Erweiterung der HZ um M-Zwerge

TomTom333

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Bedeutet das im Umkehrschluss, dass Systeme mit kurzperiodischen Riesenplaneten nur selten Mehrfachsysteme sind? Das war ja meine Vermutung in Post#11.

Die Datenlage deutet es an....... aber wer weiß???

Vielleicht. Oder vielleicht sind sie nur selten koplanare Mehrfachsysteme...

Warum sollte der Riese im System sich auf einer anderen Ebenen drehen? Das Widerspricht den Entstehungsmodellen.


hier noch ein Link zur Koplanarität : http://de.wikipedia.org/wiki/Koplanarität

Meine Vermutung: Der HJ hat bei seiner Wanderung nach innen alle anderen Planeten zu "Freefloatern" gemacht. Nach neuesten Berechnungen sollten es wesentlich mehr von ihnen als Sterne (100 mal) im Kosmos geben
 

Bynaus

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@TomTom333: Die Bahnen wären einfach etwas stärker geneigt. Das können möglicherweise nur ein paar Grad sein, und schon sehen wir den Planeten nicht mehr im Transit. Freefloater ist natürlich eine Möglichkeit - die andere ist (wie z.B. hier mal vor längerer Zeit erklärt), dass der HJ die Planeten einfach ziemlich stark "durcheinanderwirbelt", was zu exzentrischen und gegen die ursprüngliche Ebene geneigte Bahnen erzeugt. Etwa so ähnlich wie die "heisse Scheibe" des Kuipergürtels, wo man das auch sieht (und mit dem Durchzug grösserer Planetesimale oder gar Planeten zu erklären versucht hat).
 

DELTA3

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Hallo,

Freefloater ist natürlich eine Möglichkeit - die andere ist (wie z.B. hier mal vor längerer Zeit erklärt), dass der HJ die Planeten einfach ziemlich stark "durcheinanderwirbelt", was zu exzentrischen und gegen die ursprüngliche Ebene geneigte Bahnen erzeugt.

Der verlinkte Artikel ist ja recht interessant, aber auch ziemlich phantastisch und spekulativ. Da scheint doch mehr der Wunsch der Vater der Theorie zu sein...

Mir ist sowieso nicht klar, wie so ein Riesenplanet in der Gas- und Staubscheibe nach innen wandern soll. Wenn es Effekte gibt, die das bewirken, dann müssten die doch auch auf alle anderen Planeten wirken, so dass schliesslich alle Planeten in engen Bahnen um den Stern versammelt wären!?:confused:

Die Bahnen wären einfach etwas stärker geneigt. Das können möglicherweise nur ein paar Grad sein, und schon sehen wir den Planeten nicht mehr im Transit.

Ich habe mich schon lange gefragt, wie es möglich ist, dass Kepler so viele Transit-Planeten findet! Es ist doch extrem unwahrscheinlich, dass die Bahnebenen so vieler Exosysteme so exakt in Richtung unserer Sonne ausgerichtet sind. Wenn man bedenkt, wie selten bei uns z.B. ein Venustransit ist, dann könnte man doch höchstens mit ein paar Zufallstreffern rechnen. Ich hab' mal ausgerechnet, dass bei einem Stern von der Grösse der Sonne, ein Planet in Erdentfernung nur innerhalb eines Winkels von <±0,3° einen Transit haben könnte. Bei halber Entfernung wäre der Winkel doppelt so gross, d.h. je enger die Planetenbahn, umso grösser der Winkel für einen möglichen Transit, so dass eigentlich viel mehr HJ entdeckt werden müssten.

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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Mir ist sowieso nicht klar, wie so ein Riesenplanet in der Gas- und Staubscheibe nach innen wandern soll.

Es gibt verschiedene Mechanismen. Migration vom Typ I wird durch direkte Interaktion des Planeten mit dem Gas bewirkt: quasi der "Gegenwind", den ein (relativ kleiner) Planet in einer dichten Gasscheibe erfährt (das Gas wird wegen seines inneren Druckes teilweise gestützt, kann also den Stern langsamer umlaufen als ein Planet). Typ I Migration ist sehr schnell und kann Planeten von der Grösse der Erde innerhalb von wenigen 10000 Jahren in den Stern fallen lassen. Sie spielt bei Hot Jupitern aber wohl keine Rolle. Migration vom Typ II wird dann möglich, wenn der Planet so massiv ist, dass er eine Lücke in der Scheibe öffnet (entlang seiner Bahn). Dann beginnt er gravitativ mit der inneren und äusseren Scheibe zu interagieren, was zur Ausbildung von "Spiralarmen", die in der Planetennähe ansetzen, führt. Natürlich wirken die Spiralarme auch gravitativ auf den Planeten zurück. Da der äussere in der Regel grösser bzw. länger ist, bremst er den Planeten auf seiner Bahn und lässt ihn auf den Stern zuwandern. Das endet erst, wenn der Planet die Zone erreicht hat, der Stern schon freigepustet hat - dann hast du einen Hot Jupiter.

So zumindest die Theorie.

Wenn es Effekte gibt, die das bewirken, dann müssten die doch auch auf alle anderen Planeten wirken, so dass schliesslich alle Planeten in engen Bahnen um den Stern versammelt wären!?

Ja und nein. Gewisse Systeme (zum Beispiel 55 Cancri) sehen wirklich so aus. Allerdings stoppt die Migration dann weiter aussen, da ja der innerste Planet noch immer nach aussen eine Lücke aufhält - so kommt es nicht zu Kollisionen. Tatsächlich aber hängt die exatke Entwicklung von einer Menge Faktoren ab, etwa die relativen Grössen der Planeten, ihre relativen Entstehungszeitpunkte, die Entwicklung der Gasscheibe, etc. etc.

Es ist doch extrem unwahrscheinlich, dass die Bahnebenen so vieler Exosysteme so exakt in Richtung unserer Sonne ausgerichtet sind.

Deshalb schaut Kepler auch 150000 Sterne gleichzeitig an...

Ich hab' mal ausgerechnet, dass bei einem Stern von der Grösse der Sonne, ein Planet in Erdentfernung nur innerhalb eines Winkels von <±0,3° einen Transit haben könnte.

Die Transitwahrscheinlichkeit ist d*/2a, wobei d* der Sterndurchmesser und a die Entfernung des Planeten zum Sterns ist, dh, bei der Erde ca. 4.7 Promille. Was nichts anderes heisst, dass wenn man 150000 Sterne betrachtet, von denen, sagen wir, 20% eine Erde haben, dann wird man 150000*0.2*0.0047 = 140 solche Erden finden.

Bei halber Entfernung wäre der Winkel doppelt so gross, d.h. je enger die Planetenbahn, umso grösser der Winkel für einen möglichen Transit, so dass eigentlich viel mehr HJ entdeckt werden müssten.

HJ sind eben absolut gesehen gar nicht so häufig, man hat sie am Anfang nur sehr oft gefunden. Nur ein paar Prozent aller Sterne haben sie. Natürlich findet man mit Kepler jede Menge HJ, aber weil kompakte Systeme von Neptunen und Supererden offenbar viel häufiger sind, findet man nun auch diese.
 

DELTA3

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Danke Bynaus für die Erklärungen, klingt alles ganz plausibel, speziell zur Kepler-Mission hat es sehr zu meinem Verständnis beigetragen.


Wo kriegst du nur immer so schnell die passenden Links her?

Bei den verschiedenen Migrationstheorien habe ich allerdings noch einige Zweifel. Ich dachte, es wäre eine gängige Theorie, dass die Planeten bei ihrer Entstehung ihre Bahnen "freiräumen" (woher sollten sie sonst das Material für ihr weiteres Anwachsen hernehmen), und dass dann die Umlaufbahnen weitgehend stabil sind.

Typ I Migration ist sehr schnell und kann Planeten von der Grösse der Erde innerhalb von wenigen 10000 Jahren in den Stern fallen lassen.

Wenn das so wäre, dann könnte es ja gar keine kleineren Planeten mehr geben!

Gute Nacht, Delta3.
 

Alex74

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dass die Planeten bei ihrer Entstehung ihre Bahnen "freiräumen"
Das tun sie ja, die alte Idee ist prinzipiell noch immer richtig; nur weiß man durch (bessere) Simulationen heute, daß das nicht einfach so passiert daß da meinetwegen aus allen Richtungen Zeugs auf den Protoplaneten fällt, sondern daß sich da eine eigene Dynamik ausbildet und der Protoplanet nicht nur die Staubscheibe beeinflußt, sondern eben auch umgekehrt.

Typ I Migration ist sehr schnell und kann Planeten von der Grösse der Erde innerhalb von wenigen 10000 Jahren in den Stern fallen lassen.
Am meisten wundert mich daß Bynaus tatsächlich "innerhalb von" schreibt, das bin ich gar nicht gewohnt :D :D :D
 

Bynaus

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@TomTom333: Das war nur ein Zahlenbeispiel...
@Delta3:
Bei den verschiedenen Migrationstheorien habe ich allerdings noch einige Zweifel. Ich dachte, es wäre eine gängige Theorie, dass die Planeten bei ihrer Entstehung ihre Bahnen "freiräumen" (woher sollten sie sonst das Material für ihr weiteres Anwachsen hernehmen), und dass dann die Umlaufbahnen weitgehend stabil sind.

Es gibt verschiedene Stadien der Planetenbildung. Das "Freiräumen" kommt aus der Zeit der Bildung von Felsplaneten (ca. 10-100 Mio Jahre nach der Entstehung der ersten Kondensate), genauer aus der Zeit der Oligarchen.

Hier geht es um die ersten frühen Planetenkerne, aus denen sich die Gasriesen bilden, zu einer Zeit, wo das Gas noch in der Scheibe ist (nicht später als ~8 Mio Jahre).

Wenn das so wäre, dann könnte es ja gar keine kleineren Planeten mehr geben!

Ja richtig. Aber die Gasscheibe verschwindet nach spätestens 8 Mio Jahren und dann können sich wieder kleine Planeten bilden. Dass sich überhaupt Gasriesenkerne bilden können, ist aber trotzdem erstaunlich und hat vielen Forschern lange Kopfzerbrachen bereitet. Man denkt heute, dass die Bedingungen in der äusseren Scheibe etwas anders sind (die Umlaufgeschwindigkeiten sind geringer, die Anwesenheit von Wasser lässt die Kerne schnell heranwachsen, Turbulenzen können den Effekt abschwächen u.ä.), so dass sich Gasriesenkerne doch bilden können, ohne in den Stern zu fallen.
 

DELTA3

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Nochmal zur Migration:

Migration vom Typ I wird durch direkte Interaktion des Planeten mit dem Gas bewirkt: quasi der "Gegenwind", den ein (relativ kleiner) Planet in einer dichten Gasscheibe erfährt (das Gas wird wegen seines inneren Druckes teilweise gestützt, kann also den Stern langsamer umlaufen als ein Planet).

Wenn ein Planet durch Verdichtung innerhalb der rotierenden Gas- und Staubscheibe entsteht, dann muss er doch genau so schnell sein, wie die rotierende Scheibe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dann plötzlich die Scheibe langsamer wird, oder der Planet schneller wird, um "Gegenwind" zu bekommen!

Dann beginnt er gravitativ mit der inneren und äusseren Scheibe zu interagieren, was zur Ausbildung von "Spiralarmen", die in der Planetennähe ansetzen, führt. Natürlich wirken die Spiralarme auch gravitativ auf den Planeten zurück. Da der äussere in der Regel grösser bzw. länger ist, bremst er den Planeten auf seiner Bahn und lässt ihn auf den Stern zuwandern. Das endet erst, wenn der Planet die Zone erreicht hat, der Stern schon freigepustet hat - dann hast du einen Hot Jupiter.

Kann man sich das als eine Art Gezeitenkräfte vorstellen? Aber warum sollen die aussen stärker wirken als innen?

Wie lange kann ein HJ in einer so engen Umlaufbahn seine Gasatmosphäre behalten? Die müsste doch von dem Stern schnell aufgeheizt werden und sich ausdehnen und vom Sonnenwind (Sternenwind) weggeblasen werden oder die Gasmoleküle müssten durch die hohen Temperaturen Fluchtgeschwindigkeit erreichen und wegdiffundieren.

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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Wenn ein Planet durch Verdichtung innerhalb der rotierenden Gas- und Staubscheibe entsteht, dann muss er doch genau so schnell sein, wie die rotierende Scheibe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dann plötzlich die Scheibe langsamer wird, oder der Planet schneller wird, um "Gegenwind" zu bekommen!

Gas und Staub sind von Anfang an unterschiedlich schnell. Das Gas muss nicht so schnell rotieren wie der Staub, also tut es das auch nicht (aller Staub, der nicht mit keplerischer Geschwindigkeit unterwegs ist, fällt in die Sonne).

Kann man sich das als eine Art Gezeitenkräfte vorstellen? Aber warum sollen die aussen stärker wirken als innen?

Ja, das sind Gezeitenkräfte. Sie sind von aussen her stärker als von innen her, weil sich Planeten wie Jupiter ab ca. 3 AU bilden können, die Scheibe sich aber (im Fall des Sonnensystems) auf bis zu 50 AU (oder noch mehr bei anderen Systemen) ausdehnt.

Wie lange kann ein HJ in einer so engen Umlaufbahn seine Gasatmosphäre behalten?

Kommt drauf an, wie viel Masse er hat. Ein "Jupiter" (1 Jupitermasse) kann die Atmosphäre über viele zehn Jahrmilliarden behalten, verliert sie also nicht. Ein kleinerer Gasriese verliert sie hingegen (je kleiner, desto schneller). Das ist nicht reine Theorie, sondern kann durch Beobachtungen von Wasserstoff-Halos (z.B. bei "Osiris", HD 209458 b) überprüft werden.

PS: Die Detailiertheit der Modelle sollte nicht dazu verleiten, zu denken, dass in diesen Dingen schon fast alles klar und bekannt ist. Es gibt auch immer wieder grundsätzlich neue Ideen, die auftauchen und die natürlich genauso geprüft werden sollten, z.B.: http://www.spacedaily.com/reports/New_model_provides_different_take_on_planetary_accretion_999.html
 
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