bewohnte Exoplaneten im interstellaren Raum

Mahananda

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Hallo Sissy,

Glutflüssiges Gestein und Wasserstoff ergiebt heftige chemische Reaktionen.

Tja, es fragt sich nur welche. Bei so hohen Temperaturen ist das chemische Gleichgewicht in Bezug auf Hydrierungen eindeutig in Richtung Dissoziation verschoben, d.h. in Richtung Zerfall in Metall + Wasserstoff. Außerdem sind die meisten relevanten Elemente in Oxidform gebunden, und Metalloxide (einschließlich der Silikate des Gesteinsmantels) sind thermisch sehr stabil, so dass der Wasserstoff keine Gelegenheit hat, den Oxiden den Sauerstoff zu entreißen. Aller Wasserstoff, der nicht in Form von Ammoniak und Wasser gebunden ist - und damit als Atmosphärengas vorliegt - verbleibt folglich in molekularer Form als Hauptbestandteil in der Atmosphäre.

Ein ausgedehntes Sternentstehungsgebiet ist mehrere Lichtjahre groß. In der Zeit, die der Planet dafür braucht, erodiert seine Atmosphäre definitiv...

... nicht, weil die Teilchendichte und Strahlungsdichte nicht hoch genug ist, um nennenswerte Mengen der Atmosphärengasteilchen so stark zu beschleunigen, dass sie die Fluchtgeschwindigkeit übersteigen. Das gelingt allenfalls im Exosphärenbereich - und auch dort nur marginal.

Viele Grüße!
 

Bynaus

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Stellare und galaktische Winde sind dazu durchaus in der Lage :))

Du redest von Sternentstehungsgebieten. Ich nicht. Ich rede von interstellaren Molekülwolken.

http://de.wikipedia.org/wiki/H-I-Gebiet

Die Sache mit der Wasserstoffchemie hat Mahananda schon sehr schön erklärt.

Sterne entstehen im Normalfall nicht irgendwo alleine. (...) Wenn unser hypotetische Planet aus seinem Sonnensystem rausgekickt wurde, muß er zumindest durch sein eigenes Sternentstehungsgebiet durch. Da gibt es genug Sternenwind, ionisierende UV-Strahlung durch heiße Sterne, Elektromagnetische Felder... Ein ausgedehntes Sternentstehungsgebiet ist mehrere Lichtjahre groß. In der Zeit, die der Planet dafür braucht, erodiert seine Atmosphäre definitiv...

Grössere Planeten bilden sich erst 10-100 Mio Jahre nach der Entstehung. Da ist das Sternsystem schon längstens aus dem Sternentstehungsgebiet raus.

Und nein, für das Urteil "definitiv" braucht es ein bisschen mehr als ein Bauchgefühl. Wie ich schon sagte, steuert die Temperatur der Atmosphäre das hydrodynamische Entweichen. Ionisation allein bringt noch gar nichts. Du müsstest zeigen, dass die Atmosphäre eines solchen Planeten durch die Strahlung so stark aufgeheizt wird, dass es zum Entweichen des Wasserstoffs in der charakteristischen Zeit von ein paar Millionen Jahren (so lange ist er bei einem sehr frühen Auswurf im Sternentstehungsgebiet unterwegs) kommt.

Die emprische Formel für hydrodynamisches Entweichen (die du ja offenbar nicht selbst nachschlagen willst) lautet:

Ein Stoff einer bestimmten Masse wird innert ~100 Mio Jahren aus einer bestimmten Atmosphäre entweichen, wenn die Fluchtgeschwindigkeit des Planeten kleiner als sechs Mal die mittlere Teilchengeschwindigkeit des betreffenden Stoffs ist. Also: Fluchtgeschwindigkeit < 6 * Teilchengeschwindigkeit:

Wurzel aus (2 * G * M / R) < 6 * Wurzel (3 * k * T/ m).

k und G sind Konstanten, M die Masse des Planeten, R dessen Radius, T die Atmosphärentemperatur, und m die Masse des einzelnen Moleküls des Stoffs (alles in SI Einheiten).

Mit dieser Formel kann man z.B. ausrechnen, dass eine Temperatur von 280 K ausreicht, um die Erde ihren Wasserstoff in 100 Mio Jahren verlieren zu lassen.

Das heisst also: ein erdrgrosser interstellarer Planet wird seinen Wasserstoff verlieren, wenn er 100 Mio Jahre lang auf 280 K geheizt wird. Kein Sternentstehungsgebiet kann einen interstellaren Planeten so stark heizen wie ein Stern in einer Entfernung von 1 AU.

Physik vs Bauchgefühl: 1:0. ;)
 

Sissy

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Hi Bynaus, hi Mahananda,

danke für die ausführliche Diskussion, Eure Erklärungen/Rechnungen haben mein Bauchgefühl widerlegt. Ich komm mir grad ein bissy doof vor :eek: ...

Sissy
 

Kibo

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Hmm also in der ganzen Diskussion wurde nicht einmal die geschätzte Masse eines solchen Planeten erwähnt. Ich denke von vorn herein zu definieren das ein solcher Planet ein Vielfaches der Maase unserer Erde besitzt sollte Widersprüche ausmerzten.
Dann ist auch gleich klar warum der Planet sich heizen kann, warum er so viel Atmosphäre hält und warum er ein starkes Magnetfeld hat:)

mfg kibo
 

_Mars_

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Man sollte dann auch korrekterweise von einem Planemo reden.
Ich glaube nicht dass hier auch Zwergplaneten eingeschlossen werden sollten, sieh dir z.b. Merkur an (der ist ein kleiner Planet, und Zwergplaneten sind noch leichter!)... Der hat ein Magnetfeld und nichteinmal mit dem hält der ne Nennenswerte Atmosphäre...
 

Alex74

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Ich meine Planemo auch im engeren Sinn, der ja eingrenzt daß es sich um Planeten ohne Zentralgestirn handelt.
Daß man von einer gewissen Größe ausgeht ist im Zusammenhang dieses Threads denke ich mal genauso klar wie daß es sich um keinen Gasriesen handelt.
 

Bynaus

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Planemos können aber auch Gasriesen sein. Planemo = Planetary Mass Object, dh, Masse irgendwo zwischen einigen Prozent der Erdmasse und 13 Jupitermassen.

Die Frage, ob ein Planet eine Atmosphäre halten kann, hängt ja eben zu einem staren Grad von der Temperatur ab. Titan und Merkur sind ähnlich gross, aber Titan hält eine Atmosphäre, Merkur nicht.
 

Alex74

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Ich meinte in dem Zusammenhang, daß kleine und große Planemos als jene ausscheiden, auf denen durch geothermale Wärme Leben entstehen soll.
 
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