Hallo Helmut, hallo Josef,
das hat eigentlich nichts mit Großherzigkeit zu tun und das Zerlegen seiner Auffassung sehe ich auch nicht als ein 'Vor den Karren spannen'.
Ich hab‘ mir schon öfter Gedanken darüber gemacht wie man das Erde-Mondproblem angehen könnte, bin aber immer an der Frage hängen geblieben, wie ich den Drehimpuls der Erde in den Griff kriegen kann.
Hier allerdings geht es ja nur um die Teilfrage ob die Verteilung der Flutberge dazu überhaupt in der Lage wäre die 4 cm pro Jahr zu realisieren. Das ist im Gegensatz zur Abbremsung der Erde und zur Frage wie der zeitliche Verlauf ausgesehen haben könnte, nur eine einfache Geometrie-Aufgabe.
Ich gebe zu, daß Josef’s Auffassung, rein aus dem Bauch heraus, und nur für sich genommen, also auch ignorieren von Schulwissen, für mich nicht auf anhieb entscheidbar gewesen wäre. Im Gegensatz zu Josef hätte ich dann aber selbst versucht es nachzurechnen, bevor ich andere zu Deppen stemple oder wenn ich das nicht kann, was ja auch nicht ehrenrührig wäre, hätte ich den Mund nicht so voll genommen und nachgefragt wie man das denn rechnen könnte.
Nicht um Josef bloß zu stellen, sondern um hier eine klare und auch für Laien nachvollziehbare Antwort zu geben, ob die Erde den Mond ‚anheben‘ kann, habe ich das zunächst mal für mich selbst gerechnet und halte es für richtig diese (sehr einfache) Rechnung hier einzustellen, um sie Eurer Kritik zugänglich zu machen. Schließlich mache ich auch Fehler und nicht zu knapp.
Bei Wiki findet man unter
http://de.wikipedia.org/wiki/Gezeitenbremse#Weitere_Effekte_der_Gezeitenkr.C3.A4fte
folgende Aussage:
Wiki schrieb:
Die Verformung der Erdoberfläche erfolgt mit einer Verzögerung von etwa zwei Stunden, aber immerhin mit einer Vertikalbewegung von 20 bis 30 (im Äquatorbereich sogar 50) Zentimetern.
ich nehme diese Angabe als Grundlage, da die Flutberge in den Ozeanen wesentlich kompliziertere Ursachen (Reflektion an den Kontinentalgrenzen, Resonanzen ...) haben. Auch ist hier eine klarere Angabe zum zeitlichen Vorlauf durch Viskosität und Erddrehung gemacht, eben die genannten 2 Stunden.
Man kann nun meiner Meinung nach das Problem vereinfachen, indem man die beiden Flutberge (als Masse) isoliert von der Erde betrachtet, so als würden nur sie als Masse existieren, die den Mond abbremst und beschleunigt.
Da sie um 2 Stunden zur Verbindungslinie Erdmittelpunkt-Mondmittelpunkt versetzt sind, das entspricht einer Erddrehung um 30°, haben wir eine ziemlich gute Positionsangabe für sie. Der Sinus von 30° ist 0,5 und der Cosinus 0,866.
Nehmt ein Blatt Papier, malt Euch unten einen Kreis der die Erde darstellen soll und oben einen Kreis der den Mond darstellt. Den Erdmittelpunkt bezeichnet mit A und den Mondmittelpunkt mit D
In den Erdkreis zeichnet Ihr ein rechtwinkliges Dreieck. Die Ankathete zum 30°Winkel beginnt im Erdmittelpunkt (A) und zeigt in Richtung Mond. Die Hypotenuse zeichnet Ihr, auch beginnend beim Erdmittelpunkt (A) mit einem Winkel von 30° zur Ankathete bis hin zur Erdoberfläche. Den Durchtrittspunkt dieser Hypotenuse durch die Erdoberfläche bezeichnet mit C. Von diesem Durchtrittspunkt (C) der Hypotenuse fällt Ihr das Lot auf die Ankathete. Diese Gegenkathete schneidet die Ankathete im Inneren der Erde, das ist der Punkt B. Die Ankathete (Strecke AB) ist 0,866 * Erdradius und die Gegenkathete (Strecke BC) ist 0,5 * Erdradius lang. (cos und sin des 30°Winkels)
Am Durchtritt der Hypotenuse (Punkt C) liegt der Mond-zugewandte Flutberg und genau auf der anderen Seite der Erde liegt der Mondabgewandte Flutberg, das soll Punkt E sein. (sie eilen durch die Erddrehung um 2 Stunden = 30° vor, oder wenn man es als mitbewegter Erdbewohner betrachtet, kommt man 2 Stunden nachdem man an der Verbindungslinie Erde Mond vorbei kommt, beim Flutberg an)
Die Masse der Flutberge:
Flut dauert gut 6 Stunden, das ist grob ¼ Erdumfang oder 10000km. Ich habe mit 5000km Länge bei einer Höhe von 0,4m gerechnet und in Nord-Südrichtung ebenfalls mit 5000 km Länge. Das erschien mir für eine Überschlagsrechnung ausreichend genau.
5E6m * 5E6m *0,4m = 1E13m^3
Das spezifische Gewicht der Erdkruste habe ich mit 2500kg/m^3 angenommen. Somit haben wir eine Masse pro Flutberg von 2,5E16kg
Zeichnet nun von dem Durchtritt der Hypotenuse durch die Erdoberfläche (C) eine Verbindungslinie zum Mondmittelpunkt (D). Sie bildet einen sehr spitzen Winkel zur Verbindungslinie Erdmittelpunkt-Mond (Strecke AD).
Da der Winkel so klein ist, können wir die Kräfte einfach nach dem Streckenverhältnis der Gegenkathete dieses spitzen Winkels (Strecke CB), das ist genau auch die oben ermittelte Gegenkathete und der Verbindungslinie (Strecke BD) Mondmittelpunkt bis Erdmittelpunkt – 0,866 * Erdradius errechnen.
Den Abstand Erde-Mond (Strecke AD) nehme ich mit 3,8E8m an, die Strecke CB mit 3,2E6 m (halber Erdradius(6,4E6m abgerundet)) und die Strecke BD mit 3,8E8m - 0,866 * 6,4E6m
Auf der anderen Erdseite entspricht der Punkt C dem Punkt E und die entsprechende Streckenlänge CB würde dort von E aus senkrecht auf die verlängerte Verbindungslinie AD im Punkt F treffen. Die Strecke DF ist dann AD + AF = 3,8E8m + 0,866*6,4E6m lang.
Die Vektrorkomponenten die parallel zur Strecke CB bzw. EF am Mond zerren, errechnen sich mit der oben erwähnten Vereinfachung wie folgt.
Die den Mond beschleunigende Komponente
Beschleunigung = Gravitationskonstante * Masse des Flutberges * (StreckeCB / StreckeBD) / StreckeBD^2
= 6,67E-11m^3 kg^-1 s^-2 * 2,5E16kg * (3,2E6m/(3,8E8m – 0,866 * 6,4E6m)) / (3,8E8m-0,866 * 6,4E6m)^2 = 1,02E-13 m/s^2
Abbremsung = Gravitationskonstante * Masse des Flutberges * (StreckeCB / StreckeDF) / StreckeDF^2
= 6,67E-11m^3 kg^-1 s^-2 * 2,5E16kg * (3,2E6m/(3,8E8m + 0,866 * 6,4E6m)) / (3,8E8m+0,866 * 6,4E6m)^2 = 9,27E-14 m/s^2
Die daraus resultierende Beschleunigung beträgt 9,4E-15 m/s^2
Rechnet man das auf ein Jahr, dann ergäbe das einen Geschwindigkeitsanstieg des Mondes von 2,97E-7 m/s, den der natürlich in eine Abstandsvergrößerung umsetzt.
Wie rechnet man das jetzt um?
Eine Bahnanhebung kostet Energie.
Energie = Gravitationskonstante * MasseMond * MasseErde * (1/Abstand vorher – 1/Abstand nachher)
= 6,67E-11m^3 kg^-1 s^-2 * 5,349E22kg * 5,974E24kg / (1/3,8E8m – 1/(3,8E8m+0,04m) = 8,11E18 J
Die Mondumlaufgeschwindigkeit beträgt 1023 m/s, das entspricht einer kinetischen Energie von
Ekin = 0,5 * Masse des Mondes * Umlaufgeschwindigkeit^2
Wir wollen aber die Differenz zwischen der alten und der neuen Geschwindigkeit wissen um zu sehen ob diese Differenz an kinetischer Energie ausreicht für die Hubarbeit.
= [0,5 * 5,349E22kg / (1023m/s + 2,97E-7m/s)^2] - [0,5 * 5,349E22 kg * (1023m/s)^2] = 2,23E19 J
Also wir brauchen 8E18 J und haben mit der Überschlagsrechnung 2E19 J. Mehr als genug für einige vielleicht zu optimistische Annahmen, für weitere Gezeitenbremsung der Erdrotation und was weiß ich noch alles. Geht man tiefer in die Details wird es wie meistens ganz schnell ganz unübersichtlich.
Herzliche Grüße
MAC
........................ooo
....................o..........o
..................o..............o
.................o.......
x.D.....o MOND Das
x ist der Mondmittelpunkt mit D beschriftet
.................o...............o
..................o.............o
........................ooo
.........................oooo
..................o................o
...........C.
x............
x.B........o
...........o.............................o
..........o...............................o
...........................................
.........o.................................o
.........o.................
x.A............o ERDE
.........o.................................o
............................................
..........o..............................o
...........o...........................o
............o............F.
x........
x E
...............o..................o
......................ooooo
Für die, noch dazu schiefen Ostereier bitte ich um Nachsicht, aber die Formatierung in diesem Texteditor ist mehr als nur eine Zumutung! Die Punkte D, B, A und F liegen auf einer senkrechten Linie. Die Strecken FE und CB sind parallel zueinander und stehen beide senkrecht zur Linie AD. Der 30°-Winkel wird gebildet durch die Strecken AC und AB
EDIT-Konfusion bei den Kathetenbezeichnungen korrigiert später noch die Einheiten in die Gleichungen geschrieben.
An einer Stelle hatte ich den Erde-Mondabstand mit 3E8m notiert, das habe ich korrigkiert (gerechnet habe ich immer mit 3,8E8 m. Versuch einer Graphik angehängt, um die Punkte weniger mißinterpretierbar zu demonstrieren.