Spektrallinien und Kohärenz in der CMB?

Jomi

Registriertes Mitglied
Im Allgemeinen wird die kosmische Hintergrundstrahlung als praktisch ideale Schwarzkörperstrahlung dargestellt und als ein Echo des Übergangs vom Plasmazustand des Universums in den Gaszustand interpretiert. Müsste man nicht erwarten, dass neben einem kontinuierlichen Hintergrund auf Grund resonanter Elektronenübergänge ein deutlicher Anteil scharfer Spektrallinien auftritt? Und müsste wegen der - verglichen mit heute - sehr hohen Materiedichte im damaligen Universum trotz massiver Rotverschiebung nicht doch eine deutliche Kohärenz der Strahlung zu beobachten sein?
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

Registriertes Mitglied
Im Allgemeinen wird die kosmische Hintergrundstrahlung als praktisch ideale Schwarzkörperstrahlung dargestellt und als ein Echo des Übergangs vom Plasmazustand des Universums in den Gaszustand interpretiert.
Nein.

Die kosmische Hintergrundstrahlung (CMB) entstammt nicht dem Prozess des Übergangs zwischen Plasma und Gas (Rekombination), sie war damals einfach vorhanden. Durch die Rekombination fehlten lediglich freie Elektronen, so dass die CMB nicht mehr an diesen streuen konnte, d.h. das Universum wurde sozusagen durchsichtig.

Müsste man nicht erwarten, dass neben einem kontinuierlichen Hintergrund auf Grund resonanter Elektronenübergänge ein deutlicher Anteil scharfer Spektrallinien auftritt?
Doch.

Z.Zt. der Rekombination betrug die Temperatur ca. 3000 K, heute ca. 2.75 K. D.h. die CMB unterliegt einer Rotverschiebung von ca. z = 1100.

Bei der CMB handelt es sich um Mikrowellenstrahlung von ca. 160 GHz, heute mit einem Energie-Maximum bei 6.6 ×10^(-4) eV. Das entspricht z.Zt. der Rekombination ca. 0.73 eV. Zum Vergleich: die Ionisierungsenergie von Wasserstoff beträgt 13.6 eV, also knapp das 19-fache, die Anregungsenergie vom Grund- in den ersten angeregten Zustand von Wasserstoff ca. 10.2 eV. Diese scharfe Spektrallinie der Lyman-Serie läge heute bei ca. 0.009 eV, das entspricht dem 14-fachen des heutigen Maximums des CMB-Spektrums als Funktion der Photon-Energie. Ähnlich kann man für weitere Linien insbs., des Absorptions- = des Rekombinations-Spektrum argumentieren.

Aber!

Das erste Problem ist, dass die Rekombination nicht schlagartig stattfand, sondern über einen längeren Zeitraum und damit auch über einen größeren Bereich von z. Sagen wir statt z = 1100 eher 900 < z < 1300 (Quelle muss ich suchen). Das entspräche statt einer Linie bei E = 0.009 eV nun einem Energiebereich von 0.0075 eV < E < 0.011 eV; das ist gigantisch im Vergleich zur Dopplerverbreiterung, man kann nicht mehr von einer Spektrallinie sprechen.

Das zweite Problem ist, dass der entsprechende Energiebereich im CMB-Spektrum extrem stark unterdrückt ist, im folgenden Plot rechts nicht mehr enthalten (Maximum bei 160 GHz, Faktor 14, d.h. 2240 Ghz). Die Intensität des Energiebereiches, in dem die Relikte des Rekombinations-Spektrums liegen sollten, wird von der Standard-CMB um viele Größenordnungen überstrahlt, man muss damit sehr selektiv für diesen Energiebereich messen.

Das dritte Problem ist die Intensität der Relikte des Rekombinations-Spektrums im Vergleich zur normalen CMB; dazu fällt mir keine einfache Abschätzung ein.


figure1.jpg



Aber man befasst sich damit:

On the detection of spectral ripples from the Recombination Epoch
Mayuri Sathyanarayana Rao, Ravi Subrahmanyan, N Udaya Shankar, Jens Chluba
Photons emitted during the epochs of Hydrogen (500≲z≲1600) and Helium recombination (1600≲z≲3500 for HeII → HeI, 5000≲z≲8000 for HeIII → HeII) are predicted to appear as broad, weak spectral distortions of the Cosmic Microwave Background. We present a feasibility study for a ground-based experimental detection of these recombination lines, which would provide an observational constraint on the thermal ionization history of the Universe, uniquely probing astrophysical cosmology beyond the last scattering surface. We find that an octave band in the 2--6 GHz window is optimal for such an experiment, both maximizing signal-to-noise ratio and including sufficient line spectral structure. At these frequencies the predicted signal appears as an additive quasi-sinusoidal component with amplitude about 8 nK that is embedded in a sky spectrum some nine orders of magnitude brighter. We discuss an algorithm to detect these tiny spectral fluctuations in the sky spectrum by foreground modeling. We introduce a \textit{Maximally Smooth} function capable of describing the foreground spectrum and distinguishing the signal of interest. With Bayesian statistical tests and mock data we estimate that a detection of the predicted distortions is possible with 90\% confidence by observing for 255 days with an array of 128 radiometers using cryogenically cooled state-of-the-art receivers. We conclude that detection is in principle feasible in realistic observing times; we propose APSERa---Array of Precision Spectrometers for the Epoch of Recombination---a dedicated radio telescope to detect these recombination lines.
 
Zuletzt bearbeitet:

Jomi

Registriertes Mitglied
Hallo TomS,
ich möchte mich noch ganz herzlich für Deine ausführlichen Informationen und den Literaturhinweis zur CBM bedanken.
Viele Grüße
Jomi
 
Oben