Hallo Odin,
"Morphogenese" heißt übersetzt "Gestaltwerdung". Sheldrake erfindet zur Gestaltwerdung lebender Systeme eine eigens dafür notwendige Art von Feld, die dem Entwicklungsprozess Ziel und Grenzen vorgibt. Diese "morphogenetischen Felder" - nach Art eines physikalischen Feldes gedacht, wie z.B. ein Gravitationsfeld - sollen sich nicht nur im Bereich der Embryonalentwicklung erstrecken, sondern darüber hinaus auf die Beziehungen zwischen Lebewesen, die er u.a. als "siebten Sinn der Tiere" bezeichnet. Beliebtes Beispiel bei Sheldrake: Hund zu Hause wird unruhig, wenn Herrchen irgend etwas zustößt, so dass er sich verspätet. Problematisch dabei ist der Nachweis einer kausalen Beziehung zwischen Ereignis A (Hund wird unruhig) und Ereignis B (Herrchens Auto springt nicht an, so dass er den Pannendienst rufen muss), denn Ereignis A kann durch andere Faktoren ausgelöst werden, die auf die unmittelbar für den Hund wahrnehmbare Region beschränkt sind. In der Tat ließen sich Sheldrakes Indizien, die für die Existenz morphogenetischer Felder sprechen, mit wissenschaftlichen Methoden nicht bestätigen.
Im Bereich der Embryonalentwicklung, die dem Augenschein nach am ehesten für das Vorhandensein morphogenetischer Felder spricht, sieht man seit den 1990er Jahren etwas klarer, wie die Regulation dort abläuft. Fazit hier: Es geht mit den gewohnten Dingen zu. Man hat Genomabschnitte identifizieren können, die als "homöotische Box" - kurz: Hox-Gene - die Entstehung von Kopf, Gliedmaßen, Organen usw. induzieren. Reguliert, also in geordneter Weise an- und abgeschaltet, werden diese Hox-Gene mittels Konzentrationsgradienten der synthetisierten Proteine. Daraus resultiert eine Kaskade sich abwechselnder Aktivitätsmuster, deren Zusammenwirken den Gestaltwandel des Embryos vollzieht. Die dramatischsten Veränderungen finden am Beginn statt. Hat sich die spätere Gestalt etabliert, verebbt der Prozess, indem er wesentlich nur noch als Wachstum des Fetus abläuft.
Die Hox-Gene konnten bei verschiedenen Tierstämmen bestimmt werden, wobei der überraschende Befund ist, dass der Grundbestand ursprünglich gleich ist, aber es durch Umverlagerungen und Verluste zu anderen Verteilungsmustern gekommen ist, die u.a. zur Aufspaltung in die ca. 30 Tierstämme geführt haben. Zur Vertiefung der Problematik empfehle ich dir die Lektüre von Kirschner/Gerhart: Die Lösung von Darwins Dilemma. (rororo science) Hamburg 2007. In diesen Thread gehört das nicht rein, da Off Topic. Ich habe das hier nur deshalb recht ausführlich dargestellt, um zu zeigen, dass es auch ohne morphogenetische Felder geht, um Morphogenese zu ermöglichen bzw. diese auf experimenteller Basis zu erklären. Ich hätte auch kurz sagen können, dass Sheldrake nichts wissenschaftlich Verwertbares beibringt und es deshalb nicht lohnt, sich mit seinen Ideen zu befassen, wenn man im wissenschaftlichen Rahmen bleiben will - aber das erschien mir dann doch etwas zu schmerzhaft
Viele Grüße!
P.S.: Schön, dass dir das Biologie-Forum so gut gefällt
"Morphogenese" heißt übersetzt "Gestaltwerdung". Sheldrake erfindet zur Gestaltwerdung lebender Systeme eine eigens dafür notwendige Art von Feld, die dem Entwicklungsprozess Ziel und Grenzen vorgibt. Diese "morphogenetischen Felder" - nach Art eines physikalischen Feldes gedacht, wie z.B. ein Gravitationsfeld - sollen sich nicht nur im Bereich der Embryonalentwicklung erstrecken, sondern darüber hinaus auf die Beziehungen zwischen Lebewesen, die er u.a. als "siebten Sinn der Tiere" bezeichnet. Beliebtes Beispiel bei Sheldrake: Hund zu Hause wird unruhig, wenn Herrchen irgend etwas zustößt, so dass er sich verspätet. Problematisch dabei ist der Nachweis einer kausalen Beziehung zwischen Ereignis A (Hund wird unruhig) und Ereignis B (Herrchens Auto springt nicht an, so dass er den Pannendienst rufen muss), denn Ereignis A kann durch andere Faktoren ausgelöst werden, die auf die unmittelbar für den Hund wahrnehmbare Region beschränkt sind. In der Tat ließen sich Sheldrakes Indizien, die für die Existenz morphogenetischer Felder sprechen, mit wissenschaftlichen Methoden nicht bestätigen.
Im Bereich der Embryonalentwicklung, die dem Augenschein nach am ehesten für das Vorhandensein morphogenetischer Felder spricht, sieht man seit den 1990er Jahren etwas klarer, wie die Regulation dort abläuft. Fazit hier: Es geht mit den gewohnten Dingen zu. Man hat Genomabschnitte identifizieren können, die als "homöotische Box" - kurz: Hox-Gene - die Entstehung von Kopf, Gliedmaßen, Organen usw. induzieren. Reguliert, also in geordneter Weise an- und abgeschaltet, werden diese Hox-Gene mittels Konzentrationsgradienten der synthetisierten Proteine. Daraus resultiert eine Kaskade sich abwechselnder Aktivitätsmuster, deren Zusammenwirken den Gestaltwandel des Embryos vollzieht. Die dramatischsten Veränderungen finden am Beginn statt. Hat sich die spätere Gestalt etabliert, verebbt der Prozess, indem er wesentlich nur noch als Wachstum des Fetus abläuft.
Die Hox-Gene konnten bei verschiedenen Tierstämmen bestimmt werden, wobei der überraschende Befund ist, dass der Grundbestand ursprünglich gleich ist, aber es durch Umverlagerungen und Verluste zu anderen Verteilungsmustern gekommen ist, die u.a. zur Aufspaltung in die ca. 30 Tierstämme geführt haben. Zur Vertiefung der Problematik empfehle ich dir die Lektüre von Kirschner/Gerhart: Die Lösung von Darwins Dilemma. (rororo science) Hamburg 2007. In diesen Thread gehört das nicht rein, da Off Topic. Ich habe das hier nur deshalb recht ausführlich dargestellt, um zu zeigen, dass es auch ohne morphogenetische Felder geht, um Morphogenese zu ermöglichen bzw. diese auf experimenteller Basis zu erklären. Ich hätte auch kurz sagen können, dass Sheldrake nichts wissenschaftlich Verwertbares beibringt und es deshalb nicht lohnt, sich mit seinen Ideen zu befassen, wenn man im wissenschaftlichen Rahmen bleiben will - aber das erschien mir dann doch etwas zu schmerzhaft
Viele Grüße!
P.S.: Schön, dass dir das Biologie-Forum so gut gefällt