Nach rein logischer Überlegung ist Geschwindigkeit relativ, es kommt nur auf den Betrachter an!
Wenn wir auf der Autobahn mit Hundertzwanzig Stundenkilometer fahren und werden von einem anderen Auto überholt, das Zweihundert fährt, so haben wir den Eindruck, das es mit Achtzig Stundenkilometer fährt. Ein Beobachter am Straßenrand sieht, das ich Hundertzwanzig Stundenkilometer und der Andere Zweihundert. Ihr habt natürlich recht, das sie so schnell sind wie der Beobachter sie am Straßenrand sieht.
Sehr geehrter Herr Rönnau,
was Sie hier beschreiben ist die sogenannte Galilei-Transformation. Wichtig: Sie beschreiben in Ihrem Beispiel
konstante Geschwindigkeiten, also nicht den weit schwierigeren Fall einer Beschleunigung.
Wenn Sie nun diese Geshwindigkeiten betrachten, so können Sie - völlig gleichwertig - auch die involvierten Strecken betrachten, und sich Gedanken machen, wie sich diese involvierten Strecken ändern, wenn Sie von verschiedenen - mit wie Sie korrekterweise geschrieben haben - konstanter Geschwindigkeit gegeneinander bewegen.
Sie erhalten dann eine Menge von Formeln und können diese ineinander umwandeln und dabei resultieren dann auch die Geschwindigkeitsänderungen, die Sie beschrieben haben. Selbstverständlich können wir in unserer Unterhaltung die Mathematik dahinter den Spezialisten überlassen, es geht mir darum, das ganze qualitativ korrekt einzuordnen.
Wie Sie unschwer erkennen können Sie mit dieser Methode beliebig grosse Geschwindigkeiten erreichen, doch dies leider im Widerspruch zur Beobachtung, anhand derer wir wissen, dass die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit die maximal erreichbare Geschwindigkeit ist.
Was nun ?
Gehen wir zurück zu Ihrem Beispiel mit den Autos und ihren relativen Geschwindigkeiten untereinander. Wir haben gesehen, dass man diese Sitationen auf die zurückgelegten Strecken umrechnen kann. Doch sobald wir zu Geschwindigkeiten in der Nähe der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit kommen entpuppen sich unsere Formeln als widersprüchlich. Man muss das also geeignet korrigieren, doch wie ?
Welche Voraussetzung, die wir stillschweigend verwenden, ist falsch ?
Auch wenn der historische Weg der Erkenntnis ein anderer war, so will ich folgenden Weg beschreiben. Es gibt ein Elementarteilchen, das ist das Myon. Man kann im Labor bestimmen, wie gross seine Halbwertszeit ist, und daraus folgern, dass am Erdboden solche in der Atmossphäre entstandenen Myonen gar nicht mehr messbar sein können, weil diese bis sie den Erdboden erreichen, bereits wieder zerfallen sind. Doch aus irgendeinem Grunde zerfallen diese Myonen erst
später, d.h. nachdem sie schon den Erdboden erreicht haben, wo man sie messen kann.
Es gibt da also irgendein Problem mit der Zeit. Doch welches ?
Bislang sind wir in unserem Beispiel, welches sich aufgrund der Relativ-Geschwindigkeiten der Autos ergab, davon ausgegangen, dass die Uhren in allen Autos gleich schnell gehen, oder hochgestochener formuliert, dass die Zeit in allen mit konstanter Geschwindigkeit zueinander bewegten Bezugssystemen gleich schnell vergeht. Mit dieser aus dem täglichen Leben bestens begründbaren stillschweigenden und selbstverständlich erscheinenden Annahme haben wir aber zwei gravierende Probleme: man könnte von einem Raumschiff, welches mit konstant 3/4 Lichtgeschwindigkeit fliegt, ein Raumschiff starten, welches ebenfalls konstant mit 3/4 Lichtgeschwindigkeit fliegt und das dann vom ruhenden Beobachter mit 1.5-facher Lichtgschwindigkeit fliegen würde, doch beobachtet man das nicht - natürlich nicht mit 2 Raumschiffen - das ist derzeit technisch gar nicht machbar, aber eben auch nicht mit zwei Elementarteilchen, bei denen solche Geschwindigkeiten ganz normal sind. Egal woher und wohin diese Elementarteilchen fliegen, noch nie wurde eines schneller als Vakuum-Lichtgeschwindigkeit beobachtet.
Und dann beobachtet man diese Myonen, die länger "leben" als sie sollten, d.h. deren Zerfall irgendwie "viel zu spät" einsetzt.
Was ist die Lösung: es ist eben nicht die
Zeit, die bei konstant zueinander bewegten Bezugssystemen gleich bleibt, sondern es ist eine andere physikalische Grösse, die bei konstant zueinander bewegten Bezugssystemen gleich bleibt, nämlich diese ominöse Maximal-Geschwindigkeit, also die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit.
Den Rest können Sie nun wieder den Mathematikern überlassen, die machen da nun einen letzlich banalen linearen Ansatz, sprich eine Umformung 1.Grades, und dabei kommen dann die Formeln der Lorentztransformation und damit die spezielle Relativitätstheorie heraus.
Das 2.Postulat, welches normalerweise nicht gesondert erwähnt wird, weil es uns im täglichen Leben selbstverständlich erscheint, ist die "Zeitkonstanz", und diese wird durch eine "Konstanz der Vakuum-Lichtgeschwindikeit" ersetzt. Bei den Geschwindigkeiten des täglichen Lebens, die ja
sehr viel tiefer als die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit sind, kann man den Unterschied gar nicht bemerken.
Freundliche Grüsse, Ralf Kannenberg