Ich dachte an ein weniger exotisches, sondern vielmehr möglichst klassisches Experiment, wo es dann typischerweise auch Fehlerbalken gibt. Dafür muss es dann letztlich ja gemäß Zielsetzung dieses Themas auch eine quantenmechanische Beschreibung geben, welche in der Sprache der Axiome 1-3 formuliert werden kann.
Egal wie, es läuft immer auf das selbe hinaus.
Ich versuch's mal allgemein zu halten.
Nehmen wir an, wir können ein System S in zwei verschiedenen Zuständen
$$ |\phi_1\rangle, \; |\phi_2\rangle $$
präparieren.
Nehmen wir weiter an, wir können dieses System als Subsystem ein größeren Systems S' auffassen, wobei innerhalb S' eine Wechselwirkung gemäß der unitären Dynamik von S' stattfindet, die wir als Messung oder Beobachtung interpretieren möchten. Die Ergebnisse für das Messgerät bzw. für das Gesamtsystem wären
$$ |\Phi_1\rangle, \; |\Phi_2\rangle $$
bzw.
$$ |\phi_1\rangle \otimes |\Phi_1\rangle, \; |\phi_2\rangle \otimes |\Phi_2\rangle $$
Nehmen wir nun an, wir könnten eine Superposition
$$ a_1\, |\phi_1\rangle + a_2 \, \phi_2\rangle $$
präparieren.
Nach der Vorgehensweise von Neumanns, erweiterten Modellen zur Messung (POVM) sowie nach der Dekohärenz *) folgt aus der Wechselwirkung = Messung jeweils ein Superpositionszustand
$$ a_1 \, |\phi_1\rangle \otimes |\Phi_1\rangle + a_2 \, |\phi_2\rangle \otimes |\Phi_2\rangle $$
Im Ergebnis liegt
immer ein Superpositionszustand vor.
Wenn du im Falle von S ausschließlich makroskopische Objekte betrachtest, dann löst du das Problem sozusagen heimlich, weil du für makroskopische Objekte keine derartige Superposition präparieren kannst. Daher musst du mikroskopische Objekte zulassen, für die diese Präparation möglich ist, die du dann im Messgerät makroskopisch vgergrößerst.
Ein anschauliches Beispiel, in dem ausschließlich mikroskopische Objekte vorkommen, jedoch trotzdem makroskopische Unterschiede auftreten: du schickst ein einziges Photon durch einen Doppelspalt und weißt aufgrund des Formalismus sicher, dass es mit dem Detektorschirm als Ganzes wechselwirkt, aus der Beobachtung jedoch, dass es mit nur einem Atom wechselwirkt und dort lokal detektiert wird. Das ist mein Beispiel #3 aus dem Post #1 und immer noch die zentrale offenen Frage.
Wie oben gesagt, setzt man die Gültigkeit der Quantenmechanik voraus, bleiben folgende Möglichkeiten:
- man fordert zusätzlich zur Superposition wieder einen Kollaps [aber das ist letztlich wirklich Quatsch]
- man akzeptiert die Realität der Zweige [und gelangt zu Everett, Zeh et al.]
- man hinterfragt diverse Annahmen und sucht nach einem verfeinerten Mechanismus, der tatsächlichen immer auf einen eindeutigen Zweig führt [so wie ich Neumaier verstanden habe, ist das seine Idee im Rahmen der Thermal Interpretation, jedoch ohne Beweis und mit wenig Akzeptanz; je mehr ich darüber nachdenke, desto eher glaube ich an einen fundamentalen Denkfehler]
Der dritte bullet-point ist m.E. der einzige, über den es sich lohnt, nachzudenken. Der erste ist Quatsch, den zweiten wollen wir irgendwie nicht glauben und suchen daher nach einer zugleich formal beweisbaren als auch für uns akzeptablen Lösung. Wie gesagt, ich sehe da zwar irgendwo einen Denkfehler, aber erst wenn man den isoliert und verstanden hat, kann man diese Option endgültig verwerfen.
*) ich vernachlässige in der Notation die Umgebung sowie im Falle der Dekohärenz den finalen Schritt beim Übergang zu Dichtematrizen, der jedoch für das Argument nicht wesentlich ist.