Hallo Bynaus,
ich versuche nebenbei den bisherigen Text mit einzubeziehen.
Bynaus schrieb:
Das führt aber nur exakt dann zur Stagnation, wenn über einen extrem langen Zeitraum exakt gleich viele Kolonien zerstört werden wie gegründet werden. Überwiegen die Zerstörungen, dann geht die Zivilisation unter. Überwiegen die Neugründungen, dann sind wir wieder bei der exponentiell wachsenden Zivilisation.
In deinem Modell gibt es keine negativen Rückkopplungen. Deswegen führt eine Nettoreproduktionrate nur ein klein wenig >1 zu einem rasanten Anwachsen über lange Zeiträume. Bzw. Zusammenbruch falls <1. Falls aber die NRR eine fallende Funktion der zahl der Kolonien ist (mit NRR>1 für sehr kleine Anzahlen und NRR<1 für sehr große) tritt eine Stabilisierung bei der Anzahl, bei der NRR=1 ist automatisch ein.
Bynaus schrieb:
Zitat:"Mir fallen hier zum Beispiel die Amish people ein, die aus Glaubensgründen bewusst auf Fortschritt verzichten."
Ja, und trotzdem sind die (restlichen) Amerikaner auf dem Mond gelandet.
Eine herrliche Stilblüte!
jonas schrieb:
Es ist zwar eine recht gewagte These, aber ich möchte sie trotzdem mal anführen: Eine intelligente Spezies wird Medizin entwickeln. Dies verringert den Selektionsdruck oder stoppt ihn sogar vollständig. Der Genpool wird damit sukzessive geschwächt und führt ultimativ zum Aussterben der Spezies auf allen Kolonien.
@Jonas/Bynaus: Ich denke das kann in der Tat ein Problem werden. Die de fakto Nullsterblichkeit vor der Geschlechtsreife ist ein Experiment, dass es so zuvor in der Geschichte des Lebens wohl noch nie gegeben hat. Gegenmaßnahmen sind möglich und technologisch einfach, aber gesellschaftlich schwierig und ethisch bedenklich. Der Einsatz von Gentechnologie würde, geht man von den Handlungen der Menschen in der Vergangenheit aus, das Problem noch verschärfen.
So jetzt weiter.
Bynaus schrieb:
Unser Niveau = Atomenergie, Raumfahrt, Computer, Elementarteilchenphysik, ein einziger besiedelter Planet, hochwertige Kaffeeproduktion solche Dinge.
Jede Zivilisation, die darüber hinaus geht, wird multiplanetar und damit langfristig zu einer galaxisabsorbierenden Superzivilisation (nicht JEDE natürlich, aber es wäre erstaunlich, wenn KEINE diesen letzten Schritt geschafft hätte...).
Unser Niveau ist mir schon klar. Was ich meinte, was verstehst du unter "deutlich"?
Eher von 1990 auf 2006, von 1900 auf 2006, von 100 auf 2006 oder von -100000 auf 2006?
Bynaus schrieb:
Schau dir die menschliche Geschichte an: entweder Wachstum (das immer exponentiell ist: in der Natur findest du eigentlich nie lineares Wachstum...), oder Kollaps. Stagnation gibt es nicht, höchstens als kurze Übergangsphase zwischen Wachstum und Kollaps.
Die mittleren Wachstumsraten von allem sind, über genügend lange Zeiträume betrachte sehr klein. Wie hat sich die Menge der Biomasse, Gehirngröße Bewegungegeschwindigkeit von Tieren ... usw. seit dem Kambrium verändert? Kaum, mittelere absolute Rate unter 0,000001% pro Jahr. Das wird auch in der Zukunft nicht anders sein können(*), selbst, wenn die Menschheit, oder ihre Nachfolger, die ganze Galaxis besiedelten.
Hohe jährliche mittlere Wachstumsraten von 1% (oder auch 0,01%!) sind also nur von kurzer Dauer. Sonst sind die Raten gering, das ganze stagniert also oder pendelt um einen mittleren Wert.
Was würde eigentlich einen multiplanetare Zivilisation deiner Meinung nach machen, wenn die Galaxis besiedelt wäre? (Sag jetzt nicht 1000 virtuelle Galaxien erschaffen
)
Bynaus schrieb:
Was hält sie denn davon ab? Was hält uns davon ab?
Ich möchte hier mal folgende These vertreten:
Es wird oft mit Reisezeiten usw. also den Flug zu anderen Sternen argumentiert. Ich denke das Problem liegt wo anders. Eine autarke Kolonie auf dem Mars oder einem extrasolaren Planeten (oder Asteroiden, Raumstation usw...) zu erstellen und zu erhalten halte ich für sehr viel schwerer als allgemein angenommen.
Denn oft wird nur die technologische Seite berachtet. Das eigentliche Problem ist m.E. aber die wirtschaftliche.
So ist der Schritt von der ISS zu einer autoarken Weltraumkolonie vermutlich viel größer, als vom Einbaum zur ISS.
Die mögliche "Höhe" der Technologie (die sie zu erreichen/halten) hängt m.E. stark von der Größe der Kolonie ab. Nur wirklich sehr große Kolonien können unter widrigen Bedingungen überleben. Denn nur sie können einen wirtschaftlich effiziente Massenproduktion betreiben und damit hochtechnologische Güter mit vertretbaren Aufwand herstellen.
Versuchen wir z.B. die ISS als Kolonie. Müssten ihre Bewohner sie refinanzieren, benötigte sie knapp 1Mio Einwohner!! (Kosten ca 100Mrd$, Jahresproduktion pro Kopf ~10000$ (sehr optimistisch unter den erschwerten Bedingungen), Lebensdauer+Zinsen).
Falls jemand glaubt, die Kosten könnten in der Zukunft stark sinken, dann soll er sich die Produktionskosten für PKW ansehen. Falls es realisitsch sein sollte Autos (gleichwertige Ausstattung wie heute) für 8 cent pro Stück herzustellen (heutiger Verdienst, also 300000 pro Jahresverdienst), ok, aber sonst...
Es gibt also m.E. eine Mindestgröße (welche von den Bedingungen abhängt) ab der eine Weltraumkolonie autark sein kann. Die ist vermutlich sehr groß, vielleicht vergleichbar mit der heutigen Weltbevölkerung, für normale, nicht extrem begünstigte Plätze (welche sehr selten sein werden und daher sehr weit weg).
Vielleicht wäre es für Maschinen etwas einfacher, aber sie werden vor dem gleichen Grundproblem stehen.
Es könnte also sein, dass es für eine planetare Zivilisation wirtschaftlich nicht möglich sein könnte, eine autarke Kolonie im Weltraum aufzubauen. Da die dazu nötige Wirtschaftskraft tausende?(**) mal größer sein könnte, als für eine einzelne planetare Zivilisation möglich.
Das ist das, was ich im Moment für die wahrscheinlichste Lösung des Fermi-"Paradoxon" halte(***). Meinungen dazu?
Grüße UMa
(*) Abstürze auf 0 ausgenommen, dort kann keine relative Rate berechnet werden.
(**) Oder auch 1.00000001 mal größer, kommt auf das gleich raus.
(***) Die Zoohypothese halte ich für die unwahrscheinlichste, aber die hat auch eher weniger mit dem Fermi-Paradoxon zu tun.