@Aries und Ralf: das folgende trifft auch auf eure Diskussion zu
Sind die Resultate und Prognosen glaubwürdig, so besteht die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Referenzklasse nicht unzulässig ist.
Aber es gibt bzgl. der Extrapolation „
aller bisher geborener Menschen“
auf „
alle jemals - auch zukünftig geborene - Menschen“ keine Resultate, die man zur Prüfung heranziehen könnte. Und es gibt als einzige Prognose das DDA selbst - und dessen Glaubwürdigkeit wird hier gerade diskutiert.
Eine rückschauende Rechtfertigung funktioniert grundsätzlich nicht, da sie immer auf die Referenzklasse „
aller bisher geborener Menschen“ führt. Es muss sich um eine nach vorne schauende Betrachtung bzgl. einer noch nicht ausgestorbenen Spezies handeln.
Ein Vergleich soll das veranschaulichen
1) German Tank Problem
Menge P = {1,2,…,N}
identifizierte Stichprobe S = {a,b,c,…} mit a,b,c,… ≤ N
Wahrscheinlichkeitsverteilung auf P für n≤N: p
= 1/N
2) DDA
Menge P = {1,2,…,N}
Wahrscheinlichkeitsverteilung auf P für n≤N: p
= 1/N
Aber wir wissen sicher (!), dass es einen letztgeborenen Menschen M < N gibt, also
eine Menge Q = {1,2,…,M}
und dass auf dieser Menge Q für n≤M ebenfalls eine Gleichverteilung mit p
= 1/M existiert!
Im Falle des German Tank Problems sind die Menge P, aus der die Stichprobe S stammt, und die Menge P, auf die die Mathematik angewandt werden soll, identisch. Im Falle des DDA wollen wir das Argument mittels Gleichverteilung auf die Menge P anwenden, wissen aber, dass wir eigtl. von einer Gleichverteilung auf der echt kleineren Menge Q ausgehen müssen. Eine Anwendung auf Q ist trivialerweise richtig.
Rückblickend kann man dieses Problem nicht lösen, da für eine ausgestorbene Spezies stets P und Q identifiziert werden, für eine nicht-ausgestorbene Spezies dagegen sofort P größer als Q ist. Die einzigen Fälle, für die wir das DDA überprüfen könnten, beziehen sich aber auf Fälle der Form 1) mit identischem P und Q; für den Fall 2) ist eine Überprüfung jedoch nicht möglich, da die Population ja noch nicht ausgestorben ist.
Ich habe hier versucht, die Problematik unabhängig von der Frage zu formulieren, ob P nun eine unendliche Menge sein kann. Das Grundproblem ist, dass wir im Falle des DDA annehmen, dass eine Gleichverteilung auf P existiert, dass wir aber zugleich annehmen sollten, dass eine Gleichverteilung auf Q existiert. Wenn P und Q nicht identisch sind, dann kann nur einer der beiden Fälle auf 'mich' oder einen anderen konkreten Menschen zutreffen. Natürlich kann ich die Wsk. berechnen, dass 'ich | Q' also 'dass ich gezogen werden, unter der Voraussetzung, dass wir nur Q betrachten'; aber für diese Berechnung bräuchte ich a priori die Größe der Menge P.
In dem Fall wäre es mir aber recht, wenn jemand aus mathematischer Sicht nochmal draufschauen könnte, denn evtl. übersehe ich da etwas in der Herleitung des DDA.
@Ralf: grundsätzlich stimme ich dir vollständig zu (und an einigen Stellen war mein Beitrag wohl überflüssig ;-), außer bei
man wird im unendlichen Fall eine Verteilung "bauen" können, die ebenfalls grössenordnungsmässig Resultate wie das endliche DA liefert und damit die Diskussion um die beiden Varianten dann ad acta legen können.
Ich bin mir da nicht sicher. Wie löst du das Problem, dass die Verteilung zwingend ein Maximum im Endlichen und eine Asymptotik gegen Null im Unendlichen haben, dass sie also systematisch große Geburtsränge unterdrückt und damit das kopernikanische Prinzip verletzt? Welche Verteilung schwebt dir vor?