Geist-Gehirn-Problem

Sky Darmos

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Die Relevanz von komplexen Systemen für Bewusstsein

Rolf Köhne schrieb:
Dem habe ich nicht widersprochen.

Nun, ja Komplexe Systeme können vielleicht höchstens Nichtrechnerisch sein. Doch was Gödels Satz fordert geht darüber hinaus. Er fordert nämlich dass die Art und weise wie ein Algorithmus gefunden wird, auf überhaupt keinem allgemeinen Verfahren beruht. Auch nicht auf einem nichtrechnerischen Verfahren. Dazu weiter unten mehr.

Rolf Köhne schrieb:
Wieso "muss also"? Wo ist die Beweisführung? Ich habe da eine andere Erklärung - komplexe dynamische Systeme können Neues hervorbringen. Ich hatte dir dazu schon eine Informationsquelle genannt.

Das ist eine respektable Ansicht, die es zu diskutieren lohnt, da sie Gödels Satz nicht völlig ignoriert. Ich wusste nicht dass dein Link direkt auf dieses Thema bezogen war.

Komplexe Systeme bringen gewöhnlich ein gewisses grad an unvorhersagbarkeit mit sich. Diese ist aber eher praktischer und nicht prinzipieller Natur. Klassisch gesehen liegt dem aber immer noch eine deterministische Beschreibung zugrunde, die im Prinzip berechenbar wäre, wenn man nur die entsprechenden Parameter genau genug kennen würde.

Nehmen wir aber einmal an dass es komplexe Systeme von einem Typ gebe der prinzipiell nicht berechenbar wären, sich aber dennoch deterministisch entwickeln würden. Solche Systeme entsprächen hier einer Orakelmaschine die sogenannte Orakelalgorithmen ausführt. Sie ist das nichtrechnerische Analogon zur Turingmaschine. Sie könnte nur Existieren wenn es nichtrechnerische Naturgesetze gäbe die sie nutzen könnte. Bislang existieren theoretisch jedoch nur "Spielzeug-Universen", und diese Art von Nichtberechenbarkeit scheint wenig relevant zu sein für die Physik. Es gibt aber gewisse Spekulationen dass sie in der Quantengravitation eine Rolle spielen könnte. Diese sind aber sehr subtil.
Tatsächlich bringt und Nichtberechenbarkeit alleine nicht weiter. Wir können den Beweis den ich in Beitrag 36 aufgeschrieben habe, nähmlich ebensogut mit Qrakelalgorithmen wie mit Turingmaschinen durchführen. Der Schluss ist ja ganz allgemein, dass keine Art von Algorithmus dem menschlichen Denken zugrundeliegt. Selbst mit Lernalgorithmen lässt sich der Beweis führen, da diese auch wieder nur eine wohldefinierte Reihe gewöhnlicher Algorithmen produzieren.
Man könnte vielleicht spekulieren ob es gewisse Formen der Nichtberechenbarkeit gibt, auf die der Beweis nicht anwendbar ist, doch bislang ist kein solches Beispiel bekannt und es ist auch nicht zu sehen wie sowas möglich sein soll.

Du solltest dir einen größeren Teil meiner Argumentation durchlesen, damit du mehr über die Motivation meines Standpunktes bescheid weisst. Ich werde mir auch deinen Link noch durchlesen.

Bei meiner eigenen Theorie zum Bewusstsein bin ich vor allem von dem Problem der Nichtlokalität des Bewusstseins, etwa bei der holistischen Wahrnehmung, ausgegangen. Ich sehe nicht wie uns da Komplexität weiterhelfen soll.

Schöne Grüße,
Sky.
 

Sky Darmos

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Klar, lass dir Zeit. Ich schreib jetzt noch einen Text zur Holographischen Grenze bei Schwarzen Löchern zuende und geh dann auch schlafen.
Gute Nacht, und nimm solche Meinungsdifferenzen nicht zu persönlich ;)
 

Rolf Köhne

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Chaos, Synergetik(Selbstorganisation), Emergenz

Hallo Sky,
Sky schrieb:
Komplexe Systeme bringen gewöhnlich ein gewisses grad an unvorhersagbarkeit mit sich. Diese ist aber eher praktischer und nicht prinzipieller Natur. Klassisch gesehen liegt dem aber immer noch eine deterministische Beschreibung zugrunde, die im Prinzip berechenbar wäre, wenn man nur die entsprechenden Parameter genau genug kennen würde.
Komplexe dynamische Systeme fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht können Energie aufnehmen und Entropie abgeben. Tun sie dies, wie die Biosphäre der Erde, dann kommen durch diesen grundlegenden physikalischen Prozess Strukturbildungsprosesse = Selbstorganisationsprozesse = Synergetikeffekte zustande, in denen in widersprüchlichen Situationen Neues entsteht, das nicht durch das Alte determiniert ist. Das ist das Grundgesetz eines jeden evolutiären Prozesses - vom Kosmos bis zur menschlichen Gesellschaft.

Und solche emergenten (=Neues hervorbrigende) Prozesse finden auch im Gehirn bei der Entwicklung von Bewußtsein statt. Ob in letzter Konsequenz dabei Quanteneffekte in Mikrotubuli eine Rolle spielen oder nicht, ist mir im Grunde egal. Die Frage der Bewusstseinsbildung ist eher eine gesellschaftswissenschaftliche Frage. Biologie und Physik können da nur unwesentliche Beiträge zur weiteren Erkenntnis liefern.
 

Sky Darmos

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Indeterminismus erfüllt nicht die Forderung des Gödelschen Satzes

Hallo Rolf,

Rolf Köhne schrieb:
Tun sie dies, wie die Biosphäre der Erde, dann kommen durch diesen grundlegenden physikalischen Prozess Strukturbildungsprosesse = Selbstorganisationsprozesse = Synergetikeffekte zustande, in denen in widersprüchlichen Situationen Neues entsteht,

Was verstehst du bitte unter einer widersprüchlichen Situation? Für mich ist das eine Situation die logisch inkonsistent ist und damit nicht eintreten kann.

Rolf Köhne schrieb:
das nicht durch das Alte determiniert ist.

Wenn man determistische Grundgesetze zugrundelegt muss determistisches Verhalten folgen. Ob dieses Verhalten berechnet werden kann, hat nichts mit der Frage des Determismus zu tun.

Zudem ist Indeterminismus, also Zufall, in keinster Weise das was Gödels Satz fordert.

Rolf Köhne schrieb:
Und solche emergenten (=Neues hervorbrigende) Prozesse finden auch im Gehirn bei der Entwicklung von Bewußtsein statt.

In welchem Sinne sind komplexe Systeme emergent? Eine Entität die deterministisch aus einer anderen hervorgeht, kann nicht emergent sein.
Du scheinst hier Nichtberechenbarkeit, mit Zufall zu verwechseln.

Rolf Köhne schrieb:
Ob in letzter Konsequenz dabei Quanteneffekte in Mikrotubuli eine Rolle spielen oder nicht, ist mir im Grunde egal. Die Frage der Bewusstseinsbildung ist eher eine gesellschaftswissenschaftliche Frage. Biologie und Physik können da nur unwesentliche Beiträge zur weiteren Erkenntnis liefern.

Damit ignorierst du Gödels Satz.

Gruß, Sky.
 

Rolf Köhne

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Nachtrag: Emergenz =/= Deterministisch

Emergente Prozesse sind grundsätzlich nicht deterministisch; d.h. sie können nicht vorhergesagt werden. Allerdings lassen sie sich rückblickend kausal erklären. Auch lassen sich bestimmte Entwicklungen als unmöglich ausschließen: Aus einer Mücke kann sich kein Elefant entwickeln.

Emergente Prozesse sind zu unterscheiden von deterministisch-chaotischen Prozessen wie das Wetter. Wetter ist berechenbar, wenn wir alle Parameter kennen könnten.

Ich verweise nochmals auf Nachdenken über Evolution Da ist Lesestoff für ein Jahr.

Sky schrieb:
Du solltest dir einen größeren Teil meiner Argumentation durchlesen, damit du mehr über die Motivation meines Standpunktes bescheid weisst. Ich werde mir auch deinen Link noch durchlesen.
Bezüglich dieses Themas geht es dir vermutlich um die Freiheit des Denkens. Die ergibt sich aber (Hoffentlich!) nicht auszufälligen Übergangen von kohärenten Quantenzuständen in dekohärente Zustande.

mfg
Rolf
 

Sky Darmos

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Rolf Köhne schrieb:
Emergente Prozesse sind grundsätzlich nicht deterministisch; d.h. sie können nicht vorhergesagt werden.

Determinismus ist nicht gleich Berechenbarkeit.

Auch wenn deine Terminologie in dieser Sache sehr fehlerhaft ist, schließe ich dass du mir zu erklären versuchst, dass es nichtberechenbare komplexe Systeme gibt.

Nehmen wir an du hast recht.

Dann bringt uns das verständnis komplexer Systeme hier keinen Schritt weiter, denn

Gödels Satz besagt NICHT dass menschliches Denken NUR nichtberechenbare Elemente enthällt.

Gödels Satz besagt dass menschliches Denken NICHTALGORITHMISCHE Elemente enthällt.

Nichtrechnerisches ist nicht gleich Nichtalgorithmisch, aber Nichtalgorithmisches ist immer auch nichtrechnerisch.

Rolf Köhne schrieb:
Emergente Prozesse sind zu unterscheiden von deterministisch-chaotischen Prozessen wie das Wetter. Wetter ist berechenbar, wenn wir alle Parameter kennen könnten.

Du verwechselst schon wieder Determinismus mit Berechenbarkeit.

Rolf Köhne schrieb:
Bezüglich dieses Themas geht es dir vermutlich um die Freiheit des Denkens.

Es geht mir um die Auswirkungen von Gödels Satz bezüglich Bewusstsein, und um die holistische Wahrnehmung die nicht lokal erklärt werden kann.
 

Rolf Köhne

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Determinismus / Denken als Selbstorganisation

Determinismus (von lateinisch: determinare abgrenzen, bestimmen) ist eine philosophische Denkrichtung und zusammen mit seinem Gegenstück, dem Indeterminismus, ein wesentliches Grundelement zur Herausbildung eines konsistenten Weltbildes. Er geht davon aus, alle Ereignisse liefen nach feststehenden Gesetzen ab und seien durch diese vollständig bestimmt bzw. determiniert. Deterministen sind also der Auffassung, dass bei bekannten Naturgesetzen und dem vollständig bekannten Zustand eines Systems, der weitere Ablauf aller Ereignisse prinzipiell vorherbestimmt ist und folglich weder ein echter Zufall, noch Wunder bzw. ähnliche nicht-physische Phänomene existieren. Dies kann, muss jedoch nicht, eine Berechenbarkeit des Systems zur Folge haben, was unter anderem dessen Vorhersagbarkeit beeinflusst. Es gibt verschiedene Varianten des Determinismus, die mehr oder minder streng die Vorherbestimmtheit aller Ereignisse voraussetzen.

.., ich verwechsele da nichts.

Ich habe dir zu erklären versucht, dass die Zukunft emergenter Systeme nicht determiniert ist. Darüber hinaus habe ich dir Links zum Thema gegeben. Dort findet sich z.B:
Hermann Haken/Haken-Krell: Erfolgsgeheimnisse der Wahrnehmung schrieb:
1. Denken als Selbstorganisationsprozeß

1.1. Die Selbstorganisationsprozesse der unbelebten Materie haben verblüffende Ähnlichkeiten mit Wahrnehmungsprozessen unseres Gehirns.

So wie bei einer allmählichen Veränderung einer Temperaturdifferenz als Kontrollparameter in einer Flüssigkeit ab einer bestimmten Größe turbulente Bewegungen entstehen, die dann schnell zur Selbstorganisation der Benardzellen führen, die durch einen Ordnungsparameter beschrieben werden können, so kann man bei nicht eindeutigen Wahrnehmungen sogenannter Kippbilder ein Umschlagen der Wahrnehmungsinhalte durch Selbstorganisation des Wahrnehmungsbildes feststellen. Der diesen Bildern zuzuschreibende Ordnungsparameter kann zwei unterschiedliche stabile Werte annehmen, zwischen denen er mit einer gewissen Hystereseschleife wechselt.

1.2. Die Gehirnströme im Ruhezustand fluktuieren ganz unregelmäßig. Das Gehirn befindet sich damit in einem Instabilitätspunkt, von dem aus bei bestimmten Anregungen gezielte Aktivitäten in die verschiedensten Richtungen ausgehen können, wie dies bei vielen von der Synergetik untersuchten Selbstorganisationsprozessen typisch ist.

1.3. Die Ergänzung unvollständiger Wahrnehmungen zu einem bekannten Bild ist ein immer wieder auftretender Prozeß der Selbstorganisation, auf dem Erkennen und Erkenntnis ganz wesentlich beruht und der als Grundlage aller Denkprozesse angesehen werden muß.

Wie du siehst, besagt auch die Synergetik, dass menschliches Denken NICHTALGORITHMISCHE Elemente enthällt.

Sky schrieb:
die holistische Wahrnehmung die nicht lokal erklärt werden kann.
Was meinst du mit "kann nicht lokal erklärt werden?
 

Sky Darmos

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Rolf Köhne schrieb:
Ich habe dir zu erklären versucht, dass die Zukunft emergenter Systeme nicht determiniert ist.

Ich bin zunächst davon ausgegangen dass du den Begriff "Determinismus" falsch gebrauchst, weil deine Behauptung sonst viel zu abwägig wäre.

Wenn du also tatsächlich behauptest dass komplexe Systeme nicht deterministisch sind, dann behauptest du damit dass sie Zufällig sind!!

Das ist eine vollkommen absurde Behauptung, da Komplexität aus der Anwendung von Algorithmen entsteht. Und Algorithmen sind immer deterministisch.

Rolf Köhne schrieb:
Wie du siehst, besagt auch die Synergetik, dass menschliches Denken NICHTALGORITHMISCHE Elemente enthällt.

Nein, überhaupt nicht. Dein Zitat besagt dass komplexität entscheident für den Denkprozess ist. Deiner Ansicht nach ist Komplexität indeterministisch (wie absurd).

Nichtalgorithmische Elemente sind aber deterministisch.

Rolf Köhne schrieb:
Was meinst du mit "kann nicht lokal erklärt werden?

Es würde wohl wenig Sinn machen diese Frage hier zu beantworten, wenn noch nichtmal die Sache mit Gödel klar ist.

Falls du doch schon wissen willst was ich damit meine, dann gibt "Merkmalserkennungsneuronen" zusammen mit meinem Namen in die Suchmaschine ein, dann wirst du Texte dazu finden.

Gruß, Sky.
 

Rolf Köhne

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Hallo Sky,

Sky schrieb:
Wenn du also tatsächlich behauptest dass komplexe Systeme nicht deterministisch sind, dann behauptest du damit dass sie Zufällig sind!!
Nicht nur Ich behaupte, dass sich selbstorganisierende komplexe dynamische Syteme nicht deterministisch, weil emergent sind. Ich habe dir Links nachgewiesen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wenn du willst, stelle ich dir auch noch eine Literaturliste zusammen.

Beachte mal deine eigenen Aussagen:
Gödels Satz besagt dass menschliches Denken NICHTALGORITHMISCHE Elemente enthällt.
Nichtalgorithmische Elemente sind aber deterministisch.
Logische Schlußfolgerung aus deinen beiden Aussagen: Menschliches Denken ist deterministisch. Genau das ist es aber nicht. Auch menschliches Denken ist emergent. Beweis: Wir leben nicht mehr auf den Bäumen!


Ich habe den Eindruck, dass du nur solche Tatsachen zur Kenntnis nehmen willst, die zu deiner selbstgebastelten Theorie passen.
 

Sky Darmos

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Rolf Köhne schrieb:
Nicht nur Ich behaupte, dass sich selbstorganisierende komplexe dynamische Syteme nicht deterministisch, weil emergent sind. Ich habe dir Links nachgewiesen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Wenn du willst, stelle ich dir auch noch eine Literaturliste zusammen.

Benutze keine Autoritäten sondern verteidige deinen Standpunkt eigenhändig!

Dennoch handelt es sich um eine themaverfehlung deinerseits. Zufall hat nichts mit Nichtalgorithmischen Denken zu tun und schon gar nicht mit Freiem Willen.

Rolf Köhne schrieb:
Logische Schlußfolgerung aus deinen beiden Aussagen: Menschliches Denken ist deterministisch. Genau das ist es aber nicht.

Indeterminismus ist Zufall. Menschliches Denken ist gewiss nicht zufällig. In dem Fall bräuchte eine Computer nur ein paar Zufallsgeneratoren und würde uns schon mathematische Theoreme ohne Ende liefern. Ist natürlich absurd.

Rolf Köhne schrieb:
Auch menschliches Denken ist emergent. Beweis: Wir leben nicht mehr auf den Bäumen!

Seit wann ist Emergenz ein Synonym für Zufall?? Und was ist das bitte für ein Beweis?

Rolf Köhne schrieb:
Ich habe den Eindruck, dass du nur solche Tatsachen zur Kenntnis nehmen willst, die zu deiner selbstgebastelten Theorie passen.

Nein, sie ist aus der Argumentation in diesem Thred komplett ausgeschlossen. Ich gebe nur wieder was aus Gödels Satz folgt.
 

Rolf Köhne

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Hallo Sky,

Sky schrieb:
Doch was Gödels Satz fordert geht darüber hinaus. Er fordert nämlich dass die Art und weise wie ein Algorithmus gefunden wird, auf überhaupt keinem allgemeinen Verfahren beruht.

Gehen wir als nochmal von dieser Aussage aus. Legen wir meinetwegen auch die Überlegungen von Penrose zu Grunde.

Denken, also die bewußte Tätigkeit des Bewußtseins, besteht [sehr abstrakt und verkürzt dargestellt] wesentlich aus Bilderkennung und Mustervergleichen. Wenn Neues gedacht wird, entstehen intuitiv neue Bilder durch Überlagerung alter Bilder mit ähnlicher Problemstellung. Letzendlich wird aber ein "Bild", eine Lösung des Problems, ausgewählt. Penrose spricht in diesem Zusammenhang von Superposition und "orchestred objective reduction", also inszenierter objektiver Reduktion, die in den Mikrotubuli stattfindet. Ich halte es (momentan, bis zur Vorlage von Beweisen) für eine abenteuerliche Theorie, diesen Denkprozess auf durch das Bewußtsein selbst gesteuerte Quanteneffekte zurückzuführen. Die betroffenen Mikrotubuli müssten lange genug von anderen Wechselwirkungen isoliert werden, um das zu ermöglichen. Auch erklärt das nicht, wie die überlagerten Bilder zustandekommen.

Die Synergetik hat ein ähnliches Erklärungsmuster, dass allerdings auf elektrochemischer Grundlage basiert (und daher m.E. warscheinlicher ist). Die überlagerten Bilder kommen durch Rückkopplung und Selbstverstärkung möglicher Problemlösungen an Hand von Erfahrung (ähnliche Problemlösungen), Theoriebildung (Rückschlüsse aus ähnlichen Problemen) und Assoziation (ähnliche Muster) zustande. Von diesen überlagerten Bildern wird letztlich über einen elektrochemischen Prozess in den Mikrotubuli der endgültige Gedanke ausgewählt. Die Auswahl selbst kann durchaus ein "bewußter" Akt des Bewußtseins selbst sein.

So oder so, egal ob Penrose oder Synergetik - es handelt sich bei der Geburt neuer Gedanken um einen emergenten Prozess. Der neue Gedanke ist zwar nicht unabhängig von alten Gedanken, er ist aber auch nicht durch alte Gedanken determiniert.
 

Rolf Köhne

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Weiter im Text

Die Herausbildung eines neuen Gedankens durch das Bewußtseins ist im Grunde nur ein Nebenaspekt. Viel entscheidender ist, wie Erfahrungen, Theorien, indivíduelle Eigenheiten und Vorstellungen und Selbstbewußtsein im weitesten Sinne in einem lebenslangen Evolutionsprozess zustande kommen. Hier entstehen ja die Bilder und Muster etc., die im kreativen Denkprozess durch Überlagerungen neue Gedanken entstehen lassen.

Das Bewußtsein ist ja nicht für sich selbst da; es ist eine Eigenheit des Menschen, dessen Gehirn seine materielle Basis bildet. Und dieser Mensch lebt zusammen mit anderen Menschen, in einer Gesellschaft und in der Biosphäre der Erde. Auf Grund materieller Notwendigkeiten wie Essen und Trinken beginnt er von Geburt an, mit dieser seiner Umwelt zu kommunizieren und zu Handeln. Diese "Umwelt" reagiert darauf, und die Reaktionen werden wahrgenommen und zur Bildung von individuellen Eigenheiten, Vorstellungen, Erfahrungen und Theorien genutzt. Das Bewußtsein wirkt also über fast unendlich viele Wechselwirkungen mit seiner Umwelt auf sich selbst zurück.

Mehr noch. Das Bewußtsein des Menschen koppelt auch direkt auf sich selbst zurück, in dem es über sich selbst bzw. seinen materiellen Träger nachdenkt. Dabei entwickeln sich Moral, Lebensvorstellung und Weltanschauung etc. - und diese Bilder und Muster sind es letztlich, die immer mehr das Denken und Handeln beeinflussen. Und genau hier liegt die Freiheit: Menschen sind letztlich in der Lage, auf Grund selbstgewählter Vorgaben (selbst)bewußt zu Denken und zu Handeln. Dies ist der Kern des Selbstorganisationsprozesses des menschlichen Bewußtseins. Er findet statt, weil das Bewußtsein Teil eines komplexen dynamischen Systems ist, wodurch komplexe Rückkopplungsschleifen entstehen.

Das kreative Denken ist zwar ein wichtiger Teil. Die Art und Weise des Zustandekommens von Gedanken ist aber zweit- oder sogar drittrangig gegenüber dem Selbstorganisationsprozess. [Deshalb ist es für meine Argumentation auch nunwichtig, ob ich den Denkprozess richtig dargestellt habe.

Nun zurück zu Gödel. Er hat auch gesagt, ein System kann sich nicht volldtändig selbst beschreiben. (oder so ähnlich).
 

Sky Darmos

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Du hast Penrose nicht so richtig verstanden.

Rolf Köhne schrieb:
Denken, also die bewußte Tätigkeit des Bewußtseins, besteht [sehr abstrakt und verkürzt dargestellt] wesentlich aus Bilderkennung und Mustervergleichen.

Bewusstsein gibt dem Lebewesen eine holistische Wahrnehmung der Umwelt. Wenn du z.B. die unmögliche Drei-Balken-Konstruktion von Penrose betrachtest, die Escher zu seinen Kunstwerken angeregt hat, dann interpretieren die Merkmalserkennungsneuronen, die einzelnen Teile des Bildes als wäre es etwas was im Raum existieren könnte. Das liegt daran dass jede einzelne Komponente der Konstruktion an sich möglich ist, nur die Verbindung ist unmöglich. Die Neuronen nehmen nun das Retinale Bild komplett auseinander und es läuft auf verschiedenen Pfaden durch ein Neuronengeflecht. So können die Neuronen eine Reaktion auf etwas erzeugen dass in einer lokalen Region des Sichtfelds stattfindet. Sie können aber nicht auf das Gesamtbild reagieren. Insbesondere könnte das Gesamtbild keine Emutionen in uns hervorrufen, wenn das sehen tatsächlich alleine auf der Arbeit der Merkmalserkennungsneuronen beruhen würde.
Es gibt Neuronen die Feuren dann wenn im Sehfeld eine helle Linie auftaucht die in eine bestimmte Richtung weisst, andere Feuern wenn die Linie in eine andere Richtung zeigt. Dann gibt es neuronen die Feuern wenn man sich überschneidende Linien sieht. Hierbei gibt es wieder neuronen die auf verschiedne Winkel reagieren. Die Signale werden immer weiter geleitet, auf immer höhere Komplexitätsebenen. Tatsächlich gibt es aber keine Neuronen die auf das Gesamtbild oder eine recht große Region reagieren können. Es gibt keine Großmutter-Neuronen, die genau dann feuern wenn man seine Großmutter sieht.
Unser Bewusstsein des retinalen Bildes entsteht aus der gesammten Analyse der Neuronen. Es entsteht aus keinem lokalisierten Teil des Gehirns sondern aus einem weiten Bereich. Das so entstandene Gesamtbild der Umwelt hat einen Emutionalen Einfluss auf uns. Es wirkt auf unseren mentalen Zustand ein. Dadurch verändert sich der Geisteszustand. Das Gehirn muss sich nun über Quanteneffekte dem veränderten Geisteszustand anpassen. So wird ein Geisteszustand von gangen Gehirn erzeugt (und nicht nur von den Merkmalserkennungsneuronen), der dann nichtlokal auf die einzelnen Teile des Gehirns einwirkt. Etwa auf den Bereich um den Mandelkern, wo sich unterbewusst Emutionen bilden.

Rolf Köhne schrieb:
Wenn Neues gedacht wird, entstehen intuitiv neue Bilder durch Überlagerung alter Bilder mit ähnlicher Problemstellung. Letzendlich wird aber ein "Bild", eine Lösung des Problems, ausgewählt. Penrose spricht in diesem Zusammenhang von Superposition und "orchestred objective reduction", also inszenierter objektiver Reduktion, die in den Mikrotubuli stattfindet.

Nein, das hast du falsch verstanden! In den Mirkotubuli laufen keine überlagerten (=Superpositionierten) verschiedenen Ideen (oder Bilder) In Form von Binärcodes entlang. Diese Ebene ist dazu viel zu Primitiv. Vielmehr ist man der Ansicht dass die Synapsenstärke die ja zeitlich nicht konstant ist, von den Mikrotubuli bestimmt wird. Genauer, dadurch zu welchem Zustand die Wellenfunktion in den Mirkotubuli-Kollabiert. Die Mikrotubuli sind verbunden über sogenannte MAP-Brücken und stehen auch in Kontakt mit den Synapsen. Die Synapsenstärke ist entscheident dafür dass ein Gedanke, oder eine Information weitergeleitet wird. Wenn nun der Kollaps in den Mirkotubuli nicht zufällig ist, sondern durch ein deterministisches nichtalgorithmisches Element, also dem menschlichen Geist bestimmt wird, dann können viele aufeinanderfolgende Kollaps-Ereignisse, das Gehirn durch die Kontrolle der Synapsenstärke auf einen bestimmten Gedankengang hin lenken. Stuard Hameroff hat aufgrund des OR-Kriteriums von Penrose berechnet dass sich damit etwa 40 mentale Ereignisse pro Sekunde ergeben würden, die er mit Kollaps-Ereignissen in Mikrotubuli gleichsetzt. Außerdem ergab sich dass die Kollaps-Rate im Schlaf-Zustand geringer sein muss.

Eine Theorie die das Geist-Gehirn-Problem löst, müsste nun sagen, wie der Geist sich verändert, bevor er wieder auf das Gehirn einwirkt und wodurch diese Veränderung bestimmt ist. Und da muss ich auch gar nicht auf meine Theorie verweisen da die Theorie von Karl Popper dazu vorerstmal reicht.
Ich hab dazu schon etwas geschrieben. Ich könnte es dir hier mal reinkopieren:

Über Platon und Popper

Platon hat die Wirklichkeit in 3 Welten eingeteilt: Eine materielle Welt, eine Geistige Welt und eine Welt der „intelligiblen Objekte“. Platons Welt 3 besteht aus dem, was er Formen oder Ideen nannte, etwa das auf was sich Gedanken oder Vorstellungen beziehen. Auch mathematische Wahrheiten sind Teil von Welt 3. Es sind immaterielle Objekte. Wahrheiten mit einer Objektiven Existenz. Genauso wie deine Gefühle eine objektive Existenz haben, obwohl sie nicht materiell sind. Die Objekte von Welt 2 und 3 sind also immateriell. Ein radikaler Materialist streitet jedoch ab dass unser Bewusstsein objektiv existiert. Für ihn ist Bewusstsein lediglich eine subjektive Illusion ohne Einfluss auf andere Dinge.
Die Wichtigsten Wesenseinheiten in Platons Welt der intelligiblen Formen oder Ideen sind das Gute, das Schöne und das Gerechte. Diese Ideen werden als unwandelbar, ewig und als göttlichen Ursprungs gedacht.

Karl Popper hingegen glaubt nicht dass es eine solche Welt des absoluten gibt. Er ist auch überhaupt nicht religiös und hält nichts von Absolutismus (ich natürlich auch nicht).
Er teilt die Wirklichkeit jedoch auch in drei Welten ein. Bei ihm sind es, die materielle Welt 1, die geistige oder psychische Welt 2 und die Welt 3 der Kultur. Welt 3 enthält die Inhalte des Denkens und die Erzeugnisse des menschlichen Geistes. Ein Buch ist ein materielles Objekt, das Welt 1 angehört, was es aber zu einem bedeutsamen Erzeugnis menschlichen Denkens macht, ist sein Inhalt – das was in den verschiedenen Auflagen unverändert bleibt. Dieser Gehalt gehört zu Welt 3.
Gegenstände der Welt 3 können Menschen dazu veranlassen andere Gegenstände von Welt 3 zu schaffen und dadurch auf Welt 1 einwirken. Der Versuch eine Theorie zu verstehen ist der Versuch der Welt 2 einen Gegenstand von Welt 3 zu erfassen. Karl Popper glaubt dass auch Dinge in Welt 3 existieren die nicht in Welt 1 materialisiert sind. Welt 3 ist die Gesamtheit dessen was Menschen erdacht haben und existiert auch dann noch wenn die Menschen gestorben sind. Welt 2 hingegen existiert immer nur in einem Moment. Es ist unser gegenwärtiger Geisteszustand. Das Bewusstsein ist, das einzige uns bekannte Phänomen, demzufolge die Zeit fließen muss. Es scheint, als würde sich unser Bewusstsein, also auch Welt 2 durch die Raumzeit von Welt 1 bewegen.

Karl Popper stellt den Menschen über alles, wenn er sagt, dass nur Menschen eine Welt 3 haben. Damit ist er im Grunde genauso absolutistisch wie Platon.

Rolf Köhne schrieb:
Ich halte es (momentan, bis zur Vorlage von Beweisen) für eine abenteuerliche Theorie, diesen Denkprozess auf durch das Bewußtsein selbst gesteuerte Quanteneffekte zurückzuführen. Die betroffenen Mikrotubuli müssten lange genug von anderen Wechselwirkungen isoliert werden, um das zu ermöglichen.

Dafür dass die Mikrotubuli hinreichend gut isoliert sind, dafür gibt es zahlreiche Hinweise. In "Schatten des Geistes" werden diese ausführlich genannt. Auch für Quantenkohärenz in den Mikrotubuli gibt es Hinweise.

Rolf Köhne schrieb:
Von diesen überlagerten Bildern wird letztlich über einen elektrochemischen Prozess in den Mikrotubuli der endgültige Gedanke ausgewählt. Die Auswahl selbst kann durchaus ein "bewußter" Akt des Bewußtseins selbst sein.

Die Primitiven geometrischen Muster in den Mirkotubuli stellen noch keine Gedanken (oder Bilder) dar. Eine Auswahl mittels elektrochemischer Prozesse ist kein deterministischer nichtalgorithmischer Vorgang, wie er von Gödels Satz gefordert wird. Quantenmechanischer Zufall würde es dem Geist ermöglichen hier ein nichtalgorithmisches Element einzubringen, durch das neue Algorithmen gefunden werden können.

Rolf Köhne schrieb:
So oder so, egal ob Penrose oder Synergetik - es handelt sich bei der Geburt neuer Gedanken um einen emergenten Prozess. Der neue Gedanke ist zwar nicht unabhängig von alten Gedanken, er ist aber auch nicht durch alte Gedanken determiniert.

Vielleicht würde es dich zum Denken bringen wenn du zufällig statt, nichtdeterministisch schreiben würdest. Neue Gedanken sind nähmlich durch die Logik determiniert. Durch das was man mathematische Wahrheit nennt. Wie Gödel zeigte, lässt sich mathematische Wahrheit nicht in ein formales algorithmisches System fassen. Und was wir von der Physik her kennen ist eben alles Algorithmisch. Auch Zufall ist algorithmisch, da Wahrscheinlichkeiten algorithmisch berechnet werden können. Selbst die abstrakten mathematischen welten die sich nichtrechnerisch entwickeln sind Algorithmisch. Komplett alles was wir aus der Physik kennen ist Algorithmisch.
Es entspricht vielleicht nicht genau dem Bild das ich habe, aber du könntest dir z.B. vorstellen dass das inmaterielle Bewusstsein zugeng zu einer Welt der intellegiben Objekte hat, zu der auch mathematische Wahrheiten gehören. Dadurch würde sich der Geist verändern und wieder auf das Gehirn einwirken. Diese Interaktion zwischen den Welten wäre tatsächlich nichtalgorithmisch!

Schöne Grüße,
Sky.
 
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Sky Darmos

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Denkbare Möglichkeiten den offensichtlichsten Schluss aus Gödels Satz zu umgehen

Rolf Köhne schrieb:
Die Herausbildung eines neuen Gedankens durch das Bewußtseins ist im Grunde nur ein Nebenaspekt.

Nein, Bewusstsein ist entscheidend. Bewusstsein stellt den Zugang zur Logik dar. Gödel Zeigte, dass sich der Vorgang des Logischen Verstehens nicht auf einen festen Mechanismus reduzieren lässt.

Rolf Köhne schrieb:
Viel entscheidender ist, wie Erfahrungen, Theorien, indivíduelle Eigenheiten und Vorstellungen und Selbstbewußtsein im weitesten Sinne in einem lebenslangen Evolutionsprozess zustande kommen. Hier entstehen ja die Bilder und Muster etc., die im kreativen Denkprozess durch Überlagerungen neue Gedanken entstehen lassen.

Durch die kombination alter Gedanken entsteht nicht automatisch ein neuer Gedanke. Es muss etwas geben dass durch zugang zur Logik, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Gedankengebäuden sieht. In der Terminologie von Poppers Theorie ausgedrückt, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Welt 4-Objekten.

Rolf Köhne schrieb:
Das Bewußtsein ist ja nicht für sich selbst da; es ist eine Eigenheit des Menschen, dessen Gehirn seine materielle Basis bildet.

Ja, diese Form von Dualismus halte ich auch für Unhaltbar. Sie wird von John Eccles vertreten - anscheinend aufgrund eher religiöser Beweggründe.
Für mich ist Bewusstsein, etwas das vom Gehirn erzeugt wird. Stirbt das Gehirn dann stirbt auch der Geist. Von daher passt auch die Terminologie von Benjamin Libet ganz gut zu meinem Standpunkt. Er bezeichnet Bewusstsein, als "Bewusstes Mentales Feld" (BMF). Damit soll auch die Nichtlokalität zum Ausdruck kommen.
Meiner Ansicht nach zeigen die Experimente mit den Split-Brain-Pazienten eindeutig dass Bewusstsein nichtlokal wirkt. Obwohl die verbindung zwischen den Beiden Hirnhemisphären durchtrennt war, und der visuelle Input nur in die rechte Hemisphäre gelangte, die ja kein Sprachzentrum enthält, reagierten die Versuchspersonen emotional auf das was die (wie man anfangs dachte unbewusste) rechte Hemisphäre sah.


Rolf Köhne schrieb:
Mehr noch. Das Bewußtsein des Menschen koppelt auch direkt auf sich selbst zurück, in dem es über sich selbst bzw. seinen materiellen Träger nachdenkt.

Du beschränkst dich hier zu sehr auf den Aspekt des Selbstbewusstseins. Die aktivität des Bewusstseins besteht aber vor allem uns eine holistische Wahrnehmung der Umgebung zu ermöglichen und darin zugang zur Logik zu haben. Diesen Zugang kann nach Gödel keine allein nach physikalischen Gesetzen gesteuerte Maschine haben.

Rolf Köhne schrieb:
Nun zurück zu Gödel. Er hat auch gesagt, ein System kann sich nicht volldtändig selbst beschreiben. (oder so ähnlich).

Gödel war vertreter von Standpunkt D, also der Ansicht, dass Bewusstsein nicht wissenschaftlich erklärbar ist. Gödel hielt seinen Satz selbst nicht für einen Beweis dafür dass der Geist nichtberechenbar ist (also erst recht nicht für einen Beweis dafür dass er nichtalgorithmisch ist. Er sagt selbst dazu:

"Andererseits bleibt es auf der Basis des bislang Bewiesenen möglich, dass es eine Theorem-Beweismaschine geben könnte (die möglichweise sogar empirisch nicht zu entdecken ist), welche tatsächlich der mathematischen Intuition gleichwertig ist. Dies kann aber nicht bewiesen werden, ebensowenig wie bewiesen werden kann, dass diese Maschine in der Zahlentheorien nur korrekte Sätze liefert." (Gibbs-Vorlesung 1951)

Gödel meinte deshalb die Beweismaschine sei "möglichweise sogar empirisch nicht zu entdecken", weil ihre Entdeckung eine ziemlich eigenartige Situation darstellen würde. Angenommen man hat einen Roboter, der nach einem bestimmten Algorithmus konstruiert wurde. Der Roboter sei ein Mathematiker. Wenn er eine mathematische Aussage mithilfe seiner Algorithmen als wahr nachweist, dann garantiert er zu 100% dass der Algorithmus wahr ist. Nun würde er mit seinem Algorithmus eine bestimmte endliche (!) Menge an Sätzen erzeugen für deren Wahrheit er garantiert. Nun kann man diese Sätze zu einem einzelnen Satz zusammenfassen und vom Roboter verlangen er solle garantieren dass die Gesamtheit aller Sätze wahr ist. Diese zu beweisende Aussage wollen wir Omega(F) nennen. Sie behauptet dass das Formale System omega-wiederspruchsfrei ist. Wir stoßen, aber wenn wir alle Aussagen die das Formale System durch die Symbolfolgen erzeugt, auf eine Aussage vom Typ Gödel die Tatsächlich nicht mit den Algorithmen des formalen Systems bewiesen werden kann. Der Roboter kann die Wahrheit von Omega(F) folglich nicht garantieren und damit kann er uns nicht garantieren dass die Gesamtheit der Aussagen die er als Sätze bewiesen hat, wahr sind, obwohl er uns garantiert dass jede Aussage für sich wahr ist. Das ist ein Wiederspruch! Wenn wir dem Poboter sagen würden dass er tatsächlich nach dem Algorithmus M konstruiert wurde, der dem Formalen System F entspricht, wird er uns keinen glauben schenken wollen. Er darf seinen Algorithmus nicht erkennen. Daher mutmaßte Gödel dass unser Denken vielleicht auf einem prinzipiell nicht-erkennbaren Algorithmus beruht! Damit würden wir selbst nie in einen ähnlichen Glaubenskoflikt wie der Roboter geraten. Das würde aber bedeuten, dass unser Gehirn auf den Beweis einer endlichen wohldefinierten Menge von mathematischen Sätzen beschränkt ist!! Es wäre nicht zu sehen wie durch einen Evolutionsprozess ein entsprechender Lernalgorithmus entstanden sein, könnte, da die meisten von einem solchen Algorithmus erzeugten Sätze keinen Selektionsvorteil schaffen würden. Zudem wäre nicht zu sehen warum die zum Überleben unbrauchbaren Sätze, tatsächlich wahr sein sollten. Tatsächlich ist die konstruktion eines falschen Algorithmus viel einfacher als die eines richtigen. Wenn man eine Algorithmus zur Erzeugung einer Liste aller möglichen Algorithmen, mit steigender kolmogorov Komplexität, verwendet, dann werden die meisten Algorithmen in der Liste nieten sein. D.h. die Entsprechenden Turingmaschinen bleiben in Schleifen stecken, lassen nur das Band durchlaufen und rechnen irgendeinen Blödsinn aus. Zudem würde der Fortschritt in der Mathematik dann vom Fortschritt in der Evolution abhängen. Eine absurde Vorstellung. Die Theorem-Beweismaschine von Gödel könnte tatsächlich existieren. Es wäre durchaus möglich dass die Anzahl der mathematischen Aussagen die wir beweisen können begrenzt ist, und dass wir solche Theorem-Beweismaschinen sind. Doch müssten der Algorithmus der uns dann zugrundeliegen würde Göttlichen Ursprungs sein. Würden wir unserem hypothetischen Roboter nun mit all diesen Wiedersprüchen konfrontieren unter anderem dass er nach M konstruiert wurde, und würden wir ihm zusätzlich sagen dass wir nehen Pseudo-Zufallselementen an einigen Stellen quantenmechanische Zufallsgeneratoren in seine Lernalgorithmen eingebaut haben, dann kähme er vielleicht zu dem Schluss Gott hochst persönlich habe ihm, in einem einmaligen Akt, einen (fast) allmächtigen Algorithmus dadurch verliehen, anstatt weiterhin zu behaupten es wäre eine Lüge dass er nach M konstruiert wurde. Was der Roboter, den es ja logisch gesehen gar nicht geben kann (er stellt ein wandelndes Paradoxon dar!), tun würde, wenn man ihn damit konfrontiert dass er unabhängig davon welcher Algorithmus ihm zugrunde liegt, ob M oder sonst ein Algorithmus, nicht wissen könne ob die entsprechende Aussage Omega(x) wahr ist, kann man wohl kaum sagen, schließlich ist die ganze Situation fiktiv und logisch inkonsistent so dass sie logisch betrachtet gar nicht eintreten kann.
Roger Penrose nutzt einen solchen Fiktiven Dialog in "Schatten des Geistes" um die Argumentation der ersten drei Kapitel zusammen zufassen.

Gödel wollte also lieber glauben wir seien mitsamt unseren algorithmischen Gehirnen von Gott geschaffen worden, als den alternativen Schluss anzunehmen, dass menschliches Denken nichtrechnerische Elemente enthällt!

Eine weitere seltsame Ansicht von Gödel war dass er den Standpunkt vertrat dass sich der Geist unabhängig vom Gehirn entwickeln kann, obwohl er weiterhin annahm dass das Gehirn völlig algorithmisch arbeitet. Wie so das Auseinanderdriften von Geistiger Entwicklung und Entwicklung des Gehirns verhindert werden soll, müsste man Gödel selbst mal fragen, wenn er noch leben würde. Vielleicht war er, wie einige Identitätstheoretiker (etwa Leibitz), der Ansicht Gott selbst sorge für eine Parallelität zwischen Geist und Gehirn. Somit hätte er weiterhin annehmen können Gott würde diese Parallelität regelmäßig angleichen. Bei Gödel könnte ich mir das durchaus vorstellen. Er war schon etwas religiös.

Turing, war ganz anderer Auffassung was die Frage betraf, welchen Schluss man aus Gödels Unvollständigkeitssatz zu ziehen habe. Er meinte dass ein nicht nachweislich korrekter Algorithmus dem menschlichen Denken zugrundeliegen könne. Er hielt die Fehlbarkeit des Menschen für eine Schüssel zum Verständnis seines Zugangs zur Logik. Er hatte aber keinesfalls Quanteneffekte als Ursprung dieser Fehlbarkeit im Sinn. Er ging weiterhin von einem rechnerischen Gehirn aus und meinte Pseudo-Zufallselemente würden uns aus der Gödelschen Zwangsjacke befreien. Wie gesagt sind Pseudo-Zufallselemente kaum nützlich da die Menge an nutzlosen falschen Algorithmen viel zu groß ist.

Schöne Grüße,
Sky.
 

Sky Darmos

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Link

Hallo Rolf,

Hier mal ein Link zur Theorie von Stuard Hameroff und Penrose:

http://www.quantumconsciousness.org/

Ich hab ja Beitrag 36 erwähnt und dass er wichtig ist für das Thema. Ich sollte aber auch noch die Beträge 78 und 79 auf Seite 8 erwähnen. Dort findet sich eine Liste aller mir bekannten Geist-Gehirn-Theorien/Philosophien.
In Beitrag 114 auf Seite 12 ist ausßerdem Gödels Satz in seiner herkömmlichen Form ohne die Nutzung von Turings Halteproblem, vereinfacht wiedergegeben.

Schöne Grüße,
Sky.
 
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Rolf Köhne

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Wir reden aneinander vorbei

Hallo Sky,

als Kritik an einer meiner Aussagen schreibst du:
Für mich ist Bewusstsein etwas, dass vom Gehirn erzeugt wird. Stirbt das Gehirn, dann stirbt auch der Geist.
Deine Aussage teile ich ja. Da ist nicht unsere Differenz. Ich bin doch nicht religiös. Irgendwie reden wir da aneinander vorbei. Höchstwarscheinlich, weil unsere Begriffe differieren. Ich versuche deshalb, meinen Standpunkt anders zu formulieren. Vielleicht klappt es ja dann:

1. Menschen sind auf Grund eines mehrjährigen Prozesses des Lernens und der Kommunikation mit anderen Menschen in der Lage, theoretisch zu Denken und nach selbstbestimmten Lebensvorstellungen zu Handeln. Dies ist ein Selbstorganisationsprozess, der nicht ausschließlich mit den Prozessen im menschlichen Gehirn erklärt werden kann. Die Umwelteinflüsse müssen in die Erklärung mit einbezogen werden. Ebensowenig kann ausser acht gelassen werden, dass Menschen materielle biologische Wesen sind, die Essen, Trinken, sich kleiden müssen und sexuelle Bedürfnisse haben, denn diese Tatsachen bestimmen wesentlich die selbstbestimmten Lebensvorstellungen.

2. Eine gleichwertige künstliche Intelligenz zu schaffen hieße, ein Computerprogramm zu schreiben, dass letztlich selbst bestimmt, was es tun soll. Dafür gibt es aber keine Kriterien. Deshalb wird ein solches Programm letzlich nichts tun. Also ist ein gleichwertiges Programm unmöglich.

3. Ein Computerprogramm bzw. ein Roboterprogramm könnte allenfalls so geschrieben werden, dass es sich bezüglich eines vom Programmier gesetzten Zieles selbst optimiert. Dadurch könnte erreicht werden, dass bestimmte Tätigkeiten besser, schneller, präzieser ausgeführt werden könnten als von Menschen. Das ist aber keine dem Menschen gleichwertige KI, sondern immer noch eine vom Menschen erdachte Maschine.
 

Sky Darmos

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Einbeziehung der Umwelt

Rolf Köhne schrieb:
Deine Aussage teile ich ja. Da ist nicht unsere Differenz. Ich bin doch nicht religiös. Irgendwie reden wir da aneinander vorbei. Höchstwarscheinlich, weil unsere Begriffe differieren.

Nein, das war doch keine Kritik, sondern eine Bestätigung! Meine Erwiederung hat mit den Worten "Ja, diese Form von Dualismus halte ich auch für unhaltbar." begonnen.

Rolf Köhne schrieb:
Dies ist ein Selbstorganisationsprozess, der nicht ausschließlich mit den Prozessen im menschlichen Gehirn erklärt werden kann. Die Umwelteinflüsse müssen in die Erklärung mit einbezogen werden.

Das ist aber kein Argument gegen die KI. Roboter sind auch mit einer Kamera ausgestattet und reagieren auf umwelteinflüsse. Irgendwo muss ja der Input herkommen. Anscheinend meinst du der Input dürfe nicht virtuell sein. Das macht aber keinen Prinzipiellen Unterschied.

Rolf Köhne schrieb:
2. Eine gleichwertige künstliche Intelligenz zu schaffen hieße, ein Computerprogramm zu schreiben, dass letztlich selbst bestimmt, was es tun soll. Dafür gibt es aber keine Kriterien. Deshalb wird ein solches Programm letzlich nichts tun. Also ist ein gleichwertiges Programm unmöglich.

Es stellt keinen Ausweg aus Gödels Satz dar, Umwelteinflüsse mit einzubeziehen. Für eine algorithmische Maschine existieren nur eine bestimmte Anzahl möglicher Entwicklungen, die von den entsprechenden Variabeln bestimmt werden. Das selbe gilt für einen Lernalgorithmus. Wobei hier die verschiedenen Entwicklungen zu verschiedenen Mengen von abwärtsgerichteten Algorithmen führen. Die Mengen sind in jedem Fall endlich.
Ob die Variabeln der Algorithmen durch einen virtuellen Input vom Menschen gestellt werden oder von der komplexen Umwelt, spielt keine Rolle. In jedem Fall bleibt die Anzahl der Sätze die das System beweisen kann, endlich.

Die Komplexität der Umwelt reicht also nicht aus um das Erkenntnisvermögen des Menschen zu erklären.

Schöne Grüße,
Sky.
 

Rolf Köhne

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Hallo Sky,

Sky schrieb:
Die Komplexität der Umwelt reicht also nicht aus um das Erkenntnisvermögen des Menschen zu erklären

Das habe ich auch nicht gesagt. Mir geht es vielmehr um nachfolgende Aussage:

Das Erkenntnisvermögen des Menschen kann nicht ohne den Lernprozess durch Rückkopplung mit seiner Umwelt, wo zu vor allem die Gesellschaft gehört, erklärt werden. Ein Säugling versteht noch nichts von Mathematik. Ebensowenig haben Höhlenmenschen der Steinzeit etwas davon verstanden.
 

Sky Darmos

Registriertes Mitglied
Intuition

Rolf Köhne schrieb:
Das habe ich auch nicht gesagt. Mir geht es vielmehr um nachfolgende Aussage:

Ja, aber bei genau diesem Punkt waren wir uns ja gerade uneinig. Wenn du deine Meinung dazu geändert hast, solltest du das auch sagen. Wir sollten uns schon erstmal auf Gödels Satz konzentieren.

Rolf Köhne schrieb:
Das Erkenntnisvermögen des Menschen kann nicht ohne den Lernprozess durch Rückkopplung mit seiner Umwelt, wo zu vor allem die Gesellschaft gehört, erklärt werden. Ein Säugling versteht noch nichts von Mathematik. Ebensowenig haben Höhlenmenschen der Steinzeit etwas davon verstanden.

Da stimme ich dir ja auch vollkommen zu. Vielleicht betonst du diesen Punkt so sehr weil ich auf die Theorie von Platon hingewiesen hab. Demnach wäre einem mathematische Wahrheit durch eine Platonische Ideenwelt zugänglich die absolut und zeitlos wäre. Solche Wahrheiten könnten aber nicht vom Gehirn empfangen werden, wenn es sich nicht durch einen Lernprozess, darauf hingearbeitet hätte, sonst wären ja die Veränderungen die durch Quanteneffekte stattfinden müssten viel zu groß. Der radikale Platonismus erklärt aber nicht hinreichend gut wie falsche Ideen zustande kommen. Nach Platon müsste richtige Intuition tatsächlich unfehlbar sein (tatsächlich war aber doch die Idee von Platon dass Teilchen aus Dreiecksflächen zusammengesetzt sind falsch :)
Ich bin kein Anhänger dieses Standpunktes. Eine viel bessere "Näherung" für meine Standpunkt ist Poppers 3-Welten Theorie (Pluralistischer Interaktionismus).

Gruß, Sky.
 
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