Brechzahl im Inneren von Neutronensternen

Jomi

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Wenn man das Innere eines erkalteten Neutronensterns als kondensierte Ansammlung neutraler Teilchen betrachtet, müsste diese eigentlich transparent für das ganze oder doch zumindest für weite Teile des elektromagnetischen Spektrums sein. Kann man für diese Art von Materie eine Brechzahl angeben? Welche Wellenlängenabhänigkeit der Brechzahl bzw. der elektrischen Feldkonstante (Dispersion) wäre zu erwarten?
 

Rainer

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Wenn man das Innere eines erkalteten Neutronensterns als kondensierte Ansammlung neutraler Teilchen betrachtet,
Das ist eine falsche Vereinfachung.
Vielmehr ist die Elektronendichte so hoch, dass alle Niveaus gemäß der Temperatur besetzt sind. Die überwiegende Anzahl der Elektronen hat daher mit den Protonen Neutronen gebildet, aber es bleiben genügend Elektronen übrig.
Letztlich spielt zwar die Temperatur nicht mehr die Rolle, sondern der Fermidruck, man kann dies aber als Fermitemperatur angeben.
TF = (³√(3π²n)ℏ)²/(2m·kB)
 
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ralfkannenberg

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Die überwiegende Anzahl der Elektronen hat daher mit den Protonen Neutronen gebildet, aber es bleiben genügend Elektronen übrig.
Hallo Rainer,

ich behaupte nicht, dass das irgendwie falsch wäre, habe aber dennoch Fragen dazu: wieso bleiben genügend Elektronen übrig ?

Der Neutronenstern ist elektrisch neutral, d.h. es sollte gleichviele Protonen + Positronen einerseits und Elektronen (+ meinetwegen Anti-Protonen, woher auch immer die kommen mögen) geben.

Ein Neutronenstern hat meines Wissens auch eine Leptonenzahl = 0, d.h. wenn beim inversen Beta-Zerfall, also dem "Hineinquetschen der Elektronen in die Protonen" Elektronen übrigbleiben, welche dann wegen der Ladung von Positronen kompensiert werden, dann gab es zuvor "zuviele" Elektronen, die eine Leptonenzahl von 0 verunmöglichen. Ok, das könnte nun von irgendwelchen elektronischen Anti-Neutrinos wieder ausgeglichen werden, aber die müssen auch erst noch irgendwoher kommen.

Ich sage nicht, dass es nicht geht, es nimmt mich nur wunder, welches Argument Du nutzst, dass nach dem inversen Beta-Zerfall noch Elektronen übrigbleiben.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Rainer

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wieso bleiben genügend Elektronen übrig
naja es ist ja klar, dass die Neutronen lieber zerfallen wollen. Die Elektronen können nur nicht so dicht gepackt werden, dass alle Neutronen zerfallen könnten, daher stellt sich ein Gleichgewicht ein mit
EF.e = EF.n
also gleicher Fermienergie je Teilchen
EF = pF²/2m = ~pF·c

Gleichung (6.68)

Der Neutronenstern ist elektrisch neutral
na jatürlich, die Protonen stören niemanden.
Np = Ne ≪ Nn

Beim Weißen Zwerg haben wir hingegen
Np = Ne ≈ Nn
Hier stören weder die Protonen noch die Neutronen, nur der Fermidruck der Elektronen ist ausschlaggebend.
 
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TomS

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Das Zauberwort für die google- oder arxiv-Suche heißt "Neutron Star Equation of State". Dort werden auch "freie Ladungsträger" diskutiert.

Ob man damit einen Brechungsindex ausrechnen kann, weiß ich nicht.
 

Rainer

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Ob man damit einen Brechungsindex ausrechnen kann, weiß ich nicht.
Für "undurchsichtig", gibt es wohl keine Brechzahl....
Jedenfalls ist die Elektronendichte ne höher als im Weißen Zwerg, da ja die Fermienergie EF höher ist, was klar sein dürfte, da der Fermidruck PF höher ist.
 

TomS

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Für "undurchsichtig", gibt es wohl keine Brechzahl....
Doch.

Der Brechungsindex ist komplex:

N = n + i κ

n ist der normale Brechungsindex, κ der Absorptionskoeffizient; "undurchsichtig" heißt, κ ist "groß".

Damit folgt für den Abfall der Intensität I(x) in Ausbreitungsrichtung x

I(x) = exp(-4πκ x/λ₀)

λ₀ wäre die Wellenlänge im Vakuum.


Aber ob das für Neutronensterne so einfach funktioniert, kann ich nicht sagen; schon die e.o.s. ist rocket science.
 

Rainer

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Doch.

Der Brechungsindex ist komplex:

N = n + i κ

n ist der normale Brechungsindex, κ der Absorptionskoeffizient; "undurchsichtig" heißt, κ ist "groß".

Damit folgt für den Abfall der Intensität I(x) in Ausbreitungsrichtung x

I(x) = exp(-4πκ x/λ₀)

λ₀ wäre die Wellenlänge im Vakuum.
Ja klar, das war mir entfallen. Letztlich hängt die Brechung ja auch immer von der Wellenlänge ab. Sogar Metall kann man wohl durchleuchten.

Übrigens ist der WD praktisch ein riesiger Diamant, wird zumindest angenommen. Solange er strahlt, ist er ein WD und dann wird er zum BD black dwarf. Eigentlich könnte er auch irgendwie durchsichtig sein.
 

Rainer

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Plasmafrequenz und Reflexionsgrenze Bisschen langatmig erklärt aber sehr anschaulich


wiki:
ωpl = ²(e²ne/ε°me)
Das heißt insbesondere, dass Plasmen elektromagnetische Wellen mit Frequenzen unterhalb der Plasmafrequenz fast vollständig reflektieren, für Wellen mit Frequenzen oberhalb der Plasmafrequenz hingegen transparent sind.
 
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ralfkannenberg

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Übrigens ist der WD praktisch ein riesiger Diamant, wird zumindest angenommen.
Hallo Rainer,

nein - wieso ? In der jetzigen Epoche des Universums bin ich einverstanden, aber in einigen zig Milliarden Jahren werden die Weissen Zwerge, die sich aus Roten Zwergsonnen gebildet haben, die Mehrheit der Weissen Zwerge bilden, und solche bestehen aus Helium und nicht aus Kohlenstoff.

Zwar ist das Universum noch zu jung, als dass es jetzt schon solche geben sollte, aber es gibt sie, weil es noch einen zweiten Entstehungsprozess für solche Weissen Zwerge gibt, nämlich in einem engen Mehrfachsternsystem, in dem der massereichere Stern Masse vom Partnerstern akkretiert, bis dessen Strahlungsdruck zusammenbricht und er zu einem Weissen Zwerg aus Helium kollabiert.


Solange er strahlt, ist er ein WD und dann wird er zum BD black dwarf. Eigentlich könnte er auch irgendwie durchsichtig sein.
Schon wieder so ein zusätzlicher Begriff, den es meines Erachtens wirklich nicht braucht; das sind einfach solche Weisse Zwerge, die soweit ausgekühlt sind, dass sie nicht mehr im sichtbaren Licht strahlen. Physikalisch aber bleiben sie dasselbe.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Rainer

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nein - wieso ? In der jetzigen Epoche des Universums bin ich einverstanden, aber in einigen zig Milliarden Jahren werden die Weissen Zwerge, die sich aus Roten Zwergsonnen gebildet haben, die Mehrheit der Weissen Zwerge bilden, und solche bestehen aus Helium und nicht aus Kohlenstoff.
Schon wieder so ein zusätzlicher Begriff, den es meines Erachtens wirklich nicht braucht; das sind einfach solche Weisse Zwerge, die soweit ausgekühlt sind, dass sie nicht mehr im sichtbaren Licht strahlen. Physikalisch aber bleiben sie dasselbe.
Ich habe Kolanosk ungenau zitiert (und kenne das aber auch von anderen Quellen)

Für Sterne mit Massen kleiner als etwa 0.25 · Mⵙ endet die Energieerzeugung durch
Fusion mit dem Wasserstoffbrennen, weil die Masse nicht ausreicht, durch gravitative
Kontraktion die Temperatur genügend zu erhöhen, um Heliumbrennen zu starten.
Diese Sterne leuchten beim Kontrahieren für relativ kurze Zeit als Weißer Zwerg
auf, um dann als Schwarzer Zwerg zu enden.

Wenn die Masse
nicht ausreicht, um Kohlenstoffbrennen zu zünden (ab M ≈ Mⵙ ), kontrahiert der
Stern nach dem Ausbrennen des Heliums zu einem relativ heißen kleinen Stern,
einem Weißen Zwerg, der im wesentlichen aus kristallisiertem Kohlenstoff besteht,
was bei den Druck-Temperatur-Verhältnissen ein sehr großer Diamant ist.


wiki:
Ein Schwarzer Zwerg ist in der Astrophysik eine hypothetische Spätphase der Sternentwicklung. Ein Schwarzer Zwerg wäre das letzte Stadium eines Weißen Zwerges, wenn dessen Energie abgegeben oder die Oberflächentemperatur so weit gefallen ist, dass weder Wärme noch sichtbares Licht in nennenswertem Ausmaß abgestrahlt werden.

Ursprünglich wurde die Bezeichnung „Schwarzer Zwerg“ auch für diejenigen Vorstufen von Sternen verwendet, die nicht die benötigten etwa 0,08 Sonnenmassen aufweisen, um Wasserstoff zu verschmelzen;[2] seit den 1970er Jahren werden solche Objekte jedoch als Braune Zwerge bezeichnet.

Ein Forschungsteam entdeckt einen Stern, der offenbar gerade dabei ist, sich in einen Diamanten umzuwandeln. Das passiert weißen Zwergen mit hohem Metallgehalt.



HD 190412 C is the first confirmed crystallizing white dwarf with externally constrained age
 
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ralfkannenberg

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Ich habe Kolanosk ungenau zitiert (und kenne das aber auch von anderen Quellen)

Für Sterne mit Massen kleiner als etwa 0.25 · Mⵙ endet die Energieerzeugung durch
Fusion mit dem Wasserstoffbrennen, weil die Masse nicht ausreicht, durch gravitative
Kontraktion die Temperatur genügend zu erhöhen, um Heliumbrennen zu starten.
Diese Sterne leuchten beim Kontrahieren für relativ kurze Zeit als Weißer Zwerg
auf, um dann als Schwarzer Zwerg zu enden.
Hallo Rainer,

stimmt das ? Ich dachte, die würden nicht so schnell auskühlen, aber ok, ich muss das nochmals nachschauen.

Wenn die Masse
nicht ausreicht, um Kohlenstoffbrennen zu zünden (ab M ≈ Mⵙ ), kontrahiert der
Stern nach dem Ausbrennen des Heliums zu einem relativ heißen kleinen Stern,
einem Weißen Zwerg, der im wesentlichen aus kristallisiertem Kohlenstoff besteht,
was bei den Druck-Temperatur-Verhältnissen ein sehr großer Diamant ist.
Absolut korrekt, und in der heutigen Epoche des Universums sind diese Weissen Zwerge in der Mehrheit, also solche, bei denen der Vorläuferstern zwischen 0.25 und rund 1 Sonnenmasse hat.

Die Weissen Zwerge mit höherer Masse, also rund 1 Sonnenmasse bis zur Chandrasekhar-Grenze können auch ein Kohlenstoffbrennen zünden, von denen gibt es aber aus irgendeinem Grunde nicht so viele. Diese sind übrigens ausserordentlich dicht, also deutlich dichter als ihre "Kollegen" aus Helium oder aus Kohlenstoff. Ich erinnere mich, weil sie bei der Sicherheitsanalyse für den LHC am CERN als Sicherheitskriterium herangezogen wurden, weil auch solche von ihnen unter gewissen Zusatzbedingungen (Magnetfeld und andere, ich habe das alles wieder vergessen) solche ungeladenen Mini-Schwarzen Löcher aufhalten würden, d.h. von innen her "gefressern" würden, so dass sie nur ein maximales Alter erreichen können, man aber solche Weisse Zwerge kennt, die deutlich älter sind.


Frundliche Grüsse, Ralf
 

Rainer

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stimmt das ? Ich dachte, die würden nicht so schnell auskühlen, aber ok, ich muss das nochmals nachschauen.
Das mit den 0,25 Mo ist wohl eine andere Größenklasse als üblich

Doch innerhalb von einigen Milliarden Jahren kühlen sie ab, da ihnen keine zusätzliche Energiequelle mehr zur Verfügung steht. Dann enden sie als hypothetische Schwarze Zwerge, die nur noch durch das Wirken ihrer Schwerkraft nachgewiesen werden können.

Merkur:
Dieser Abkühlprozess dauert so lange, dass Fachleute davon ausgehen, dass es noch kein Stern in unserem Universum geschafft hat, zu einem dunklen und kalten schwarzen Zwerg zu werden.

der sich offenbar gerade in einen Diamanten verwandelt, beträgt etwa 6300 Grad Celsius, weshalb die Forschung davon ausgeht, dass der Stern gerade kristallisiert.

Ob der Stern tatsächlich ein Diamant ist, ist nicht klar, denn die Dichte des weißen Zwergs beträgt etwa eine Million Kilogramm pro Kubikmeter, während die Dichte von Diamant bei 3500 Kilogramm pro Kubikmeter liegt.
 
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ralfkannenberg

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Das mit den 0,25 Mo ist wohl eine andere Größenklasse als üblich
Hallo Rainer,

ja, das sind die "leichten Weissen Zwerge", die es noch nicht geben sollte, da das Universum noch nicht alt genug ist, als dass deren Vorläufersterne die Hauptreihe bereits verlassen hätten, d.h. die leuchten immer noch als Rote Zwergsonnen (also Hauptreihenstern der Spektralklasse M, also insbesondere kein Roter Riese !). In engen Sternsystemen kann es aber solche leichten Weissen Zwerge geben, nämlich dann, wenn ein nahestehender massereicherer Stern der Roten Zwergsonne Masse weg-akkretiert, so dass die Rote Zwergsonne den Strahlungsdruck nicht mehr aufrecht erhalten kann und zu einem leichten Weissen Zwerg kolabiert, der aus Helium besteht.

Hier wird so ein Helium-Weisser Zwerg beschrieben:
https://www.astronews.com/community/threads/millisekunden-pulsar-trio-als-test-für-relativitätstheorie.7269/

arXiv-Preprint:
Formation of the Galactic Millisecond Pulsar Triple System PSR J0337+1715 – A Neutron Star with two orbiting White Dwarfs
Autoren: T. M. Tauris and E. P. J. van den Heuvel

Bemerkung: einer der Artikel, der m.E. wirklich lesenswert ist


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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Bernhard

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Übrigens ist der WD praktisch ein riesiger Diamant, wird zumindest angenommen. Solange er strahlt, ist er ein WD und dann wird er zum BD black dwarf. Eigentlich könnte er auch irgendwie durchsichtig sein.
Warum eigentlich dwarfs? Im Thema geht es um doch Neutronensterne? Neutronensterne haben eine andere equation of state wie Zwerge.
 

Rainer

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Warum eigentlich dwarfs?
guckst Du hier #7 bzw hier #4
;)
Sodann ergab sich der weitere Vergleich hinsichtlich der Durchsichtigkeit eines Diamanten, aber der Verlgeich hinkte womöglich bei der Dichte eines WD.

Der Brechungsindex ist komplex:

N = n + i κ

n ist der normale Brechungsindex, κ der Absorptionskoeffizient; "undurchsichtig" heißt, κ ist "groß".
ja klar, so schon. Ich kenne zwar
κ = Im.n/Re.n Extinktionskoeffizient
α = 2Im.n·ω/c Absorptionskoeffizient
n = Re.n(1+i·κ)

Da kann man aber gleich die Opazität verwenden.
Ow = 1/Tw
Tw ≈ 4n.[1]*n.[2]/(n.[1]+n.[2])² Transparenz

Der Zusammenhang mit κ ergibt sich aus
Tw = exp.(-2D·Im.n·ω/c )
mithin
Ow = exp.(2D·Re.n·κ·ω/c )
 
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