Brauchen wir die Kernenergie?

galileo2609

Registriertes Mitglied
Und heute testet Sylvia Kotting-Uhl in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau an, was noch geht, Deutschland und Europa den nuklearen Teufel gänzlich auszutreiben:
Sylvia Kotting-Uhl schrieb:
Forschungspolitik ist in erster Linie Haushaltspolitik. Der Weg des Geldes gibt Auskunft über die Prioritäten der Bundesregierung. Und siehe da: Ungerührt vom beschlossenen Atomausstieg geht mehr als ein Drittel des 2,7 Milliarden Euro schweren 6. Deutschen Energieforschungsprogramms (2011 – 2014) weiterhin in atomare Forschung. Nur 300 Millionen Euro davon fließen in die notwendige Sicherheits- und Endlagerforschung. Mit mindestens 600 Millionen Euro wird dagegen die Erforschung von Kernfusion und Transmutation gefördert. Beides Technologien, die bei Anwendung Wiedereinstieg in atomare Großtechnologie bedeuten würden.[...]
Falls sie je funktioniert, kommt die Kernfusion jedenfalls zu spät. 2050 ist das Zieljahr des Klimaschutzes: Die industrialisierten Länder werden gelernt haben müssen mit 5 bis 10 Prozent ihres heutigen CO2-Ausstoßes auszukommen.
Die Energieversorgung wird also in einem System der Effizienz zu 100 Prozent aus Erneuerbaren kommen. An zusätzlichem teuren Atommüll wird dann kein Bedarf bestehen.
usw. usf. Das Ziel ist klar: weitere nukleare Forschung soll vollkommen unterbunden werden. Die Welt und die Menschen werden sich darauf einstellen müssen, unabhängig von der Bedarfsentwicklung mit dem auskommen zu müssen, was die "regenerativen Energien" liefern können. Damit ist dann auch klar, dass z. B. Raumfahrtprojekte jenseits des Jupiters langfristig nicht mehr möglich sein werden.

Grüsse galileo2609
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Sylvia Kotting-Uhl schrieb:
An zusätzlichem teuren Atommüll wird dann kein Bedarf bestehen.

Man muss ja schon auf beiden Augen blind sein, um nicht zu erkennen, dass die Transmutationsforschung zum Ziel hat, genau dieses Problem zu beheben. Aber so ist das heute, wenn man in Deutschland "grün" sein will: da muss man gegen die Transmutationsforschung sein und den Atommüll offenbar lieber auf gut Glück vergraben wollen, statt daraus günstige, CO2-freie Bandenergie zu gewinnen und gleichzeitig das Abfallproblem zu beseitigen...

galileo2609 schrieb:
Damit ist dann auch klar, dass z. B. Raumfahrtprojekte jenseits des Jupiters langfristig nicht mehr möglich sein werden.

Die ESA hat ja bisher keine Projekte mit nuklearen Batterien/Antrieben. In den USA sieht man das ja bisher nicht (ganz) so eng, und ich gehe davon aus, dass auch China damit keine so grossen Berührungsängste haben wird, wenn die Zeit dafür einmal gekommen ist. Diese Art von Exploration findet dann halt einfach ohne Europa statt.
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Frau Kotting-Uhl, "Sprecherin für Atompolitik" der deutschen Bundestagsfraktion von "Bündnis90 - Die Grünen" wird sicherlich auch noch eine Handhabe wissen, wie die Freisetzung von Uran und Thorium bei der Gewinnung von Neodym verhindert werden kann. Aber bitte ohne Wissenschaft und Forschung! :)

Grüsse galileo2609
 

hardy

Registriertes Mitglied

Auch wenn damit für Deutschland die Kernenergiedebatte beendet ist: Im Weltmassstab ist diese Debatte noch längst nicht abgeschlossen.

Kürzlich wurde der World Energy Outlook (WEO) 2012 der Internationalen Energieagentur (IEA) der OECD veröffentlicht.
Gemäss deren Hochrechnungen nehme die Stromerzeugung aus Kernenergie in absoluten Zahlen bis 2035 weiterhin zu, jedoch verringere sich ihr Anteil am weltweiten Strommix von 13% auf 12%.

Die IEA erwarte, dass die installierte KKW-Kapazität 2035 im Vergleich zur letztjährigen Schätzung (WEO 2011) um 50 GWe tiefer liege und nur 580 GWe erreiche. Das sind rund 200 GWe mehr als heute. Mit dem grössten Zuwachs an Nuklearkapazität wird bei China gerechnet: von derzeit 12 GWe auf 128 GWe im Jahre 2035. Es folgen Südkorea, Indien und Russland.
 

frosch411

Registriertes Mitglied
Wenn man bedenkt, wieviel Strom man mit konsequentem Stromsparen einsparen könnte, wären die 12% Kernenergie weltweit ja heute schon überflüssig...
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
frosch411 schrieb:
Wenn man bedenkt, wieviel Strom man mit konsequentem Stromsparen einsparen könnte, wären die 12% Kernenergie weltweit ja heute schon überflüssig...

Wir verbrauchen nicht zu viel Strom, sondern zu wenig: wir sollten endlich die fossilen Energieträger (z.B. Benzin, Gas, Heizöl) wo immer möglich durch Strom ersetzen - und den Strom dabei aus CO2-freien Quellen beziehen. Bei immer teureren fossilen Energieträgern wird dieser Wechsel hin zum Strom (langfristig) ohnehin stattfinden, aber der Klimawandel sollte uns anspornen, zumindest einen Teil der fossilen Energieträger im Boden zu lassen. Der Wechsel hin zum Strom als wichtigstem Energieträger wird, wie auch der massive Ausbau der (relativ teuren) Erneuerbaren Energiequellen, zu einem höheren Strompreis führen. Was dann wiederum zu gewissen Einsparungen ("Stromsparen") führen wird - ganz ohne freiwillig-symbolische Sparleistungen, wie sie heute Mode sind. Diese Einsparungen sind aber bei weitem nicht so gross, dass man den künftig steigenden Bedarf damit decken könnte. Wir werden deshalb jede Form von CO2-freier Stromerzeugung in Zukunft massiv ausbauen müssen. Die Erneuerbaren, so lange sich das mit bestehenden Flächen und dem Naturschutz (z.B.: Vögel, Schutz vor Lärmemissionen, etc.) vereinbaren lässt - aber darüber hinaus letztlich auch die Kernenergie. Es wird ein paar Jahrzehnte dauern, bis sich die Erkenntnis durchsetzen wird, dass kein Weg daran vorbei führt (Wild Cards wie kalte Fusion u.ä. mal ausgenommen). Aber diejenigen Länder, die die Zeichen der Zeit früh erkannt haben (z.B. China), werden in dieser Welt gegenüber allen anderen einen gewaltigen Vorteil haben.
 

Sissy

Registriertes Mitglied
So ein Blödsinn!

Die Windparkbetreiber sollen neben ihren Windmühlen große Algenfarmen installieren, in denen dann Nachts und bei zu viel Stromangebot Ökospritt raffiniert wird... Da kann man auch gleich ein bissy CO2 recyclen, anstatt es irgendwo zu versenken, verbuddeln oder sonst was mit anstellen...

Sissy
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Gute Idee, Sissy - aber ob sich das rechnet? @Bernhard: Mit Strom zu heizen ist etwas vom ineffizentesten, das es gibt (zumindest, so lange es über die direkte Wärmeerzeugung geschieht - Wärmepumpen hingegen, die ja auch Strom benötigen, sind sehr effizient). Aber das ist eher ein Akt der Verzweiflung angesichts des schwankenden Angebots als etwas anderes...
 

Entro-Pi

Registriertes Mitglied
Aber so ist das heute, wenn man in Deutschland "grün" sein will: da muss man gegen die Transmutationsforschung sein und den Atommüll offenbar lieber auf gut Glück vergraben wollen, statt daraus günstige, CO2-freie Bandenergie zu gewinnen und gleichzeitig das Abfallproblem zu beseitigen...

Nanana, das ist aber ziemlich polemisch. Ich bin mir relativ sicher, daß es auch ein paar Grüne gibt, die ein bisschen weiter denken. Was die Frau Kotting-Uhl da von sich gibt hört sich doch eher danach an, als würde sie hier ein paar ideologische Argumente ins Feld führen, um irgendeinen Haushaltsplan der Regierung zu kritisieren. Da wirst du in den nächsten Monaten noch öfter ähnliche Beispiele erleben, denn wir befinden uns mal wieder im Wahlkampf.

Ich persönlich sehe in der Transmutation momentan kein Energiegewinnungspotential. Und ich halte die Kernfusion mit den Konzepten, die wir derzeit erforschen auch nicht für die Lösung der Probleme, die die Kernspaltung schon hervorgebracht hat. Dennoch finde ich wir sollten an der Forschung festhalten, denn wer weiß wofür wir das dereinst nutzen können. Vielleicht geht uns unterwegs ein Licht auf. Wahrscheinlich springen bei erfolgreicher Forschung auch massenweise unerwartete Abkömmlinge heraus, die es uns vielleicht ermöglichen bestimmte Elemente künstlich UND mit verhältnismäßig geringem Aufwand herzustellen. Wissen ist immer wertvoll. Wie wir mit dem Wissen umgehen ist eine ganz andere Frage.
 

Solarius

Registriertes Mitglied
So ein Blödsinn!

Die Windparkbetreiber sollen neben ihren Windmühlen große Algenfarmen installieren, in denen dann Nachts und bei zu viel Stromangebot Ökospritt raffiniert wird... Da kann man auch gleich ein bissy CO2 recyclen, anstatt es irgendwo zu versenken, verbuddeln oder sonst was mit anstellen...

Sissy
Wie effizient ist das eigentlich? Also wieviel Energie muß man reinstecken, um einen Liter Ökosprit zu bekommen? Wie groß ist der Platzbedarf?


@Bernhard: Mit Strom zu heizen ist etwas vom ineffizentesten, das es gibt..
Wenn man mit Strom heizt, dann braucht man keinen Heizkessel und auch keinen Schornstein. Man sparst also Geld. Und wenn das Haus gut isoliert ist, dann braucht man fast nicht heizen. - Im übrigen heizen wir alle mit Strom! Fühle mal mit deiner Hand am Fernseher.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bynaus

Registriertes Mitglied
Entro-Pi schrieb:
Ich persönlich sehe in der Transmutation momentan kein Energiegewinnungspotential.

Das ist aber längst keine Frage der persönlichen Überzeugung mehr: dass dieses Potential existiert wurde (zum Beispiel mit dem Integral Fast Reactor) erfolgreich demonstriert.

Es geht ja nicht nur um die Energiegewinnung (auch, natürlich, denn das Potential ist gewaltig: wenn man bedenkt, dass ein typisches AKW nur etwa 1% der Energie eines Brennstabs nutzt, dann reicht der Abfall für jedes bisherige Betriebsjahr für weitere 99 Jahre CO2-freier Bandenergie bei gleicher Leistung...). Es geht doch vor allem auch darum, künftigen Generationen kein Abfallproblem zu hinterlassen, bzw. keine geologischen Tiefenlager bauen zu müssen, die mindestens für Jahrhunderttausende halten müssen.

Und ich halte die Kernfusion mit den Konzepten, die wir derzeit erforschen auch nicht für die Lösung der Probleme, die die Kernspaltung schon hervorgebracht hat.

Da gebe ich dir bis zu einem bestimmten Grad recht. Im Umkehrschluss heisst das natürlich auch, dass wir genausogut bei der Kernspaltung bleiben können, so lange wir für die dabei anfallenden Probleme aktiv Lösungen suchen.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
@Solarius: Neben der Frage nach der Quelle des Stroms, die mac erwähnt hat, bezweifle ich deine Aussage, man würde damit Geld sparen. Siehe z.B. hier: http://www.strom-magazin.de/stromheizung/ oder hier: http://www.solarserver.de/solar-mag...eundlich-und-sollten-ausgetauscht-werden.html
Eine Elektroheizung in einer Mietwohnung ist oft ein treffsicherer Indikator dafür, dass die Nebenkosten hoch sind.

Wie gesagt: Wir müssen ja ohnehin von allen fossilen Energieträgern weg, also müssen wir langfristig den restlichen Heizbedarf (nach Energiesanierungen) irgendwie mit Strom decken - aber eben nicht mit Elektroheizungen. Wenn schon mit Strom heizen, dann indirekt über eine Wärmepumpe (was jedoch meist eine Erdsonde bedingt). Das macht energetisch Sinn, weil hier Umgebungswärme genutzt wird, die mit dem Strom nur umgelagert bzw. übertragen, aber nicht direkt erzeugt wird.

Und ja, Elektrogeräte in der Wohnung tragen ein wenig zur Wärme bei. In modernen Bürogebäuden mit vielen Computern kann das sogar signifikant zur Heizung beitragen (bleibt dann einfach zu hoffen, dass die Computer nicht effizienter werden!) - in einer heutigen Wohnung hingegen ist das fast vernachlässigbar (möglicherweise könnte es in einem energiesanierten Haus ein Faktor werden, da bin ich überfragt).
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Wie gesagt: Wir müssen ja ohnehin von allen fossilen Energieträgern weg, also müssen wir langfristig den restlichen Heizbedarf (nach Energiesanierungen) irgendwie mit Strom decken - aber eben nicht mit Elektroheizungen.
Hallo Bynaus,

vielleicht macht es die Energiewende ja etwas attraktiver, wenn es dabei auch gewisse Spielräume gibt. Ich sehe deswegen keine Probleme dabei ein paar Elektroheizungen zu produzieren und einzusetzen. Es ist eine bekannte Technologie, die sehr leicht verfügbar ist und man muss ja nicht gleich sämtliche Haushalte darauf umstellen ;) .

Wenn schon mit Strom heizen, dann indirekt über eine Wärmepumpe (was jedoch meist eine Erdsonde bedingt). Das macht energetisch Sinn, weil hier Umgebungswärme genutzt wird, die mit dem Strom nur umgelagert bzw. übertragen, aber nicht direkt erzeugt wird.
Gute Idee, aber auch das ist schon lange bekannt und wird bei den Häuslebauern seit vielen Jahren diskutiert, bzw. eingesetzt.

Dass man hierzulande von der Transmutationsforschung so wenig hört, liest oder sieht finde ich ebenfalls beängstigend.
MfG
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Es ist eine bekannte Technologie, die sehr leicht verfügbar ist und man muss ja nicht gleich sämtliche Haushalte darauf umstellen

Vielleicht finden sich sogar ein paar Freiwillige, die bereit sind, bei stetig steigenden Stromkosten die zusätzlich auf sie zukommenden Kosten zu übernehmen. Aber wofür denn eigentlich genau? Welchen Sinn soll das machen? Nun, wenn man sich den oben verlinkten Artikel ansieht, dann ist die Rolle der Elektroheizungen aus Sicht der Energieversorger klar: Sie sollen and windigen und sonnigen Tagen die Überschüsse verbraten, die heute niemand irgendwo zwischenspeichern kann. Dann werden damit wenigstens ein paar Häuser geheizt, und gleichzeitig der Strompreis (während den Überschussphasen) stabilisiert - ein Schelm, wer sich dabei böses denkt... An windstillen oder bevölkten Tagen kann man dann ja immer noch im grossen Stil Atomstrom aus Frankreich und Kohlestrom aus Polen importieren...

Gute Idee, aber auch das ist schon lange bekannt und wird bei den Häuslebauern seit vielen Jahren diskutiert, bzw. eingesetzt.

Ja natürlich. Es geht mir nur darum, dass "mit Strom heizen" eben ganz unterschiedliche Dinge bedeuten kann.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
ein Schelm, wer sich dabei böses denkt...
Natürlich denkt ein Unternehmen wie RWE vorwiegend ökonomisch. Zusätzlich gibt es aber auch noch die öffentliche Meinung und den Gesetzgeber, womit das Thema zur Zeit eben offen bleibt, welche Energiepolitik genau die beste ist. Ich sehe langfristig gesehen sowieso ein größeres Potential beim EE-Gas. Erdgas-Autos gibt es bereits und die Politik (sowohl rot als auch schwarz) wird Ansätze zum Erhalt der Automobilindustrie traditionsgemäß stärker unterstützen, als Projekte mit ungeklärtem Nutzen (Elektroheizungen).
MfG
 

Sissy

Registriertes Mitglied
Hi Solarius,

Wie effizient ist das eigentlich?
auf alle Fälle besser, als an windigen/sonnigen Tagen (hauptsächlich im Sommer) Nachstspeicherheizungen aufzuladen. :mad:
Im Winter brauchen wir eh mehr Strom. Straßenbeleuchtung, Beleuchtung Privathaushalte, Industrie ... Und Solaranlagen auf Dächern sind mit Schnee bedeckt oder liefern wegen den kurzen Tagen und flachem Sonnenstand net viel ins Netz.

Also wieviel Energie muß man reinstecken, um einen Liter Ökosprit zu bekommen?
das kann ich jetzt nicht beziffern. Es gibt aber schon funktionierende Algentanks. Ich mein, ich hätt was drüber gelesen. Spanien und USA, soweit ich mich erinner.

Wie groß ist der Platzbedarf?

Wenn die Tanks in die Erde verbuddelt werden, wenig. Beleuchtung, Belüftung, Umrühren, Heizen, CO2 Zufuhr, alles mit Nachtstrom. Als flache Oberflächenbecken mit normalem Sonnenlicht wie in USA so wie große Kläranlagen...

Es gibt verschiedene Konzepte. Algen die Rohmasse für Biosprit liefern (USA). Oder Faulgase (z.B. Methan, Sapnien), was dann z.B. per Verbrennung Wasserdampf für Turbinen liefern könnte. Man muß nur wollen, anstatt uns Verbrauchern Nachtspeicheröfen als "Lösung" aufs Auge zu drücken...

Sissy
 
Oben