Frage zur Expansion

Plexucra

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Hallo MAC,

Schiebst Du das eigentliche 'Problem' damit nicht nur an eine andere Stelle?

Ich wollte das 'Problem' ja nicht lösen sondern erfahren, ob man das irgendwie feststellen kann
welcher "Natur" dieses Phänomen ist bzw. inwieweit man bestimmte Dinge ausschließen oder abgrenzen kann.


Um jetzt mal ganz naiv etwas fiktives zu konstruieren:
(soll nur der Anschaulichkeit für mich dienen und mir ist klar, dass das nicht mit dem 'Problem' vergleichbar ist):

Angenommen man hat in der Schwerelosigkeit eine gigantische Hohlkugel gebaut (eine Art Forschungsstation).
In der Mitte dieser riesigen Hohlkugel befinden sich viele kleine relativ gleichmäßig angeordnete Kugeln die die
Fähigkeit besitzen sich gegenseitig auf Kommando "gleichmäßig" elektromagnetisch
abzustoßen (egal ob das nun praktisch umsetzbar wäre). Zudem besitzt die Hohlkugel die Fähigkeit,
die kleinen Kugeln auf elektromagnetischen Wege in Richtung ihrer Innenwand
anzuziehen und zwar so, dass auf jede Kugel dieselbe Kraft wirkt (auch wieder vernachlässigt dass sich das so wohl nicht perfekt umsetzen ließe).
Es sind nun 2 "Experimente" angesetzt:
A) Die Kugeln stoßen sich gegenseitig gleichartig ab
B) Sie werden von der Innenwand gleichartig angezogen.

Die Frage auf die ich hinaus will:
Wenn man nun das Experiment auf beide weisen durchlaufen lässt und man sich nur die Bewegungen
der Kugeln anschaut, müsste man hierbei nicht einen kleinen Unterschied feststellen können?
Wenn es sich um gegenseitige Abstoßung handelt, müssten sich auch kleinste Ungleichmäßigkeiten bei der Kugelanordnung
im Verlauf auswirken. Im anderen Fall ist die Ungleichmäßigkeit relativ egal. Der Kugelhaufen wird einfach nur "hochskaliert".

Kann man Zitat "[...]irgendeine Art abstoßende Gravitation[...]" nicht auf diese Art ausschließen
im Falle eines gleichmäßigen "hochskalierens" des Universums? Gibt es dazu schon Beobachtungen oder reicht die
Messgenauigkeit etc. derzeit noch nicht aus?
 

Ich

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julian apostata schrieb:
Ich bleibe dabei. Die dunkle Energie würde ich nicht als Kraft bezeichnen. Denn eine Kraft kann nicht v>c bewirken.
Jetzt mal der Reihe nach.
Zuerst mal: Die in der Kosmologie auftretenden Überlichtgeschwindigkeiten sind Folge der Koordinatenwahl. Auch in flacher Raumzeit haben unbeschleunigte Objekte Überlichtgeschwindigkeit, wenn man kosmologische Koordinaten wählt. Das hat nichts damit zu tun, dass irgendwas unbeobachtbar werden würde oder dass man das als Beweis für eine unbedingt nötige neue Physik - Raumexpansion - sehen könnte. Flache Raumzeit lässt sich natürlich auch in den normalen Koordinaten verstehen.
Was anderes ist das Auftreten von Horizonten. Die sind m.E. noch am ehesten mit "Überlichtgeschwindigkeit" zu assoziieren, weil da tatsächlich der kausale Kontakt abreißt. Ursache ist aber immer Beschleunigung, ob gravitativer Herkunft oder (unrealistisch, natürlich) durch echte Kraft. Ich habe gezeigt, dass das Auftreten von Horizonten auch kein Beweis ist, dass man Raumexpansion braucht.
Wenn's jetzt um das exponentiall expandierende Universum geht, in dem jeder Beobachter von einem Horizont umgeben ist, dann muss man natürlich auch die Ursache dieser Beschleunigung mit berücksichtigen, nämlich abstoßende Gravitation. Damit geht natürlich SRT nicht mehr. Weil keine echte Kraft mehr involviert ist, kann man auch nicht zweifelsfrei bestimmen, wer denn nun tatsächlich beschleunigt ist und wer nicht, weil es sich nur um Beschleunigung relativ zueinander handelt. Man kann sich z.B. irgendeinen Beobachter als unbeschleunigt denken und alle anderen als davon weg beschleunigt.
In dieser Beschreibung entsteht ein Horizont für die beschleunigten Beobachter eben wegen der Beschleunigung.
Der nichtbeschleunigte Beobachter sieht stattdessen das Potential der abstoßenden Gravitation. Ähnlich wie beim Schwarzen Loch entsteht durch dieses Potential ein Horizont, der die Zukunft der wegbeschleunigten Teilchen vor dem Beobachter verbirgt.

Ich will da gar nicht schon wieder in die "Raumexpansion oder nicht" Diskussion, ich wollte bloß zeigen dass die Interpretation als abstoßende Gravitation durchaus funktioniert.
 

Ich

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Plexucra schrieb:
Es lässt sich nicht klar abgrenzen, ob die Zunahme der Expansionsgeschwindigkeit im Universum auf eine exotische Energieform wie der dunklen Energie oder auf eine (sich aus einem unbekannten Grund verändernde) Expansion des Raumes zurückzuführen ist. Bzw. ist dunkle Energie nur ein Oberbegriff der auch diesen Effekt mit abdecken / benennen würde.
"Dunkle Energie" deckt alles ab.
Wenn irgendwas beschleunigt, dann sagt man aber nicht "das ist halt so", sondern man sucht einen Grund dafür. Das Trägheitsgesetz ist ja auch in der ART nicht aufgehoben.
Der Grund kann nun eine Eigenschaft des Raums selbst sein, die "Kosmologische Konstante", die nach den Feldgleichungen erlaubt ist. Aber auch die wird interpretiert als Vakuumenergiedichte. Das grenzt man nicht voneinander ab, weil beide Begriffe genau dassselbe bezeichnen.
Wenn man nun das Experiment auf beide weisen durchlaufen lässt und man sich nur die Bewegungen
der Kugeln anschaut, müsste man hierbei nicht einen kleinen Unterschied feststellen können?
Sogar einen großen: das innere einer geladenen Hohlkugel ist nämlich feldfrei, da passiert gar nichts. Das gilt sinngemäß auch für Gravitation.
Bernhard schrieb:
c²/g etwa gleich 0,95e-3 Lichtjahre!!
Nein, das sind schon 0,95.
 

Ich

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Die sind "mitbewegt", d.h. ein mit der Expansion bewegtes Objekt bekommt eine fixe r-Koordinate. Siehe FLRW-Metrik.
Ein weiterer Unterschied ist, dass man als Zeitkoordinate die verstrichene Eigenzeit der am jeweiligen Ort befindlichen mitbewegten Beobachter nimmt. Bei den "gemeinen" Koordinaten würde man stattdessen nach Einstein synchronisieren.
Entfernungen werden bei konstanter Koordinatenzeit gemessen und sind entsprechend auch anders definiert als in der SRT, die eine andere Koordinatenzeit verwendet.
Rezessionsgeschwindigkeiten sind definiert als Entfernungsänderung pro Koordinatenzeit und deswegen auch anders als Geschwindigkeiten in der SRT. Die eheste Entsprechung wäre noch die Rapidität, genau wie diese sind Rezessions"geschwindigkeiten" auch nicht an das Tempolimit c gebunden.
 

ralfkannenberg

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Die jetzige Expansion ist durch eine ganz frühe Beschleunigung (Inflation) zustande gekommen.
Hallo Ich,

stimmt das ? - Wenn das so wäre, könnte man doch durch zurückrechnen der heutigen Expansionsrate nicht auf den Zeitpunkt des "Urknalls" schliessen. Ich dachte immer, die Expansion selber sei eine Folge des "Urknalls" (egal wie man nun die Singularität bezeichnen mag) und die Inflation sei lediglich eine Zwischenphase gewesen, die sich zwischen ~10^7 bis ~10^10 Planckzeiten ereignet hat.

Ich meine - wie hätte das Universum "wissen" sollen, dass es sich nach der Inflation wieder mit der normalen Expansionsgeschwindigkeit ausdehnen soll ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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Wenn das so wäre, könnte man doch durch zurückrechnen der heutigen Expansionsrate nicht auf den Zeitpunkt des "Urknalls" schliessen.
Naja, die 10^7 Planckzeiten fallen ja bei ~13,7 Mrd. Jahren nicht so ins Gewicht.
Ich dachte immer, die Expansion selber sei eine Folge des "Urknalls" (egal wie man nun die Singularität bezeichnen mag) und die Inflation sei lediglich eine Zwischenphase gewesen, die sich zwischen ~10^7 bis ~10^10 Planckzeiten ereignet hat.
"Urknall" heißt nicht zwangsweise Singularität. Hier ein guter Artikel dazu. Inflation ist das erste, was in heutigen Messungen noch einen Eindruck hinterlassen kann.
Ich meine - wie hätte das Universum "wissen" sollen, dass es sich nach der Inflation wieder mit der normalen Expansionsgeschwindigkeit ausdehnen soll ?
Was ist denn die "normale Expansionsgeschwindigkeit"? Ob ein Hubbleparameter von, sagen wir, 10^45 Km/s/MPc zum Zeitpunkt 0, 10^-34 s oder 100000 Jahren vorliegt ist egal, das verschiebt nur die Zeitachse um diese marginalen Beträge. Wichtig ist, wie sich das Universum weiterentwickelt, und das hängt davon ab, ob es zu jedem Hubble-Parameter auch die richtige Dichte hat. Da spielen kleinste Änderungen eine Rolle.
Und das ist ja genau eine Stärke der Inflation, dass sie die kritische Dichte sozusagen erzwingt. Das kann keine zufällige Anfangsbedingung sein.
 

ralfkannenberg

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Hallo Ich,
Naja, die 10^7 Planckzeiten fallen ja bei ~13,7 Mrd. Jahren nicht so ins Gewicht.
einverstanden.

"Urknall" heißt nicht zwangsweise Singularität. Hier ein guter Artikel dazu. Inflation ist das erste, was in heutigen Messungen noch einen Eindruck hinterlassen kann.
Deswegen hatte ich um Missverständnisse zu vermeiden die Wortwahl "Urknallsingularität" verwendet, unabhängig davon, ob das wirklich so stattfand oder nur die Folge des Nicht-Einbezuges einer noch unverstandenen Theorie ist.

Was ist denn die "normale Expansionsgeschwindigkeit"? Ob ein Hubbleparameter von, sagen wir, 10^45 Km/s/MPc zum Zeitpunkt 0, 10^-34 s oder 100000 Jahren vorliegt ist egal, das verschiebt nur die Zeitachse um diese marginalen Beträge. Wichtig ist, wie sich das Universum weiterentwickelt, und das hängt davon ab, ob es zu jedem Hubble-Parameter auch die richtige Dichte hat. Da spielen kleinste Änderungen eine Rolle.
Diejenige, die man heute misst; wir können nun für den Moment die Dunkle Energie mal aussen vorlassen, da sie erst in späteren Epochen eine wesentliche Rolle spielen wird.

Und das ist ja genau eine Stärke der Inflation, dass sie die kritische Dichte sozusagen erzwingt. Das kann keine zufällige Anfangsbedingung sein.
Ja, weil sie das Flachheitsproblem löst. Trotzdem verstehe ich nicht, warum sich nach der "riesigen" Inflationsexpansion wieder so ein "sehr kleiner" Wert für die heutige Expansion eingestellt hat. Da liegen ja mehrere Dutzende von Zehnerpotenzen dazwischen.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Ich

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Trotzdem verstehe ich nicht, warum sich nach der "riesigen" Inflationsexpansion wieder so ein "sehr kleiner" Wert für die heutige Expansion eingestellt hat.
Eigentlich wegen der irrsinnigen Dichte damals, die die Expansion gravitativ bremst. Ohne Inflation ist der Hubble-Parameter proportional zu 1/t. Das heißt, dass nach dem Ende der Inflation die Expansion in der ersten Nanosekunde um denselben Faktor langsamer wurde wie in den darauffolgenden 13,7 Mrd Jahren.
Sowas geht natürlich normalerweise schief, falls es das ist, was dich irritiert. Wenn die Anfangsbedingungen auch nur ein kleines bisschen anders sind, dann ist noch vor der ersten Nanosekunde Schluss mit Universum - oder wir hätten heute noch eine wahnwitzige Expansion, mit vielleicht einem Atom im sichtbaren Universum. Der jetzige ausbalancierte Wert hat sich eingestellt, weil Expansion und Abbremsung fein aufeinander abgestimmt sind. Durch die Inflationsphase.
 

ralfkannenberg

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Sowas geht natürlich normalerweise schief, falls es das ist, was dich irritiert. Wenn die Anfangsbedingungen auch nur ein kleines bisschen anders sind, dann ist noch vor der ersten Nanosekunde Schluss mit Universum - oder wir hätten heute noch eine wahnwitzige Expansion, mit vielleicht einem Atom im sichtbaren Universum.
Hallo Ich,

ich weiss, dass es diese auf 12-kommastellen genaue Einstellung zu Urknallzeiten ist, die so wenig plausibel erscheint.

Der jetzige ausbalancierte Wert hat sich eingestellt, weil Expansion und Abbremsung fein aufeinander abgestimmt sind. Durch die Inflationsphase.
Ich vermute, mein Denkfehler ist genau hier; ich muss mir das nochmal in Ruhe überlegen, wieso das aus der Flachheit so zwanglos folgt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

julian apostata

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Trotzdem verstehe ich nicht, warum sich nach der "riesigen" Inflationsexpansion wieder so ein "sehr kleiner" Wert für die heutige Expansion eingestellt hat. Da liegen ja mehrere Dutzende von Zehnerpotenzen dazwischen.

Mathematisch ist das ganz einfach. Aus der ersten Ableitung ermittle ich den Hubbleparameter.

http://www.astronews.com/forum/showthread.php?6100-Dunkle-Energie-kosmologische-Konstante


[TEX]\dot{a}=a\cdot\omega\cdot\sqrt{1+\frac{1}{a^3}}\rightarrow \frac{\dot{a}}{a}=\omega\cdot\sqrt{1+\frac{1}{a^3}}\sim\omega\cdot a^{-3/2} [/TEX]

Der liegt heute bei ca. w*1,17 und er strebt dem Grenzwert w entgegen.

Dass dieser Wert nach dem Urknall irrsinnig hoch gewesen sein muss (da kann man die 1 aus der Wurzel nehmen) sieht man am Näherungswert (w*a^(-3/2).
 
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