Hallo Klaus,
diese Antwort hat so lange gedauert, weil ich erst meinen eigenen ‚cosmology calculator‘ entwickeln mußte, um an die entsprechenden Zahlen zu kommen.
Vorab möchte ich noch eine Aussage von Dir kommentieren.
Du hast im Post 120 geschrieben:
So Gravitation sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, entspricht ihre Wirkung dem Abstand, aus welchem uns das Licht erreicht, selbst wenn der Radius inzwischen gewachsen ist.
das kannst Du nicht aufrecht erhalten, weder bei Deiner Vorstellung und schon gar nicht im Mainstream.
Wenn ich das richtig verstanden habe, rechnet man im Mainstream dabei mit dem Flux und der ist definiert durch
Flux = Luminosity/(4*pi*DL^2)
und DL ist die Luminosity Distance = comoving radial distance * (1+z)
siehe dazu auch
http://www.astro.ucla.edu/~wright/cosmo_02.htm#DL
Um es vielleicht etwas anschaulicher zu beschreiben: Wenn wir die Gravitation der entferntesten Quellen in der Intensität empfangen würden, wie es ihrer damaligen Entfernung zu uns entsprach, wäre das Universum sofort wieder kollabiert, da die im Gravitationshorizont eingeschlossene Massendichte durch Expansion nicht ‚verdünnt‘ worden wäre. Denk darüber nochmal nach!
Nun zu Deiner Vorstellung zur Ursache der kosmologischen Rotverschiebung
Vorab: Ich bestreite nicht die Existenz der gravitativen Rotverschiebung. Ich bestreite, daß sie die wesentliche Ursache für die kosmologische Rotverschiebung ist.
Folgende Grundlagen sollen also gelten: Die Rotverschiebung ändert sich mit dem Gravitationspotential. Um in einer bestimmten Zeit auf einen bestimmte Rotverschiebungbetrag zu kommen, muß sich in dieser Zeit das Volumen mit der darin enthaltenen Masse um einen bestimmten Betrag ändern, oder/und der Gravitationshorizont ‚verschieben‘. Nach Deiner Vorstellung ändert sich die Wellenlänge des bereits emittierten Lichtes nicht mehr. Du meinst also, nur durch die gravitative Änderung des Zeitverlaufs, dann wenn unsere Zeit schneller vergeht, sieht älteres Licht roter aus. Ich will auch Letzteres nicht bestreiten, es gehört zum Mainstream und ist meßar. Beim Ersteren gebe ich nur das Stichwort ‚Dopplereffekt‘, der funktioniert auch wenn ich mich nach der Emission des Lichtes auf die Quelle zu, oder von ihr weg bewege. Ich bestreite hier also Deine Behauptung, daß sich die Wellenlänge des emittierten Lichtes durch die Expansion des Raumes nicht ändert und Deine quantitative Vorstellung, daß die gravitative Rotverschiebung die (überwiegende) Ursache für die kosmologische Rotverschiebung ist.
1)
Im Mainstream gilt:
(bei H0=71, OmegaM=0,27, OmegaDE= 0,73. Das entspricht den Starteinstellungen bei
http://www.astro.ucla.edu/~wright/ACC.html und dem Modell GENERAL)
Heutiger Radius des Gravitationshorizontes ist demnach 46,54E9 Lichtjahre. Das führt bei flachem Raum zu 3,6E80 m^3, darin enthalten 1E53 kg BM+DM das wiederum führt zu einer Dichte von 2,8E-28 kg/m^3 Siehe dazu auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Universum#Alter_und_Zusammensetzung Ob diese Zahlen genau sind, ist für die hier gestellte Frage in weiten Grenzen weniger wichtig.
Nun ist die Frage, wie Du das Gravitationspotential, das man ja üblicher Weise von außen betrachtet, von (notgedrungen) innerhalb beschreiben willst. Innerhalb einer radial homogen verteilten Kugelmasse hebt sich zumindest die Gravitationsbeschleunigung der Kugelmasse auf, die weiter weg vom Zentrum ist, wie man selbst, hier also alles, denn das Zentrum ist überall. Damit wäre vielleicht schon das Ende erreicht, bzw. weiß ich nicht sicher, wie man das dann formal korrekt berechnet. Nun gut, Du hast da ja eh Vorstellungen, die von meinem Halbwissen ziemlich krass abweichen.
Deine (einzige bisher beschriebene) oben schon mal angesprochene Vorstellung dazu lehne ich, wie bereits gesagt, grundsätzlich ab, weil sie von vornherein zu absurden Ergebnissen und einem gar nicht erst entstehenden Universum führen würde. Abgesehen davon wäre damit auch ein sinkendes Gravitationspotential, sogar bei Expansion unmöglich und damit auch Deine Vorstellung zur Rotverschiebung.
Auch Du brauchst für Deine Vorstellung ein expandierendes Universum, andernfalls würde gar nichts oder genau das Gegenteil von dem eintreten was Du beschreibst, nämlich durch den wachsenden Ereignishorizont ein zunehmendes Gravitationspotential, dadurch langsamerer Zeitverlauf und älteres Licht blau verschoben.
Ich nehme an, daß Du auch von einem Beginn unseres Universums vor endlich langer Zeit aus gehst, andernfalls hättest Du das Problem mit der entfernungsabhängigen Alters- und veränderten lokalen Massenverteilung. Wenn Du also von einem ‚Anfang‘ aus gehst, dann muß es auch bei Deiner Vorstellung einen Gravitationshorizont geben, der unter den oben beschriebenen Bedingungen weniger schnell wächst, als das expandierende Universum die Folgen dieses Wachstums (für Dich über-)kompensiert. Das Universum muß (auch) für Dich schneller wachsen, als der wachsende Ereignishorizont durch ‚hinzugewonnene‘ Materie das Gravitationspotential vergrößern kann.
Ich beschreibe hier zunächst mal einige Quantitäten, die sich aus dem Standardmodell ergeben.
Der Abstand der comoving radial distance, die bei der Quelle des ältesten Lichtes heute etwa 45,68E9 Lichtjahre beträgt und bei der Quelle der ältesten Gravitation die wir heute empfangen würden, wenn wir sie meßtechnisch schon empfangen könnten, liegt bei etwa 46,54E9 Lichtjahren bei einer mittleren Dichte von 1E53kg/3,58E80m^3.
Der unten quantifizierte Gravitationshorizont bezeichnet die gerade beschriebene comoving radial distance der zum jeweiligen Zeitpunkt(Abstand zu Heute) ältesten bei uns empfangenen Gravitationsquelle. Heute wäre diese Quelle jeweils Gravitationshorizont * (1 + z) weiter entfernt.
Dazu einige Werte:
Abstand…………………..damaliger Abstand………….....…Dichte…………..z zwischen
zu Heute………………….des Gravitationshorizontes…..kg/m^3………….heute und
in Gigajahren…………..in Gigalichtjahren………………………….....…………..damals
0…………………………….……………46,5…………………….......2,8E-28……....……0
3,3E9…………………………………..33.....…………………………6,0E-28……....……0,2928
5,7E9……………………………….….24,4….....……………………1,2E-27.............0,6065
7,5E9………………………….……….18,4……….....………………2,1E-27………………0,9528
8,9E9…………………………………..14,1…………….....…………3,6E-27……..….….1,344
10E9…………………………………….10,7……………..….....……6,1E-27…..………..1,792
Die Werte des Gravitationshorizontes und des Zeitabstandes wurden von mir mit meinem numerischen ‚Ameisenmodell‘ ermittelt. Die nötigen Checks dafür und den Geschwindigkeitsverlauf für die Expansion habe ich mit dem cosmologic calculator (immer Starteinstellungen und GENERAL) ermittelt, daraus via Kurvenfit Funktionen für die Ermittlung der Expansionsgeschwindigkeit zu beliebigen Zeitpunkten erstellt. Meine Abweichungen zu den Ausgabe-Ergebissen des calculators liegen alle unter 0,1%. Die hier notierten Werte für z wurden ebenfalls mit dem cosmologic calculator für den jeweiligen Zeitabstand (über die LTT) ermittelt und die Dichte durch Mulitiplikation der heutigen Dichte mit (1+z)^3.
Es ist mir klar, daß Du dieses Modell ablehnst. Das macht aber nichts, denn Du mußt mit Deinen Modellvorstellungen, bei gleichen Entfernungen und gleichen Zeiten zu gleichen Rotverschiebungen kommen. Du kannst dazu meinetwegen das kosmologische Gravitationspotential verwenden, auf das man mit dem Flux aus dem cosmologic calculator käme: Auf folgendem Wege für die Jetztzeit:
Isozentrische Kugelschalenvolumina bis zur heutigen Entfernung des Gravitationshorizontes in comoving radial distance, belegt mit der heutigen Dichte, korrigiert um einen Faktor der sich aus der Flux-Distance ergibt, das ist die comoving radial distance multipliziert mit dem Wert für (1+z) für die jeweilige comoving radial distance. Daraus würde ich ein Gravitationspotential für eine 46,5E9 Lichtjahre große Kugel errechnen und das für alle oder mindestens drei der oben angegebenen Zeitpunkte. So würde ich es jedenfalls angehen.
Aber wie auch immer Du es auffasst ist mir zunächst mal egal und ich habe auch keine Zeit alle mir denkbar erscheinenden Wege durchzurechnen, nur um anschließend vielleicht von Dir zu hören: ‚Ja, so habe ich es gar nicht gemeint‘. Deshalb meine Aufforderung an Dich: Rechne es vor und beschreibe was Du gemacht hast. Darauf kann man dann weiter aufbauen.
Herzliche Grüße
MAC