Quotient

ralfkannenberg

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Eine beliebige Umordnung der unendlichen Reihe Σnan über einer unendlichen Folge A = (an) ist übrigens dann und nur dann erlaubt, wenn die entsprechende Reihe absolut konvergent ist, d.h. wenn

Σn |an| < ∞
Hallo Tom,

auf die absolute Konvergenz hatte ich in meinem Beitrag #9 hingewiesen, vielleicht aber nicht deutlich genug.

Der Vollständigkeit halber sei auch noch auf das Leibniz-Kriterium hingewiesen, welches besagt, dass die alternierende Reihe einer monoton fallenden reellen Nullfolge konvergiert. Dies ist beispielweise bei der harmonischen Reihe gegeben. Dass sie konvergiert heisst indes nicht, dass man ihren Grenzwert eindeutig angeben kann.

Manchmal lohnt es sich auch, die Anschauung zu bemühen: so kann man einfach zeigen(*), dass die positiven Glieder der alternierenden harmonischen Reihe gegen +oo divergieren und die negativen Glieder der alternierenden harmonischen Reihe gegen -oo divergieren. Und die "Summe" aus +oo und -oo ist eben nicht definiert. Bei absolut-konvergenten Reihen kann einem so etwas eben nicht passieren.

Jetzt möchte ich aber diesen Thread nicht mit weiteren Gedanken zur alternierenden harmonischen Reihe, betreffend derer Effekte man einfach etwas aufpassen muss, "kapern".


Freundliche Grüsse, Ralf


(*) 1/3+1/4 > 1/4+1/4 = 1/2; 1/5+1/6+1/7+1/8 > 1/8+1/8+1/8+1/8 = 1/2; 1/9+...+1/16 > 1/16+...+1/16 = 1/2 usw, und von denen gibt es nicht nur endlich viele
Ausserdem nutze man bei den positiven Gliedern der alternativen harmonischen Reihe, dass 1/3>1/4, 1/5>1/6, 1/7>1/8 u.s.w. und klammere 1/2 aus, d.h. 1/3+1/5+1/7+... > 1/4+1/6+1/8+... > 1/2*(1/2+1/3+1/4+...), welches über alle Schranken anwächst.
 

Rainer

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a ist immer nur eine Reihe.
Wenn Du zwei Reihen vergleichen willst, dann müsste man wohl so schreiben
Δ.A = Δ{a} = {b}-{a} = {b1-a1; b2-a2; b3-a3; ...}
Das kannst Du auch mit der Summe machen
Σ.A = Σ{a} = {a1+b1; a2+b2; ...}
und (unendlich) viele Reihen miteinander verknüpfen...geht alles
Σ.A = Σ{a} = {a1+b1+c1+d1+...; a2+b2+c2+d2+...; ...}
 

ralfkannenberg

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Ich habe eine Fragen, die sich bei der Verallgemeinerung unmittelbar aufdrängt:

Was genau ist der Raum aller linearen Abbildung Z : ℓ¹ → ℓ¹, so dass das Ergebnis sicher wieder absolut konvergent ist? Die elementweise Multiplikation mit einer Folge Z, deren Elemente nicht unbeschränkt wachsen sondern einem Grenzwert zustreben, ist trivialerweise hinreichend; aber i.A. auch notwendig?
Hallo Tom,

ich weiss es nicht. Funktionalanalysis (und auch die Maßtheorie) waren die beiden Prüfungen, die ich ebenso wie die Mehrzahl meiner Studienkolleginnen und Studienkollegen nicht bestanden habe, auch wenn ich noch insofern gut bedient war, dass ich die bestmögliche nichtbestandene Note erhielt, was ich dann problemlos kompensieren konnte.

An sich war das ein Witz, denn mein mit Abstand schlechtestes Fach war die Differentialgeometrie, zumal ich während meines Studiums niemals Geometrie-Vorlesungen zu belegen brauchte. Zwar waren die Inhalte hochspannend, aber mein Talent dazu nicht vorhanden. Trotzdem hatte ich die Prüfung mit enormem Lernaufwand (weitgehend ohne Sinn und Verstand) vorbereitet, was dazu führte, dass ich statt katastophal durchzufallen diese Prüfung völlig wider Erwarten bestanden habe, was damals zu einem grossen Motivationsschub führte. Zwar hätte ich gesamthaft auch ohne das bestanden, aber so war es eben doch um einiges angenehmer.

Ganz witzig war das in der Maßtheorie, denn damals gab es die Testatbedingung, im Semester 7 "erfolgreiche" Übungen abgeben zu müssen. Zusätzlich gab es noch die beiden freiwilligen Tests, und wenn man einen davon sehr gut bestanden hat, wurden einem 7 Übungen angerechnet, bei einer guten Note 5 Übungen und bei einer genügenden Note 3 Übungen. Voller Motivation habe ich also den ersten freiwilligen Test vorbereitet und zu meiner Ernüchterung nicht bestanden. Es stellte sich dann heraus, dass von 60 Studierenden nur 5 (aus höheren Semestern) diesen bestanden haben, die dann auch namentlich aufgerufen wurden und aufstehen mussten, damit sie jeder bewundern konnte. Offenbar war mein "Werk" aber doch soweit gut genug, dass mir eine Übung angerechnet wurde.

Zum zweiten freiwilligen Test ist dann ausser den 5 Höhersemestrigen keiner mehr angetreten; damit aber der Professor nicht den Eindruck bekam, dass im Gegensatz zum ersten freiwilligen Test, bei dem nur 1/12. der Kandidaten bestanden hatte, nun alle bestanden haben, bin ich trotzdem angetreten. Ich hatte noch hin- und herüberlegt, denn am Vorabend fand das traditionelle Mathematikerfest an einem kleinen See in Zürich statt; schliesslich entschloss ich mich, die erste Hälfte des Sommerfestes auszulassen und mich dafür wenigstens ein bisschen auf den freiwilligen Test vorzubereiten, und eben erst zur zweiten Hälfte des Festes zu gehen (was dann allerdings doch noch ein "bisschen" später wurde, aber egal). Zu meiner grossen Freude stellte sich noch ein weiterer Student meines Semesters diesem Test, er hatte sich aber nicht vorbereitet, sondern seine Vorlesungsnotizen unter dem Pult versteckt, was aber niemand bemerkt hat. Das Ergebnis war ja vorherzusehen: die 5 Höhersemetrigen haben wieder bestanden und mussten wieder aufstehen und sich zeigen und ich bekam wieder eine Übung für mein "Werk" angerechnet. An sich war das gar nicht nötig, weil ich ja ohnehin alle Übungen "erfolgreich" gemacht hatte. - Was der andere Student aus meinem Semester falsch gemacht hat weiss ich nicht, er bekam jedenfalls keine Übung angerechnet. - Das alles ist nun schon 40 Jahre her.

Wie auch immer: zu Fragen aus der Funktionalanalysis werde ich mich mit Vorteil nicht äussern. Damals haben übrigens die Leute, die gut in Funktionalanalysis waren, dann weitergemacht und promoviert.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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TomS

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Sorry, ich wollte da kein Salz in die Wunden streuen 🤔

Funktionalanalysis, Diplomprüfung mndl., für mich als Physiker im Nebenfach. Nach ca. 30 Min. sollte ich das Lebesgue-Integral erklären. Ich also anschaulich zeichnend, erklärend … der Beisitzer bekommt immer tiefere Stirnfalten, rollt die Augen, sah bedrohlich aus. Der Prof. bemerkt die stumme Kritik und meint "doch doch, so würde ein Physiker das ‚definieren‘" 🙃

Egal, ich habe keine Ahnung, wie ich meine o.g. Frage angehen soll.
 
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ralfkannenberg

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Sorry, ich wollte da kein Salz in die Wunden streuen 🤔
Hallo Tom,

das ist kein Salz, sondern erklärt nur meine Zurückhaltung. Du hast Dich mit diesen Inhalten bei Weitem mehr beschäftigt als ich.

Auf meine völlig überraschende genügende Note in Differentialgeometrie bin ich noch heute stolz, und betreffend dieser freiwilligen Tests - darauf bin ich aber erst viele Jahre später gekommen: dank der einen angerechneten Übung des zweiten freiwilligen Tests landete ich in dieser "Wertung" auf Platz 6 von 60 Studenten.

Ebenfalls völlig belanglos aber eben dennoch ein Motivationsschub war mein erster freiwilliger Test in Physik im 1.Semester, und daran nahm auch der spätere Professor Wiesendanger aus Lörrach teil, der vor einigen Jahren (leider) in der Presse Aufmerksamkeit erhielt, als er sich fachfremd über die Verbreitung des Corona-Virus geäussert hatte; er war auch schon im 1.Semester die unbestrittene Nummer 1 und pflegte einen unaufgeregten und unaufdringlichen Lernstil, der mich sehr beeindruckt hatte. Jedenfalls erlangte er von den Physik-Studenten die meisten Punkte (irgendetwas um die 80 Punkte), aber zwei Mathematik-Studenten hatten noch einen halben Punkt mehr als er, und einer der beiden war ich. Das war dann wirklich die erste ganz grosse Überraschung meines Studiums, wobei mir natürlich völlig klar war, dass ich die Aussagekraft dieses Tests nicht überbewerten darf.

Nach ca. 30 Min. sollte ich das Lebesgue-Integral erklären. Ich also anschaulich zeichnend, erklärend … der Beisitzer bekommt immer tiefere Stirnfalten, rollt die Augen, sah bedrohlich aus. Der Prof. bemerkt die stumme Kritik und meint "doch doch, so würde ein Physiker das ‚definieren‘" 🙃
Ja, diesen Spruch habe ich oft gehört und auch ich denke, das darf man nachsehen und einem Physiker in so einem Fall dennoch die volle Punktzahl zugestehen. Zahlreiche meiner mathematischen Studienkollegen haben sich übrigens bei der Vorbereitung ihres Vordiploms Unterstützung von Physikern geholt, weil diese die wesentlichen Dinge in den Vordergrund gestellt haben und es viel anschaulicher erklären konnten. Ich selber habe es indes wie der Mr.Incredible von den Unglaublichen gehalten: "I work alone".


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Du hast Dich mit diesen Inhalten bei Weitem mehr beschäftigt als ich.
Insofern es um mathematische Physik geht, sicher. Geht es hier aber nicht 😉

Ja, diesen Spruch habe ich oft gehört und auch ich denke, das darf man nachsehen und einem Physiker in so einem Fall dennoch die volle Punktzahl zugestehen.
Letzteres hat der Prof. doch exakt so gesehen 😁

Mir ist irgendwann später aufgefallen, dass der Unterschied zwischen Mathe und Physik gar nicht so sehr die Strenge der Beweisführung oder der Rechnung ist, sondern der Unterschied der Darstellungen. Der Physiker stellt ein physikalisches Problem in den Vordergrund, formuliert das mathematisch und löst es, berechnet also die Lösungen. Der Mathematiker stellt ein Theorem in den Vordergrund und beweist es; oft ist das ein nicht-konstruktiver Beweis, explizite Lösungen sind dann teilweise Beispiele oder Spezialfälle.

Wenn man mathematische Arbeiten "von der Lösung zum Lösungsweg" einfach von hinten nach vorne liest, dann entspricht das in etwa der Denkweise der Physiker "vom Problem über den Lösungsweg zu Lösung".
 

TomS

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Bei Juristen: Gutachterstil oder Urteilstil
Guter Vergleich.

Ist in meinem Job genauso: vom Ergebnis zur Herleitung, weil ich meinen Mitarbeitern normalerweise glaube, dass die Herleitung stimmt, und mein Chef das genauso hält.

induktiv und deduktiv
Jein.

Im Sinne der Darstellung ja. Aber nein, die Methode ist aber auch in der Mathematik üblicherweise nicht deduktiv, weil keiner ein Ergebnis errät oder sieht, ohne dass er es sich mühsam erarbeitet hat – nur, um dann die Darstellung umzudrehen.

Das sagt dir aber keiner. Du denkst, du müsstest so denken können – musst du aber oft gar nicht.

Beispiel ART: Einstein hat sich ca. 10 Jahre mühsam in Richtung der endgültigen Formulierung vorgearbeitet. Hilbert hat zuletzt ziemlich zeitgleich – es gab da auch kurze Verstimmungen – den endgültigen Einzeiler präsentiert

cba2cab52da824a41c7d90c21e3706b1be580fbd


aus dem tatsächlich alles folgt, der aber ohne die 10 Jahre nie erdacht wäre.
 

Rainer

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Im Sinne der Darstellung ja.
Genau.
Aber nein, die Methode
naja, das ist der Weg der Forschung: aus Messungen wird rückgeschlossen, zB Galilei die Beschleunigung. Weil das Ergebnis so ausfällt, werden die Zusammenhänge unterstellt. Oder das Quark Modell. Induktiv ist es, aus einer Theorie eine Vorhersage zu erstellen, die dann im Experiment geprüft wird, was natürlich auf ein deduktives Ergebnis hin als Prüfung auch erfolgt. In der Physik ist das deduktive Vorgehen wohl immer der erste Schritt, die Beobachtung der Natur und Rückschlüssen daraus. Danach ergeben sich induktiv neue (bisher nicht beobchtete oder nicht verstandene) Erkenntnisse daraus.
 
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TomS

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Induktiv ist es, aus einer Theorie eine Vorhersage zu erstellen, die dann im Experiment geprüft wird,
Nee, das ist die deduktive Methode: aus einer allgemeinen Theorie konkrete Einzelaussagen abzuleiten.

Die induktive Methode besteht darin, ausgehend von Einzelergebnissen eine allgemeingültige Theorie als Hypothese aufzustellen. *)

In der Physik ist das deduktive Vorgehen wohl immer der erste Schritt, die Beobachtung der Natur und Rückschlüssen daraus.
Wie gesagt anders herum: "In der Physik ist das induktive Vorgehen wohl immer der erste Schritt, die Beobachtung der Natur und Rückschlüssen daraus".

Es gibt durchaus beides, und zumeist ist es ein Wechselspiel. Allgemeine Prinzipien und die Theorie an die Spitze zu stellen, ist aber tatsächlich selten; die ART ist wohl die große Ausnahme. Ein klassisches Beispiel für die Induktion ist die Entwicklung des Quark-Modells, wobei dies nicht rein induktiv erfolgte, vielmehr spielte die Abduktion eine Rolle: "wenn diese Hypothese zutrifft, dann folgen die experimentellen Erkenntnisse …"

*)
Induktion (lateinisch inducere ‚herbeiführen‘, ‚veranlassen‘, ‚einführen‘) bedeutet seit Aristoteles die abstrahierende Schlussfolgerung aus beobachteten Phänomenen auf eine allgemeinere Erkenntnis, etwa einen allgemeinen Begriff oder ein Naturgesetz. Der Ausdruck wird als Gegenbegriff zu Deduktion verwendet. Eine Deduktion schließt aus gegebenen Voraussetzungen auf einen speziellen Fall,

In der wissenschaftstheoretischen Diskussion zwischen den Vertretern des Neopositivismus (Rudolf Carnap, Carl Gustav Hempel, Hans Reichenbach sowie Karl Popper) war man sich einig, dass es bei dem Anspruch an eine wissenschaftliche Aussage nicht um den Entdeckungszusammenhang, sondern um den Begründungszusammenhang geht. Für Hempel wie für Popper ist der Entdeckungszusammenhang etwas Subjektives, Irrationales, das für die Frage der Wissenschaftlichkeit einer Aussage/Hypothese nicht relevant ist. Jede Aussage ist in der Wissenschaft zulässig, wenn sie den Kriterien einer rationalen Begründung entspricht, egal wie sie zustande gekommen ist. Strittig war nur, ob das Kriterium die Verifikation oder die Falsifizierbarkeit ist.
 
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Rainer

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Aber nein, die Methode ist aber auch in der Mathematik üblicherweise nicht deduktiv
Ich bin Jurist, und wenn ich (gefühlsmäßig) meine, die Lösung für ein Problem zu kennen, dann gehe ich deduktiv vor.
Ich behaupte das Ergebnis und begründe dieses dann, wobei die Begründung wieder Behauptungen enthält, die nach und nach wieder begründet werden, bis manchmal der Punkt kommt, wo das Kartenhaus zusammenfällt, und ich mit dem gegenteiligen Ergebnis von vorne anfange.
In der Physik gehe ich meist ähnlich vor....erst vor Kurzem wieder, beim Perpetuum Mobile von Jens.

aus wiki:

320px-Induktion-Deduktion.svg.png
 

TomS

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Ich bin Jurist, und wenn ich (gefühlsmäßig) meine, die Lösung für ein Problem zu kennen, dann gehe ich deduktiv vor.
Ich behaupte das Ergebnis und begründe dieses dann, wobei die Begründung wieder Behauptungen enthält, die nach und nach wieder begründet werden ...
Dann habe ich dich oben wohl falsch verstanden.

Physiker gehen deduktiv vor, indem sie sich ausgehen von der Theorie (= einem mathematischen System mit teilweise vorhandenen Bezügen zur Empirie) mittels physikalischer und mathematischer Überlegungen zu einem zumeist unbekannten Ergebnis vorarbeiten.

Physiker gehen induktiv vor, wenn Sie im Kontext einer Theorie oder im Umfeld einer Hypothese Daten und Fakten sammeln.

Wenn dies der Theorie oder Hypothese widerspricht, oder wenn eine solche einfach fehlt, dann gehen sie abduktiv vor, indem sie mittels Phantasie oder Intuition eine neuartige Theorie oder Hypothese X formulieren, im Sinne von "wenn dieses X gelten würde, dann müssten daraus diese bisher unverstanden Fakten folgen". Das können kleine Schritte sein wie "wenn ein bisher unentdecktes Elementarteilchen mit diesen und jenen Eigenschaften existieren würde, dann würde die Energieerhaltung beim beta-Zerfall doch gelten", jedoch auch große neue Theorien wie die ART oder die QM.
 
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