„danke für Deinen Beitrag. Wenn es richtig sehe, bedeutet die KI also, dass die Superposition sich erst bei der Messung auflöst, wohingegen bei der Dekohärenz die Superposition durch Wechselwirkung mit der Umwelt aufgelöst wird.“
Genau, Du musst aber wissen, dass Messung auch eine Wechselwirkung ist. Der eigentliche Unterschied zwischen KI und VWT ist die Beschreibung dieser Wechselwirkung.
Die VWT beschreibt die Auflösung der Superposition mit Hilfe der Schrödinger Gleichung. Dies nennt man Dekohärenz.
Die KI ist nicht in der Lage diese Auflösung zu beschreiben, sie postuliert sie einfach.
„Was mich aber verwirrt, ist der von Dir eingebrachte Begriff der „Vielewelten“ Interpretation. Ist dies einfach ein Synonym für Dekohärenz? Ich dachte immer, bei der Vielewelten Interpretation verzweigt sich quasi bei jeder Auflösung einer Superposition das Universum, so dass beide Zustände "den Weg in die Realität finden". Sehe ich das falsch?“
Dekohärenz ist nicht gleich „Aufspaltung in „mehrere Welten“. Wichtig ist zu verstehen was eine „Welt“ überhaupt ist.
In der eigentlich modernsten Darstellung der Quantentheorie, der unter Kosmologen beliebten "Consistent Historie Quantenmechanik", wird eine Welt über das Dekohärentfunktional definiert.
Ich will mal im folgenden am Beispiel beschreiben wie unspektakulär "Vieleweltentheorie" eigentlich ist, wie man darauf kommt und was das mit Dekohärenz zu tun hat.
Betrachten wir einmal ein Photon in einem Mach - Zehnder Interferometer (MZI).
Dort soll es sich in einer Superposition der Form:
|P> = |Weg 1> + |Weg 2>) (1)
befinden.
Was bedeutet nun eigentlich kohärent?
Nun ist |P> kohärent, wird das Photon im zweiten Strahlenteiler des MZI interferieren.
Die Wirkung eines Strahlenteilers auf den Zustand |P> kann mathematisch durch den unitären Hadamard Operator H beschrieben werden. Das Ergebnis ist:
H | P> = | Weg 1>
Weg 2 wurde durch destruktive Interferenz eliminiert.
Wir wollen nun einen einfachen Dekohärenzprozess betrachten.
Dazu soll ein zweites Photon den Weg 2 kreuzen und mit den Zustand P wechselwirken.
Eine Wechselwirkung wird nur stattfinden wenn das Photon 1 auch wirklich Weg 2 nimmt.
Wir erhalten:
|P> = |Weg 1> | Photon 2 nicht gestreut + |Weg 2> | Photon 2 gestreut > (2)
Diesen Zustand nennt man Verschränkung. Man sieht das Photon 2 die Weginformation von Photon 1 trägt. Das bedeutet aus der Untersuchung von Photon 2 kann ich auf den Weg von Photon 1 schließen. Ich habe den Zustand von Photon eins also mit Hilfe von Photon 2 vermessen. Man erkennt dass die Superposition noch vorhanden ist. Aber wie sieht es mit der Kohärenz von Photon 1 aus?
Dazu wenden wir auf den verschränkten Zustand den Hadamard Operator an und bekommen :
H | P > = |Weg 1> (Photon 2 gestreut > + Photon 2 nicht gestreut >) + |Weg 2> (Photon 2 gestreut > - Photon 2 nicht gestreut >)
Man erkennt, dass konstruktive Interferenz nur unter der Bedingung:
<Photon 2 nicht gestreut |Photon 2 gestreut > = 1 (*)
auftritt. Diese Bedingung ist jedoch so gut wie nie erfüllt. Meistens gilt nämlich die Orthogonalität:
<Photon 2 nicht gestreut |Photon 2 gestreut > = 0 (**)
In diesem Fall kommt es am Strahlenteiler überhaupt nicht zur Interferenz.
Wann kommt es nun zur Aufspaltung der Welt?
Nun überhaupt nicht, denn die Welt ist bezüglich (1) oder auch (2) schon aufgespaltet, nur das sich der Unterschied beider Welten ausschließlich auf den Weg des Photon 1 bezieht. Ich könnte jetzt schrittweise immer mehr Teilchen mit der Superposition (1) verschränken, dadurch unterscheiden sich die beiden Welten immer mehr.
Aber!
Es kann auch passieren dass eine Superposition zerstört wird und zwei Welten „verschmelzen“. Dies würde passieren wenn ich den Zustand (1) durch einen Strahlenteiler laufen lasse. Diese Verschmelzung hat ihre Ursache in der Endlichkeit des Wirkungsquantums.
Wenn ein wegkohärentes Photon mit einem Strahlenteiler wechselwirkt, so wird der kohärente Zustand mit allen Atomen im Strahlenteiler verschränkt. Warum beobachte ich dann noch Interferenz? Nun hier liegt der Punkt warum viele Leute die ganze Sache nicht so richtig begreifen.
Wir müssen hier folgendes betrachten. Nach der Wechselwirkung des Photons mit dem Strahlenteiler ST gilt:
|Z> = |Weg 1 > | ST 1 > + |Weg 2 > | ST 2 >
Es zeigt sich nun dass ein Photon mit einem hochwertigen Strahlenteiler immer einer Form wechselwirkt, so das gilt:
Re < ST 2 | ST 1 > = 1 - a (3)
Dabei ist a so klein, dass man im Rahmen der Heisenbergschen Unschärferelation zwischen ST1 und ST2 messtechnisch nicht unterscheiden kann.
Würde man den ST durch einen Photomultiplier PM ersetzen und die Wechselwirkung mit einem Photon quantenmechanisch berechnen würde man erhalten:
Re [< PM 2 | PM 1 >] = 0 (4)
In diesem Fall würde keine Verschmelzung der Welt stattfinden, im Gegenteil, die Superposition des Photons würde explosionsartig in alle Richtungen mit Lichtgeschwindigkeit expandieren.
Sowohl (3) als auch (4) kann man mit der Schrödinger Gleichung im Rahmen komplexer Dekohärenz - Kalkulationen ableiten. Die Kopenhagener Interpretation kann dies nicht.
Was ich bis hierher geschrieben habe ist zwar ein starkes Argument für die VWT doch vielen reicht dies nicht aus. Eine Gruppe von Physikern inklusive meiner Wenigkeit (wobei ich mich leider noch nicht so nennen darf) haben nun eine Methode entwickelt, bei der makroskopische Superpositionen (nicht verwechseln mit Interferenzen) direkt nachgewiesen werden können. Laienhaft ausgedrückt: Wir können zwischen "parallelen Welten" klassisch kommunizieren.
Wie geht das? Nun mittlerweile ist das ganze offiziell und wenn es jemanden interessiert ich könnte es in einem eigenen Thread erläutern. Die Idee ist echt Hardcore.
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