zur Problematik der Interpretation der Quantenmechanik

Prokyon

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Während der Reaktionszeit hat man weder ein Neutron noch ein Proton, sondern einen komplizierten Überlagerungszustand. Nur asymptotisch (t gegen +- unendlich) hat man wohldefinierte Teilchen, und damit wohldefinierte C14- und N14-Atome.
Während des "komplizierten Überlagerungszustands" verwandelt sich ein down-quark in ein up-quark. Soll ich mir auch das als kontinuierlichen Prozess vorstellen? Natürlich arbeitet der Theoretiker lieber mit Differentialgleichungen und Größen, die sich kontinuierlich verändern. Etwas Wesentliches wird aber bei der Fokussierung auf Mittelwerte ausgeblendet: die diskrete Natur der Wirklichkeit. Ich jedenfalls kann in der Schrödinger-Gleichung mit ihrer kontinuierlichen und deterministischen Entwicklung keine wahrheitsgetreue Beschreibung der Wirklichkeit erkennen.
die C14-Zahl ist das Gibbs-Ensemble-Mittel des C14-Teilchenoperators
Natürlich brauchen wir Statistik. Dass sich Mittelwerte kontinuierlich ändern ist klar. Dass Theoretiker "komplizierte Übergangszustände" konstruieren können, auch. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Ganzzahligkeit der C-14 Atome wesentlich und empirisch völlig adäquat ist.
 

Jakito

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Ich jedenfalls kann in der Schrödinger-Gleichung mit ihrer kontinuierlichen und deterministischen Entwicklung keine wahrheitsgetreue Beschreibung der Wirklichkeit erkennen.
Schön und gut, aber etwas in der Art von Weizsäckers Quantentheorie der Ur-Alternativen ist halt keine Interpretation von QM oder QFT, sondern eine eigene Theorie auf der Ebene von Stringtheorie oder Schleifenquantengravitation.
 

A.Neumaier

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Während des "komplizierten Überlagerungszustands" verwandelt sich ein down-quark in ein up-quark. Soll ich mir auch das als kontinuierlichen Prozess vorstellen?
Natürlich, es ist der Streuprozess d -> u + e + nu - genau analog dazu, wie wenn man auf der Ebene der Hadronen argumentiert. Dafür gibt es sogar ein Feynman-Diagramm; der Prozess wird durch ein W-minus Boson als Zwischenzustand vermittelt. (https://en.wikipedia.org/wiki/Beta_decay)

Der Zustandsraum eines Quarks besteht aus den Superpositionen von u, d,, s, c, b und t und deren Antiteilchen (in einem Tensorprodukt mit andern Termen wie Spin und Impuls). Ein echtes Proton bzw Neutron ist kein diskretes Objekt, sondern ein komplizierter gebundener Zustand aus diesen (mit |uud> bzw. |udd> als Hauptbestandteil, plus vielen anderen Termen).

Es besteht keinerlei Grund zur Annahme, dass diese Streuvorgänge wesentlich anderer Art sind als chemische Reaktionen, die oft zeitlich aufgelöst beobachtet werden können, und bei denen ja auch oft Zwischenzustände eine wichtige Rolle spielen. Nur die Hilberträume und Wechselwirkungen sind etwas anders, weil in Kernreaktionen Teilchen erzeugt und vernichtet werden können.
Natürlich arbeitet der Theoretiker lieber mit Differentialgleichungen und Größen, die sich kontinuierlich verändern. Etwas Wesentliches wird aber bei der Fokussierung auf Mittelwerte ausgeblendet: die diskrete Natur der Wirklichkeit. Ich jedenfalls kann in der Schrödinger-Gleichung mit ihrer kontinuierlichen und deterministischen Entwicklung keine wahrheitsgetreue Beschreibung der Wirklichkeit erkennen.
In der Schrödingergleichung kann ich das auch nicht, aber in der von-Neumann-Gleichung für die Dichteoperatoren schon!

Experimentell lässt sich der Unterschied zwischen diskret und kontinuierlich gar nicht demonstrieren (https://physics.stackexchange.com/questions/35676#35676). Also ist es natürlicher, das, womit die Theoretiker (und auch die Ingenieure!) erfolgreich arbeiten, als wahrheitsgetreue Beschreibung der Wirklichkeit anzusehen.

An welcher Stelle hört denn Ihrer Meinung nach die Kontinuumsbeschreibung auf und fangen die diskreten Übergänge an? Und womit begründen Sie das?

Natürlich brauchen wir Statistik. Dass sich Mittelwerte kontinuierlich ändern ist klar. Dass Theoretiker "komplizierte Übergangszustände" konstruieren können, auch. Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Ganzzahligkeit der C-14 Atome wesentlich und empirisch völlig adäquat ist.
Die Nichtganzzahligkeit ist empirisch ebenso völlig adäquat. Haben Sie schon einmal die Zahl der C-14 Atome in einer Handvoll Materie gezählt?
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

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Während des "komplizierten Überlagerungszustands" verwandelt sich ein down-quark in ein up-quark. Soll ich mir auch das als kontinuierlichen Prozess vorstellen?
Warum nicht?

Etwas Wesentliches wird aber bei der Fokussierung auf Mittelwerte ausgeblendet: die diskrete Natur der Wirklichkeit.
Diskrete Phänomene sind für mich letztlich nur extrem eng räumlich und / oder zeitlich lokalisierte jedoch kontinuierliche Vorgänge.

In der QCD kann man lokalisierte Nukleon-Zustände berechnen, und die Dekohärenz liefert extrem kurze Zeitskalen (wobei sie nur Teilaspekte des Messproblems löst).

Ich jedenfalls kann in der Schrödinger-Gleichung mit ihrer kontinuierlichen und deterministischen Entwicklung keine wahrheitsgetreue Beschreibung der Wirklichkeit erkennen.
Stochastische Phänomene können bekanntermaßen aus fundamental deterministischen Gesetzen folgen.
 

Prokyon

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An welcher Stelle hört denn Ihrer Meinung nach die Kontinuumsbeschreibung auf und fangen die diskreten Übergänge an? Und womit begründen Sie das?
Gibt es Atome?
Stochastische Phänomene können bekanntermaßen aus fundamental deterministischen Gesetzen folgen.
Können. Das heisst nicht, dass die Gesetze deterministisch sein müssen. Ist das wirklich die beste Strategie: von hinten durch die Brust ins Auge?

Offenbar geht es hier um eine fest verwurzelte philosophische Grundhaltung, die ich nicht teile. Carlo Rovelli schreibt dazu:
Rovelli schrieb:
Perhaps the rivers of ink which have been expended discussing the nature of the 'continuous' over the centuries, from Aristotle to Heidegger, have been wasted. Continuity is only a mathematical technique for approximating very finely grained things. The world is subtly discrete, not continuous. The good Lord has not drawn the world with continuous lines: with a light hand, he has sketched it in dots, like Seurat.

Für manche Physiker beweist der Erfolg der Quantentheorie, dass die Welt kontinuierlich ist, für andere das Gegenteil.
 

TomS

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Können. Das heisst nicht, dass die Gesetze deterministisch sein müssen.
Richtig.

Ist das wirklich die beste Strategie: von hinten durch die Brust ins Auge?
Es ist die beste direkte Strategie, an der bisher am besten bestätigten dynamischen Gleichung festzuhalten, und die Quantenmechanik zu Ende zu denken. Dann stellt man entweder fest, dass sich auch der Messprozess so erklären lässt, oder man findet heraus, wo konkret das scheitert.

Offenbar geht es hier um eine fest verwurzelte philosophische Grundhaltung, die ich nicht teile.
Es geht nicht um eine philosophische Grundhaltung sondern um eine simple wissenschaftliche Fragestellung:
Formulieren Sie jeweils ein quantenmechanisches Modell
  1. zur den Molekülspektren
  2. zur Physik von Hochtemperatursupraleitern
  3. zur Wechselwirkung von Photonen mit Detektoren
Warum ist (3) auf einmal eine philosophische Fragestellung? Warum sollte ich dazu etablierte Physik verwerfen?

Alle mir bekannten Paradigmenwechsel hingen mit Lösungen von Modellen zusammen, die explizit falsifiziert wurden. Jetzt reicht es schon, das man die Modelle nicht aufstellen bzw. nicht lösen kann.

Für manche Physiker beweist der Erfolg der Quantentheorie, dass die Welt kontinuierlich ist, für andere das Gegenteil.
Für mich beweist das Fehlen einer Lösung zu (3) nur, dass das niemand weiß.
 

Bernhard

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Es geht nicht um eine philosophische Grundhaltung sondern um eine simple wissenschaftliche Fragestellung:
Formulieren Sie jeweils ein quantenmechanisches Modell
  1. zur den Molekülspektren
  2. zur Physik von Hochtemperatursupraleitern
  3. zur Wechselwirkung von Photonen mit Detektoren
Hallo Tom, bei diesen Vorschlägen, insbesondere die Nummer 3, befürchte ich, dass sich die Diskussion nur weiter im Kreise dreht. Dass die herkömmlichen quantenmechanischen Modelle die offene Frage rund um das Messproblem nicht ausreichend beantworten kann, wurde nun doch wirklich ausreichend oft festgestellt? Neue Erkenntnisse erfordern also tatsächlich ein grundlegend anderes Denkmodell, welches den hinlänglich bekannten Rahmen der QM verläßt. Aktuell haben wir diesbezüglich zwei vielversprechende Ansätze:
a) A. Neumaiers TI (ein Willkommen an den Autor im Forum auch von mir)
b) eine Berücksichtigung der Gravitation gemäß verschiedener Vorschläge von R. Penrose et al.

Bei der TI wird angenommen, dass komplizierte Hintergrundfelder (thermische Photonen, Neutrinos, Higgs-Felder usw.) den Detektor so beeinflussen, dass diese umfangreichen und teilweise unbekannten Einflüsse nur noch im Rahmen einer gewissen Statistik beschrieben werden können. Deshalb wird erklärt, wie diese Hintergrundfelder prinzipiell zu einem offenen Quantensystem führen und damit dann zu den bekannten Wahrscheinlichkeiten, wie sie mit der bornschen Regel oder einer Dichtematrix berechnet werden.
 
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A.Neumaier

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Was trägt diese Frage bei zu meiner nach dem Wo des Zusammenbrechens der Kontinuität?

Gibt es Moleküle? Ja. Allerdings, während einer chemischen Reaktion von Einzelmolekülen sind die Bestandteile der Reaktion keine Moleküle im normalen Sinn mehr, sondern werden (klassisch und quantenmechanisch) durch Zustände in einem grösseren Phasenraum beschrieben, wo ein kontinuierlicher Übergang möglich (und auch berechenbar) ist.

Bei Atomen, Atomkernen und Hadronen ist das genau analog.

Rovelli schrieb:
Perhaps the rivers of ink which have been expended discussing the nature of the 'continuous' over the centuries, from Aristotle to Heidegger, have been wasted. Continuity is only a mathematical technique for approximating very finely grained things. The world is subtly discrete, not continuous. The good Lord has not drawn the world with continuous lines: with a light hand, he has sketched it in dots, like Seurat.
Perhaps the rivers of ink which have been expended discussing the nature of the 'discrete' over the centuries have been wasted. Discreteness is only a mathematical technique for coarsely approximating continuous things. The world is manifestly continuous, not discrete. The good Lord has drawn the world with continuous lines: with a light hand, he has not sketched it in dots, like Seurat.

The theoretical and experimental support for my version of Rovelli's statement is overwhelming. Engineers solve routinely differential equations in continuous time using discrete methods, and there is a huge literature about how to do this most efficiently. On the onther hand, there is only a trickle of work where discrete dynamics is approximated by continuous methods.
 

A.Neumaier

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Dass die herkömmlichen quantenmechanischen Modelle die offene Frage rund um das Messproblem nicht ausreichend beantworten kann, wurde nun doch wirklich ausreichend oft festgestellt?
Darum ging es ja nicht, sondern nur darum, klarzustellen, dass dies eine Frage genau analog zu 1. und 2. ist, und daher physikalisch sinnvoll und keine Philosophie.
 

Prokyon

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Es geht nicht um eine philosophische Grundhaltung sondern um eine simple wissenschaftliche Fragestellung
zur Wechselwirkung von Photonen mit Detektoren
Die Absorption von Photonen in verschiedenen Materialien wird von der quantenmechanisch erweiterten (bzw. erst wirklich begründeten!) Statistischen Mechanik hinreichend erklärt. Experimentatoren haben kein Problem, die Funktionsweise ihrer Detektoren zu verstehen. Das sogenannte Messproblem resultiert aus einer sehr verengten Betrachtungsweise der Theorie, die in der Theorie Antworten auf Fragen sucht, die sie gar nicht beantwortet.
Warum sollte ich dazu etablierte Physik verwerfen?
Es braucht gar keine neue Physik -- es genügt, die existierende Theorie wirklich zu verstehen (richtig zu interpretieren)!
ist die beste direkte Strategie, an der bisher am besten bestätigten dynamischen Gleichung festzuhalten, und die Quantenmechanik zu Ende zu denken.
Es geht um "Kontinuität", die die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung suggeriert. Ihre Linearität wird zum Superpositions"prinzip" überhöht, der Idee, dass ein Quantenobjekt gleichzeitig zwei einander widersprechende Eigenschaften haben kann. Um den Widerspruch zu verschleiern wird eine irreduzible Unbestimmtheit eingeführt, und man redet natürlich nicht von Eigenschaften, sondern von "Observablen", die erst durch einen Akt der Beobachtung real werden. Es ist natürlich ein leichtes, sich einen kontinuierlichen Übergang von einem Neutron zu einem Proton vorzustellen, wenn ein Nukleon beides zugleich sein kann.

Der Begriff Quanten"objekt" ist problematisch. Der Welle-Teilchen-Dualismus wird als überholt dargestellt, aber je nach Bedarf redet man vom Quantenfeld, das sich über den ganzen Kosmos erstreckt, oder von lokalisierten "Anregungen" desselben. Was genau der Gegenstand der Quantenfeldtheorie ist, bleibt unklar.

Wenn uns diese Theorien also nahelegen, dass etwas so sein könnte, wie's in den Formeln steht, und diese Formeln experimentell bestätigt d.h. nicht widerlegt werden, dann sehe ich zunächst überhaupt keinen Anlass, an den Formeln und ihrem Realitätsbezug zu zweifeln,
Die Linearität der Schrödinger-Gleichung ist ja evident, aber der Realitätsbezug der Wellenfunktion ruht auf einem metaphysischen, heuristischen Element. Ist die Existenz von Quantenobjekten mit widersprüchlichen Eigenschaften die einzig mögliche Interpretation? Es wäre ein Zirkelschluss, den Erfolg der Quantentheorie als Beweis für eine seltsame Ontologie zu sehen. Ebenso abwegig wie die Idee, Maxwells Gleichungen "bewiesen" die Existenz eines Äthers.

Sprunghaftigkeit und Zufälligkeit gehören für mich zum Wesenskern der Quantentheorie. Quantenfeldtheorie ist keine Kontinuumstheorie (obwohl sie bei der kanonischen Quantisierung oft so präsentiert wird).
 
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Bernhard

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Für mich beweist das Fehlen einer Lösung zu (3) nur, dass das niemand weiß.
Wie ist das zu verstehen? Die Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Feldern mit Materie/Atomen kann extrem genau beschrieben werden. Die zugehörigen Modelle sind nicht trivial, aber existieren.
 

TomS

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Hallo Tom, bei diesen Vorschlägen, insbesondere die Nummer 3, befürchte ich, dass sich die Diskussion nur weiter im Kreise dreht. Dass die herkömmlichen quantenmechanischen Modelle die offene Frage rund um das Messproblem nicht ausreichend beantworten kann, wurde nun doch wirklich ausreichend oft festgestellt?
Ja.

Neue Erkenntnisse erfordern also tatsächlich ein grundlegend anderes Denkmodell, welches den hinlänglich bekannten Rahmen der QM verläßt.
Nein, kein grundlegend anderes Denkmodell.

Es erfordert realistischere Modelle im bekannten Rahmen der QM bzw. besser QFT.

Aktuell haben wir diesbezüglich zwei vielversprechende Ansätze:
a) A. Neumaiers TI (ein Willkommen an den Autor im Forum auch von mir)
Das ist eine konservative Methode innerhalb des etablierten Rahmens.

b) eine Berücksichtigung der Gravitation gemäß verschiedener Vorschläge von R. Penrose et al.
Das oder ähnliches ist natürlich sehr spannend.

Bei der TI wird angenommen, dass komplizierte Hintergrundfelder (thermische Photonen, Neutrinos, Higgs-Felder usw.) den Detektor so beeinflussen, dass diese umfangreichen und teilweise unbekannten Einflüsse nur noch im Rahmen einer gewissen Statistik beschrieben werden können. Deshalb wird erklärt, wie diese Hintergrundfelder prinzipiell zu einem offenen Quantensystem führen und damit dann zu den bekannten Wahrscheinlichkeiten, wie sie mit der bornschen Regel oder einer Dichtematrix berechnet werden.
So in etwa. Prof. Neumaier wird das sicher im Detail erklären.

Es ist jedenfalls ganz gewöhnliche QFT, jedoch mit dem Ziel deutlich verbesserter Modelle – nicht nur für Wahrscheinlichkeiten sondern für eine im Prinzip realistische Lösung je einzelnem System, Ereignis und Messergebnis.
 
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TomS

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Die Absorption von Photonen in verschiedenen Materialien wird von der quantenmechanisch erweiterten (bzw. erst wirklich begründeten!) Statistischen Mechanik hinreichend erklärt.
Es geht beim Messproblem nicht um Statistik sondern um eine einzelne Messung, ein Photon, ein Detektorereignis …

Das sogenannte Messproblem resultiert aus einer sehr verengten Betrachtungsweise der Theorie, die in der Theorie Antworten auf Fragen sucht, die sie gar nicht beantwortet.
Sie beantwortet keine Fragen, wenn man sie nicht vernünftig stellt.

Es braucht gar keine neue Physik -- es genügt, die existierende Theorie wirklich zu verstehen (richtig zu interpretieren)!
Nicht zu interpretieren sondern geeignete Modelle zu finden und zu lösen.

Es geht um "Kontinuität", die die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung suggeriert. Ihre Linearität wird zum Superpositions"prinzip" überhöht, der Idee, dass ein Quantenobjekt gleichzeitig zwei einander widersprechende Eigenschaften haben kann.
Das ist nicht das Superpositionsprinzip!


Die Summe zweier Lösungen der Schrödingergleichung ist wieder eine Lösung.

Um den Widerspruch zu verschleiern wird eine irreduzible Unbestimmtheit eingeführt, und man redet natürlich nicht von Eigenschaften, sondern von "Observablen", die erst durch einen Akt der Beobachtung real werden. Es ist natürlich ein leichtes, sich einen kontinuierlichen Übergang von einem Neutron zu einem Proton vorzustellen, wenn ein Nukleon beides zugleich sein kann.
Das ist deine private Sichtweise.

Natürlich sind zwei sich widersprechende EigenscHaften problematisc, daher sollte man so einen Sprachgebrauch vermeiden.

Der Begriff Quanten"objekt" ist problematisch. Der Welle-Teilchen-Dualismus wird als überholt dargestellt, aber je nach Bedarf redet man vom Quantenfeld, das sich über den ganzen Kosmos erstreckt, oder von lokalisierten "Anregungen" desselben. Was genau der Gegenstand der Quantenfeldtheorie ist, bleibt unklar.
Über Worte kann man streiten, am besten man konsultiert ein Buch zum mathe Formalismus.

Zum Gegenstand der Quantenfeldtheorie und dem Begriff des Quantensystems sagt eine realistische Interpretation schlicht, dass der Zustandsvektor (bzw. die Dichtematrix) einschließlich seiner Zeitentwicklung ein einzelnes tatsächlich vorhandenes physikalisches System beschreibt.

Man tritt einfach den Anti-Realismus von Bohr et al. in die Tonne.

Die Linearität der Schrödinger-Gleichung ist ja evident, aber der Realitätsbezug der Wellenfunktion ruht auf einem metaphysischen, heuristischen Element.
Ja.

Das war schon bei Newton und Maxwell der Fall, und man schreibt das fort.

Ist die Existenz von Quantenobjekten mit widersprüchlichen Eigenschaften die einzig mögliche Interpretation?
Es gibt keine widersprüchlichen Eigenschaften. Es gibt einen Zustandsvektor (bzw. die Dichtematrix) der die Realität beschreibt. Wenn etwas widersprüchlich ist, dann kommt das von irgendwo anders her.

Es wäre ein Zirkelschluss, den Erfolg der Quantentheorie als Beweis für eine seltsame Ontologie zu sehen.
Einen solchen Beweis behauptet auch niemand.
 
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TomS

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Wie ist das zu verstehen? Die Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Feldern mit Materie/Atomen kann extrem genau beschrieben werden. Die zugehörigen Modelle sind nicht trivial, aber existieren.
Für das von mir immer wieder gestresste Beispiel eines Photons, der Erzeugung in der Quelle und der Wechswelwirkung mit dem Detektor und dem dort auftretenden einzelnen lokalisierten Detektorereignis mit einem Detektorelement kennt Prof. Neumaier nach eigener Aussage kein lösbares Modell.

Das ist eine viel kompliziertere Frage als "Aussagen im Mittel", Streuquerschnitte oder Spektren zu berechnen.
 

antaris

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Für das von mir immer wieder gestresste Beispiel eines Photons, der Erzeugung in der Quelle und der Wechswelwirkung mit dem Detektor und dem dort auftretenden einzelnen lokalisierten Detektorereignis mit einem Detektorelement kennt Prof. Neumaier nach eigener Aussage kein lösbares Modell.
Glaubst du, dass dies wirklich modelliert werden kann? Das Photon wird zwischen Emitter und Detektor rein quantenmechanisch beschrieben. Selbst wenn fundamental mikrokausal/unitär und nicht stochastisch, so kann mE. innerhalb des Vakuums kein bestimmter Raumzeitpunkt berechnet werden. das Photon ist dann gemäß bornscher Regel "irgendwo" dazwischen. Wird nicht erst bei der Lokalisierung im Detektorelement eine messbarer Ort und der Zeitpunkt des Ereignis festgelegt, da das rein quantenmechanische Photon davor ausschließlich und trotz klassischen Raumzeithintergund, als reiner Zustand und damit raum- und zeitlos beschrieben werden muss? Die bornsche Regel wäre dann der Effekt der raum- und zeitlosen Beschreibung des Photons, innerhalb der klassischen Raumzeit. Sprich, wenn reine QM und der "der klassissche Hintergrund" zusammen beschrieben wird, dann geht das ausschließlich über den Weg der Stochastik - Bornsche Regel? Die Quantendynamik bleibt immer mikrokausal und unitär, die tatsächliche Lokalisation, über die Verschränkung mit System/Detektor und Umgebung bei der Wechselwirkung, jedoch stochastisch und gemäß der Bornschen Regel?
 

A.Neumaier

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TomS schrieb:
Für das von mir immer wieder gestresste Beispiel eines Photons, der Erzeugung in der Quelle und der Wechswelwirkung mit dem Detektor und dem dort auftretenden einzelnen lokalisierten Detektorereignis mit einem Detektorelement kennt Prof. Neumaier nach eigener Aussage kein lösbares Modell.
Glaubst du, dass dies wirklich modelliert werden kann? Das Photon wird zwischen Emitter und Detektor rein quantenmechanisch beschrieben.
und kann daher quantenmechanisch modelliert werden. Nur ist die vereinfachte Modellierung, die für typische Photonenexperimente benutzt wird, unzureichend, da da von einem Photon nur ein Polarisierungsfreiheitsgrad, aber keine räumlicher Ausdehnung modelliert wird, und die Wechselwirkung mit dem Detektor nur statistisch und pauschal durch die Bornsche Regel (die postuliert wird) gegeben ist.

Für eine unitäre Beschreibung muss man den Detektor aber als Vielteilchensystem mitsamt seiner Umgebung modellieren. Dafür gibt es schon Modelle, aber ein Modell, das genügend realistisch und gleichzeitig theoretisch für die Messung eines einzelnes Photons analysierbar ist, ist mir nicht bekannt. Denkbar aber schon; daher ist hier ein offenes Problem.
Selbst wenn fundamental mikrokausal/unitär und nicht stochastisch, so kann mE. innerhalb des Vakuums kein bestimmter Raumzeitpunkt berechnet werden. das Photon ist dann gemäß Bornscher Regel "irgendwo" dazwischen.
Nein. Die Bornsche Regel sagt gar nichts über ein einzelnes Photon aus. Aber gemäss der QFT ist das Photon ''dazwischen'' überall, wo das eleektromagnetische Feld ist.
 

TomS

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Glaubst du, dass dies wirklich modelliert werden kann?
Wenn Prof. Neumaier daran glaubt jedoch aktuell kein Modell sieht, dann wüsste ich nicht, mit welcher Expertise ich da widersprechen sollte.

Das Photon wird zwischen Emitter und Detektor rein quantenmechanisch beschrieben.
Ja.

Selbst wenn fundamental mikrokausal/unitär und nicht stochastisch, so kann mE. innerhalb des Vakuums kein bestimmter Raumzeitpunkt berechnet werden. das Photon ist dann gemäß bornscher Regel "irgendwo" dazwischen.
Das einzelne Photon IST nach der Hypothese der TI irgendwo lokalisiert; die Bornsche Regel ist dabei zunächst irrelevant. Der Mond ist auch lokalisiert, niemand verwendet den Newtonschen Orbit als Basis für eine Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Wird nicht erst bei der Lokalisierung im Detektorelement eine messbarer Ort und der Zeitpunkt des Ereignis festgelegt,
Das steht m.E. im Widerspruch zu den Hypothesen der TI.

… da das rein quantenmechanische Photon davor ausschließlich und trotz klassischen Raumzeithintergund, als reiner Zustand und damit raum- und zeitlos beschrieben werden muss?
Der Zustand kodiert auch eine Lokalisierung.
 

A.Neumaier

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Ist die Existenz von Quantenobjekten mit widersprüchlichen Eigenschaften die einzig mögliche Interpretation?
Nein. Die thermische Interpretation (TI) interpretiert Dichteoperatoren als Zustände von Quantenobjekten ohne widersprüchliche Eigenschaften.
Als Objekte, die sich kontinuierlich von einer Quelle zu einer ausgedehnten Photoplatte ausbreiten und ihre Energie dort an einem einzigen Punkt wieder abladen, sind Photonen absolut rätselhaft. Die Quantenelektrodynamik sagt überhaupt nichts darüber aus, wo sich die Energie zwischen dem Zeitpunkt der Emission und dem der Absorption genau befindet (außer irgendwo im elektromagnetischen Feld).
Als Wellen, die sich kontinuierlich von einer Quelle zu einer ausgedehnten Photoplatte ausbreiten und ihre Energie dort wieder abladen, sind Photonen keineswegs rätselhaft.
Was wir einigermaßen sicher sagen können, ist nur, dass am Ziel die gleiche Menge an Energie absorbiert wird, wie an der Quelle abgestrahlt wurde.
Ja. Das Abladen geschieht allerdings stochastisch (und erweckt daher einen diskreten Eindruck), weil die Detektorelemente stochastischer Natur sind und nur ganz order gar nicht ansprechen können. Das geschieht auch schon bei der Wechselwirkung eines Detektors mit einem klassischen externen elektromagnetischen Feld, wo von Photonen keine Rede sein kann - siehe https://physics.stackexchange.com/q...ic-effect-be-explained-without-photons/131483
Neumaiers TI stehe ich diametral gegenüber -- zum einen weil ich in der Wellenfunktion eben nicht das Schlüsselelement der Quantentheorie sehe, und zum anderen weil ich Neumaiers Weigerung, die "q-expectations" als statistische Korrelationen zu betrachten, nicht nachvollziehen kann.
Dann haben Sie nur sehr oberflächlich gelesen.

Die Wellenfunktion spielt in der TI nämlich überhaupt keine Rolle.

Und die q-expectations (Quantenwerte) können in der TI durchaus als Korrelationen verstanden werden, nämlich immer dann (und nur dann), wenn ein physikalische Ensemble von vielen Messungen vorhanden ist. Aber nicht, wenn man an einen einzelnen Stück Eisen einmal die Temperatur, Druck und chemisches Potential misst und daraus auf Grund einer thermodynamischen Zustandsfunktion den Quantenwert der Energie im Gleichgewicht ausrechnet. Da hat man nämlich ein Einzelsystem, und das einzige Ensemble ist das rein gedachte Gibbs-Ensemble.

Aber zwingt uns das wirklich zu der Hypothese, dass ein "System" gleichzeitig in verschiedenen Zuständen ist? Doch nur, wenn wir die Kontinuität des "Systems" voraussetzen und bestimmte Vorstellungen von seinen Eigenschaften haben.
Nichts zwingt zu dieser Hypothese.

Im Gegenteil, ein System in einer Superposition zweier Zustände ist in einem komplexeren Zustand, wo es weder den einen noch den andern Zustand hat.
 

Prokyon

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Sie beantwortet keine Fragen, wenn man sie nicht vernünftig stellt.
Eben. Ist die Frage nach dem Schicksal eines Einzelphotons vernünftig gestellt?
Die Summe zweier Lösungen der Schrödingergleichung ist wieder eine Lösung.
Das ist eine Trivialität. Ginge es nur um Mathematik, wäre es ungewöhnlich, es als Superpositionsprinzip zu adeln.
Es gibt keine widersprüchlichen Eigenschaften. Es gibt einen Zustandsvektor (bzw. die Dichtematrix) der die Realität beschreibt. Wenn etwas widersprüchlich ist, dann kommt das von irgendwo anders her.
Du ziehst dich hinter die Mathematik zurück und implizierst, dass du die Formeln richtig interpretierst. Wenn es so einfach ist, bleibt es ein Rätsel, weshalb über die Interpretation(en) der Quantentheorie noch immer so heftig gestritten wird.
 
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