ralfkannenberg
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Hallo Tom,der Punkt ist einfach, dass der Higgsmechanismus nicht wirklich funktioniert, wenn man die vollständigen Quantenkorrekturen, Vakuumenergiedichte, UV-Completeness, Renormierung etc. mit einbezieht (was weder für die Massenerzeugung noch das Teilchen vollumfänglich betrachtet werden muss); das Standardmodell funktioniert im QCD- und im masselosen el.-schw. Sektor, nicht jedoch im Higgs-Sektor; da sind sich auch so ziemlich alle Physiker einig
ehe hier der Laie in die Irre geführt wird möchte ich (ausnahmesweise) mal aus der populär-verständlichen Wikipedia zitieren:
Ein derartiger Mechanismus für die mathematisch einfacheren abelschen Eichsymmetrien, wie bei der elektromagnetischen Wechselwirkung, wurde ursprünglich in der Festkörperphysik vorgeschlagen. Die 1950 veröffentlichte Ginsburg-Landau-Theorie beschreibt vollständig, wie durch den Meißner-Ochsenfeld-Effekt Magnetfelder aus supraleitenden Metallen herausgedrängt werden. Als phänomenologische Theorie mit weitreichenden nichttrivialen Konsequenzen ist sie für die Übersetzung in die Hochenergiephysik besonders geeignet.
Der genannte Effekt ist die endliche – und zwar sehr kleine – Eindringtiefe λ des Magnetfeldes in den Supraleiter. Dieses Phänomen kann so interpretiert werden, als hätte das Magnetfeld – mathematisch gesehen: ein Eichfeld – durch die Supraleitung statt der Masse Null eine endliche effektive Masse M[sub]λ[/sub] bekommen
Die Ginsburg-Landau-Theorie sagte im Unterschied zur mikroskopischen BCS-Theorie von 1957 die Existenz von Cooper-Paaren noch nicht voraus. Analog wird der experimentelle Existenz*nachweis des Higgs-Mechanismus voraussichtlich noch keine mikroskopische Erklärung für die Natur des Higgs-Bosons ergeben. Nachträglich könnte sich das Higgs-Boson, ähnlich wie die Cooper-Paare der Supraleitung, als "zusammengesetzt" erweisen, etwa aus zwei schwach aneinander gebundenen W-Bosonen. In diesem Fall müsste das Higgs-Boson eine Masse von ungefähr zweimal 80 GeV, also 160 GeV haben. Anfang 2010 konnte der Wertebereich zwischen 150 und 160 GeV ausgeschlossen werden, sodass nur noch eine Masse zwischen 115 und 150 GeV diskutiert wurde. Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse des CERN am 4. Juli 2012 (mit einem Teilchen der Masse 125 GeV) scheint dieses Ergebnis bestätigt, womit aber nicht ausgeschlossen ist, dass es sich um ein in komplizierterer Weise zusammengesetztes Teilchen handelt.
Der Higgs-Mechanismus wurde ursprünglich nur für abelsche Eichtheorien formuliert. Nachdem er 1967 von T. W. B. Kibble auf nichtabelsche Eichtheorien (Yang-Mills-Theorien) übertragen worden war, konnte der Mechanismus auf die schwache Wechselwirkung angewendet werden. Das führte zur Vorhersage der – experimentell 1983 bestätigten – großen Masse der für die schwache Wechselwirkung verantwortlichen Z[sup]0[/sup], W[sup]+[/sup] und W[sup]−[/sup].
1968 wandte Abdus Salam den Higgs-Mechanismus auf die elektroschwache Theorie von Sheldon Lee Glashow und Steven Weinberg an und schuf damit das Standardmodell der Teilchenphysik, wofür alle drei 1979 den Nobelpreis für Physik erhielten.
Bei der Vorhersage des Higgs-Bosons spielt auch das Phänomen der spontanen Symmetriebrechung des Higgs-Feldes eine Rolle. Außer den bereits erwähnten Physikern haben dazu auch Yōichirō Nambu im Jahr 1960 (Nobelpreis 2008) und Jeffrey Goldstone im Jahr 1961 wichtige Beiträge geleistet.
Dein Einwand zielt somit also darauf ab, dass dass Standardmodell bezüglich des Higgsmechanismus die vollständigen Quantenkorrekturen, Vakuumenergiedichte, UV-Completeness, Renormierung usw. nicht mit einbezieht.
Freundliche Grüsse, Ralf