Hallo Frosch411,
Keine untergegangene Zivilisation hat die Menschheit bisher in die Steinzeit zurückversetzt. Es gab genau genommen nur eine Steinzeit und die war ein Entwicklungsschritt der Menschheit.
Richtig, aber diese Erfahrung hat halt auch nur weniger als 10000 Jahre bestand. Das ist viel für die Menschheit, aber sehr wenig für die Überzeugung, daß man es am besten im ersten Anlauf schaffen sollte.
Spätestens seit Aufkommen der ersten Hochkulturen mit Erfindung der Schrift etc. ist die menschliche Zivilisation genau genommen nie vernichtet worden (mit Außnahme kleiner Populationen auf irgendwelchen Inseln und weniger tatsächlich ausgestorbener Kulkturen z.B. in Südamerika noch bevor die Europäer kamen) sondern hat sich lediglich weiterentwickelt, auch wenn manche Herrschaftsformen anderen oder irgendwelchen Eroberern weichen mussten.
Ja.
Die Errungenschaften der Hochkulturen wurden dabei zum größten Teil übernommen und weiterentwickelt, auch wenn manche Dinge zum Teil aus religiösem Übereifer nicht weitergeführt wurden.
Nein. An die Infrastruktur, das Ingenieurwesen … des Römischen Reiches konnte in Europa bald 1000 Jahre lang nicht angeknüpft werden, obwohl die Fähigkeit zum Lesen der Aufzeichnungen in ununterbrochener Kette (durch die Klöster) aufrecht erhalten werden konnte.
Deine Argumentation gründet sich auf Deine Annahme, daß ich von einer Verdrängung bestehender Zivilisationen durch nachfolgende Zivilisationen ausgehe. Auch das wird es sicher geben. Ich meine aber hier in zweiter Linie einen ganz anderen Vorgang, für den es, wenn ich das richtig mitbekommen habe, seit mindestens 70000 Jahren kein irgendwie vergleichbares Beispiel gegeben hat.
Die zweite Linie: eine gravierende astronomische Katastrophe durch den Einschlag eines für die Biosphäre nicht mehr harmlosen Brockens. Das ist natürlich nur eine hypothetische Gefahr, für die es bei der ersten Linie eigentlich kein Zeitfenster gibt. Das gleiche gilt für mindestens ebenso gravierenden Vulkanismus.
Die erste Linie: Uns gehen essentiell wichtige Rohstoffe aus. Ich meine damit nicht nur Öl. Extrem viel einschneidender und unmittelbarer als Öl, werden z.B. die zur Neige gehenden Phosphatvorkommen unseren Alltag beeinflussen. Und über längere Zeit, ein zwei Generationen, hat die globale Erwärmung ein Vernichtungspotential, das wir immer noch nicht annähernd einschätzen können. Hoffentlich nicht für die Biosphäre, aber viel wahrscheinlicher für uns. Letzteres könnte ein Mechanismus sein, der für sehr viele Zivilisationen im Universum ein nur sehr schwierig passierbares Zeitfenster bereit hält. Für den Schritt nach Draußen braucht es eine ausreichende Intelligenz, die technisch bereits massiv die Bedingungen der Biosphäre verändert, und es braucht eine ausreichende Anzahl von Indiviuen, um diese nicht unmittelbar überlebenswichtige Ressource überhaupt in den Bereich des machbaren zu rücken und für beides gleichzeitig bietet die Biosphäre nur einen sehr begrenzten zeitlichen Toleranzpuffer.
Je nachdem was sich in Folge solcher Veränderungen genau abspielt, müssen wir gar nicht bis in die Steinzeit zurückfallen. Bereits die Industrialisierung ist so wie sie war, mangels Rohstoffen, nicht noch einmal wiederholbar. Es genügt bereits, wenn es nach zwei drei Generationen keinen Menschen mehr gibt, der die Enzyklopädia Britanica von 1900 noch lesen und verstehen kann.
Dieser ganze Ablauf ist aber noch viel gravierender. Selbst wenn man den Zugriff auf einen großen Teil des gespeicherten Wissens halten kann – technische Fähigkeiten, für die es keine Anwendung (mehr) gibt gehen verloren. Es gibt heut niemanden mehr auf der Erde, der die Bronzekanonen, mit deren Hilfe die Engländer die spanische Armada besiegt haben, gießen kann und das vor dem Hintergrund einer geradezu ungeheuerlichen Weiterentwicklung (nicht nur) in der Metallurgie - einfach weil man heute keine Bronzekanonen mehr braucht, allenfalls noch Kirchenglocken.
Wie läßt sich eine preiswerte Mindestenergiedichte für einen Raketenstart herstellen, wenn die Petrochemie zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal in den Kinderschuhen steckt, einfach weil Petroleum unvergleichlich viel teurer zu beschaffen ist, solange die Fördertechnik für solche Tiefen und Lagerstätten noch garnicht entwickelt werden konnte, weil es einfach bei solchen Preisen keinen Bedarf mehr dafür gibt?
Atombomben? Ja, wir könnten das vielleicht.
Wie kommt man aber an das Uran, den Stahl, das schwere Wasser, wenn man weder Petro- noch Kohlechemie beherrscht und gerade eine florierende Solarindustrie aufbaut?
Ich sag‘ nicht, daß das alles gar nicht mehr geht, ich glaube nur, daß es sehr viel länger dauern wird, sehr viel mehr kosten wird und dadurch auch noch größere menschliche Ressourcen beanspruchen wird als jetzt schon. Und schon ist wieder, die Mindestmenge an Individuen zur Entscheidenden Hürde für die Biosphäre geworden, dieses Mal noch früher im technischen Entwicklungsverlauf, schneller und gravierender. Ob sich das alles durch die umweltfreundliche Solarenergie kompensieren läßt? Kommt darauf an, ob wir nur ein oder zwei oder doch eher drei oder vier Generationen länger dafür brauchen, und schon sind wir wieder am Anschlag unserer Biosphäre wenn wir bei den Phosphatpreisen überhaupt erst wieder so weit kommen.
Das wäre zumindest eine denkbare (wenn auch beängstigende) Ursache für den unbewohnt scheinenden Kosmos, wenn man nicht auch den Gedanken zulassen will, daß Leben an sich und technische Intelligenz erst recht, schon ‚von Hause aus‘, extremst selten ist.
Es mag sein, dass der Klimawandel und die ausgehenden fossilen Ressourcen sowie eine Maßlosigkeit der Finanzmärkte unsere heutige Zivilisation zum Crash führt, aber bis in die Steinzeit führt es uns gewiss nicht. Eher kommen dann die Leute groß heraus, die mit den veränderten Situationen umgehen können. Man wird sich vielleicht lange Zeit keine Flugreise mehr leisten können und Nachhaltigkeit wird das oberste Gebot sein. Aber die Steinzeit kommt sicher nicht zurück. Mit nachhaltig angebautem Holz können Hochöfen betrieben werden, so dass zumindest die Eisenzeit möglich ist. Elektrisch betriebene Geräte sind nach wie vor möglich, wenn der Strom regenerativ erzeugt wird.
Insgesamt denke ich, dass die Menschheit viel zu anpassungsfähig ist, um blind in die Katastrophe zu schlittern.
Oh ja, das ist alles denkbar. Wieviel Menschen werden übrig bleiben, wenn es auf diesem Planeten 5 Jahre lang ununterbrochen Winter sein wird? Mit dem Zeitbedarf für solche Neuanfänge spielen wir dem oben genannten Ereignis in zweiter Linie vermeidbar in die Hände. Wie schon gesagt: Das Universum führt uns vor Augen, daß es nicht häufig vorkommt, daß der Ursprungsplaneten verlassen wird - woran das auch immer liegen mag und da gibt es eben zumindest ein paar, ziemlich beunruhigende Ideen.
Herzliche Grüße
MAC