Ich verstehe Gravitationslinsenbilder nicht

Klaus

Registriertes Mitglied
Vielleicht hat einer hier ja eine Erklärung. Wenn das Licht mal eben zwei verschiedene Wege um ein Objekt herumgeleitet wir sollte man es eigentlich nur halbwegs identische Bilder an zwei Orten sehen. Nur sieht man auf den Bilder vom Webb Teleskop die Galaxien zwar innerhalb des Bogen doppelt, die Doppelbilder sind aber eindeutig an einer Linie senkrecht zum sichtbaren Bogen gespiegelt. Aber wie funktioniert das mit der Spiegelung rein optisch? Damit klar ist was ich meine, einfach mal die auffälligen Gravitationslinsen in Bilder wie den folgenden mal vergrößert im Detail ansehen


Wenn das Licht salopp gesagt einfach rechts und links an einem Objekt vorbei kurvt oder wie durch eine wabbernde Wasseroberfläche zu sehen wäre, wären kaum so eindeutig gespiegelte und nahezu unverzerrte Doppelbilder der gleichen Galaxie innerhalb der Bögen zu sehen. Ich war vorab ja stets davon ausgegangen, dass die Objekte, welche die Bögen verursachen die Galaxien im Zentrum der Krümmung der Bögen wären. Bei Spiegelbildern würde ich jedoch eher auf irgend welche zusätzlichen Objekte innerhalb der Spiegelachse tippen, wo aber meist nichts auffälliges zu sehen ist. Auch die Shapiro Verzögerung würde nicht zu einer Spiegelung nur eines der Bilder führen. Irgendwelche Ideen dazu?
 

Herr Senf

Registriertes Mitglied
Gravitationslinsen funktionieren eigentlich wie Sammellinsen, nur die schleift der Optiker perfekt für ein "sauberes" Bild.
Gravitationslinsen haben also "optische Fehler", die zu Verzerrungen führen. In der linearen Optik werden die Lichtwege
mit der Nadelstichmethode berechnet, aus der Abbildung läßt sich der "Aufbau" einer Linse zurückrechnen.
Kommt es bei Gravitationslinsen zu mehreren verzerrten Bildern eines Objektes, kann man die Masseverteilung bestimmen.
 

Klaus

Registriertes Mitglied
Es ist mir schon klar, wie Linsen funktionieren. Meine Frage bleibt dennoch, wie bei Gravitationslinsen die nahezu unverzerrten und sehr scharfen Spiegelbilder der Galaxien innerhalb der Bögen entstehen können. Es scheint sehr häufig der Fall zu sein und mir fehlt da irgendwie ein Puzzleteil das eine Erklärung für das liefert, was da zu sehen ist.
 

Herr Senf

Registriertes Mitglied
Der Unterschied ist: bei einer optischen Linse funktioniert die Lichtbrechung an den Oberflächen, das Volumen ist homogen.
Bei einer Gravitationslinse haben wir eine inhomogene Masseverteilung im Galaxienhaufen, eine "Oberfläche" gibt es nicht.
Man sieht unterschiedliche Lichtwege durch den Galaxienhaufen und am Galaxienhaufen vorbei, die sich überlagern.
Deswegen sind die Abbildungen an den vielen Galaxienlinsen auch so unterschiedlich, weil sich die Linsen nicht gleichen.
Spektakulär sind dann nur die schönen wie Einsteinkreuze und Einsteinringe, also Mehrfachabbildungen einer Hintergrundgalaxie.
Eine optische Linse macht eine eindeutige Abbildung des Objektes, eine Gravitationslinse verzerrt praktisch immer.
Selbst wenn man in der Mitte eines Bogens einen scharfen "Fleck" sieht, ist der nicht identisch zum Objekt, Teil der Verzerrung.
 

SFF-TWRiker

Registriertes Mitglied
Dazu empfehle ich LPIndies heutiges Video zum bisher ältesten bekannten Stern (Lichtlaufzeit 12,9 Milliarden Jahre) Earendel (die Anlehnung an Tolkien ist laut Entdeckern beabsichtigt), den das HST im März 2022 entdeckte und das jetzt das JWST beobachtete.
In einem Bogen ist der Stern zwischen 2 Galaxien (Kugelhaufen).

 

SFF-TWRiker

Registriertes Mitglied
Es ist mir schon klar, wie Linsen funktionieren. Meine Frage bleibt dennoch, wie bei Gravitationslinsen die nahezu unverzerrten und


-> sehr scharfen <-


Spiegelbilder der Galaxien innerhalb der Bögen entstehen können. Es scheint sehr häufig der Fall zu sein und mir fehlt da irgendwie ein Puzzleteil das eine Erklärung für das liefert, was da zu sehen ist.
Das täuscht. Im unten verlinkten Video gibt es Auflösungen bis auf die Pixelebene des JWST. Bei der Entfernung zwar beeindruckend aber scharf?
 

Klaus

Registriertes Mitglied
Das täuscht. Im unten verlinkten Video gibt es Auflösungen bis auf die Pixelebene des JWST. Bei der Entfernung zwar beeindruckend aber scharf?
Auch Gravitationslinsen sind Linsen. Schon mal durch eine Brille mit falscher stärke auf ein entferntes Objekt geschaut?
Fakt ist aber, daß auch das James Webb Teleskop hier an seine Auflösungsgrenze kommt und auf den Hubble Aufnahmen hatte man so was gar nicht erst erkennen können. Ggf. sorgt ja das ELT da irgendwann für mehr Klarheit. :unsure:
 
Zuletzt bearbeitet:

Herr Senf

Registriertes Mitglied
Die falsche Stärke der "Brille" ist aber nicht das Problem, es gibt nur eine unscharfe Abbildung, die kann man korrigieren.
Hat die "Brille" aber an verschiedenen Stellen unterschiedliche Stärken, gibt es mehrere und unscharfe Abbildungen, das
macht sich bei flächigen Objekten gleich bemerkbar, obwohl zwischendurch scharf aussehende "Zonen" sein können.
Beispiele wären ein sehr heller Kern oder eine Supernova einer Hintergrundgalaxie, die mehrfach auftauchen können, weil
man sich eine Gravitationslinse eher aus mehreren (unvollkommenen) Linsen zusammengesetzt vorstellen muß, jeder dieser
Linsen liefert eine eigene Abbildung und an unterschiedlicher Stelle, wir sehen zum Rätseln ein überlagertes Gesamtbild.
 

SFF-TWRiker

Registriertes Mitglied
Man muss sich auch klar sein, dass die Bilder des JWST nur Bruchteile von Bogensekunden abbilden . Wie klein ist dann der Winkel eines Pixels, wie der Stern?
 

Klaus

Registriertes Mitglied
Hier findet man noch ein ganz anderes Bild vom JWST
Hier stellt sich mir die Frage, warum der 'rote Punkt' dupliziert wird und nicht zugleich zu einem Bogen mutiert.
(Das gleiche gilt natürlich auch für das altbekannte 'Einsteinkreuz', wovon ich gern mal eine Aufnahme vom JWST sehen würde.)
Klar, wenn das Licht knapp oberhalb und unterhalb einer galaktischen Scheibe entlang bewegt, sollte es einfache Doppelbilder geben, die jedoch keine Spiegelbilder wären. Letztere sind mir da rein optisch ein völliges Rätsel.
 

Herr Senf

Registriertes Mitglied
Ein solcher fast perfekter Einsteinring kann nur entstehen, wenn die linsende und die gelinste Galaxie genau hintereinander stehen.
So genau klappt's aber nicht, es gibt eine leichte seitliche Abweichung, so sind als "Linsenfehler" die beiden roten Punkte zu sehen.
Das ist wahrscheinlich eine doppelte Abbildung der hellen Bulge der Hintergrundgalaxie, die nicht als Ring aufgespannt ist, weil
die Bulge außerhalb der optischen Achse ist, während die zwar flächige, aber fast punktförmige Galaxie noch in der Achse liegt.

PS: Wäre die Bulge anders "verschoben", hätte sie auch als Vierfachabbildung als Einsteinkreuz im Einsteinring erscheinen können.
Der Einsteinring der "ganzen" Galaxie ist einfach eine "Überlagerung" von Einsteinkreuzen der "Einzelteile" der Hintergrundgalaxie.
Man kann in dem so aufgefächerten Ring jetzt mühsam sich wiederholende Muster suchen, und so die Struktur aufdranseln.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben