Schöpfer der dazu nötig wäre.

@Mahananda:
Intelligentes Leben brachte ich aus zwei Gründen ins Spiel:
1. da anderes Leben evtl. nicht auf Geotektonik angewiesen ist, der Planet selbst also sehr viel mehr Zeit der "Lebensfreundlichkeit" böte, bis zur kompletten Lebensdauer eines Roten Zwergs.
2. Methankreislaufsysteme kälter sind, also bei, grob überschlagen, evtl. viel mehr Planeten mit Methankreislauf existieren als mit Wasserkreislauf; der Temperaturgradient ist in einem Planetensystem bei -170°C flacher, eine solche "habitable Zone" müßte also vielleicht nicht kleiner sein.
Aus den zwei Punkten geht hervor daß Leben auf solcher Basis sehr viel mehr Zeit und Platz zur Entwicklung hätte, das gilt aber nicht nur für Methan- sondern für praktisch alles postulierte andersartige Leben außer es wird in viel heißeren Gefilden angesiedelt - wo wir uns aber alle einig sein dürften daß venusähnliche Temperaturen die Bildung von größeren Molekülen unterbindet...
Die Wahrscheinlichkeit in einem solchen Habitat aufzuwachsen wäre also größer als auf einem Wasser-Kohlenstoff-basierten wie unserem, ganz gleich wie lange das Universum schon existiert.

Gruß Alex
 

Mahananda

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Hallo Alex,

... der Planet selbst also sehr viel mehr Zeit der "Lebensfreundlichkeit" böte, bis zur kompletten Lebensdauer eines Roten Zwergs.

Das schon, aber die komplette Lebensdauer eines Roten Zwergs ist ja real erst zu wenigen Prozent abgelaufen, so dass man nur wenige Prozent der Habitabilität berücksichtigen kann.

... der Temperaturgradient ist in einem Planetensystem bei -170°C flacher, eine solche "habitable Zone" müßte also vielleicht nicht kleiner sein.

Das legt nahe, dass es anteilig mehr Titan-ähnliche Planeten als Erd-ähnliche Planeten geben dürfte, zumal es auch erheblich mehr Rote Zwergsterne gibt als Gelbe.

Die Wahrscheinlichkeit in einem solchen Habitat aufzuwachsen wäre also größer als auf einem Wasser-Kohlenstoff-basierten wie unserem, ganz gleich wie lange das Universum schon existiert.

Das Problem ist nur, dass wir recht genau wissen, wie lange das Universum schon existiert, so dass die ältesten solcher Habitate gerade mal 13 Milliarden Jahre existieren. Also kann es durchaus sein, dass die Zeit in solchen kalten Habitaten nicht ausgereicht hat, um aus Mikroben Beobachter heranwachsen zu lassen, die mit uns kommunizieren bzw. interstellare Raumfahrt betreiben könnten.

Viele Grüße!
 
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Alex74

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@Mahananda: die Sache mit dem Weltalter spielt aus der rechnerischen Überlegung keine Rolle; die Argumentation ist ähnlich wie beim DA und bezieht "alle je existenten Zivilisationen" mit ein. An dem Punkt müssen wir aber nicht weiter rumdiskutieren, das haben wir im DA-Thread lang genug getan ;)
 

Monod

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@ Alex 74:

... die Argumentation ist ähnlich wie beim DA und bezieht "alle je existenten Zivilisationen" mit ein.

Dann verstehe ich nicht, warum Du diese Argumentation hier überhaupt erst eingeführt hast. Der Zustand "alle je existenten Zivilisationen" ist in der Gegenwart noch nicht gegeben. Vielleicht wäre es klüger, noch 100 Billionen Jahre damit zu warten. Dann verlischt der letzte Rote Zwerg und wir haben eine Datenbasis zur Diskussionsgrundlage.

Im Ernst: @ Mahananda hat es doch sehr schön erklärt: Wenn wir methanbasiertes Leben in Betracht ziehen wollen, dann folgt notwendigerweise, dass die Biochemie sehr reaktionsträge ist, weil die Temperaturen so niedrig sind. Dies zieht notwendigerweise eine sehr langsame Evolution nach sich, die demzufolge notwendigerweise erst nach sehr langer Zeit, also z.B. erst nach etwa 100 Milliarden Jahren zu intelligenten Beobachtern führen mag. Da jedoch erst etwa 13 Milliarden Jahre vergangen sind, seit der erste Planet mit Methanozeanen entstanden sein kann, reicht schlicht die Zeit nicht, um Deiner Argumentation mit dem Anthropischen Prinzip eine reale Basis zu geben.

Monod

P.S.: Bei dieser Gelegenheit ein Gruß an @ Mahananda: Ich finde es schön, dass Du hier wieder aktiv bist. :)
 

Alex74

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@Monod: wie gesagt, müssen wir nicht vertiefen, über die Argumentation hatten wir im DA-Thread seitenlang gestritten ;)
 

Monod

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@ Alex 74:

Über die Argumentation will ich auch gar nicht streiten, da es da nichts zu vertiefen gibt ;) - mir (und nicht nur mir, wie es scheint!) ist nur rätselhaft, warum Du sie hier ohne Not einführst. Mit dem Thema hier hat das rein gar nichts zu tun.

Monod
 

Bynaus

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Mahananda schrieb:
Allerdings hatte ispom die Entstehung von intelligentem Leben gar nicht ins Spiel gebracht, sondern - so habe ich es verstanden - lediglich die Entstehung von primitivem Leben mit Methan als Biosolvens.

Ja. Die unausgesprochene Annahme war, dass der Methan-Weg genauso häufig zu Beobachtern führt wie der Wasser-Weg. Wenn dem so wäre, müsste man angesichts der grossen Anzahl von Methan-Umgebungen erwarten, dass der typische Beobachter eben eine Methan-Biochemie hat - im Gegensatz zu unserer eigenen Beobachtung. Man muss sich also zwischen einem Universum, in dem wir untypisch sind, und einem Universum, in dem Methan-Biochemie, aus welchem Grund auch immer, viel weniger häufig Beobacher hervorbringt, entscheiden.

Ich würde ohne klare Hinweise zum Gegenteil ohnehin nie darauf wetten, untypisch zu sein, und mich damit ohnehin für die zweite Möglichkeit entscheiden. Allerdings hast du mit deinem Beitrag noch weitere, Beobachter-Unabhängige Gründe gebracht, warum der Methan-Weg keine Beobachter hervorbringt (weil er nämlich gar nicht funktionieren soll).

BTW, dein erster Punkt, "zu langsame Reaktionen" ist, denke ich, nicht haltbar. Es gibt viele chemische (auch organische) Reaktionen, die unter irdischen Temperaturen zu schnell ablaufen, um für die Biochemie nutzbar zu sein. Solche Reaktionen könnten dann eben bei einer Tieftemperatur-Biochemie eine viel wichtigere Rolle spielen, weil sie durch die geringen Temperaturen auf eine nutzbare "Betriebstemperatur" heruntergebremst werden.
Dein zweiter Punkt hingegen ist nachvollziehbar.

Was die 100 Mrd Jahre angeht: Wir sind mit hoher Wahrscheinlichkeit typische Beobachter des Universums. Also ist auch anzunehmen, dass die Zeit, die zum Zeitpunkt unserer Existenz seit dem Urknall vergangen ist, charakteristisch für die typischen Beobachter des Universums ist (100 Mrd und 13 Mrd machen da übrigens kaum einen Unterschied - das ist bloss eine Grössenordnung). Es kann also nicht besonders viele Beobachter geben, die nur 100 Mio, oder 100 Bio Jahre nach dem Urknall leben (was nicht heisst, dass sie ausgeschlossen sind). Mehr möchte ich zu dieser Diskussion nicht sagen - das wurde schon bis zur Erschöpfung diskutiert.
 

Laserdan

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Hallo Laserdan,

ich denke, Alex hat sich nur ein wenig unglücklich ausgedrückt. Wenn er sagt, dass unser Universum "hochgradig auf unser Entstehen spezialisiert" ist und danach auf die Feinabstimmung von physikalischen Konstanten verweist, meint er das "Schwache Anthropische Prinzip", wonach das Universum gewisse Parameter aufweisen muss, weil wir existieren. Dieses "muss" ist jedoch nicht so gemeint, dass äußere Gründe erfunden werden müssen, die das Universum dazu "zwingen", so zu sein, sondern umgekehrt - weil wir existieren und weil unsere Existenz nur innerhalb eines engen Spielraums der Abstimmung von physikalischen Konstanten möglich ist, ist dieser enge Spielraum tatsächlich gegeben. Anderenfalls wären wir als Beobachter nicht vorhanden. Damit ist noch nichts über die Ursachen herausgefunden, die dazu geführt haben, dass unser Universum so beschaffen ist, wie es eben ist. Aber da wir existieren, weist das Universum de facto gewisse Werte auf, die unsere Existenz ermöglichen.

Viele Grüße!

Hallo Mahananda,

so, wie du das beschreibst, finde ich es auf Anhieb auch sehr viel verdaulicher - dem würde ich so auch direkt zustimmen. Das schwache anthropische Prinzip muss ja zumindest philosophisch richtig sein (ob es eine wissenschaftliche Aussage hat, lasse ich mal außen vor).

Mein Hauptproblem mit Alex74's Argumentation ist aber, dass immer ein Sinn / eine Zielrichtung suggeriert wird - "Schöpfer" ist hier nur ein Stellvertreterwort für etwas, dass dem Universum einen anthropologischen Sinn gibt. Ich verstehe ihn immer so, dass er ein "superstarkes" AP vertritt, in dem die Parameter des Universums nicht nur so sein müssen, dass sie zu uns geführt haben (die tautologische Interpretation Carters), sondern dass sie dergestaltig sind, dass sie zwangsläufig immer zu Beobachtern führen, die sich überhaupt ein Konzept wie das AP vorstellen können.

Naja, auf viele Punkte, die sich direkt auf seine Argumentation (und die Implikationen dieser) geht er ja nicht weiter ein, und Alltagsmetaphern als Argumente finde ich eben auch nicht sehr überzeugend.

Warum ich seine Argumente so auffasse (Sinn, Zielrichtung, Besonderheit des Menschen im Universum)? Nun, es ist IMHO eine "thinly veiled version" der Argumente in diesem Thread (insbesondere die letzten Austausche zwischen Sissy, ihm und mir):

http://astronews.com/forum/showthread.php?t=4779

in dem exakt dieser Punkt unter anderen Namen auch schon so besprochen wurde.
 

ispom

Registriertes Mitglied
Hallo ispom,

Methanbasiertes Leben kann nicht funktionieren. Dafür gibt es zwei Gründe, die mir gewichtig genug erscheinen:

1. Flüssiges Methan ist zu kalt.

danke für deine Erläuterungen, Mahananda..... daß es im kalten flüssigen Methan alles viel zu langsam geht, war mir immer schon als gutes Gegenargument plausibel.... aber nun kam mir wieder mal die wunderbare Wirkung von Katalysatoren in den Sinn, die ja auch in unserer technischen und der Laborchemie schon so manche Reaktionen sagenhaft beschleunigt haben :)
 

Alex74

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@Laserdan: Ich bitte Dich dringend meine Antworten auf Deine Beiträge zu lesen. Sonst würdest Du nicht sowas schreiben:

Mein Hauptproblem mit Alex74's Argumentation ist aber, dass immer ein Sinn / eine Zielrichtung suggeriert wird

Wenn Du 1000 Börsenmaklern Werbung für Deine neue Aktienvorhersagesoftware schickst und dann jede Woche ihnen eine Prognose laut Deiner Software sendest:
1. Woche: 500 Leute bekommen eine EMail mit "die Aktie wird steigen", 500 mit "die Aktie wird fallen".
2. Woche: bei denen wo es gestimmt hat sendest Du wieder eine Email: 250 mit "steigend", 250 mit fallend"
So machst Du weiter bis zur 11.Woche. Wow. Die "Prognosen" für den der übrig bleibt haben immer richtig gelegen. Die Software taugt was, sie kann in die Zukunft sehen... :rolleyes: Oder bei beliebigen Turnieren im K.O.-System; der Gewinner eines solchen Turniers, auch wenn alle Mannschaften etwa gleich gut sind und die Resultate ausgewürfelt werden, hat nie verloren. Egal wie viele Mannschaften antreten, die Siegermannschaft hat auch nach millionen von Spielen nicht verloren. Trotzdem sind sie beim Würfeln sicher nicht besser als andere.
Ähnlich ist es mit dem Anthropischen Prinzip: aus ich-weiß-nicht-wie-unglaublich-vielen-Universen ist sehr vermutlich zufällig (!) eines hervorgegangen das tatsächlich Zivilisationen generieren kann. Die Beobachter müssen ohne die anderen Versager-Welten zu sehen zu dem Schluß kommen "die Welt ist für uns angepaßt", weil andere Parameter halt allermeistens nur Schrott produzieren.
Beobachter sehen die Welt aber niemals aus Sicht eines Versager-Universums (das z.B. keine Chemie erlaubt), genau wie K.O.-Turnier-Sieger sich für unbesiegbar halten müssen und der, der 11 mal hintereinander richtige Aktientipps bekommen hat annehmen muß daß die "Software" absolut fantastisch ist (und sie womöglich für viel Geld kauft) - dabei war alles absoluter Zufall.

Gruß Alex
 

Laserdan

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Aber genau das ist doch das Problem, deine Metaphern beschreiben exakt mein Problem, auch wenn du die Ironie nicht erkennst.

Bei deinen Metaphern MUSS etwas übrigbleiben. Aus der Tatsache, DASS etwas passiert ist, geht nicht hervor, dass dies hat passieren MÜSSEN.

Da wir die einzigen Beobachter sind, deren Blickwinkel wir kennen, kombinierst du das zu der Idee, dass wir entstehen MUSSTEN, ergo die Gesetze des Universums uns nicht einfach nur zulassen (und wir zufällig entstehen, oder auch nicht), sondern uns bedingen. Ergo ist in der Argumentation das Universum wieder für uns geschaffen worden, und wir nicht das Produkt desselbigen.

Und genau das ist, was ich die ganze Zeit sage. Du kannst nicht einfach die Kausalität umkehren und sagen, so ist es.
 

Alex74

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Was verstehst Du an der Aussage nicht daß ein scheinbar auf uns "geeichtes" Universum keinen Schöpfer benötigt sondern nur Zufall?
Das was Du Metaphern nennst (bitte erkundige Dich auch mal was Metaphern sind, sie sind etwas anderes als Beispiele...) habe ich geschrieben um Dir den Mechanismus klarzumachen.
 

Laserdan

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Was verstehst Du an der Aussage nicht daß ein scheinbar auf uns "geeichtes" Universum keinen Schöpfer benötigt sondern nur Zufall?

Was verstehst du an der Aussage nicht, dass Zufall kein zwangsläufiges Ergebnis hat, nur weil es möglich ist? Ich habe oben schon klar gemacht, was Schöpfer gemeint ist (nicht Gott), aber deinen eigenen Rat, genau zu lesen beherzigst du ja nicht.

Jetzt führst du "scheinbar auf uns geeicht ein", was schon richtiger ist, aber das steht im Kontrast zu deinen anderen Argumenten davor. In deinen "Beispielen" (s.u.) MUSS etwas übrig bleiben, es gibt IMMER einen Gewinner.

In einem scheinbar geeichten Universum KANN sich, wieder zufällig, ein Beobachter entwickeln, der sich die Frage stellen kann, warum es alles geeicht für ihn wirkt, aber wenn er zur zwangsläufigen Folge wird (was mit deinen anderen Postings konsistent ist), so sind ALLE physikalisch zugelassenen Beobachter ebenso zwangsläufig.

Das wiederum KANN richtig sein, erfordert aber mehr Zusatzannahmen, denn du brauchst auch einen Parameter, der definitv entscheidet, dass es uns geben muss, während in einem System, in dem wir zufällig entstehen können dieser Parameter unnötig wird, wir aber trotzdem entstehen KÖNNEN (und in unserem Universum dies auch tun).


Das was Du Metaphern nennst (bitte erkundige Dich auch mal was Metaphern sind, sie sind etwas anderes als Beispiele...) habe ich geschrieben um Dir den Mechanismus klarzumachen.


A metaphor is a figure of speech that constructs an analogy between two things or ideas[/quote

Ein Beispiel wäre es, wenn du dein Konzept in Rahmen des Prinzips vorgetragten hättest - also konkret an Zivilisationen und Universen. Eine Metapher ist es, weil du es benutzt hast, um einen Sachverhalt mit anderen Worten zu erklären.

Wenn du allerdings die ganz strikte Version nehmen willst , wäre es eine Allegorie, da Metapher aber generell besser verstanden wird, nutze ich diesen Begriff, der Einfachheit halber.

Ich schlage dir mal vor, dich über Struktur, und verschiedene Arten von "logical fallacies" zu informieren, allein im letzten Post begehst du mehrere.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ich glaube, eure Diskussion liesse sich durch eine einfache Frage lösen: Alex, hältst du das starke AP für korrekt? Wenn nein, dann hat Laserdan dich einfach falsch verstanden.
 
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