Brauchen wir die Kernenergie?

Bynaus

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Das ist doch was.

"Könnte". Hast du auch einen Link zu den Kosten von so vielen Wellen- und Gezeitenkraftwerken?

Hier wird die Leistung von Wellenkraftwerken auf 4 kWh pro Tag und Person geschätzt (unter sehr günstigen Annahmen). Damit liesse sich in etwa die Beleuchtung, die man im Leben so braucht, betreiben.
http://www.inference.phy.cam.ac.uk/withouthotair/c12/page_74.shtml

Für Gezeitenkraftwerke kommt er auf 11 kWh pro Tag und Person. Wieder unter sehr weit gehenden Bauten, die praktisch die ganze Küste verbauen. Und Grossbritannien hat proportional wohl mehr Küste als Europa.

Allein das wären schon 30 AKWs.

Du übersiehst das "up to". Die Spitzenleistung von Windkraftwerken liegt beim Fünffachen der Durchschnittsleistung, dh, es wären 6 AKW. Und wir haben das Problem der Speicherung des Stroms.

Auch hier diese Liste ist ein Fakt:

Ist sie. Wie auch diese hier. Müssen wir jetzt aus der "prinzipiell unbeherrschbaren Fliegerei" aussteigen?
 

Solarius

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ABER: DESERTEC (womit ich das "Strom aus der Wüste"-Konzept meine, nicht das Netz in Europa) halte ich für keine gute Idee.
Keine vernünftige Macht dieser Welt lagert ihre unmittelbare Energieversorgung dauerhaft in eine andere Region aus, zudem noch in eine derart instabile wie Nordafrika. In einer perfekten Welt wäre es die perfekte Lösung: sie haben Sonne, wir brauchen Strom, lasst uns einen Deal machen. Leider leben wir nicht in einer perfekten Welt.

Ich finde es ist eine sehr gute Idee. Womit sollen denn die Wüstenländer sonst handeln? Eine Industrie haben diese Länder nicht. Aber dafür viel Sonne. Ich finde globalen Handel gut!
 

Solarius

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Ist sie. Wie auch diese hier. Müssen wir jetzt aus der "prinzipiell unbeherrschbaren Fliegerei" aussteigen?
Das ist doch jetzt eine rhetorische Frage. Führt diese Frage hier die Diskussion weiter?
Ich möchte mal an die Bitte von kibo erinnern:

Erst die Fakten zusammentragen und dann diskutieren.

Ich möchte diese Bitte ergänzen: Bitte sachlich bleiben und keine billige Rhetorik.
 

Bynaus

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Das ist doch jetzt eine rhetorische Frage. Führt diese Frage hier die Diskussion weiter?
Ich möchte mal an die Bitte von kibo erinnern:

Erst die Fakten zusammentragen und dann diskutieren.

Ich möchte diese Bitte ergänzen: Bitte sachlich bleiben und keine billige Rhetorik.

Gut - aber beachte, dass ich nur auf deine "billige Rhetorik" geantwortet habe.

Eine Industrie haben diese Länder nicht.

Zeit, eine aufzubauen!

Ich finde globalen Handel gut!

Ich auch. Politische Abhängigkeiten finde ich hingegen weniger gut. Übrigens: niemand hat gesagt, dass es aus Sicht dieser Länder eine schlechte Idee wäre. Ein bisschen mehr politischer Einfluss in Europa werden sie gern nehmen. Ich sage, dass es aus unserer Sicht eine schlechte Idee ist, die Energieproduktion in diese Länder auszulagern.
 

Solarius

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Ich sage, dass es aus unserer Sicht eine schlechte Idee ist, die Energieproduktion in diese Länder auszulagern.
Dort kann die Sonnenenergie aber billiger erzeugt werden, als hier. Der Handel hat also auch für uns Vorteile. In diesen Ländern führt der Handel zu Wohlstand und Stabilität. Ich wünsche diesen Ländern diesen Wohlstand. Und viel Erfolg in der demokratischen Entwicklung. Und davon profitieren wir am meisten. Ich halte es deshalb für eine sehr, sehr gute Idee, die Energieproduktion in diese Länder auszulagern.
 

galileo2609

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In diesen Ländern führt der Handel zu Wohlstand und Stabilität.
Das hat schon bei der Verteilung des Reichstums, der mit der Förderung des "Schwarzen Goldes" einherging, nicht funktioniert. Die Voraussetzung, dass Reichtum zu allgemeinem Wohlstand führen kann, ist beispielsweise durch Good Governance gegeben. Davon sind diese Länder meilenweit entfernt.

Grüsse galileo2609
 

Solarius

Registriertes Mitglied
Das hat schon bei der Verteilung des Reichstums, der mit der Förderung des "Schwarzen Goldes" einherging, nicht funktioniert. Die Voraussetzung, dass Reichtum zu allgemeinem Wohlstand führen kann, ist beispielsweise durch Good Governance gegeben. Davon sind diese Länder meilenweit entfernt.

Grüsse galileo2609
Bedauerlicherweise hast du Recht.
 

Bynaus

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Strategisch vollkommen richtig und nachvollziehbar - allerdings kein großer Unterschied zu den letzten 50 Jahren

Gruß
MT

Mit dem Unterschied, dass man bei Erdöl oder Erdgas strategische Vorräte anlegen kann - bei Strom nicht. Aber nicht einmal diese Eigenschaft hat verhindert, dass politische Erpressungsversuche, willkürliche Preiserhöhungen etc. unter anderem im russischen Einflussbereich gang und gäbe sind.

Weltweiter Handel und europäische / mediterrane Integration in allen Ehren, aber wir sind einfach nicht soweit, als dass das funktionieren könnte.
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
unter anderem im russischen Einflussbereich gang und gäbe sind.
Die etwas Älteren von uns werden sich sicherlich noch an die sogenannten Ölpreiskrisen von 1973 und 1979 erinnern können, die zu harschen Rezessionen in den damals 'globalen' Wirtschaftsräumen geführt haben. Die OPEC-Länder sind in etwa deckungsgleich mit den Staaten, in denen DESERTEC in Zukunft seine Projekte verwirklichen möchte. Der sogenannte "Arabische Frühling" hat im Grunde, bis auf Libyen, nur die Habenichtse dieses Interessenszusammenschluss erfasst. Die diktatorisch regierten Golfstaaten haben diese Erschütterungen traditioneller Herrschaftssysteme hingegen weitgehend unbeschadet überstanden.

Sollten sich die westlichen Industrieländer dazu entschliessen, z. B. über DESERTEC erneut einen vitalen Anteil ihrer Energieversorgung in diese Länder auszulagern, wird es spannend, welche politischen Szenarien sie für dieses strategische Gebiet entwicklen und de facto verfolgen werden. Ich habe aktuell keine Informationen parat, wie die Projektverantwortlichen von DESERTEC selbst mit den revolutionären Entwicklungen in ihrem Zielgebiet umgegangen sind, bzw. welche Schlüsse sie daraus gezogen haben. Wenn jemand eine Info dazu hat, würde mich das interessieren, bevor ich selbst beginne, das zu recherchieren.

Grüsse galileo2609
 

entreri73

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@Bynaus: Sorry, dass ich erst jetzt antworte:

Wieviel % unseres Energiebedarfes decken wir denn momentan aus "politisch stabilen" Ländern ? (Konnte da auf die Schnelle keine Quelle finden)
Fakt ist, dass ein - nennen wir es mal "instabiles Land", obwohl es das nicht genau trifft - wie der Iran an siebter Stelle weltweit bei der Erdgasproduktion und an vierter Stelle beim Öl steht.
Und diese Resourcen gehen ja zum grossen Teil genau in die Länder (zumndest aktuell noch), die die iranische Führung massiv attackieren und isolieren.

Und soweit ich weiss, hat noch kein europ. Politiker gesagt: "Wir nehmen arabisches/orientalisches/iranisches (was auch immer) Öl, also müssen unsere Frauen Kopftücher tragen und die Männer mit einem Turban rumlaufen."
Ich glaube diese Argumentation ist schon weit hergeholt oder meinst Du nicht ? :)

Und was unsere Reserven angeht: die reichen ca. 90 Tage, was mich bei einem wirklichen Krisenfall nicht wirklich beruhigt.
Das Thema Versorgungssicherheit spielt natürlich auch bei Desertec eine grosse Rolle. Da ist eine schöne Grafik in dem Artikel, die zeigt, wie die Knoten verteilt werden könnten, um den - wie auch imer begründeten - Ausfall eines Landes zu kompensieren.

In meinen Augen wird dauerhaft Erdöl durch Solarenergie substituiert und in der ihre Bedeutung sogar weit größer werden, als es Erdöl/-gas waren, sind und werden.
Ich hoffe, dass es durch ein für alle faires und gemeinschaftliches Projekt realisiert wird (ich weiss: ist naiv). Ob das nun Desertec heisst oder nicht, ist dabei irrelevant.
Spätestens wenn die Ölmogule gerade in den arabischen Ländern Ihre Ölfelle davonschwimmen sehen, werden sie sich nach Alternativen umschauen, die dauerhaft Ihren Status sichern.
Englische Fussballvereine gehören da wohl eher nicht zu :)

VG
Entreri
 
Zuletzt bearbeitet:

Alex74

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In meinen Augen wird dauerhaft Erdöl durch Solarenergie substituiert und in der ihre Bedeutung sogar weit größer werden, als es Erdöl/-gas waren, sind und werden.
Das ist schon alleine deswegen nicht möglich, weil Öl als materieller Rohstoff auch noch für vielerlei andere Zwecke benutzt wird, und das in hohem Maße.
 

Bynaus

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@enteri73: Ja, das Öl kommt aus Ländern, die dem Westen teilweise feindlich gesinnt sind. Anderseits hat es der Westen verstanden, mit autoritären Regimes in der Gegegend zusammen zu arbeiten. Bei solchen Regimes kann man durchaus über davon ausgehen, dass sie vor allem ihr Eigeninteresse vertreten und deshalb bis zu einem bestimmten Grad "käuflich" sind.
Bei einem demokratischen Staat hingegen muss man davon ausgehen, dass die Regierung auch tatsächlich den Willen des Volkes abbildet. Und der ist nun eben dem Westen nicht unbedingt freundlich gesinnt. In der arabischen Welt gelten Westler vielerorts als reich, aber arrgoant, vulgär, unzivilisiert und ungläubig (auch wenn man sich natürlich bemüht, das den Touristen nicht zu zeigen).

Und soweit ich weiss, hat noch kein europ. Politiker gesagt: "Wir nehmen arabisches/orientalisches/iranisches (was auch immer) Öl, also müssen unsere Frauen Kopftücher tragen und die Männer mit einem Turban rumlaufen."

Natürlich nicht - von voreilendem Gehorsam von europäischer Seite habe ich aber auch nicht gesprochen, deshalb bin ich jetzt ein bisschen irritiert, dass du das schreibst.

Die Erpressung läuft natürlich in die andere Richtung. Wenn die Stromversorgung Europas erst in den Händen von demokratisch gewählten Islamisten in Nordafrika liegt, dann sehe ich durchaus das Potential, dass diese Abhängigkeit dazu gebraucht würde, um politischen Einfluss zu nehmen. Nicht weil Islamisten allesamt böööse sind oder so, sondern weil Einflussmöglichkeiten in der Politik stets auch genutzt werden, und sei es nur, um die nächsten Wahlen zu gewinnen.

Mit Strom geht das besonders gut: Erstens kann er jederzeit ohne Aufwand an- und abgeschaltet werden, bzw. für, sagen wir, zeitlich begrenzte Bewässerungsprojekte im Inland abgezweigt werden. Zweitens lässt er sich nicht richtig speichern. Drittens haben die Europäer keine Möglichkeit, auf die Schnelle irgendwo anders Ersatz zu besorgen. All dies gilt bei einem Ölboykott nur begrenzt.

Und was unsere Reserven angeht: die reichen ca. 90 Tage, was mich bei einem wirklichen Krisenfall nicht wirklich beruhigt.

Ja, aber die Ölproduktion ist heute viel differenzierter als auch schon. Die USA sind mittlerweile (dank "Fracking") schon fast wieder selbstversorgend.

Da ist eine schöne Grafik in dem Artikel, die zeigt, wie die Knoten verteilt werden könnten, um den - wie auch imer begründeten - Ausfall eines Landes zu kompensieren.

Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, wie eine noch so intelligente "Verteilung von Knoten" den Leistungsausfall bei einem Boykott "kompensieren" könnte. Kann ich die Steckdosen bei mir zu Hause intelligent verteilen, um Strom zu sparen? ;)

Spätestens wenn die Ölmogule gerade in den arabischen Ländern Ihre Ölfelle davonschwimmen sehen, werden sie sich nach Alternativen umschauen, die dauerhaft Ihren Status sichern.

Ich weiss nicht, ob wir ihnen wirklich dabei helfen sollten, ihren Status zu sichern...


Desertec ist für mich auch das stillschweigende Eingeständnis, dass erneuerbare Energien in Europa nicht in dem Umfang ausgebaut werden können, wie nötig wäre, um die fossilen Energierohstoffe zu ersetzen. Wenn das möglich wäre, würde sich wohl niemand gross dafür erwärmen, Strom aus Nordafrika zu importieren. Diese "Unmöglichkeit" muss nicht einmal rein physikalisch begründet sein: Man sieht es an den zahllosen Einsprachen gegen Windkraftwerke oder Solarzellenfarmen. Ein Ausbau von Gezeiten- und Wellenkraft in dem Umfang, wie hier vorgeschlagen würde, würde tausende Kilometer Küste verändern und drastisch in ihre Ökosysteme eingreifen. Gleiches muss man bei den gigantischen Windkraftwerkfeldern vermuten, die in der Nordsee geplant sind.
Erneuerbare Energien produzieren zwar kein CO2, aber weil sie sehr diffuse Energiequellen nutzen, müssen sie entsprechend viel Raum einnehmen - Raum, um den sie - in Europa - in vielen Fällen mit der Natur konkurrieren (oder mit den Menschen, die diesen Raum bewohnen). AKWs brauchen dagegen praktisch keinen Platz.
 

blackhole

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........ ja , so ist es , das hauptproblem ist die energiedichte eines verfahrens ........ die wissenschaftler und ingenieure sollten die gesteuerte kernfusion in den griff bekommen .......
 

entreri73

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@Alex74: Mir ging es bei der Substitution um Öl als Energieträger...das man aus Strom nicht so ohne weiteres Waschmittel oder Plastik herstellen kann, leuchtet mir ein :)

...Natürlich nicht - von voreilendem Gehorsam von europäischer Seite habe ich aber auch nicht gesprochen, deshalb bin ich jetzt ein bisschen irritiert, dass du das schreibst...

Das bezog sich auf Deine Aussage zu Frankreichs Kopftuchhaltung, die dann ggf. überdacht werden müsste, wenn man abhängig vom nordafrikansichen Strom wäre.

Das das Ganze nicht problemlos funktionieren wird und es evtl. auch gar nicht das Desertec-Projekt an sich ist, sehe ich ja genauso. Ich wollte das jetzt auch nicht als Heilsbringer und Lösung aller Probleme darstellen, sondern nur zeigen, dass erneuerbare Energien (speziell Solarenergie) das theoretische Potential haben mit aktuellen Mitteln (technisch und finanziell) eine mehr als nur konkurrierende Alternative zur Kernernergie zu sein.

Ich wäre der Letzte, der sich nicht freuen würde, wenn Rossi's eierlegende Wollmiclhsau kein Hoax sein sollte. Oder wir plötzlich eine andere, neue Technologie zur Energiegewinnung entdecken. Aber solange Kernenergie in der Öffentlichkeit diesen unheilsbringenden Ruf hat (und dabei ist es egal, ob begründet oder nicht) sehe ich keine andere Chance unseren immer steigenden Energiehunger stillen zu können.

VG
Entreri
 

ispom

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Aber solange Kernenergie in der Öffentlichkeit diesen unheilsbringenden Ruf hat (und dabei ist es egal, ob begründet oder nicht) ...

ja... in der deutschen Öffentlichkeit (dazu noch ein paar Ösis und Dänen),
aber was ist das schon im globalen Maßstab?
die wenigen deutschen reaktoren auf der Abschußliste werden wegen der zunehmenden Verbreitung der Kernenergie in den "Schwellenländern"
nur einen kleinen Knick in der Grafik für die weltweite Erzeugung von Strom in KW ausmachen.....
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Das bezog sich auf Deine Aussage zu Frankreichs Kopftuchhaltung, die dann ggf. überdacht werden müsste, wenn man abhängig vom nordafrikansichen Strom wäre.

Ich weiss. Aber ich sagte nirgends, dass europäische Politiker dann etwas in der Art fordern würden.

Das theoretische Potenzial ist da. Die Erde erhält was, einige hunderttausend Mal mehr Energie von der Sonne als die Menschheit braucht. Sonnenenergie ist die letzte grosse, nicht systematisch angezapfte Energiequelle, die der Menschheit zur Verfügung steht. Es steht für mich ausser Frage, dass sie intensiv genutzt werden wird, wenn die Produktions- und Erhaltungskosten von Solarzellen soweit gefallen sind, dass sie preislich mit dem Markt mithalten können. Zur Zeit sind wir aber noch nicht da (sonst bräuchte es keine Einspeisevergütungen für Solarstrom), und es wird noch längere Zeit dauern, bis wir da sind (vielleicht 20, vielleicht 50, vielleicht 100 Jahre). Den heutigen Elektrizitätsbedarf zu decken ist dabei nur der allererste Schritt! Danach muss die restliche, auf fossilen Energiequellen basierte Ernährungs-, Stoff- und Wertschöpfungskette vollständig elektrifiziert werden. Das menschliche Wohnen (z.B. Bauen, Heizen, Erhalten) muss auf eine elektrische Basis gestellt werden. Dort, wo Kohlenwasserstoffe als chemische Energiespeicher unverzichtbar sind (z.B. Fliegerei), müssen diese Stoffe auf elektrischer Basis hergestellt werden. Und so weiter. Das ist ein Energiebedarf, der den heutigen Strombedarf um etwa eine Grössenordnung übertrifft. Dazu kommt, dass bisher mit dem Wohlstand immer auch der Energieverbrauch gestiegen ist - ich glaube nicht, dass sich das ändert, und da draussen gibt es einen ganzen Planeten, der zum Westen aufschliessen will. Und über all dem steht das Problem des Klimawandels.

Dafür brauchen wir praktikable, schnelle Lösungen. Die einzige CO2-freie Energiequelle, die kurzfristig plausibel die Lücke füllen kann, die fossile Stoffe hinterlassen, ist die Kernenergie.

Aber solange Kernenergie in der Öffentlichkeit diesen unheilsbringenden Ruf hat (und dabei ist es egal, ob begründet oder nicht) sehe ich keine andere Chance unseren immer steigenden Energiehunger stillen zu können.

Dann ist es eben Zeit, diesen Ruf zu ändern. Durch Diskussionen wie diese hier - irgendwo muss man mal anfangen. Die Alternative wird nämlich einfach der Ausbau von Kohlekraftwerken sein: Kohle gibt es noch für Jahrhunderte, und sie ist billig. Niemand wird sich darauf verpflichten lassen, möglichst bald alle Kohlekraftwerke abzuschalten: die Folge wäre ein Einbruch bei der Versorgungssicherheit und ein starker Anstieg beim Energiepreis. Dementsprechend wird der Mix der Zukunft so aussehen, wenn man die Dinge einfach weiterlaufen lässt: Kohle, Gas + sichtbare Erneuerbare als grünes Feigenblatt. Unter diesen Bedingungen können wir jede Begrenzung des Klimawandels innerhalb des 21. Jahrhunderts (dh, eine Trendwende) vergessen.

Wie ipsom sagt, baut man im Rest der Welt die Kernenergie zur Zeit stark aus. Europa - oder zumindest, so wie es scheint, der deutschsprachige Raum - wird in dieser Entwicklung einfach hinten an stehen. Vermutlich als abschreckendes Beispiel.
 

entreri73

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Hallo Bynaus,

wir sind gar nicht so weit auseinander. Ich sehe das rein technisch wie Du und ipsom, aber ich glaube das die öffentliche Wahrnehmung der Atomenergie nicht nur im deutschsprachigen Raum (unter anderem inzwischen nachvollziehbarerweise auch in Japan) eher einen negativen Trend hat.
Auch in Frankreich gab es beim letzten Castor-Transport die grössten Protestaktionen von Atomkraftgegnern, seit Beginn der Transporte.


Ich weiss. Aber ich sagte nirgends, dass europäische Politiker dann etwas in der Art fordern würden

Stimmt, aber Du sagtest:
Bynaus schrieb:
Kann sich Frankreich dann noch erlauben, das Tragen des Schleiers in öffentlichen Schulen zu verbieten, wenn seine Energie aus der Wüste kommt?

Und da nunmal im ersten Schritt Politiker über Kopftuchverbote entscheiden, kommt das meiner (zugegebenermassen drastischeren) Formulierung doch recht nahe ;) Desweitern ziehst Du hier den Schluss, dass Abhängigkeiten im Import innenpolitisch kulturelle/religiöse Konsequenzen haben und das sehe ich absolut nicht so ! Sonst wäre Ahmadinedschad nicht "Staatsfeind Nr.1".

VG
Entreri
 

Bynaus

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wir sind gar nicht so weit auseinander.

Das sehe ich auch so! Und ich muss hier vielleicht einschieben, ich schätze die sachliche und interessante Diskussion. Wenn man sich mit seinen Gedanken nicht der Kritik und der Hinterfragung anderer aussetzt, lernt man nie dazu!

Die Sache mit dem Kopftuch war vielleicht missverständlich formuliert. Sicher sind es dann nicht die französischen Politiker, die sowas fordern - aber vielleicht die Nordafrikanischen. Sagen wir, es käme in Frankreich (wieder einmal) zu einem Prozess gegen Kopftuchträgerinnen, der in irgend einem demokratischen nordafrikanischen Land, in dem gerade Wahlen anstehen, grosses Echo findet, etwa weil die Kopftuchträgerinnen aus diesem Land stammen. Dann könnte es sein, dass die regierenden Islamisten sich öffentlich in Frankreich für die "Menschenrechte" und die "Religionsfreiheit" einsetzen würden, um Wählerstimmen zu Hause zu gewinnen. Mit der (vielleicht nicht einmal allzu explizit ausgesprochenen) Drohung im Hintergrund, kurz vor den nächsten französischen Wahlen den Strom aus der Wüste für ein paar Tage abzustellen. Oder vielleicht geht das ganze weniger subtil von statten. Es gibt immer Mittel und Wege, wie man sich Macht und Einfluss über andere Staaten (und zu Hause) sichern kann. Der beste Weg, solchen Einflussnahmen aus dem Weg zu gehen, ist, diese Art von Abhängigkeiten schon gar nicht erst entstehen zu lassen.
 
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