Determinismus, Chaos und Ordnung

Rainer

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Wie möchtest du denn in diesem System des Doppelpendels ein ungestörtes Doppelpendel bzw. die ungestörten Trajektorien eines Doppelpendels definieren? Es geht nicht!
WIEOFT WILLST DU NOCH HÖREN, DASS ICH DIES GENAU ALS DISKREPANZ ERWÄHNT HABE?

Beim Doppelpendel ist alles bekannt, dies habe ich als Chaos im engeren Sinne bezeichnet. Beim Wetter ist nicht alles bekannt, und das Bekannte ist bereits chaotisch. Und bei den Planetenbahnen ist das Bekannte NICHT chaotisch, aber es ist nicht alles bekannt. *)

Soll ich das jetzt NOCH ein paarmal wiederholen? 60 Posts und noch kein bisschen weiser....

*) Bei den Planetenbahnen ist natürlich auch das Bekannte bereits chaotisch, wenn man auch einige der anderen Körper im System berücksichtigt.
 
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TomS

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WIEOFT WILLST DU NOCH HÖREN, DASS ICH DIES GENAU ALS DISKREPANZ ERWÄHNT HABE?

Beim Doppelpendel ist alles bekannt, dies habe ich als Chaos im engeren Sinne bezeichnet. Beim Wetter ist nicht alles bekannt, und das Bekannte ist bereits chaotisch. Und bei den Planetenbahnen ist das Bekannte NICHT chaotisch, aber es ist nicht alles bekannt. *)
Das ist etwas anderes. Du hast noch immer nicht verstanden, um was es im Kern geht.

Soll ich das jetzt NOCH ein paarmal wiederholen?
Bitte nicht.
 

Rainer

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Ich glaube schon.

Wenn du die Güte hättest, deine Meinung nochmal kompakt und vollständig in einem Beitrag zusammenzufassen, dann werden wir das ja sehen.
dann aber häppchenweise
1) Beim Doppelpendel ist alles bekannt, dies habe ich als Chaos im engeren Sinne bezeichnet.
 

antaris

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Bezüglich der chaotischen Bahnen bin ich nochmal auf die Suche gegangen und fündig geworden.
im folgenden Artikel wird detailliert beschrieben wie Chaos bei Planetensystemen entsteht. Es macht keinen Sinn zu zitieren (zu viel Inhalt). Am besten einfach den Artikel lesen.

Chaos and stability of the solar system
 
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Rainer

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Warum genau Chaos? (ich stimme dir natürlich zu, würde nur deine Argumentation gerne verstehen)
Weil
Beim Doppelpendel ist alles bekannt,
und kleine Änderungen der Parameter bewirken große Änderungen des Verhaltens
Aber warum "im engeren Sinne"?
Zur Unterscheidung von den anderen chaotischen Szenarien.

Angenommen Du beschreibst die Planetenorbits mit vO=²(G·M/r) und stellst fest, dass sie sich anders bewegen, aus Deiner Sicht chaotisch, dann liegt dies nicht an veränderten Anfangsbedigungen, sondern an der Unkenntnis der Gesetze und Randbedigungen.

DAS hatten wir bereits in Post #40
DAS ist "eigentlich" nicht das, was man unter Chaos versteht. Chaos (im engeren Sinn) ist die Unberechenbarkeit TROTZ Kenntnis aller Zusammenhänge, WEIL kleinste Unterschiede große Auswirkungen haben.
 
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TomS

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Zur Unterscheidung von den anderen chaotischen Szenarien.
Ich sehe im Folgenden keine Unterscheidung zwischen Doppelpendel und …
… angenommen Du beschreibst die Planetenorbits mit vO=²(G·M/r) und stellst fest, dass sie sich anders bewegen, aus Deiner Sicht chaotisch, dann liegt dies nicht an veränderten Anfangsbedigungen, sondern an der Unkenntnis der Gesetze und Randbedigungen.
Anfangsbedigungen spielen bei der Charakterisierung von Chaos keine Rolle. Weitere Randbedingungen sehe ich nicht.

Und welche Unkenntnis der Gesetze? Zwischen den Planeten wirken Newtonsche Gravitationskräfte und führen auf deterministische Bewegungsgleichungen.

Chaos (im engeren Sinn) ist die Unberechenbarkeit TROTZ Kenntnis aller Zusammenhänge, WEIL kleinste Unterschiede große Auswirkungen haben.
Genau.

Also bis hierher keinerlei Unterscheidung.

Warum dann also Chaos im engeren und im weiteren Sinn?

Jetzt kommt das Wetter aus #40. Auch da sehe ich keine Unterscheidung. Das Wetter folgt letztlich deterministischen Gesetzen und zeigt chaotisches Vergalten. Dass ich nicht alle Zusammenhänge modellieren kann, ändert nichts an den Charakteristika von Chaos. Ich wüsste nicht, was bzgl. des chaotischen Verhaltens beim Wetter fundamental anders sein soll als bei einem Planetensystem.

Das hat aber alles noch nichts mit den von mir in #166 und #171 kritisierten Aussagen zu tun.
 
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antaris

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Ich wüsste nicht, was bzgl. des chaotischen Verhaltens beim Wetter fundamental anders sein soll als bei einem Planetensystem.
Das ist eine lange Vermutung von mir, dass das Chaos eben auf allen Skalen und unabhängig vom System "nicht (fundamental) anders" funktioniert.
 

antaris

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Also das ist die ganz allgemeine Idee; schon lange; sorry 😉
Wenn das mal schon in früheren Diskussionen so klar gewesen (oder kommuniziert worden) wäre.

Ich kann mich sehr gut daran erinnern welche Antworten ich wann, in welchen Foren/Plattformen und von wem bekommen habe, wenn ich z.B. Chaos oder Fraktale zu thematisieren versuchte. Das ging soweit, dass ich beide Worte aus meinem Wortschatz gestrichen und dann versucht habe mit Umschreibungen zu hantieren. Die Gründe für die Art und Weise, wie die Diskussionen geführt wurden, waren sehr vielseitig und natürlich nicht unwesentlich auch bei mir selbst zu suchen.

In jedem Fall hat sich die Art und Weise derartiger Diskussion von Ende 2021 bis Mai 2024, hin zu mehr Offenheit geändert. Ein wirklich "Wandel" erfolgte dann aber erst nach Prof. Neumaiers ersten Gastauftritt im Physikerboard und das liegt knapp 2 Monate zurück. Ich war da eigentlich soweit, dass ich für mich beschlossen hatte aufzugeben aber dann das...

Ich sage mir jetzt ganz einfach, dass "der richtige Zeitpunkt" auf sich warten lassen hatte.
Darum Kopf hoch und weitermachen, denn der zurückgelegte Weg liegt in der Vergangenheit, der Weg zum Ziel aber in der Zukunft!
 

antaris

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Ich hoffe es ist ok ungefragt Prof. Neumaier's E-Mail-Antwort zu zitieren. Wenn sich die Aussagen mit Tom seiner Definition decken, dann sollte die Definition stehen (ohne sie fest in Stein zu schlagen).
  • Der Begriff Chaos (also z.B. Lyapunovexponent >0, oder Existenz eines Horseshoes oder eines homoklinen Punktes) wird in der Mathematik _nur_ bei deterministischen Systemen gebraucht, und ist eine Eigenschaft von Regionen des zugehörigen Phasenraums. Auch das chaotische Lorenz-System ist deterministisch. Und das determinstische Billiard-Spiel (mit perfekten Bällen und Banden) ist chaotisch. Ebenso die Navier-Stokes Gleichungen, die auf Turbulenz führen.
  • Aber Chaos hat nichts mit fehlendem Gleichgewicht zu tun, sondern ist eine Eigenschaft eines (mathematisch exakt definierten) dynamischen Systems, wo der Begriff Gleichgewicht oft gar keinen Sinn macht.
  • Ein mathematisches Pendel ist nichtlinear, aber nicht chaotisch. Ein mathematisches Doppelpendel ist aber chaotisch.
  • Die Präparation bei der Ziehung der Lottozahlen ist nur in einem sehr grobkörnigen Sinn jedesmal dieselbe. Der Zustand ist ja die Liste der Positionen Geschwindigkeiten, und Drehimpulsen aller Kugeln (wenn alle Kugeln perfekt sind) auf undendlich viele Stellen genau....
  • Und Wettervorhersage über 1 Monat hinaus ist prinzipiell unmöglich, wegen der Chaotizität der Dynamik (selbst wenn sie determinstisch und exakt bekannt wäre). Soviele Daten könnten wir nämlich gar nicht genau genug sammeln.
  • Ebenso unser Planetensystem (mit Punktmodellen für Sonne und die 9-10 Planeten, ohne Asteroiden, Komenten, und den Rest des Universums) für sehr lange Zeiten (zig Millionen Jahre).
  • Offene Systeme sind solche, in denen ein Teil der Freiheitsgrade nicht modelliert wird, und ihr Effekt durch deterministische oder stochastische Approximationen ersetzt wird. Das hat mit Chaos zunächst nichts zu tun. Aber eine deterministische Approximation kann natürlich chaotisch sein (z.B. die Strömungsmechanik als Approximation einer Vielteilchendynamik). Deterministische Randbedingungen uns stochastische Anregungen in den Gleichungen sind typisch.
  • Laminare Strömungen sind nicht chaotisch, turbulente schon.
  • Thermodynamik im lokalen Gleichgewicht führt auf fluid-dynamische Gleichungen (s. z.B. Linda Reichl, A modern course in statistical physics) und modelliert damit z.B. das Wetter.
 
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Rainer

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Prof. Neumaier: eine Eigenschaft von Regionen des zugehörigen Phasenraums
Ist das eine objektive Eigenschaft? Ist der Phasenraum denn immer bekannt?
Prof. Neumaier: Soviele Daten könnten wir nämlich gar nicht
Ebenso unser Planetensystem
Das klingt jetzt aber anders als die obere Definition.

DAS ist genau der Unterschied, auf den ich andauernd hinweisen wollte.

Ein wichtiges Kriterium sollte auch die Variationsbreite chaotischer Eigenschaften sein, bzw die Variationsbreite der Auswirkungen.
 
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antaris

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Ist das eine objektive Eigenschaft? Ist der Phasenraum denn immer bekannt?

Das klingt jetzt aber anders als die obee Definition.
A.Neumaier (gekürzt): "Der Begriff Chaos...ist eine Eigenschaft von Regionen des [deterministischen Systems] zugehörigen Phasenraums"

Ich denke es geht halt nur darum, dass Chaos innerhalb des Phasenraums definiert wird und Chaos darum auch eine objektive Eigenschaft des Phasenraum sein sollte. Das Ganze System muss ja kein Chaos aufweisen, wie eben z.B. die Windstille oder der Sturm einzelne Regionen des gesamten Phasenraums des deterministischen Systems "Wetter" sein können.
 
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TomS

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Ich hoffe es ist ok ungefragt Prof. Neumaier's E-Mail-Antwort zu zitieren.
Perfekt.

  • Der Begriff Chaos (also z.B. Lyapunovexponent >0, oder Existenz eines Horseshoes oder eines homoklinen Punktes) wird in der Mathematik _nur_ bei deterministischen Systemen gebraucht, und ist eine Eigenschaft von Regionen des zugehörigen Phasenraums.
  • Aber Chaos hat nichts mit fehlendem Gleichgewicht zu tun, sondern ist eine Eigenschaft eines (mathematisch exakt definierten) dynamischen Systems, wo der Begriff Gleichgewicht oft gar keinen Sinn macht.
Definition passt; schöne Verknüpfung mit den von mir zitierten.

  • Auch das chaotische Lorenz-System ist deterministisch. Und das determinstische Billiard-Spiel (mit perfekten Bällen und Banden) ist chaotisch. Ebenso die Navier-Stokes Gleichungen, die auf Turbulenz führen.
  • Ein mathematisches Pendel ist nichtlinear, aber nicht chaotisch. Ein mathematisches Doppelpendel ist aber chaotisch.
  • Die Präparation bei der Ziehung der Lottozahlen ist nur in einem sehr grobkörnigen Sinn jedesmal dieselbe. Der Zustand ist ja die Liste der Positionen Geschwindigkeiten, und Drehimpulsen aller Kugeln (wenn alle Kugeln perfekt sind) auf undendlich viele Stellen genau....
  • Und Wettervorhersage über 1 Monat hinaus ist prinzipiell unmöglich, wegen der Chaotizität der Dynamik (selbst wenn sie determinstisch und exakt bekannt wäre). Soviele Daten könnten wir nämlich gar nicht genau genug sammeln.
  • Ebenso unser Planetensystem (mit Punktmodellen für Sonne und die 9-10 Planeten, ohne Asteroiden, Komenten, und den Rest des Universums) für sehr lange Zeiten (zig Millionen Jahre).
  • Laminare Strömungen sind nicht chaotisch, turbulente schon.
  • Thermodynamik im lokalen Gleichgewicht führt auf fluid-dynamische Gleichungen (s. z.B. Linda Reichl, A modern course in statistical physics) und modelliert damit z.B. das Wetter.
Schöne Beispiele.

  • Offene Systeme sind solche, in denen ein Teil der Freiheitsgrade nicht modelliert wird, und ihr Effekt durch deterministische oder stochastische Approximationen ersetzt wird. Das hat mit Chaos zunächst nichts zu tun. Aber eine deterministische Approximation kann natürlich chaotisch sein (z.B. die Strömungsmechanik als Approximation einer Vielteilchendynamik). Deterministische Randbedingungen uns stochastische Anregungen in den Gleichungen sind typisch.
Gute Unterscheidungen.
 

TomS

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Ist das [Prof. Neumaier: eine Eigenschaft von Regionen des zugehörigen Phasenraums] eine objektive Eigenschaft? Ist der Phasenraum denn immer bekannt?
... und Chaos darum auch eine objektive Eigenschaft des Phasenraum sein sollte.
Dazu fehlt einfach nur eine gewisse Erläuterung.
  1. mit "der Phasenraum" ist zunächst die Gesamtheit aller (verallgemeinerten) Koordinaten für Orte und Impulse gemeint; dies ist bekannt, sobald ich das System mathematisch definiert habe, also sobald ich die Hamiltonfunktion kenne (und damit die Hamiltonschen Gleichungen)
  2. mit "Eigenschaft von Regionen ..." ist gemeint, welches Verhalten das System in diesen Regionen zeigt; dies ist bekannt, sobald ich die Bewegungsgleichungen für die verallgemeinerten Orte und Impulse in diesen Regionen also die Hamiltonschen Gleichungen gelöst habe
Prof. Neumaier meint (2). (1) alleine sagt wenig, und noch nichts zum Chaos. Er verwendet Phasenraum nicht im Sinne von (1) "Koordinaten auf der Erdoberfläche" sondern im Sinne von(2) "Oberflächenbeschaffenheit der Erdoberfläche an bestimmten Orten".

In den Bildern ist (1) die Tatsache, dass ich die Koordinaten kenne, und (2) bedeutet, dass ich die blauen Phasenraumtrajektorien und deren für Chaos relevanten Eigenschaften kenne.

applsci-10-01430-g0A2a.png

applsci-10-01430-g0A3.png




Das klingt jetzt aber anders als die obere Definition.
Was meinst du damit?

DAS ist genau der Unterschied, auf den ich andauernd hinweisen wollte.
Ich verstehe es immer noch nicht. Was ist DAS? Und der Unterschied zwischen WAS?

Ein wichtiges Kriterium sollte auch die Variationsbreite chaotischer Eigenschaften sein, bzw die Variationsbreite der Auswirkungen.
Was meinst du mit Variationsbreite?
 
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Rainer

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mit "der Phasenraum" ist zunächst die Gesamtheit aller (verallgemeinerten) Koordinaten für Orte und Impulse gemeint;
Üblich ist mit Phasenraum die Gesamtheit der Parameter gemeint. Das kann die Teilchendichte, die Temperatur, die Viskosität und alles Denkbare sein.
Das was ich meinte, wird wohl eigentlich Zustandsraum genannt.
 
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