Hi Luzifix,
Sissy, wenn Tiere eine Seele haben können, warum dann nicht auch der Regenwurm oder der Wasserfloh?
Vorneweg, ich bin mit Euren vielen unterschwelligen, unbewußten Annahmen zur Seele nicht vertraut.
Ich hab das so aufgefaßt: Im Gehirn laufen biochemische Vorgänge ab. Reize von den Sensoren (Augen, Ohren, Tastsinn, Wärmerezeptoren, Luftdruckschwankungen, ...) einer biologischen Spezies werden über die Nervenbahnen vom Ort des Sensors zum Großrechner (Gehirn) geschickt, laufen dort erstmal durch die ältesten, evolutionär bedingten Hirnareale (Filter) und rufen zuerst unbewußt ablaufende Reaktionen (=Instinkt?) wie Fluchtreflex, Schreckstarre, Schluckreflex... hervor. Anschließend werden sie auch noch von den neueren Hirnarealen verarbeitet und es ergeben sich dann auch durch den Willen gesteuerte Handlungen, die eventuell sogar die instinktive Reaktion außer Kraft setzen.
Je komplexer ein Gehirn zusammengesetzt ist (alte und neue Areale, Anzahl der Nervenbahnen und verarbeitenden Zellen), desto eher erwarte ich, daß sich dieses Gehirn seiner selbst als Weseneinheit bewußt wird. Bei einem Wasserfloh oder einem Regenwurm erwarte ich eine geringe Anzahl von Sensoren, Nervenbahnen und ein wenig ausdifferenziertes Gehirn. Bei einem Säugetier ist das Gehirn deutlich komplexer und mit steigender Komplexität stelle ich mir vor, daß es so etwas wie ein Bewußtsein entwickelt. Beim Wasserfloh ist aus meiner Sicht nicht genügend "Hardware" vorhanden, um komplexes Bewußtsein zu erzeugen.
Ich stütze diese Annahme auf die Tatsace, daß manche Säugetiere sich anscheinend ab einem gewissen Alter genau wie menschliche Kinder in einem Spiegel als "ich" wahrnehmen und Handlungen vornehmen, die nicht durch Instinkt alleine erklärt werden.
Bewußtsein erfordert also anscheinend eine große Anzahl von Neuronen. Die generieren ein wechselndes elektrisches Feld, das wir messen können. Stichwort EEG, MRT und was es da sonst noch alles an medizinischen Diagnosegeräten zur Messung der Hirnaktivitäten gibt.
Ist die Seele etwa die Summe all dieser komplexen elektromagnetischen Felder?
Wenn wir schlafen, geht in unserem Gehirn die Post ab. Wir verarbeiten die Eindrücke des vergangenen Tages, wir speichern neu Gelerntes ins Langzeitgedächtnis ab, wir träumen und unser Körper benutzt die Ruhepause um sich zu regenerieren...
Wenn durch eine Krankheit oder einen Unfall das Gehirn verletzt wird, ist die Signalverarbeitung gestört. Das kann sich in körperlichen Symptomen (Taubheit, Blindheit, Verlust von Tastsinn, Geschmackssin, Bewegungseinschränkung...) äußern oder in einer verzerrten Wahrnehmung des eigenen Ich (Geisteskrankheiten).
Das elektromagnetische Feld ist immernoch vorhanden, aber die Intensität und Flexibilität unterscheiden sich von einer gesunden Person.
Werden wir während einer Operation duch chemische Stoffe (Narkose) ruhiggestellt, verändert sich das elektromagnetische Feld ebenfalls und wir können in dieser Zeit die Impulse unserer Sensoren nicht bewußt wahrnehmen.
Klingt die Narkose ab, wachen wir auf und das EM-Feld kehrt zu seiner ursprünglichen Form zurück.
Was passiert dann beim Tod des biologischen Systems mit diesem elektromagnetischen Feld? Ich denke, es löst sich auf, weil es keine biologische Matrix mehr hat, an der es generiert wird und mit der es interagiert. Das Bewußtsein, die Persönlichkeit, der Charakter (die Seele?) löst sich auf.
Für einen gläubigen Menschen kann diese Vorstellung von mir beängstigend oder beleidigend sein. Dessen bin ich mir bewußt. Ich möchte niemanden verängstigen/beleidigen oder gar von seinem ureigenen Glauben entfernen. Ich möchte auf keinen Fall als "Missionar des Ateismus" verstanden werden. Jeder von uns hat das Recht, an das zu glauben, was er möchte. Ich bitte nur darum, sich einmal sachlich mit meinen Gedanken auseinander zu setzen.
Und vielleicht kann mir mal jemand erklären, was daran so furchtbar wäre, wenn wir als Individuum nur in Form unserer Handlungen relative "Unsterblichkeit" erlangen. Also nur über Liebe/Führsorge unseren Nachkommen und Familienmitgliedern, Freunden und der Gesellschaft gegenüber sowie über Kunstwerke (Gemälde, Skulpturen, Literatur, Musik...), die wir schaffen oder neue Ideen, die wir in den Wissensschatz der Menschheit einbringen.
In der uns umgebenden Natur ist alles im Fluß, alles ändert sich langsam aber stetig, es wird alles recyclt, nichts hat auf Dauer Bestand. Selbst Kontinente wachsen und vergehen, Sterne erlöschen und neue Sterne bilden sich. Wir haben die Chance im "Jetzt und Hier" diese Veränderungen zu erleben, die Faszination und Schönheit der Natur zu erfahren und durch bewußte Handlungen der Familie, den Freunden oder der Gesellschaft positive Impulse zu geben. Liebe, Mitgefühl, Verständnis und Hilfsbereitschaft anderen Menschen gegenüber sind für mich solche bewußten Handlungen und machen das Leben lebenswert. Neugier, Forschung und Anwendung des Erforschten gehören da aus meiner Sicht auch dazu.
Warum soll ausgerechnet das individuelle menschliche Bewußtsein alles überdauern, bis sich das Universum zu einem eiskalten leeren Raum ausgedehnt hat, in dem selbst schwarze Löcher verdampft sind?
Carpe Diem
Sissy