Aber wie kann man sich erklären, dass die Konzentration von DMS in der Atmosphäre des Exos 1000 mal höher sein soll als in der irdischen Atmosphäre?
Was man detektiert, sind die Verhältnisse in den oberen Atmosphärenschichten, wo das Sternenlicht gerade noch durchschimmert, so dass man ein Absorptionsspektrum gewinnen kann. Die unteren Atmosphärenschichten entziehen sich der Beobachtung, zumal es sich bei dem Exoplaneten um einen Ozeanplaneten zu handeln scheint, wo Wasserdampf die Atmosphäre dominiert.
Da es sich hier um stark reduzierende Verhältnisse handelt, was beim Vorhandensein von Wasserstoff sowie Methan naheliegt, dürften auch die Hydride von Stickstoff und Schwefel in der Atmosphäre präsent sein, also Ammoniak und Schwefelwasserstoff. Unter den Verhältnissen in den oberen Atmosphärenschichten sind die Gase dort dem Sternenwind ausgesetzt, der die Verbindungen in Radikale aufspaltet. Methan spaltet sich dann in Methylradikale und atomaren Wasserstoff auf, der seinerseits wieder sehr reaktionsfreudig ist. Schwefelwasserstoff hingegen wird in Sulfidradikale und Hydrosulfidradikale gespalten, wobei ebenfalls atomarer Wasserstoff entsteht.
Treffen zwei Methylradikale mit einem Sulfidradikal zusammen, verbinden sie sich zu Di-Methyl-Sulfid:
CH3+ + -S- + CH3+ ---> CH3-S-CH3
Trifft ein Methylradikal mit einem Hydrosulfidradikal zusammen, entsteht Methyl-Hydrosulfid, welches sich mit einem weiteren Methyl-Hydrosulfid-Molekül zu Di-Methyl-Di-Sulfid verbindet, wobei als Zwischenschritt wieder eine Radikalbildung erfolgt, bei der atomarer Wasserstoff entsteht:
CH3-SH ---> CH3-S- + H+
CH3-S- + CH3-S- ---> CH3-S-S-CH3
Darüber hinaus ist über diesen Weg auch die Synthese von Di-Methyl-Sulfid denkbar, wenn sich ein weiteres Methyl-Radikal anlagert:
CH3-S- + CH3+ ---> CH3-S-CH3
Beide Verbindungen sind unter sauerstofffreien Bedingungen chemisch stabil, so dass sie sich dort anreichern können und langfristig ein stabiles Gleichgewicht zwischen Synthese und Abbau unter den dort herrschenden Verhältnissen unter Einfluss des Sternenwindes entsteht, der ja die bekannte ionisierende Wirkung hat, unter der die Bildung der Radikale erfolgt.
Ergänzung: Unter den gegebenen Voraussetzungen erscheint mir Radikal-Chemie am wahrscheinlichsten und am plausibelsten. Der Umweg über speziellere Ausgangsstoffe und Katalysatoren muss hierbei nicht gegangen werden. Ich erwarte daher bei der labortechnischen Nachstellung der abiogenen Synthese von DMS und DMDS einen Weg analog oder ähnlich des von mir nur knapp dargestellten über Radikale, die sich frei kombinieren und dabei u.a. die genannten Schwefelverbindungen hervorgehen lassen.